Wie, wie?

Warum schreiben wir? Wie werde ich reich und berühmt durch meine Bücher? Was macht die besondere Schönheit des Adjektivs aus?
Hamburger
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Wie, wie?

Beitragvon Hamburger » 23.06.2003, 10:54

Hallo Leute!

Wenden wir uns denn doch mal der zweiten Frage zu:"Wie werde ich durch meine Bücher reich und berühmt?"
Na, da gibt es sicher unzählig viele Rezepte. Eines davon ist sicher, den Massengeschmack zu bedienen. Und was passt da besser als Klischees zu verwursten, wie beispielsweise in dem aktuellen Buch "Warum Männer lügen und Frauen immer Schuhe kaufen".
Über die Geschlechter , insbesondere mit der Verbindung von Stereotypisierungen, unterhält man sich immer, mindestens auf unserem Kontinent und auch in Nordamerika möchte ich meinen (ist ja kein kleiner Markt).
Eigentlich noch näher liegt Sex. Der Film "Suche impotenten Mann fürs Leben" ist ja schliesslich auch nach einer Buchvorlage entstanden. Handlung ist immer dieselbe in bestimmten Variationen: Die Suche nach Mr. oder Mrs. Traumtyp, die am Ende erfolgreich ist.
Aber wird man dadurch berühmt. Wer kennt noch die Männer und Frauen, die diese Bücher geschrieben haben?
Berühmter wird man, so scheint mir, wenn man ein paar 10-14jährige auf eine Zauberschule schickt. Doch bei Joanne K. Rowling bezweifle ich wiederum, dass sich in 50, in 80, in 100 Jahren noch jemand an sie erinnert und vor allem: das das, was sie schrieb, etwas Bleibendes ist, etwas, das von Wert ist auch für zukünftige Generationen und Gesellschaften - und zwar aus deren Sicht.
Berühmt sind meiner Meinung nach Goethe oder Hermann Hesse oder Max Frisch (oh, oh, darf man diese drei in eine Reihe stellen). Sie haben etwas Bleibendes geschaffen, etwas von Wert. Der "Werther" zum Beispiel bereichert mein Leben, obwohl er vor über 200 Jahren geschrieben wurde, mit "Stiller" oder "Homo Faber" sieht es ähnlich aus. Man könnte diese Reihe noch sehr stark ausweiten.
Aber waren diese Herren (jetzt fällt mir wieder auf, die Damen vergessen zu haben - so ist as, wenn man unter Zeitdruck schreibt, also Christa Wolf, Judith Hermann, etc.) reich?
Was ist reich? Ist Martin Walser reich? Oder Marcel-Reich Ranicki? Oder Günther Grass?
Wie reich wollen wir den durch unsere Bücher werden?

Fragen über Fragen. Wenn ich dann von der Arbeit komme gegen 19 Uhr erwarte ich gespann die ultimativen Antworten.

MFG,

Hamburger
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Re: Wie, wie?

Beitragvon Spiderman » 24.06.2003, 22:57

Also, wenn ich die Wahl hätte zwischen reich und berühmt, ich würde mich für reich entscheiden. Was nützt es mir, etwas Bleibendes zu hinterlassen, wenn es die Leute erst nach meinem Tod merken.

Ich will JETZT Groupies haben!
Ich will JETZT im Hilton wohnen!

Nur: warum schreibe ich dann hauptsächlich Lyrik? Meine Strategien sind da reichlich dysfunktional.
Die nette Lyrik-Spinne von nebenan!

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Re: Wie, wie?

Beitragvon cute sushi lunches » 25.06.2003, 23:08

Mit Sex and Crime Krimis oder billigen Fickgeschichten haben schon viele Leute eine Menge Geld verdient.Aber mit ernsthaften Sachen-vergiss es!

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Re: Wie, wie?

Beitragvon razorback » 26.06.2003, 00:44

Ja, ja... Man hört ja, dass Hemingway bettelarm war, als er sich die Kugel gab...

Nur so, als Beispiel. Grass lebt von Sozialhilfe... Paul Auster und Siri Hustvedt schlafen in New York unter Brücken...

