Voting September 2004

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[) i r k
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Voting September 2004

Beitragvon [) i r k » 06.09.2004, 19:45

TERMINE für das VOTING

Vorschläge können noch bis spätestens Sonntag, den 19. September 2004 eingereicht werden. Wer noch keine Vorschläge gemacht hat, der hat ab jetzt also noch gut eine Woche Zeit, sich für zwei Titel zu entscheiden und sie hier vorzustellen.

Das Voting, die eigentliche Abstimmung findet dann von Montag, den 20. September, bis Mittwoch, den 22. September 2004 statt.

Ich werde dann noch frühzeitig erklären, wie die Abstimmung genau abläuft.

Die Lesephase fällt in den Oktober, wenn das Buch mehr als 500 Seiten hat, können wir auch um bis zu zwei Wochen verlängern.

MfG,
[) i r k

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Okay, da das andere Thread mir schon ein bisschen zu voll und unübersichtlich ist, mache ich hierfür noch mal ein neues auf. Postet bitte hier eure Vorschläge für das Voting. Und Bedenkzeit hatten ja jetzt alle genug ... aber ich sehe schon, es muss wieder einer von den alten Hasen den Anfang machen, sonst traut ihr euch wieder nicht. Nun denn, mach ich also mal den Anfang:

Ich nutze dieses Voting, um erstmals zwei Bücher vorzuschlagen, die ich bereits gelesen habe. Und beide Bücher halte ich für wert, zwei- oder dreimal gelesen zu werden, so viel Erfahrung und Lebensweisheit steckt darin. Ich habe sie beide im Verlauf des letzten Jahres zum ersten Mal gelesen und mir fällt es sehr schwer, einem von beiden den Vorrang zu geben.

"Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" von Milan Kundera

Ich halte dieses Buch für eines der klügsten und unterhaltsamsten Bücher, die jemals über die Liebe geschrieben wurden.

Das Datum ist bestimmbar. Als im Frühjahr 1984 die Originalausgabe des Romans Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins in Paris erschien, war dem Autor Milan Kundera etwas gelungen, was seinen nach 1968 exilierten Landsleuten und Kollegen verwehrt blieb: er hatte den großen Durchbruch geschafft. [...] Die verschlungene, mehrfach gebrochene Liebesgeschichte zwischen Tomas und Teresa gibt den Rahmen ab für einen der witzigsten und intelligentesten Romane der vergangenen Jahre, der zugleich Leselust und höchste intellektuelle Ansprüche befriedigt. »Wann werden wir endlich einen deutschen Roman erhalten«, fragte die ›FAZ‹, »der sich so einfühlsam und nachdenklich mit Liebe und Sexualität befaßt und der das Individuum vor dem Hintergrund des Lebens hier und jetzt zeigt? Ein Roman, der überdies so intelligent und souverän, so lesbar und so unterhaltsam wäre?«
(Innentext der Fischer-TB-Ausgabe von 1992)


"Die Pest" von Albert Camus

Ich habe versucht diesen Roman für O livro zu rezensieren. Ich bin gescheitert. Ich habe versucht, meine Gedanken zu diesem Roman zu ordnen und ihn zu verstehen. Ich bin gescheitert. Kaum ein Buch hat in den vergangenen zwei Jahren bei mir einen tieferen Eindruck hinterlassen als dieses. Ich habe bereits einiges von Camus gelesen, aber dieses Buch ist mit Abstand mein Lieblingsbuch des französisch-algerischen Nobelpreisträgers.

"Die Stadt Oran wird von rästelhaften Ereignissen heimgesucht. Die Ratten kommen aus den Kanälen und verenden auf den Straßen. Kurze Zeit später sterben die ersten Menschen an einem heimtückischen Fieber: Die Pest wütet in der Stadt. Oran wird hermetisch abgeriegelt. Ein Entkommen ist nicht möglich. Albert Camus' erfolgreichster Roman gehört zu den Klassikern der Weltliteratur. In ihm seziert er hellsichtig das menschliche Handeln im Angesicht der Katastrophe"
(Umschlagstext der Rowohlt-Taschenbuchausgabe 1998)

"Die Pest wütet ..." Besonders der erste Teil dieses Umschlagstextes ist unangemessen reißerisch. Wer jetzt ein äußerliches Horror- oder Albtraumszenario erwartet, der wird von diesem Buch wahrscheinlich enttäuscht werden. Der letzte Satz trifft es schon besser: Den Leser erwartet ein moralisches Buch – ein Buch, das sich mit dem "menschlichen Handeln" beschäftigt. Dabei oszilliert es zwischen zwei Polen: zwischen einem um Nüchternheit und Sachlichkeit bemühten Bericht und einer geradezu gespenstischen, ins Metaphysisch-Vieldeutige abgleitenden Atmosphäre.

