Lesungs-Erfahrungen jagen+sammeln
Verfasst: 26.08.2005, 01:51
Södele!
Dirk hat mich gebeten, einen Thread zur Wiener Lesung aufzumachen ... was ich nun (endlich) auch tue
Mit 300 Lesungen pro Jahr kann ich nicht konkurrieren, ich komme auf schlappe 30 oder 40 Lesungen in 10 Jahren. Was wirklich nicht viel ist, aber ein bisschen was lässt sich daraus schon herleiten - aber lest es am besten als einen tolyanischen Selbsterfahrungsbericht.
Meine erste Lesung hatte ich beim Sprechfestival Berlin, in einem schönen Gewölbekeller, bei Kerzenlicht ... es war ein 9ter November, wir hatten extra einen Text zum 9ten November verfasst. Noch bis zuletzt daran gestrickt, was den Vorteil hatte, dass wir den Text gut kannten, aber den Nachteil, dass wir uns seiner Überzeugungskraft nicht so gewiss waren.
Mein Beitrag dauerte vielleicht 10 oder 12 Minuten, aber das war doch Zeit genug, beim Lesen ziemlich aufgeregt zu werden. Der in solchen Momenten (wie bei Referaten u.ä.) übliche trockene Mund wird wohl allen Menschen bekannt sein Also, ein Glas Wasser mitnehmen auf die Bühne.
Was sinnvoll ist, wenn die Aufregung sehr groß wird: Langsamer lesen. Intuitiv beginnt ein unsicherer Vorträger oder Vorleser damit, schneller zu lesen, wohl weil er unbewusst meint, dann auch schneller fertig zu sein. Was vordergründig stimmt, aber den Nachteil hat, dass der Zuhörer es nicht versteht, nachvollziehen, genießen kann (ich selbst neige zum Zuschnelllesen, was aber eher an meiner sonstigen Geistesquirligkeit liegen mag ...). Und natürlich, dass durchs schnellere Lesen die Aufregung noch zunimmt. Beim schnellen Lesen geht auch die Atmung schneller, durch die schnellere Atmung wird wiederum die Aufregung befördert: Das sind, ums mal pseudowissenschaftlich zu machen, psychosomatische Prozesse. Entgegenwirken also durch bewusstes Langsamerlesen. Kurz vor der Lesung kann man auch ganz bewusst ein paar ganz ruhige, langsame Atemzüge machen, ich hab mir das jedenfalls angewöhnt, weil mich das entspannt und frisch macht ... andere rauchen gerne eine Zigarette, was wohl den gleichen Effekt hat. (Ich zähle heute zu den Trockenrauchern ... den Luftrauchern
"Mein erstes Mal" auf einer Lesebühne verlief dann übrigens sehr gut. Ich schaffte es, auch hin und wieder ins Publikum zu schauen, und das ist wirklich sehr wichtig und auch sehr effektiv, um die Bindung zum Publikum zu bekommen. Als ich dann sogar sah, dass manche der Zuhörer die Hand vor die Stirn oder Augen legten, um sich ganz in den Text einzulauschen, da war ich auf einmal ganz froh ... ebenso, dass es mir gelang, die latente Unruhe in diesem Gewölben mit sogar Parallellesungen zu bannen. Also, es hat mir wirklich Spaß gemacht, obwohl ich noch kurz vorher gedacht hatte, nein, lass es besser bleiben ...
Was fällt mir sonst noch ein? Es gibt große Debatten, wie man betont. Ich selbst bin mir unschlüssig ... und entscheide das (als einzigstes) nach der Tagesform bzw. nach dem Publikum (d.h., die Texte stehen bei mir immer fest, auch die Reihenfolge), mache es intuitiv entweder "schauspielerischer" oder aber "nachrichtensprechermäßiger". Natürlich hängt das auch an jedem einzelnen Text. Hierbei muss, denke ich, jeder seine Experimente machen ...
Achja, und was mir noch einfällt, wenn es nicht so richtig läuft beim Vorlesen. Dann fixiert euch einfach im Geist und auch mit kurzen Blicken auf eine Person im Publikum, die ihr sehr sympathisch findet, und die am besten in einer der vorderen Reihen sitzt. Für sie lest ihr dann den Text ...
Also dann, ich freue mich auf die Lesung mit euch, und wir machen ja auch noch eine Art Vorbereitungs"modul", bei dem wir alles Weitere besprechen können; aber es wäre auch klasse, wenn ihr hier bereits eure Fragen zur Lesung und zum Lesen selbst diskutieren würdet ... also was eure Erfahrungen sind, und auch eure Fragen ...