Selbstverständlich kann man mit anspruchsvollen Sachen so viel Geld verdienen, dass man gut davon Leben kann. Oder auch reich wird. Glück gehört dazu, sicher, und ebenso sicher sollte Reichtum nicht das Ziel sein, wenn man schreibt.

Die Argumentation "Wer viel Geld hat und von Massen gelesen wird, muss schlecht sein" klingt irgendwie stark nach dem Unkehrschluss "Ich verdiene nichts damit und keiner liest mich - ich bin was Besseres" :-D

Es ist so leicht, sich über die Masse zu erheben, vor allem, wenn man sich selber nicht dazu zählt.

Ich zum Beispiel finde Hera Lind - bzw. ihr Werk - Scheisse. Wirklich, ich habe mich mal durch eineinhalb Bücher von ihr gequält - das ist Folter. Ich finde das, was ich schreibe, ehrlich gesagt besser. Trotzdem würde ich es niemals wagen zu behaupten, ich wüsste besser als Hera Lind, wie man gute Bücher schreibt. Denn "gut" ist eine Definitionsfrage. Ich kann für "gut" gewisse Kriterien aufstellen, dann mache ich es zur reinen Geschmackssache, denn meine Kriterien sind nicht mehr wert als die von irgendeinem anderen Leser.
Oder, ich versuche "gut" zu objektivieren, dann kann ich den Autor nur an seinem Anspruch messen. Und wenn ich mal unterstelle, der Anspruch der Frau Wachtenberg alias Lind ist es, ihre Leser zu unterhalten, dann erreicht sie dieses Ziel massenhaft - und wäre damit eine gute Autorin. Ich dagegen...

Dieses Urteil über Hera Lind käme mir aber niemals über die Lippen - also halte ich es mit der Subjektivität und dem Geschmack. Ich bestimme für mich, was ich gut finde. Dieses Recht muss ich aber auch jedem anderen zugestehen, ich bin nichts Besseres, wenn ich kein Teil der Masse bin, die Masse ist nicht besser, wenn ich dazugehöre (mein Urteil im Falle Rowling etwa fällt ganz anders aus als Deins, Hamburger).

Geschmack ist keine demokratische Veranstaltung.

Übrigens glaube ich auch, dass es mehr gescheiterte Sex and Crime and Fuck Autoren gibt, als man gemeinhin glaubt. Die hadern bloss nicht in Foren wie diesem damit, dass die Masse ihr Zeug nicht lesen will und man mit sowas nicht zu Geld kommen kann. Die haben nicht mal die Entschuldigung. Tragisch, sowas :-D

Gute Nacht und so

Razorback

P.S.: Ach ja - wie wird man reich und berühmt... hm... sobald ich's weiss, sage ich es Euch ;-)
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Re: Wie, wie?

Beitragvon Besucher » 26.06.2003, 14:37

möchte nur wissen, was du vom Ruhm hast, wenn du tot bist. Ist doch wohl besser mit Mist Kohle zu machen, als mit intellektuellem Kram auf ein spätes Denkmal zu hoffen.

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Re: Wie, wie?

Beitragvon Hamburger » 27.06.2003, 01:03

und am allerbesten ist es mit anspruchsvollen Sachen steinreich zu werden und später noch ein Denkmal zu bekommen, dass einem als Wiedergeborenen ein Dejavu beschert. Und dieser Kreislauf von Gutenberg bis heute - der Wahnsinn.
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Re: Wie, wie?

Beitragvon Hamburger » 27.06.2003, 12:51

Hallo zusammen!

Erstmal, Danke razorback, für deinen Beitrag. Der bricht die Stereotypenbildung ganz schön auf. Weder sind alle guten Autoren arm, noch alle unbekannten Autoren gut. Es soll auch schon Autoren gegeben haben, denen zu Lebzeiten gehuldigt wurde.
Die ganzen armen tollen Autoren, die weltklasse schreiben und die keiner lesen will auf der einen Seite und die eiskalten, abgebrühten Massengeschmacksbediener auf der anderen - das ist zwar, stellen wir uns den Gegensatz vor, ein zutiefst herzzereissendes Bild, weil es unseren Gerechtigkeitssinn foppt. Es ist jedoch beileibe kein realistisches Bild. Ich wollte zwar nicht razorbacks Liste verlängern, kann mir aber nicht verkneifen zu sagen, dass auch der Herr Walser sein
Häuschen hat und viele weitere Gegenwartsschriftsteller mehr, denen ich weder Qualität noch Ruhm, soweit diese Kategorie insoweit definiert ist dass man einigermaßen bekannt und öfters im Fernsehen auf den dafür vorgesehenen Sendeplätzen präsent ist plus von mindestens ein paar hunderttausend Lesern gelesen wird, absprechen möchte.