Im Zentrum der Handlung stehen einige wenige Charaktere (ein Arzt, ein Verwaltungsbeamter, ein Reisender, ein Journalist, ein Selbstmörder und ein Priester). Sie veranschaulichen gleichnishaft, wie unterschiedlich einzelne Menschen mit Isolation und Bedrohung umgehen und wie sie angesichts einer ziemlich aussichtslosen und todbringenden Situation reagieren. Das ist das Schöne an dem Buch: es verallgemeinert nichts, es bewertet nichts, sondern bemüht sich um multiple Perspektiven. Und doch ist es gleichzeitig ein eindringlich humanistisches Plädoyer für Verantwortung und Solidarität. Am Ende wird sich jeder Leser die Frage stellen müssen: was hätte ich getan, wie hätte ich reagiert?
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Re: Voting September 2004

Beitragvon Hilbi » 06.09.2004, 19:50

Was ist denn bitteschön ein Voting?
Wenn der Himmel so blau ist, warum wird es dann finster?

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Re: Voting September 2004

Beitragvon razorback » 06.09.2004, 22:14

Dirk - bitte schreib nie Klappentexte. Da schlägst Du zwei wunderbare Werke vor und erschreckst uns mit sowas:

so viel Erfahrung und Lebensweisheit steckt darin


Steht das nicht normalerweise hinten auf Büchern wie "Frauen, Hüterinnen der Erinnerung" oder "Verlorenes Pommern - Wälder meiner Kindheit"? :-D

Hm... da hast Du verdammt stark vorgelegt, "Die Pest" hatte ich selbst in der engeren Wahl. Aber warte, warte nur...
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Re: Voting September 2004

Beitragvon Spiderman » 07.09.2004, 00:04

Okay, bin auch dabei. Und habe auch zwei wirklich exquisite Vorschläge

1. Stephen Fry - Geschichte machen

Ich zitiere den Umschlagstext: "Wie wäre die Geschichte verlaufen, wenn Hitler nie geboren wäre? Den jungen Cambridge-Historiker Michael Young und den Physik-Professor Leo Zuckermann quält diese Frage und der Wunsch, den Holocaust ungeschehen zu machen. Sie lassen dem Traum Taten folgen. Auf wunderbare Weise schaffen sie den Zeitsprung nach Braunau ins Jahr 1888, und als Folge einer Brunnenvergiftung bekommt Alois Hitler keinen Sohn und das deutsche Volk keinen Führer geschenkt. Bleibt der Menschheitsgeschichte ihr finsterstes Kapitel erspart? Zurück in der Gegenwart erwacht Michael in einer anderen Welt..."

Zum Autor, und da zitiere ich wieder den Umschlagstext eines seiner anderen Bücher: "Stephen Fry wurde 1957 in Hampstead, London geboren. Er unterrichtete bereits an einer Universität, bevor er selbst eine besuchen durfte, kam wegen Kreditbetrugs in jungen Jahren ins Gefängnis und verdiente dann rasch seine erste Million mit einem Theaterstück. Er hat zahlreiche Stücke für die Bühne geschrieben und in unzähligen mitgewirkt. Als Schauspieler war er auch in Oscar Wilde, Peter's Friends, Gosford Park und Entdeckung des Himmels zu sehen. Mit seinen Romanen 'Geschichte machen' 'Der Lügner', 'Das Nilpferd' und 'Der Sterne Tennisbälle' avancierte Stephen Fry zu einem führenden Vertreter des britischen Humors."

