Warum,warum?

Warum schreiben wir? Wie werde ich reich und berühmt durch meine Bücher? Was macht die besondere Schönheit des Adjektivs aus?
Hamburger
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Warum,warum?

Beitragvon Hamburger » 16.06.2003, 16:18

Hallo Leute!

Ich wollte unbedingt der Erste sein, der dieses Forum eröffnet - nein Scherz, kam gerade vorbei und sah die Leere (so wie bei dem stücke-forum) und dachte das, was ich beim stücke-forum auch immer denke: Da sollte ich mal was tun.

Meine Ausführungen beziehen sich auf die erste Frage unter dem Titel: Warum schreibe ich?
Nun will ich keinesfalls gleich zu Beginn die wahren Gründe dessen angeben warum ich schreibe. Das wäre ja auch etwas langweilig. Nicht gleich so sachlich sein, das kommt dann später noch.
Nein, es gibt einen Grund - es ist keinesfalls der Hauptgrund - einen unbedeutenden kleinen Nebengrund aus dem ich neben all den anderen Gründen schreibe und das ist, um in die Gesichter der Menschen blicken zu können, wenn das Thema auf Schriftstellerei fällt. Ich mag es einfach, als Exot angesehen zu werden. Als ich von September 1999 bis März 2000 als Rucksacktourist nach Brasilien gefahren bin, tat ich dies unter anderem um dort Kurzgeschichten und Gedichte zu schreiben.
Alleine schon die Planung der Reise war ein Genuss. Dialog mit meiner Mutter:

Mutter: Warum willst du nach Brasilien?

Ich: Um zu schreiben.

Mutter: Aber das kannst du auch hier.

Ich: Aber Brasilien ist inspirierender.

Mutter: Was ist mti deiner Zukunft? Mit einer Arbeit? Mit deinem Studium? Du willst doch noch studieren?

Ich: Das Studium kann warten. Ich spüre in mir (deklamierende Geste) dieses unbändige Verlangen zu schreiben. Mama, ich bin kein Neoliberaler. Es ist doch egal, ob ich mit 28 oder 29 auf dem Arbeitsmarkt ankomme. Wieviel mehr wert ist da doch eine Kurzgeschichte, die mein Innerstes nach Außen kehrt?!!!

Mutter (grübelnd, beginnt Kartoffeln zu schälen): Ich weiß nicht, ich weiß nicht.

Diese Dialge habe ich in unzähligen Variationen mit unzähligen vrschiedenen Menschen geführt. Ähnlich verliefen die Dialoge auch, wenn ich sagte, ich will nach Brasilien um zu mir selbst zu finden. Ich glaubte mir das damals alles selber und dementsprechend sprach ich so ehrenvoll, so pathetisch, so ganz und gar dem bürgerlichen Leben entrückt von meiner Kanzel hinunter, dass alle diese Bedenkenträger immer kleiner und kleiner wurden.

In Brasilien war es ähnlich. Es war wunderbar, brasilianischen Einheimischen zu erklären, ein paar tausend Kilometer geflogen zu sein um an einem Strand in Maceio ein Gedicht zu verfassen. Für je verrückter ich gehalten wurde, desto mehr machte mir das Schreiben Spaß. Letztlich blieben vor allem Tagebuchaufzeichnungen übrig und lese ich die heute einmal durch (was selten geschieht), so verbinde ich fast mit jeder Zeile ein erstauntes Gesicht.

MFG,

Hamburger
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Re: Warum,warum?

Beitragvon cute sushi lunches » 19.06.2003, 16:24

Früher habe ich mich oft gezwungen zu schreiben,damit ich meine Geschichten auch ja nicht vergesse.
Jetzt schreibe ich aus einer Art Zwang heraus.Ich muss mich wohl irgendwie darauf kondizioniert haben im Laufe der Jahre.
Manchmal fallen mir kurz vor dem Einschlafen irgendwelche Formulierungen ein und dann muss ich aufstehen und zumindest ein Konzept machen.Das ist manchmal ziemlich anstrengend.

Ich brauche eigentlich auch keine fernen Länder zum Schreiben.Das meiste fällt mir doch eher ein,wenn ich Menschen beobachte oder mir irgendwelche Kleinigkeiten passieren.