Damit ergibt sich sogleich die Frage: Was ist Qualität? Bevor diese anzugehen ist, gestehe ich mit grosser Scham mir ein Urteil über Frau Rowling zu erlauben, obwohl ich noch nie ein Buch von der Frau gelesen habe. Ich gehe sogar noch weiter, wenn ich aus tiester Überzeugung sage:
"Der Herr der Ringe ist SCHEISSE!"
Warum wage ich mich so weit vor? Nun, ich habe die Filme gesehen, genauer gesagt den ersten Teil des "Herrn der Ringe" und den letzten Teil von Harry Potter, der im Kino lief. In diesen Filmen gab es nichts, aber auch gar nichts, was mich neugierig auf die Bücher gemacht hätte. Schon das Muster der Geschichten, nämlich das Gute gegen das Böse, scheint mir eher für Vierzehnjährige geeignet. Im "Herrn der Ringe" zum Beispiel habe ich nur einen, wenn man so will, gebrochenen Charakter erkannt - und zwar dieses kleine grüne Männchen dessen Namen ich vergessen habe und das zwischen Gut und Böse hin- und herschwenkt. Das ist zu wenig um meinen Ansprüchen zu genügen.
Ferner: Es ist beides Fantasy! Ich hasse Fantasy! In diesem Genre ist immer alles möglich, weil jegliche Naturgesetzlichkeit sich irgendwelchen Zaubersprüchen unterordnet. Das halte ich für sehr phantasielos. (oder schreibt man nach der Rechtschreibreform jetzt "fantasielos")
Klar, Harry kommt überall raus, denn irgendein selbstdenkendes Auto hilft ihm schon. Für jede Situation gibt`s irgendeine Magie. Ich finde es wirklich phantasievoll, einen ganz normalen Film ohne all diesen Schnickschnack zu drehen und damit den Zuschauer zu überraschen. Das ist nämlich wesentlich schwieriger.
Worauf will ich raus? Ich unterstreiche hiermit razorbacks Absätze dazu. Meine hier aufgestellten Kriterien, zum Beispiel für Phantasie, aus denen ich dann einen Qualitätsmasstab ableite, an dem ich die Filme messe, sind nicht besser als seine oder die von charis oder die von gelbsucht. Das führt sogar zu der Absurdität, das ich mir in diese Falle ein Urteil über literarische Werke erlaube, obwohl ich nur den Film kenne. Denn auch alle, die ich kenne und die`s gelesen haben, erzählen mir solche Sachen darüber, dass ich erwarte gefoltert zu werden, wenn ich diese Bücher in die Hand nehme. Warum soll ich mich durch das Mammutwerk vom "Herrn der Ringe" quälen, wenn die dargestellten Muster laut der Fans korrekt und toll übertragen wurden, ich diese Muster aber verabscheue?
Aus diese unterschiedlichen Qualitätsstandards ergibt sich für alle, die über Literatur reden - also auch für uns - ein Problem. Jeder der jetzt ankommt und den "Herrn der Ringe" gelesen hat, sich durch meine Minung gestört fühlt und mir beweisen will, wie toll der ist, verweist auf seine Kriterien. Er könte mich aber nur überzeugen, verwiese er darauf, dass das Buch auch nach meinen Kriterien gut ist. Die Mühe macht sich jeder, wen überhaupt, dan nur höchst eingeschränkt. Soll man sich etwa mit allen Standards seines Diskussionspartners beschäftigen?
Ich glaube aber: Genau das ist nötig um über Literatur im eigentlichen Sinn zu diskutieren. Wenn wir aber nur anhand unterschiedlicher Kriterien urteilen ist oft keine Debatte, sondern nur ein Austausch möglich. Bei einigen literarischen Machwerken stellt sich das Problem nicht, da werden wir unabhängig voneinander die gleichen Kriterien haben und sie deshalb zum Beispiel locker verdammen können, oder liest einer billige Arztromane, die er am Kiosk gleich neben den Schokoriegeln erwerben kann, und hält das für hochwertige Literatur?
Bei anderen Werken sieht es anders aus. Auch bei uns. Es kommt ja auch noch dazu, dass wir uns verändern. Ich fand Goethe auf dem Abi, wie sagt man so: echt ätzend! Un ich habe Faust I nach der Klassenarbeit durch die Klasse gefeuert und daheim in den Reißwolf geschoben vor Wut. Mittlerweile mag ich Goethe eben wegen Faust I und vor allem wegen dem Werther. Freunde raten mir Goethe in meinem Herzen zu behalten und dafür sei es notwendig keinesfalls Iphegenie auf Taurus zu lesen, oder wie immer dieses Werk heißen mag. Also kommt, bewerten wir die Qualität von Autoren, auch noch hinzu, dass wir immer nur das bewerten, was wir kennen.