Das Buch, ich habe es vor wenigen Wochen gelesen, mag ich als eins der unterhaltsamsten und geistreichsten Bücher bezeichnen, die ich in den letzten Jahre gelesen habe. Zugegeben, es ist auch ein sehr gewagtes Buch und die alternative Gegenwart, die Fry entwirft, bietet Anlass zu zahlreichen Kontroversen. Daher halte ich es in höchstem Maße für eine ausführliche Diskussion bei O livro geeignet. Auch die stilistische Gestaltung erscheinbt mir durchaus originell. Liest sich locker, flockig als ginge es um eine Teenie-Love-Story (äh, darum geht es in dem Buch nebenbei auch), dazwischen mit ernstem Pathos geschriebene Rückblenden und Action in Drehbuchform. Klingt nach Nonsens? Tatsächlich erscheint mir das Buch gut recherchiert, gut durchdacht und geht der Frage nach Geschichte mit großer Ernsthaftigkeit nach.


2. Rolf Dieter Brinkmann - Westwärts 1&2 Gedichte

Okay, sicherlich ein Außenseitervorschlag. Aber warum nicht einen Gedichtband besprechen? Gäbe ganz neue Diskussionsmöglichkeiten. Man könnte immer wieder ein Gedicht herauspicken, Querverbindungen zwischen den Gedichten herstellen. Ach, Rolf Dieter Brinkmann ist halt einer meiner Lieblingslyriker und er gehört einfach hierher!

Gruß

Spidey
Die nette Lyrik-Spinne von nebenan!

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Re: Voting September 2004

Beitragvon [) i r k » 07.09.2004, 02:14

Was ist denn bitteschön ein Voting?

Das Voting ist das Abstimmungsverfahren, mit dem wir unsere Lese- und Diskussionrunden einleiten. Jeder, der mitlesen und mit abstimmen möchte, bringt zwei Buchvorschläge ein, und in einem Ranking (Listenwahl) wird ein Buch als Favorit bestimmt, das dann von allen gemeinsam gelesen wird.
Dirk - bitte schreib nie Klappentexte. Da schlägst Du zwei wunderbare Werke vor und erschreckst uns mit sowas:
so viel Erfahrung und Lebensweisheit steckt darin

Steht das nicht normalerweise hinten auf Büchern wie "Frauen, Hüterinnen der Erinnerung" oder "Verlorenes Pommern - Wälder meiner Kindheit"? :-D

Zugegeben. Diese beiden Worte sind abgegriffen.

Aber ich habe diese beiden Worte schon recht bewusst gewählt, weil sie mir hier ausnahmsweise wirklich zu passen scheinen. Mit dem gleichen Bedacht habe ich Worte wie "humanistisch" oder "Verantwortung" benutzt. Und was soll ich denn sonst tun? Wenn ich all die Worte vermeiden wollte, die durch Politik, Werbung und Klappentexte missbraucht und verdreht worden sind und ihrer ursprünglichen Bedeutung zum Teil vollkommen entfremdet, müsste ich entweder ständig in unverständlichen Metaphern reden oder eine neue Sprache erfinden.
2. Rolf Dieter Brinkmann - Westwärts 1&2 Gedichte

Tut mir Leid, Spider, aber Gedichte sind (wie auch Theaterstücke und andere Formen) zum Voting nicht zugelassen. Das schließen unsere Regeln von vornherein aus:
Wir haben uns dahingehend geeinigt, uns auf Prosa zu beschränken: Gegenstand unserer Diskussion werden also vor allem Romane und Erzählungen im weitesten Sinne sein, Novellen und Sammlungen von Kurzgeschichten.

Wir bräuchten also einen entsprechenden Ersatzvorschlag von dir.

Grüße.
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Re: Voting September 2004

Beitragvon charis » 07.09.2004, 10:36

1. Stephen Fry - Geschichte machen
Das Buch, ich habe es vor wenigen Wochen gelesen, mag ich als eins der unterhaltsamsten und geistreichsten Bücher bezeichnen, die ich in den letzten Jahre gelesen habe. Spidey


ja, ja, jaaa! :kiss: bravo, spidey, dieses buch, das ich vor mehreren jahren gelesen habe, verdient die nominierung wirklich!! aber mir wär es niemals eingefallen, glaub ich! ich habe in den letzten jahren einer menge leute davon vorgeschwärmt, aber niemand kannte dieses buch! seltsam irgendwie. fry ist - neben seiner sehr guten schauspielerei (z.b. peter in "peter's friends) - ein super schriftsteller. auch das buch "der lügner" ist empfehlenswert.
die idee, die nachvollziehbarkeit der logik, die fry aufbaut, ist echt sehr unterhaltsam und lesenswert! und darüber hinaus tiefgründig!