Ich schreibe auch,um bestimmte Erfahrungen zu verarbeiten und um mit einigen seltsamen Charakterzügen von mir fertig zu werden.Seit ich denken kann fühle ich mich oft nicht zugehörig zu meiner Umwelt.Ich weiß,dass ich mir mit drei Jahren nichts sehnlicher gewünscht habe als ein normales Kind zu sein.Ich kann noch nicht einmal sagen,woher dieses Gefühl entstanden ist. Manchmal sind meine engsten Freunde Fremde für mich.
Mittlerweile denke ich oft,dass vielleicht auch daraus dieser Schreibzwang entstanden ist.

Ich mag das Gefühl etwas geschrieben zu haben,von dem ich weiß,dass es gut ist.Ich frage mich dann,ob das wohl ein Hauch von dem Gefühl ist,das Frauen nach der Geburt ihres Kindes empfinden.

Mal 'ne andere Frage,die irgendwie auch zu diesem Thema gehört:Mit wieviel Jahren habt ihr angefangen?

charis
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Re: Warum,warum?

Beitragvon charis » 19.06.2003, 19:38

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VORLESEN WOLLEN
VERSTEHEN ERHOFFEN
AUF DEN PUNKT BRINGEN
MIT DER SPRACHE SPIELEN
SICH SELBST INS WORT FALLEN
HEULEN ÜBER EINE GLÜCKHAFTE REDEWENDUNG

gelbsucht
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Re: Warum,warum?

Beitragvon gelbsucht » 20.06.2003, 04:24

Wenn das mal kein Selbstbetrug ist? Also, wenn ich Mancini richtig verstanden habe, dann gibt es nur einen Grund, warum man(n) schreibt:
„Ich hab keinen Dings. Verstehen sie jetzt?“
„Nein. Jedenfalls nicht genau. Unter Dings kann man viel verstehen. Nennen sie einfach das Dings beim Namen. Sie werden sehen, es tut nicht weh.“
„Keinen Schwanz!“ schrie er verzweifelt. „Keinen Pimmel...!“, wiederholte er mit aller Kraft, als wolle er dem kleinen Mann im Sessel jene Unmöglichkeit in die Ohren hämmern. Die Ungeheuerlichkeit stand wie ein Sakrileg im Raum. Und jetzt, nachdem er es mit aller Kraft heraus geschrieen, schien es ihm wie eine Befreiung. Mit einem Male fühlte er eine merkwürdige Leichtigkeit. Er musste es noch einmal wiederholen! „Ich habe keinen Schwanz! Deswegen brauche ich auch keine Freundin. Was soll ich auch mit ner Frau....?! Ist es das, was Sie wissen wollten?“
„Hm.“ Doktor Pudermich schien kaum beeindruckt zu sein. „Gar keinen?“ fragte er vorsichtig. „Oder ist er ihrer Meinung nach nur ein wenig klein geraten und sie leiden ein klein wenig unter Minderwertigkeitsgefühlen?“
„Gar keinen. Nichts. Absolut gar nichts. Ich habe nur ein verkümmertes Anhängsel zwischen den Beinen.“ Jens Gesichtsfarbe war bleich und er fühlte sich matt und ausgelaugt.
„Unfall?“
„Nein. Kein Unfall. Da war noch nie etwas. Ich bin so auf die Welt gekommen. Die Ärzte meinten bei meiner Geburt, dass irgendetwas mit meinen Genen nicht in Ordnung sei.“
„Hm. Und das ist der Grund, warum sie im Internet Artikel schreiben? Kompensieren sie damit Ihr Sexual-Mangel-Syndrom und suchen sich auf diesem Wege Liebe, Aufmerksamkeit und Zuwendung? Sozusagen als Ersatzhandlung?“
„Ja“, antwortete er kleinlaut. „Und jetzt will mich keiner mehr. Dabei gebe ich mir unendlich viel Mühe, die Chat-Gemeinde zu unterhalten. Aber anstatt sich zu freuen, bekomme in letzter Zeit nur noch Beschimpfungen und hämische Bemerkungen. Die Handvoll Leute, die mich noch mögen, sind Mädels. Aber was soll ich mit denen? Schreiben ist doch das Einzige, was ich habe!“

Wundersam, dass noch niemand zu der Geschichte "Das Geheimnis des Schreibens" Stellung bezogen hat, so provokativ und plump wie sie ist.