Die Thematik lässt sich also nicht mit zwei Sätzen erledigen. Vom eigentlichen Thema wie man reich und berühmt wird, bin ich jetzt allerdings etwas abgekommen. Macht das was?

MFG,

Hamburger
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Re: Wie, wie?

Beitragvon razorback » 01.07.2003, 17:17

Also mir macht's nix. Ich finde es eigentlich recht angenehm, dass sich die Diskussionen hier schnell verbreitern.

Zum Anonymus: Kommt drauf an. Wenn man Kohle will, ist es sicher besser, Kohle zu bekommen. Wenn man schreibt, um Ruhm zu erlangen, der Nachwelt etwas zu hinterlassen, Menschen zu erziehen, den eigenen Kindern was vorzulesen, etc., etc., etc., - dann ist das Geld zweitrangig, es geht eben um etwas anderes.

Zurück zu Dir, Hamburger: Harry Potter lasse ich mal aussen vor, das ist ein Jugendbuch, wenn Erwachsene die Reihe mögen (ich) oder nicht mögen (Du) sollte das Zufall sein, für uns sind sie nicht geschrieben.
Und ich werde - als Fan des "Herrn der Ringe" - ganz gewiss NICHT versuchen, Dich dazu zu bekehren. Denn wie Du ganz richtig sagst: Wenn man mit dem Grundmuster nichts anfangen kann, muss es hart sein, sich dadurch zu kämpfen. Und (im Gegensatz zu Harry und HDR 2) ist der erste Film wirklich sehr sehr nah am Buch. Da ist zwar ein Wenig weggelassen, aber nichts, von dem ich vermute, dass Du, wenn Du es sehen würdest, ausrufen müsstest: "Ach soooo! Na, dann muss ich das Buch sofort haben!" :-D

Wozu aber diese lange Einleitung? Eine Sache hat mich dann doch gestört - und das ist eigentlich ein interessanter Anknüpfunspunkt für Deine "Standards des Anderen", die Grundlage einer Diskussion, bei der es Zweitrangig ist, ob ich etwas mag oder nicht:

Ich hasse Fantasy! In diesem Genre ist immer alles möglich, weil jegliche Naturgesetzlichkeit sich irgendwelchen Zaubersprüchen unterordnet.


Offenbar ist Dir bisher nur schlechte Fantasy untergekommen. Die gibt es ja reichlich. Aber da ich selbst Phantastisches schreibe (keine Fantasy, aber ich mag den Begriff "Horror" nicht) versuche ich, eine Lanze zu brechen: Wer in einem Genre, das erklärtermassen mit Übernartürlichem arbeitet auch nur ein bisschen Anspruch hat, vermeidet genau das, was Du oben kritisierst. Für mich ist es einer der schwierigsten Punkte überhaupt, die übernatürlichen Aspekte so einzubauen, dass eine Logik bestehen bleibt - die natürlich auch das Übernatürliche begrenzt. Und damit meine ich nicht Regeln wie "Dämonen können dies und jenes können sie nicht". Es muss in der Geschichte begründet, oder zumindest aus ihr ableitbar sein, warum sie dies oder jenes können oder nicht können. Wenn ich eine Gegenwelt entwerfe, muss auch diese ihre Regeln und Gesetze haben (das absolute Chaos schriftstellerisch darzustellen wäre allerdings auch eine Herausforderung... :-D ), und die müssen für den Leser nachvollziehbar sein, sonst findet er nie in die Geschichte, sondern fühlt sich permament verarscht.

