Schreibrezepte? Philosophien des Schreibens?
Verfasst: 28.09.2005, 21:47
Wie schreibe ich moderne Prosa?
Ein Glaubensbekenntnis und ein technischer Ratgeber
Liste der unentbehrlichen Hilfsmittel
1. Geheime Notizbücher und lose Manuskriptseiten, die du zu deinem eigenen Vergnügen vollgekritzelt beziehungsweise wild vollgetippt hast.
2. Gib dich jedem Eindruck hin! Öffne dich! Lausche!
3. Versuche, dich nie außerhalb deiner eigenen vier Wände zu betrinken!
4. Sei in dein Leben verliebt!
5. Etwas, was du fühlst, wird die ihm eigene Form finden.
6. Sei immer blödsinnig geistesabwesend!
7. Schlage so tief, wie du schlagen willst!
8. Wenn du etwas Unergründliches schreiben willst, hole es aus dem Grunde deiner Seele empor!
9. Die unaussprechliche Vision des Individuums.
10. Keine Zeit für Lyrik, aber genau Bescheid wissen.
11. Visionäre Krämpfe durchzucken die Brust.
12. Auge haftet in träumerischer Entrücktheit an vor dir befindlichem Objekt.
13. Beseitige literarische, grammatische und syntaktische Hindernisse!
14. Mach es wie Proust: Gehe mit dem Schatz deiner Erfahrungen und Erinnerungen hausieren.
15. Erzähle die wahre Geschichte der Welt im inneren Monolog!
16. Im Zentrum des Interesses leuchtet juwelengleich das Auge innerhalb des Auges.
17. Schreibe aus der Erinnerung und sei erstaunt über die Ergebnisse. 18. Geh immer vom Kern der Sache aus, schwimm im Meer der Sprache.
19. Finde dich mit Verlusten ab, und zwar für immer!
20. Glaube daran, dass die Konturen des Lesens heilig sind.
21. Es gilt, die Flut, die in deinem Inneren bereits unversehrt existiert, aufzuzeichnen! Ringe darum!
22. Denke nicht gleich an Worte, wenn du dich nur unterbrichst, um das Bild besser sehen zu können!
23. Bleibe jedem Tag auf der Spur. Sein Datum schmücke deinen Morgen wie ein Wappenschild.
24. Empfinde weder Angst noch Scham, wenn es um die Würde deiner Erfahrungen, deiner Sprache und deines Wissens geht!
25. Schreibe, was die Welt lesen soll und worin sie genau das Bild sehen muss, was du dir von ihr machst.
26. Das Buch in Drehbuchform ist der Film in Worten, eindeutig die amerikanische Form.
27. Sei des Lobes voll, wenn du in der frostig kalten, unmenschlichen Einsamkeit einen Charakter findest.
28. Komponiere wild, undiszipliniert, rein! Schreibe, was aus den Tiefen deines Inneren aufsteigt! Je verrückter, desto besser!
29. Du bist allezeit ein Genie!
30. Autor und Regisseur irdischer Filme, vom Himmel finanziert und heilig gesprochen.
JACK KEROUAC, Evergreen Review, New York, 1959
Ein Glaubensbekenntnis und ein technischer Ratgeber
Liste der unentbehrlichen Hilfsmittel
1. Geheime Notizbücher und lose Manuskriptseiten, die du zu deinem eigenen Vergnügen vollgekritzelt beziehungsweise wild vollgetippt hast.
2. Gib dich jedem Eindruck hin! Öffne dich! Lausche!
3. Versuche, dich nie außerhalb deiner eigenen vier Wände zu betrinken!
4. Sei in dein Leben verliebt!
5. Etwas, was du fühlst, wird die ihm eigene Form finden.
6. Sei immer blödsinnig geistesabwesend!
7. Schlage so tief, wie du schlagen willst!
8. Wenn du etwas Unergründliches schreiben willst, hole es aus dem Grunde deiner Seele empor!
9. Die unaussprechliche Vision des Individuums.
10. Keine Zeit für Lyrik, aber genau Bescheid wissen.
11. Visionäre Krämpfe durchzucken die Brust.
12. Auge haftet in träumerischer Entrücktheit an vor dir befindlichem Objekt.
13. Beseitige literarische, grammatische und syntaktische Hindernisse!
14. Mach es wie Proust: Gehe mit dem Schatz deiner Erfahrungen und Erinnerungen hausieren.
15. Erzähle die wahre Geschichte der Welt im inneren Monolog!
16. Im Zentrum des Interesses leuchtet juwelengleich das Auge innerhalb des Auges.
17. Schreibe aus der Erinnerung und sei erstaunt über die Ergebnisse. 18. Geh immer vom Kern der Sache aus, schwimm im Meer der Sprache.
19. Finde dich mit Verlusten ab, und zwar für immer!
20. Glaube daran, dass die Konturen des Lesens heilig sind.
21. Es gilt, die Flut, die in deinem Inneren bereits unversehrt existiert, aufzuzeichnen! Ringe darum!
22. Denke nicht gleich an Worte, wenn du dich nur unterbrichst, um das Bild besser sehen zu können!
23. Bleibe jedem Tag auf der Spur. Sein Datum schmücke deinen Morgen wie ein Wappenschild.
24. Empfinde weder Angst noch Scham, wenn es um die Würde deiner Erfahrungen, deiner Sprache und deines Wissens geht!
25. Schreibe, was die Welt lesen soll und worin sie genau das Bild sehen muss, was du dir von ihr machst.
26. Das Buch in Drehbuchform ist der Film in Worten, eindeutig die amerikanische Form.
27. Sei des Lobes voll, wenn du in der frostig kalten, unmenschlichen Einsamkeit einen Charakter findest.
28. Komponiere wild, undiszipliniert, rein! Schreibe, was aus den Tiefen deines Inneren aufsteigt! Je verrückter, desto besser!
29. Du bist allezeit ein Genie!
30. Autor und Regisseur irdischer Filme, vom Himmel finanziert und heilig gesprochen.
JACK KEROUAC, Evergreen Review, New York, 1959