Siehe: Texte -> "Das Geheimnis des Schreibens"
http://www.literaturforum.net/viewtopic.php?t=250

Bleibt die Frage: was ist mit dem weiblichen Geschlecht? Das hat ja bekanntlich von Natur aus kein "Dings", sondern nur ein "Dingsbums" (ach, Gott, jetzt rede ich auch schon wie ein Neunjähriger). Aber wahrscheinlich ist es beim Weibe schlicht der Kinderwunsch, der aus irgendeinem Grund unterdrückt, verdrängt, verhindert zum Schreiben führt. Nicht wahr, cute sushi lunches?
Ich mag das Gefühl etwas geschrieben zu haben, von dem ich weiß, dass es gut ist. Ich frage mich dann, ob das wohl ein Hauch von dem Gefühl ist, das Frauen nach der Geburt ihres Kindes empfinden.

Hey, jetzt haben wir eine richtige, falsifizierbare Theorie. Demnach wären die Sprachwerker und Schreiberlinge im Vergleich mit einer ottonormalen Kontrollgruppe, die höchstens mal eine Postkarte vollkritzelt, überdurchschnittlich häufig impotent, frigide und kinderlos.

Kommt, seht der Wahrheit ins Auge!

:bigsmile: gelbe grüße :bigsmile:
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Re: Warum,warum?

Beitragvon razorback » 20.06.2003, 10:44

Hm...

Die Gründe die Ihr anführt sind alle ziemlich grossartig. Was nicht bedeutet, dass ich Euch das nicht glaube, schliesslich ist auch mir das Schreiben immens wichtig, da erscheinen Motive wie "Geburtsgefühl", "Grössenwahn", "Impotenz" etc. gar nicht abwegig. Bei mir ist es allerdings ein wenig banaler, obwohl mir, wie gesagt, mein Schreiben ein ganz wichtiger Lebensinhalt ist. Ich schreibe vor allem aus zwei Gründen:

1.) Mir fallen dauernd Geschichten oder Teile von Geschichten ein. Sie zu erzählen macht mir Spass. Ich habe gerne Spass. Würde ich sie nicht erzählen, würden sie mich erdrücken. Das ist wörtlich gemeint - wenn ich zu lange nicht geschrieben habe werde ich nervös, aggressiv, unkonzentriert, lethargisch.

2.) Ich kann beim Schreiben nicht nur Dinge ausleben, die ich in der Realität nicht oder nur schwer ausleben kann, ich kann in meinen Hauptfiguren komplett andere Leben leben. Dass ich selbst oft zu Beginn nicht weiss, wie meine Geschichten enden oder verlaufen, macht das umso spannender.

Selbstverständlich freue ich mich auch, wenn eine Geschichte fertig ist und gut ankommt. Aber das Schreiben selbst ist mir viel, viel wichtiger als das Endprodukt. Wenn ich etwas fertig geschrieben habe, vor allem wenn es etwas langes ist, ein Roman, eine Novelle, habe ich danach oft ein schales Gefühl, ich verlasse die selbstgeschaffene Welt nicht gerne.

Noch anders ist es, wenn ich Lieder schreibe - da will ich meist nur irgendeinen witzigen Gedanken umsetzen, eine Stimmung einfangen oder etwas Grusel erzeugen. Immer mit dem Wissen im Hinterkopf, dass der Text vertonbar und der Inhalt leicht zu erfassen sein muss, da ein Rockpublikum nur in zweiter Linie auf den Text hört (wenn überhaupt).

Zur Frage von Cute Sushi:

Ich habe

- vor meinem dritten Lebensjahr angefangen, mir selbst Geschichten zu erzählen

- so etwa ab 5 meine Umgebung damit belästigt

- mit 8 den ersten Comic für meine kleine Schwester gemalt

- mit 9 die erste eigene Geschichte als Schulaufsatz geschrieben

- mit 13 meine erste richtige Kurzgeschichte geschrieben.

Such Dir aus, was Du als Anfang gelten lässt ;-)
O You who turn the wheel and look to windward,
Consider Phlebas, who was once handsome and tall as You

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Re: Warum,warum?