Das war nicht der Versuch, Dich für das Genre zu gewinnen (es gibt so viele schöne Genres, man kann sich nicht alle mögen :-D ). Andererseits... Faust 1... Satansbeschwörung, Verführung, Mord, Kindtötung, Hölle und Erlösung... was willst Du eigentlich :-p

Ich fand Deine Idee, sich mit den Standards des Anderen zu beschäftigen, sehr wohltuend. Du glaubst nicht, wie viele Leute ich kenne, die nicht begreifen, warum ich mit (kleine Auswahl) James Joyce, Tina Turner und Picasso nichts anfangen kann, aber absolut anerkenne, dass sie in ihrem jeweiligen Fach mit Recht berühmt und gefeiert sind.

Alles Allerbeste

Razorback

P.S.: Doch noch mal Harry: Es ist ein Problem der Filme, dass sie viele Ergebnisse zeigen (Anwendung der Zauber) aber wenig Wege (Lernen, vorhergehende Erfahrungen, etc.). Ich glaube nach Deiner Erklärung auch nicht, dass die Bücher Dir gefallen würden - aber so platt sind sie dann doch nicht.
Greetz rzb


P.P.S: Ich editiere jetzt zum vierten Mal... offensichtlich bin ich heute irgendwie der Muttersprache verlustig... grmblfx..
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Re: Wie, wie?

Beitragvon Hamburger » 04.07.2003, 00:08

Hallo zusammen!

@razorback

Ja, Ja, der Goethe war schon so ein Gewalttäter. Die physischen und psychischen Schmerzen, die er dem Werther zufügt, sprechen diesbezüglich ebenfalls Bände...

Was Fantasy angeht: Du hast wahrscheinlich recht: Mir kam bisher nur schlechte Fantasy unter. Nach einem Buch eines früheren Freundes, ein bisschen Lugen beim Rollenspiel und dem Film "Conan der Barbar" habe ich vor ein paar Jahren keine weitere Motivation verspürt, mich mit diesem Genre zu beschäftigen. Doch die Alternative, von der du sprichst, das was also gute Fantasy ausmachen würde, betrachte ich ebenfalls ziemlich kritisch. Ich frage: wozu? Wozu eine Gegenwelt aufbauen in der das Übernatürliche zumindest vorkommt? Selbst wenn es dann begründbar oder ableitbar sowie begrenzt ist. Mir - und hier kommen wir wieder zu dem Thema Standards, in diesem Fall zu meinen Standards - gib das einfach nichts. Die grösste Kunst ist es für mich, Spannung zu erzeugen ohne in irgendeiner Art und Weise auf Übernatürlichkeiten zurückzugreifen, was auch für die Darsteller der Geschichte gilt (Dämonen, Hexen, Zauberer).
Selbst wenn man die Fähigkeiten seines Dämonen begründen kann, so kann man doch immer Schranken, die es in der Realität gäbe, leichtestens (auch ein schönes Wort: leichtestens) überwinden. Und das finde ich phantasielos - sorry. Es ist wesentlich schwerer einen Ausschnitt der Tätigkeit eines italienischen Sozialarbeiters als spannende Geschichte zu erzählen, über die es sich zu reflektieren lohnt, als einfach eigene Welten zu konstruieren. Nichts ist schwieriger als mit gegebenen Bedingungen zu arbeiten bzw. aus gegebenen Bedingungen Spannung zu erzeugen.
Gerne gestehe ich zu, dass die Harry-Bücher nicht so platt sein mögen wie die Filme. Dennoch - das hast du richtig erkannt - würden sie mir nicht gefallen da ich weder mit Übernatürlichkeit noch mit dem Gut-Böse-Muster und den ständigen Happy-Ends am Schluss der Bücher etwas anfangen könnte.
Was lese ich gerade? Du wolltest mich gar nicht für das Genre gewinnen? Ach so...
na denn nimm meine harten wort zu Fantasy nicht gar so ernst... :-D