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Re: Voting September 2004

Beitragvon razorback » 07.09.2004, 13:19

Dirk:
Ah, nimm mich nicht so ernst. Wenn Du diese Worte benutzt, gehe ich auch davon aus, dass Du sie so meinst. Allerdings haben sie schon Abschreckungspotential. Ich verbinde sie - auch im Zusammenhang mit guten Büchern - irgendwie mit (um die Klitschkowerbung zu bemühen) schwerrerr Kooost. Und sowohl "Die unerträgliche Leichtigkeit..." als auch "die Pest" finde ich ziemlich gut lesbar. Aber:

Wenn ich all die Worte vermeiden wollte, die durch Politik, Werbung und Klappentexte missbraucht und verdreht worden sind und ihrer ursprünglichen Bedeutung zum Teil vollkommen entfremdet, müsste ich entweder ständig in unverständlichen Metaphern reden oder eine neue Sprache erfinden.


Frisch ans Werk! Reizt Dich die Aufgabe nicht? ;-)
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Re: Voting September 2004

Beitragvon Besucher » 07.09.2004, 19:51

Okay, charis, dann laß uns den Wahlkampf organisieren! Ich will "Geschichte machen" unbedingt diskutieren!

Ach, Lyrik geht nicht, das ist ja blöd. Ersatzvorschlag? Bitteschön: Thomas Mann - der Zauberberg! Warum? Einfach so, ich will eh "Geschichte machen" diskutieren. B-)

Gruß

Spider

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Re: Voting September 2004

Beitragvon razorback » 07.09.2004, 22:37

Ray Bradbury – Das Böse kommt auf leisen Sohlen (Something Wicked this Way comes)

Ray Bradbury ist den meisten sicherlich bekannt als der Autor des bei Englischlehrern extrem beliebten Romans „Fahrenheit 451“. Hier kommt die gute Nachricht: Bradbury ist viel, viel mehr als der Verfasser dieses vergleichsweise langweiligen SciFi Romans mit oberstufenrelevanter Moral. Ray Bradbury ist einer der ganz grossen Mythenbildner der Phantastischen Literatur. Der Letzte wohl, der eigenständige Bilder und Symbole gefunden und auf eindrucksvolle Weise geprägt hat, die bis heute Gültigkeit haben und weit über das Genre hinaus einflussreich sind. Er steht damit in einer Reihe mit Howard Phillips Lovecraft, H.G.Wells, Nathaniel Hawthorne, Edgar Allan Poe. Ob Clive Barker, der als einziger der modernen Autoren entsprechendes Potential hat, irgendwann in dieser Reihe auftauchen kann, kann erst die Zukunft entscheiden. Bis dahin bleibt Bradbury der Letzte der Großen.
Aber es sind nicht nur Bradburys Ideen, die ihn zu einem herausragenden Autor machen. Seine Symbolik ist ebenso kreativ wie originell, ebenso kraftvoll wie unaufdringlich. Seine Fähigkeit, Atmosphäre zu schaffen ist mit wenig vergleichbar, großartig.

„Something Wicked this Way comes“ (der Deutsche Titel ist, wie meist, eher blöd) ist eigentlich eine sehr einfache und typische Geschichte: Das Böse kommt – in harmloser Gestalt – in eine kleine amerikanische Stadt. Thema ist der klassische Kampf Gute gegen Böse. Es geht um Freundschaft, Ende der Kindheit und es geht darum, wie man dem Bösen erliegen, und wie man es besiegen kann. Er versteht etwas von Menschen - egal ob Figuren, oder Leser. Bradburys Erzählkunst macht aus diesem einfachen Setting eine höchst atmosphärische, dichte, wunderbare Geschichte (Drei Adjektive!!! Er hat sie alle verdient!). Gerade diese Geschichte, ihre Figuren und Ideen, sind immer wieder kopiert worden. Aber da eben niemand so erzählen kann wie Bradbury, müssen seine Nachfolger immer bombastisieren oder vordergründiges Entsetzen säen. Ray Bradbury muss das nicht. Das Böse ist hier böse. Das reicht.

Das Buch wurde 1962 geschrieben, die Handlung spielt etwas früher.