Beitragvon charis » 20.06.2003, 10:46

ok, also ich hab zwei kinder.
fing aber erst vor ca. zwei jahren an zu schreiben (abgesehen von kitschepen im teenie-alter), d.h. in einer phase, in der meine kinder schon aus dem gröbsten raus waren.
initiiert wurde das ganze bei mir dadurch, dass ich in einem mann verliebt war, der dichter war, und dessen ermunterung.

ich glaube NICHT, dass literarisches schaffen einer geburt nahe kommt -verzeiht, entweder hab ich noch nie so ein geniales werk geschaffen, oder es ist eben SO, dass die empfindungen des körpers, des instinktes so immens tiefgreifend, erschütternd, prägend und wunderschön sind, dass dies das geschriebene wort in dieser intensität nicht zu kopieren vermag...

NEIN, CSL, das gefühl, wenn (d)ein menschenkind zur welt kommt, lässt sich mit nichts vergleichen, es ist einzigartig.

ich persönlich empfinde selten die gewissheit, dass ES gut ist, viel eher die vermutung, es könnte so sein, erfahre aus dem diskurs darüber zusätzlich sicherheit aber auch ärger ob meines noch ungeschärften selbst-urteils-vermögens.

ich kann mir gut vorstellen, über lange strecken meines lebens das schreiben wieder einzustellen, ich weiss nicht, wahrscheinlich ist es für mich eine ausdrucksform von vielen.
für vieles genügt mir, es zu durchdenken.

sehr viele befindlichkeiten und emotionen kann ich noch nicht in worte fassen.

ein wunsch an die leser wäre, mir einmal ein 1:1 spiegelbild zurückzuwerfen, damit ich mich selber sehen könnte, in der sprache meiner lyrik oder prosa.

gelbsuchts these hat was für sich, generalisierter vielleicht, denn wenns mir schlecht geht (eben auch zb kein sex) dann schreibe ich viel mehr als in guten phasen. ich würde aber nicht unbedingt sagen, dass das ganze sich qualitativ niederschlägt.

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Re: Warum,warum?

Beitragvon cute sushi lunches » 20.06.2003, 20:41

Ach charis,jetzt mach mir doch nicht meine jugendlichen Illusionen kaputt! ;-)
Aber bei mir ist es immer so: Die Texte,die mir so wunderbar aus den Fingern fließen,in denen jedes Wort,jeder Satz nur eine Art Ahnung von mir ist,wo es manchmal auch gar keine Grammatik mehr gibt - - - sind einfach nur scheiße.Der letzte Dreck.

Alle meine guten Sachen (wenn ich mit einer Sache zufrieden bin kommt sie eigentlich auch immer ganz gut an) sind diese Texte,die sich aus meinem Kopf quälen,die ich immer und immer wieder neu konzipieren muss.Gedichte vor allem reifen bei mir manchmal über Monate in meinem Kopf ehe ich auch nur den Versuch mache etwas aufzuschreiben.Und wenn's dann passiert ist,dann ist das schon ein tolles Gefühl,wenn's auch nicht mit einer Geburt vergleichbar sein mag.

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Re: Warum,warum?

Beitragvon Hamburger » 23.06.2003, 10:30

Hallo zusammen!

Dein letzter Eintrag, CSL, hat mich sehr beeindruckt. Denn da kann ich wirklich jedes Wort unterstreichen. Es geht mir ganz genauso. Wenngleich meine allererste Kurzgeschichte, die ich erst mit 17 geschrieben habe, aus dem Gedankenstrom entstanden und meiner Meinung nach trotzdem gut ist ("Traum", stücke-Forum).
Ich bin von dieser Art zu schreiben dann nach meinem ersten und bisher einzigen Roman abgekommen. Ich finde es durchaus legitim, so zu schreiben, bin aber der vielleicht zu harten Meinung, dass wer mit 25 immer nur noch einfach aufschreibt was ihm einfällt, sich nicht weiter entwickelt hat.
Ein guter Freund von mir hat mal geschrieben:"Schreiben ist mehr als das Erstbeste aufzuschreiben, was einem einfällt. zum Schreiben gehört es auch Formulierungen, die einem sofort in den Sinn kommen zurückzuweisen, um nach besseren Formulierungen zu suchen."
Ich hatte einen Mitschüler auf dem Gymnasium, der ständig nur das aufschrieb, was ihm gerade einfiel. Es war dermaßen kitschig und oberflächlich, dass ich jedes Gedicht hart kritisierte und an keinem ein gutes Haar ließ. Und wie haben wir beide davon profitiert? Na klar, wir machten im Wahlpflichtfach Literatur eine gemeinsame Arbeit daraus. Seine Gedichte und meine Kritiken - Kitsch gegen Zynik: 1-, immerhin.