Nun zu den Standards. Was sind denn deine Standards? Oder, vielleicht nicht ganz so schnell ganz so tief gefragt. Was ist so schlimm an James Joice, Picasso und Tina Tuner? Und: Wie kannst du ihre Kunst schlecht finden und gleichzeitig anerkennen, dass diese Künstler mit Recht gerühmt werden?

Ebenfalls alles Allerbeste + noch mehr Allerbestes

Hamburger
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Re: Wie, wie?

Beitragvon razorback » 04.07.2003, 11:42

Das sind viele Fragen...

Fangen wir mit etwas an, dass keine Frage war sondern ein Irrtum: Am Ende von Harry Potter gibt es nicht immer Happy Ends. Gut - wenn einem "Harry lebt noch" zum Happy sein reicht, dann schon. Aber ansonsten war zum Beispiel das Ende des vierten Teils grausam und deprimierend, das fröhlichste daran war noch, dass es ein offenes Ende war...

Was sind meine Standards... Ach Du Schande... Was denkst Du Dir eigentlich, ich war heute Nacht bis nach halb drei wach und musste um sieben wieder raus, meinst Du da kann ich... Ach so, das konntest Du nicht wissen... :-D Ich analysiere meinen Geschmack ein anderes Mal, okay?

Aber dafür kann ich erklären, warum ich Joyce, Picasso und Tina Turner nichts abgewinnen kann (bei Joyce schränke ich ein - seine Kurzgeschichten mag ich teilweise): Sie sprechen mich nicht an, berühren mich nicht. Kunst - egal welche Form - spricht ja auf zwei Ebenen an, emotional und intellektuell. Und wenn ich beispielsweise Ein Lied von Tina Turner höre, so stelle ich intellektuell fest (bei arg begrenzten Mitteln - ich kann nicht einmal Noten lesen und weiss wenig über Musiktheorie und -geschichte): Die Frau interpretiert auf eine sehr eigenständige Art, sie konnte sich über viele Jahre auf hohem Niveau halten und hat viele Künstler beeinflusst um nur drei Punkte zu nennen - sie MUSS gut sein. Aber was das Emotionale betrifft... wenn ich einen Ihrer Songs höre, spricht mich das etwa so an, wie eine Portion kalte Nudeln. Sie singt dermassen an allem vorbei, was mich berührt, ich kann nicht mal sagen, dass ich Widerwille oder so etwas empfinden würde. Ich sehe und höre eine Künstlerin, von der ich weiss, dass sie eine Könnerin ist, die ihre Kunst lebt - und könnte ebensogut weisses Rauschen hören. Wenn Du mich zu Tode langweilen willst - nimm Tina Turner. Oder Picasso. Oder zwing mich, "Finnegan's Wake" zu lesen.

Aber es ist mir durchaus bewusst, dass ich keinerlei Recht habe, diesen Grössen ihr Können und ihre Bedeutung abzusprechen, nur weil sie eben emotional auf einer Wellenlänge senden, die ich nicht empfangen kann.

Mit dem Thema "Phantastische Literatur" beschäftige ich mich, wenn es Dir Recht ist, in einem eigenen Thread, sonst ufert das hier zu sehr aus ;-)

So long

RZB
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Re: Wie, wie?