F. Scott Fitzgerald – Der große Gatsby (The Great Gatsby)

Das Buch hat mich bis in die Abiturprüfung hinein verfolgt, es ist auch so ein typisches Englisch-Oberstufenbuch. Mir konnte es kein Lehrer und keine Note vermiesen, ich habe es von Anfang an geliebt. Ich mag gute Bücher über das Scheitern, und kaum eines ist so ruhig, so melancholisch, so unkitschig, so einfach und so schön wie Fitzgeralds Gatsby. In der Schule liest man es meist als grandiose Schilderung der reichen Gesellschaft in einem bestimmten Augenblick der amerikanischen Geschichte (1920er Jahre). Das ist es auch, aber das ist es nicht, was es in meinen Augen so ungeheuer lesenswert macht. Fitzgerald schildert – sprachlich selbstverständlich brillant – mit sehr einfachen Mitteln, klarer Symbolik das Scheitern eines trotz all seiner Erfolge zum Scheitern Verurteilten. Eine kurze, etwas traurige, sehr, sehr lesenwerte Geschichte.

Ich habe den Roman bisher nur auf Englisch gelesen. Er ist aber jetzt in der SZ-Bibliothek erschienen, und da vertraue ich mal auf eine anständige Übersetzung.
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Re: Voting September 2004

Beitragvon Fee » 07.09.2004, 22:41

Hier mein erster Vorschlag ( und der zweite folgt sogleich oder später...)

Harry Mulisch, Die Entdeckung des Himmels

Ich habe dieses Buch erst einmal gelesen, aber da hat es mich fasziniert, begeistert, gefesselt, in seine Welt entführt. Der Inhalt lässt sich schwer in wenigen Sätzen erzählen. Meines Erachtens ist es eine Liebes- und Freundschaftsgeschichte um Ada, Max und Onno, die in eine Rahmenhandlung um die Entdeckung der Gesetzestafeln aus dem Alten Testament eingebettet ist. Es ist mit 800 Seiten zwar ein eher umfangreiches Buch, aber spannend, amüsant, gelegentlich bizar...

Zitat von der Buchrückseite:
Eine in dieses umtriebige und abgründige Jahrhundert ausschwärmende Geschichte über eine ungewöhnliche Freundschaft, eine Liebe, die aufmüpfigen sechziger, die pragmatischen siebziger und die windigen achtziger Jahre und den langen Nachhall der Kriegs- und Nachkriegszeit; über ein ungewöhnliches Kind, das einen noch ungewöhnlicheren "Auftrag" hat; einen Astronomen und Don Juan, der nie zur Ruhe kommt, und ein Sprachgenie, das in der Politik Karriere macht.

Dieses Buch gilt als das beste und erfolgreichste aller Werke von Mulisch und hat viel Begeisterung, aber auch manche Kritik ausgelöst (aber mehr wird nicht verraten).

Zum Autor (Zitat von SZ):
Harry Mulisch wurde 1927 im niederländischen Haarlem geboren. Die Auseinandersetzung mit den Gräueln der Naziherrschaft in Holland entspringt einem autobiografischen Interesse Mulischs: Seine Großmutter und seine Urgroßmutter starben in Konzentrationslagern, während sein Vater nach Kriegsende als Kollaborateur zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. So zeichnet sich eine Vielzahl seiner Romane durch einen schonungslosen, aber differenzierten Umgang mit der Zeit der Besetzung Hollands durch die Deutschen aus. International bekannt wurde er mit der Geschichte ?Das steinerne Brautbett? (1959), die von einem amerikanischen Piloten erzählt, der an der Bombardierung Dresdens teilnimmt. 1982 wurde der Roman ?Der Anschlag? zu einem überwältigenden Erfolg. Weitere Romane schlossen sich an, darunter beispielsweise die international gefeierte Geschichte ?Die Entdeckung des Himmels? (1992). Mulisch veröffentlichte außerdem auch Dramen, Essays und Gedichte.
Neben Cees Nooteboom gilt Harry Mulisch als der bekannteste Romancier der niederländischen Gegenwartsliteratur.

Ich hoffe, ihr lasst euch begeistern!
:-)
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Re: Voting September 2004

Beitragvon Khadija » 09.09.2004, 03:01

Okay bin auch dabei, hier sind meine beiden Vorschläge. Es sind beides Bücher, die mich auf unterschiedliche Weise berührt und nachdenklich gemacht haben.