MFG,

Hamburger
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Re: Warum,warum?

Beitragvon vogel » 02.07.2003, 19:38

Hallo

Heute schreibe ich, weil ich mit dem Schreiben ein Ventil gefunden hab, durch das ich meine Luft ablassen kann. Warum ich morgen schreiben werde, weiß ich nicht - vielleicht aus dem selben Grund, vielleicht aus einem anderem ...
Seit über 1 ½ Jahren schreibe ich mehr oder weniger ernsthaft.
Wenn ich schreibe, zwinge ich keinen, dass er sich damit beschäftigen muss. Die Worte, die ich aufschreibe - egal in welcher Form - stehen da, und vertreten meine Meinung. Und wenn jemand mit dieser Meinung nicht klarkommt, kann ich ihm nur sagen, dass er es ja ignorieren kann - genauso, wie all die anderen es tun, wenn ich etwas sage ...
Vielleicht hört sich das jetzt komisch an und gehört sicherlich nicht wirklich zu diesem Thema : aber wenn ich mich so umsehe; die Jugend ist anders geworden. Sicher komisch, wenn eine Jugendliche feststellt, das ihre Artgenossen - Jugendlichen - nicht besonders viel in der 'Birne' haben, bzw. zu nichts besonderen mehr fähig sind .... das trifft sicher nicht auf alle zu; aber auf das Grob, und dieses Grob, vertritt schließlich die Gesamtheit ... Jugendliche sind einfach nicht mehr oder kaum noch fähig Dinge bis zum Ende durch zuziehen ... ich bin grade noch so in diese Spur "rein geboren worden". Und versuche wenigstens, das beste drauszumachen, und es so zu Ende zubringen, dass es wenigstens ---würde & stolz--- hat, aber selbst diese Wertvorstellungen, haben sich verändert ... ich kann selbst nicht wirklich sagen, was ich unter Würde & Stolz verstehe ... Aber ich hab lange Unterhaltungen mit meiner Mutter und manchen Lehrern aus meinem Gymi geführt, und immer bin ich zum gleichem Ergebnis gekommen : das es eine Eigenschaft gibt, die fast alle Jugendlichen haben. Sie können nicht mehr zuhören, und dementsprechend nicht auf andere eingehen ....
Ich hab versucht mich anzupassen - geklappt hat's nicht. Ich hab versucht, so zu sein - gelungen ist's mir nicht. Hab versucht, es hinzunehmen, wie's ist - und erst heute bin ich wieder daran gescheitert (auch wenn's mich inzwischen nicht weiter stört ...)
Ich finde den Fakt schrecklich, das eine Jugendliche keine wirkliche Beziehung zu ihren Artgenossen - Jugendlichen - herstellen kann, weil der Bezug fehlt.
Deshalb schreibe ich heute, weil ich so das sagen kann, was mir auf der Zunge liegt.
Ich kann Fragen stellen, ohne dass sich jemand gezwungen fühlen muss, darauf zu antworten. Ich kann die berühmt, berüchtigten "Sonntagspredigten" halten, über Existenzen spekulieren, oder mich mit sonst irgendeinem Thema auseinandersetzen - und ich weiß dann für MICH, dass ich es getan habe. Weil so was einfach bleibt : das geschriebene Wort hat die Macht, irgendwo erhalten zu bleiben - daran lässt sich nichts rütteln, wenn's erstmal dasteht. Es weißt immer auf die Existenz von irgendetwas oder irgendwem hin ... Und das gesprochene ist oft nur zur schnellen, häufig unüberlegten Äußerung fähig ...

Gestern hab ich wahrscheinlich geschrieben, weil es der einfachste Weg war, etwas los zu werden, mit bestimmten Dingen klar zukommen, damit fertig zu werden, dieses Gefühl oder den Moment zusichern - für Stunden, Tage oder Jahre. Heute ist das bestimmt auch noch ein wichtiger Punkt, doch die existenziellen Fragen sind manchmal für mich der einzige Grund, warum ich schreibe, die Frage, ob's irgendwer irgendwann liest - und versteht & sich dann erinnert ....