Beste Grüße,
Tolya
Dirk hat mich gebeten, einen Thread zur Wiener Lesung aufzumachen ... was ich nun (endlich) auch tue
Mit 300 Lesungen pro Jahr kann ich nicht konkurrieren, ich komme auf schlappe 30 oder 40 Lesungen in 10 Jahren. Was wirklich nicht viel ist, aber ein bisschen was lässt sich daraus schon herleiten - aber lest es am besten als einen tolyanischen Selbsterfahrungsbericht.
Meine erste Lesung hatte ich beim Sprechfestival Berlin, in einem schönen Gewölbekeller, bei Kerzenlicht ... es war ein 9ter November, wir hatten extra einen Text zum 9ten November verfasst. Noch bis zuletzt daran gestrickt, was den Vorteil hatte, dass wir den Text gut kannten, aber den Nachteil, dass wir uns seiner Überzeugungskraft nicht so gewiss waren.
Mein Beitrag dauerte vielleicht 10 oder 12 Minuten, aber das war doch Zeit genug, beim Lesen ziemlich aufgeregt zu werden. Der in solchen Momenten (wie bei Referaten u.ä.) übliche trockene Mund wird wohl allen Menschen bekannt sein Also, ein Glas Wasser mitnehmen auf die Bühne.
Was sinnvoll ist, wenn die Aufregung sehr groß wird: Langsamer lesen. Intuitiv beginnt ein unsicherer Vorträger oder Vorleser damit, schneller zu lesen, wohl weil er unbewusst meint, dann auch schneller fertig zu sein. Was vordergründig stimmt, aber den Nachteil hat, dass der Zuhörer es nicht versteht, nachvollziehen, genießen kann (ich selbst neige zum Zuschnelllesen, was aber eher an meiner sonstigen Geistesquirligkeit liegen mag ...). Und natürlich, dass durchs schnellere Lesen die Aufregung noch zunimmt. Beim schnellen Lesen geht auch die Atmung schneller, durch die schnellere Atmung wird wiederum die Aufregung befördert: Das sind, ums mal pseudowissenschaftlich zu machen, psychosomatische Prozesse. Entgegenwirken also durch bewusstes Langsamerlesen. Kurz vor der Lesung kann man auch ganz bewusst ein paar ganz ruhige, langsame Atemzüge machen, ich hab mir das jedenfalls angewöhnt, weil mich das entspannt und frisch macht ... andere rauchen gerne eine Zigarette, was wohl den gleichen Effekt hat. (Ich zähle heute zu den Trockenrauchern ... den Luftrauchern
"Mein erstes Mal" auf einer Lesebühne verlief dann übrigens sehr gut. Ich schaffte es, auch hin und wieder ins Publikum zu schauen, und das ist wirklich sehr wichtig und auch sehr effektiv, um die Bindung zum Publikum zu bekommen. Als ich dann sogar sah, dass manche der Zuhörer die Hand vor die Stirn oder Augen legten, um sich ganz in den Text einzulauschen, da war ich auf einmal ganz froh ... ebenso, dass es mir gelang, die latente Unruhe in diesem Gewölben mit sogar Parallellesungen zu bannen. Also, es hat mir wirklich Spaß gemacht, obwohl ich noch kurz vorher gedacht hatte, nein, lass es besser bleiben ...
Was fällt mir sonst noch ein? Es gibt große Debatten, wie man betont. Ich selbst bin mir unschlüssig ... und entscheide das (als einzigstes) nach der Tagesform bzw. nach dem Publikum (d.h., die Texte stehen bei mir immer fest, auch die Reihenfolge), mache es intuitiv entweder "schauspielerischer" oder aber "nachrichtensprechermäßiger". Natürlich hängt das auch an jedem einzelnen Text. Hierbei muss, denke ich, jeder seine Experimente machen ...
Achja, und was mir noch einfällt, wenn es nicht so richtig läuft beim Vorlesen. Dann fixiert euch einfach im Geist und auch mit kurzen Blicken auf eine Person im Publikum, die ihr sehr sympathisch findet, und die am besten in einer der vorderen Reihen sitzt. Für sie lest ihr dann den Text ...
Also dann, ich freue mich auf die Lesung mit euch, und wir machen ja auch noch eine Art Vorbereitungs"modul", bei dem wir alles Weitere besprechen können; aber es wäre auch klasse, wenn ihr hier bereits eure Fragen zur Lesung und zum Lesen selbst diskutieren würdet ... also was eure Erfahrungen sind, und auch eure Fragen ...
Beste Grüße,
Tolya