1.) 1984 von George Orwell

Zitat Klappentext: “ „1984“ ist der meistgelesene und einflussreichste Science-Fiction-Roman der Weltliteratur. Mit eindringlicher Schonungslosigkeit zeichnet George Orwell hier das Zukunftsbild einer durch und durch totalitären Gesellschaft und eines bis in das Alltagsleben hineinregierenden autoritären Staates, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, jeden Bürger von der Richtigkeit seines Tuns zu überzeugen – mit welchen Mitteln auch immer.“

Seine düstere Vision wirkt erschreckend real. Beim Lesen fällt immer wieder auf, dass die Zustände heute gar nicht mehr so weit von dem Schreckensbild, das Orwell entwirft, entfernt sind.


2.) Der Funke Leben von Erich Maria Remarque

Das Buch schildert schonungslos die Zustände in einem deutschen KZ. Die Insassen sind namenlos, nur durch Nummern bezeichnet. Im Lauf der Geschichte lernt man die Figuren und die Hintergründe ihrer Inhaftierung kennen. Der Krieg nähert sich dem Ende und es zeigt sich ein Funke Hoffnung im Lager.
Durch seine klare Sprache und seine realistischen Beschreibungen schafft es Remarque den Leser mitten ins Geschehen zu versetzen. Seine Bilder und Formulierungen brennen sich ins Gedächtnis, man vergisst sie lange nicht. Das Buch schafft es ein Gefühl für jene Zeit zu vermitteln. Besonders glaubwürdig wird es durch die differenzierte Darstellung der Täter sowie der Häftlinge. Diese Art der Darstellung berührt mehr, als ein mit erhobenem Zeigefinger geführter Bericht es je könnte.
...words strain,
Crack and sometimes break, under the burden,
Under the tension, slip, slide, perish,
Decay with imprecision, will not stay in place,
Will not stay still.

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Re: Voting September 2004

Beitragvon [) i r k » 09.09.2004, 14:32

Mann-o-Mann, diesmal wird mir die Entscheidung aber wirklich schwerfallen ... es sind nicht nur durchweg hervorragende Vorschläge - einer besser als der andere - nein, mit dem "Zauberberg" und "1984" sind auch noch zwei meiner absoluten Lieblingsbücher mit dabei. Hach, aber es kann ja am Ende nur eins gewinnen ...

Und wer weiß, was da noch kommt?

Gespannt bis zum Gehtnichtmehr,
[)-man
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Re: Voting September 2004

Beitragvon vogel » 09.09.2004, 15:58

ich habe wieder mal keinen überblick : (
aber kann der vogel am wochenende seine bücher posten ? *bütte-bütte*
Mein Ich ist ein Pfogel aus Metall, doch Du hast ihn berührt und beschützt.

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Re: Voting September 2004

Beitragvon razorback » 09.09.2004, 18:33

Ah, Birdy, Du brauchst gar keinen Überblick. Hör nur auf mich, Glaube mir. Augen zu. Vertraue mir. Gut... weisst Du, in "Das Böse kommt auf leisen Sohlen" spielt ein KARUSSELL eine wichtige Rolle. Das KARUSSELL läuft rückwärts und spielt den Trauermarsch rückwärts. Das macht es. Das KARUSSELL.

Und natürlich werde ich Deine Vorschläge mit allerallerallergrösstem Wohlwollen betrachten. :-D ;-) ;-) :-D

Ist aber wirklich schwer diesmal, so viele verdammt gute Bücher. Camus. Fry. Orwell. Puh.... 8-o
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Re: Voting September 2004

Beitragvon Surjaninov » 09.09.2004, 19:09

Hier kommt mein erster Vorschlag:

Otfried Preußler - Der Räuber Hotzenplotz


"Kasperl und Seppel machen sich auf, den wilden Räuber Hotzenplotz zu fangen, der Großmutters Kaffeemühle gestohlen hat. Unglücklicherweise fallen sie dabei in die Hände des Räubers Hotzenplotz und des bösen Zauberers Petrosilius Zwackelmann." (K. Thienemann Verlag, 1962.)


Ich denk ich befinde mich mit meinem Vorschlag allein auf weiter Flur, aber dafür stehe ich dort neben dem Sieger der Herzen. :-)


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