Ich bin jetzt bestimmt mehr oder weniger extrem vom Thema abgekommen, doch als ich so manchen Eurer Gründe gelesen habe, schienen mir meine irgendwie ziemlich banal ... ich hab keine Ahnung ob sie's wirklich sind, oder nur so scheinen, aber das sind meine Gründe, warum ich schreibe ...
Und vielleicht hatte ich damals die Ideen & Gefühle, aber nicht die Worte um es auszudrücken. Heute habe ich manchmal keine Idee, aber "irgendein" Gefühl, zudem ich ein Wort besitze - und wenn's eben nur eines ist. Aber das mach Literatur auch zu dem, was Literatur ist (zudem warum ich mich, mehr oder weniger, damit beschäftige & mich damit auseinander setzte); so wie Gelbsucht einmal meinte :
Ich glaube, wenn wir von einem Autor verlangen nicht nur einen Text, sondern auch gleich die Interpretation dazu zu liefern, dann ist "Literatur" eine ziemlich sinnlose Angelegenheit geworden.



Liebe Grüße
kleinervogel
Mein Ich ist ein Pfogel aus Metall, doch Du hast ihn berührt und beschützt.

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Re: Warum,warum?

Beitragvon Hamburger » 07.07.2003, 02:29

Hallo kleinervogel!

Ich finde die Gründe, aus denen du schreibst, ganz und gar nicht banal. Und selbst wenn sie banal wären, würde ich daran grundsätzlich erst einmal nichts Schlimmes sehen: Auch Menschen, die aus banalen Gründe schreiben (ein banaler Grund wäre für mich zum Beispiel: Mir ist ständig langweilig.) können der Welt durchaus was Wichtiges mitzuteilen
haben. Auch ich habe einmal eine lange Zeit geschrieben um Luft abzulassen, um das was mir auf der Seele brannte zu thematisieren - dieser Grund war sogar ein Teil dessen, was mich zu einem Roman angetrieben hat. Ausserdem schrieb ich ein paar Jahre lang Tagebuch und auch hier spielte dieser Grund eine wichtige Rolle.

Du schreibst...


Wenn ich schreibe, zwinge ich keinen, dass er sich damit beschäftigen muss. Die Worte, die ich aufschreibe - egal in welcher Form - stehen da, und vertreten meine Meinung. Und wenn jemand mit dieser Meinung nicht klarkommt, kann ich ihm nur sagen, dass er es ja ignorieren kann - genauso, wie all die anderen es tun, wenn ich etwas sage ...


...und da hat mich ja gleich mehreres erschreckt. Erstmal finde ich es traurig, dass dir anscheinend niemand zuhört. Wenn du etwas sagst, ignorieren es alle anderen. Das hört sich krass an. Ist es wirklich so krass? Ist dies auch bei deinen Eltern, Geschwistern und Verwandten so oder vor allem bei deinen, wie du schreibst, Artgenossen, den anderen Jugendlichen?

Was nun den Leser angeht: Es stimmt: Niemand muss sich mit dem, was du schreibst, beschäftigen. Jeder, dem es nicht passt, der kann es interessieren. Du schreibst weiter deine Meinung.
Aber was ist mit denen, die deine Sachen lesen, sich ernsthaft damit beschäftigen, nicht deiner Meinung sind und die dich kritisieren wollen nicht um dir weh zu tun, sondern um dir zu sagen, was man vielleicht noch verbessern könnte. Es ist okay, wenn du dich nicht verbiegen willst, aber für mich hört sich das so an, als wolltest du überhaupt keinen Rat und keine Kritik von denen, die deine Texte nicht gleich so gut finden wie du.

Deine Worte klingen etwas trotzig, vielleicht auch etwas verletzt. Auch wenn das jetzt schwer klingt: Versuche zu trennen von der Kritik, die dir Leute nur geben weil sie dich nicht mögen und der Kritik, die dir helfen soll. Das ist wichtig. Du schreibst ja nicht, damit die Leute es entweder toll finden oder aber inorieren sollen. Du musst auch an die Leser denken, die es nicht so toll finden, die vielleicht einiges ganz gut, anderes nicht so gut finden und das auch sagen. Auch für die schreibst du und deren Kritik musst du dich auch stellen. Denk mal drüber nach.

Was du zu den Jugendlichen schreibst: Du fällst ein hartes Urteil über sie. Ich wäre trotzdem vorsichig gleich alle Jugendlichen so zu beurteilen bzw. die grosse Masse. Ich will aber auch keine Lanze brechen für die Jugendlichen von heute. Das kann ich gar nicht, dafür habe ich zu sehr mit Mitte 20 - 30jähigen zu tun. Ich hab aber ein paar Fragen dazu:

Was sind für dich die Jugendlichen? Welche Altersklassen fallen da rein? Meinst du "nur" die aus deiner Klasse oder wen meinst du?
Und: Du sagst die Jugendlichen von heute hören nicht mehr zu, haben nichts in der Brne, haben andere Werte? Könntest du ein paar Beispiele bringen für diese Urteile?

Da fällt mir in: Deine Kritik an der Jugend von heute - das müsste doch viel Stoff für dich zum scheiben sein...oder?

Freundliche Grüße,

Hamburger
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Re: Warum,warum?

Beitragvon vogel » 08.07.2003, 21:09

hallo

Entschuldigung, ich wollte nicht trotzig wirken und auch nicht sagen, dass ALLE und JEDER Schlecht ist, und nur ich gut ... das wollte ich nicht ... nur es gibt Dinge auf die ich "allergisch" reagiere - und deshalb wahrscheinlich auch sehr über reagiere.
ich bin von Natur aus ruhig, aber wenn ich jemanden gegenübersteh , und ich das Gefühl habe, dass ich in diesem Mom auch mit ner Wand reden könnte, dann ko***t mich das dermaßen an, dass ich schon kein anderes Wort mehr dafür finde ...
ich habe auch nicht ALLE Jugendlichen gemeint, sondern halt nur die große Masse (was ja auch schon viele Jugendliche sind) .. es ist nur so : ich hab dieses erstes Jahresquartal knapp 2 Monate zuhause gesessen (aus gesundheitlichen Gründen), und keinen Jugendlichen hat es interressiert, wie's mir geht, ich hab versucht von meiner Seite Kontakt aufzubauen, aber es bestand von der anderen Seite kein Interresse .... und meine "Freunde" - wir sind seit der dieser Zeit so ziemlich auf Eis ...
in der Hinsicht bin ich also sehr "vorbeschädigt", - fast schon eisblockmäßig.
dass ich halt die Masse über einen Kamm geschert habe, liegt daran, dass ich täglich 27, in gewisser Weise, "Idioten" 5-6h "ertragen" musste. nach den 2 Monaten hatte ich ein Großes Mitteilungsbedürfniss; doch im Enteffeckt musste ich es damit stillen, dass ich entweder geschrieben hab (siehe "Das KInd"), oder mit meinen Eltern geredet hab ... ja mit meinen Eltern.
ich bekommen von zu Hause vollen Rückhalt. ich hab super Eltern - wenn ich das mal so sagen darf. ABER - hamburger, du warst doch bestimmt auch mal in meinem Alter (davon gehe ich jetzt mal aus - dass du nicht gleich so "alt u grau" geboren wurdest *g*), hattest du nicht auch irgendwann das Bedürfnis mehr mit gleichaltrigen zusammen zusein ? ICh hab keine Ahnung (wie so oft), aber wenn man in 9 von 10 Fällen auf Ablehenung oder Abwertende Bemerkungen stößt, wird man für den 10 FAll taub ... deshalb habe ich Die MAsse über einen Kamm geschert - weil mir jetzt im Moment auch nicht mehr der Sinn nach aktiver Konversation steht .... jedenfalls mit Gleichaltrigen ...

in dem ersten txt, meinte ich allerdings, die "Menschen" aus meiner Klasse ... es war ja nicht so, dass ich andauert Streit und Stress hatte, nur ich bin halt sehr angeeckt .... ich hab mich eigentlich mit allen im Grob verstanden ... nur diese Abwertenden Bemerlkungen die immer kammen, wenn ICH IRGEDNWAS getan oder gelassen hab (MEINE Meinung geäußert habe) .... Menschen sind einfach oft grausam ohne es zu merken - und warscheinlich bin ich auch grausam, wenn ich so was sage, und ich hoffe, dass ich jetzt keinen wirklich so tief verletzte, dass er mich bis an sein Lebesnende hassen wird ...

und hamburger - ich akzeptiere Kritik. ich bin schon immer sehr dankbar gewsen dafür, auch in der Grundschule schon als ich Geschichten über irgendwelche Tausendfüßler geschrieben hab, und dabei sämtliche Grammatischen Regeln missachtet hab. Kritik ist kritisieren und Kritisiert werden ... kurz vor Schuljahresende haben wir in LER (Lebensgestalltung-Ethik-Religion) noch mit KRITIK angefangen : warum verletzt Kritik, wie übe ich sie aus, etc ...
Egal wer etwas zu meinen txten sagt, ich bin im dankbar dafür, egal obs positiv oder negativ is .... denn, dass zeigt mir, dass er sich damit beschäftigt hat ...
weil entweder du bist interreassant, oder dass was du tust, oder du bist es nicht ...

[und mir fällt jetzt was echt banales ein : mir schläft grad mein Fuß ein .....]

hhmm, Beispiele für die Begründing meines Urteils ... denke manches ist jetzt klar, aber was sagst du, wenn folgendes passiert : (eine für dich ficktive Situation, mir täglich passiert ...)
du bist Schüler eines "angesehenen" (kann man, denke ich, so sagen ...) Gymnsiums. Gehst in die 9.Klasse. und jeden TAg kommst du in den Raum und hörst lautes Gegröhle ... ein Junge, der mit einem Durschnitt von 1 (!!!!!!!) von der Grundschule zum Gymi (bei uns nach Abschlss der 6.) gewechselt hat, und jetzt nich mal mehr sich ordentlich im DEUTSCHEN äußern kann (!!!!!!)gröhlt aus vollem Hals ... er kriegt kaum noch nen Paar Sätzte schriftlich hin ... was geht dir jetzt durch den Kopf ??
als ich ein paar Sätzte aus seinem *Romeo und Julia*-Test gehört hab, ist es mir Kalt über den Rücken gelaufen ... den Typen schleifen die Lehrer jetzt noch das nächste Jahr durch, und dann hoffen sie er schafft die Prüfungen für nen Abschluss - und dann soll er abgehen ... Pkt ...
das verstehe ich eindeutig unter nichts in der Birne auf Schule / Beruf bezogen ... aber so ist dass ja nicht nur bei ihm, dass ich ja bei vielen so, die ich -kenne-. Äußerungen sind kaum noch möglich - aber auf jeder angesagten Party tanzen, solange dass noch geht, is ja alles ok. ich frage mich, was die für Eltern haben .... aber egal ...
zu den Werten ... wie gesagt, Schule zählt nicht mehr viel, ebenso Respeckt und Schätzen des anderen ... sei es nun Lehrer, Elernteil, oder MITSCHÜLER ... ich hab keine genaue Ahnung, aber ich glaube, in meiner Klasse (beziehen wir uns doch mal darauf) sind von 28 MAnn vielleicht 10 höchstens 15 fähig das Abitur zubestehn (ich bezieh mich da jetz mit ein ... weil ich es einfach schaffen WILL) das ist nen sehr schlechter Durchschnitt, finde ich - wir haben noch 4 weitere Klassen, ehmalige 9, die jetzt 10 kommen, ich will garnicht wissen, wie's daussieht ...
und ein anderer Wert ist, denke ich : klamotten und Partys .. nicht das ich darauf nicht auch WERT lege, aber irgendwo muss auch Schluß sein. und als 13- oder 14-jährige/r muss man, in meinen Augen, noch nicht seinen ersten Rausch hinter sich haben, oder irgendwelche anderen Drogen konsumiert haben - aber dass muss jeder selbst wissen .....

axo : allgemein kann ich zu Altersgruppe nichts sagen, hab nich soviel mit anderen zutun ... aber man sieht ja oft genug Schlagzeilen in zeitungen, in denen Jugendliche sich wieder von ihrer besten Seite zeigen .... *seufz*

ich hoffe ich hab soweit alles geklärt - wenn nicht, antworte ich gerne ...

Liebe Grüße
kleinervogel

PS : stimmt, das ganze bietet viel Stoff, aber nicht alles läst sich in Worte fassen und nicht alles will und kann ich veröffentlichen ... irgendwo möchte auch ich meine Schmerzgerze verstecken .... dh. den pkt, an dem ich nicht mehr kann ... hoffe du verstehst, was ich meine ....
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