Beitragvon charis » 04.07.2003, 11:50

hi hamburger & razorback,

ich verfolge eure diskussion mit interesse.
v.a. weil es mir zunächst ähnlich mit fantasy geht wie hamburger.
der herr der ringe liegt, nachdem ich ihn mir letztes jahr zum geburtstag gewünscht hab (nachdem mir der film gefallen hat) und ich beschloss, das dieses werk zu den für mich nicht zu versäumenden der weltliteratur gehört, noch unberührt, mit leichter staubschicht, auf dem kasten. der kleine hobbit ebenso.

dies sagt noch nicht viel aus, denn da liegen noch allerhand andere bücher, imre kertesz (aus etwa demselben grund wie h.d.r.), janet frame, t.c. boyle, erinnerungen von erich fried, michael moore, etc. etc., also ein sehr bunte mischung.

seit einiger zeit gehe ich buchhandlungen tunlichst aus dem weg, da sich der stapel der zu lesenden bücher zuhause drastisch dem höchtmaß annähert.
however: bücher zu kaufen, sie zu hause zu haben macht mich glücklich, es gibt viele, die ich angefangen habe, dann wieder abgekommen bin, deren kauf aber nie bereut habe. bücher muss frau einfach haben.

das I-tüpfelchen wäre eben noch ein großer etat an zeit...

fantasy hat mich als kind sehr begeistert. michael ende, dann ein buch namens märchenmond, aber auch v.a. viele sagen, märchen, heldenepen.

ich habe vor zwei jahren die ertsen beiden harry potters auf englisch gelesen und mir beim lesen fast in die h... gesch..., naja, nicht ganz, aber ich fand es echt sehr sehr gruselig und spannend und ich verstehe immer noch nicht, dass derart nervenaufreibender inhalt kleinen kindern zugetraut wird... aber die sind wohl schon einiges gewöhnt...

jedenfalls fand ich die bücher sehr unterhaltsam und in erster linie spannend (wobei mich die mystery-auflösungen beide male enttäuscht haben...), ausserdem lernte ich jede menge zaubereivokabular auf englisch.

ob j.k.r. in fünfzig jahren noch gelesen werden wird, ist doch irrelevant. wer weiß, ob es die welt dann noch gibt.
es ist schon eine bemerkenswerte leistung, unzähligen kindern heute spannende stunden zu bescheren, und mag dies auch mittlerweile durch die gigantische marketing-maschinerie verfälscht worden sein, so muss doch die ursprungsfaszination vom stoff und dessen umsetzung ausgegangen sein und sonst von nichts.
toll, dass sie dabei reich geworden ist. solche mythen brauchen wir alleinerzieherinnen von heute doch notwendig... ;-) ;-)

interessant ist hamburgers frage an razorback:
Wie kannst du ihre Kunst schlecht finden und gleichzeitig anerkennen, dass diese Künstler mit Recht gerühmt werden?

also, wenn ich mich da dazwischen melden darf:
da geht es doch v.a. um toleranz, oder? um das wissen, dass der ureigene geschmack nicht der einzige ist, der glück und freude in die welt trägt.
untolerierbar wären für mich nur kulturelle ergüsse, die anderen schaden zufügen (nationalsozialistisches gedankengut etc.)

ich möchte jedenfalls keine kultursnobistin sein bzw. werden, obwohl ich mich auch dabei ertappe, über musikantenstadl-konsumentinnen zu ätzen oder fußballdressen höchtens als hippen er- bzw aufguss der fashionistas in mailand, paris und london anzuerkennen...

meine abschlussfrage ist, ob eigentlich künstler wie joyce, turner, picasso in der regel "zu recht" berühmt und gefeiert sind in ihrem fach, oder ob nicht meistens faktoren wie zufall, glück und geniales marketing zuhilfe kamen.
gibt es sowas wie "der hat sich das verdient?"
was meint ihr...??

und: muss man ein arschloch sein, um berühmt zu werden?

razorback
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Re: Wie, wie?

Beitragvon razorback » 04.07.2003, 14:06

meine abschlussfrage ist, ob eigentlich künstler wie joyce, turner, picasso in der regel "zu recht" berühmt und gefeiert sind in ihrem fach, oder ob nicht meistens faktoren wie zufall, glück und geniales marketing zuhilfe kamen.
gibt es sowas wie "der hat sich das verdient?"
was meint ihr...??


Ich glaube, gerade die Drei sind Beispiele dafür, dass es nicht nur um Marketing geht. Das wenige, was ich über diese (von mir - wie erwähnt - nicht sehr geschätzten) Künstler weiss beinhaltet folgendes:

Picasso hatte mit den üblichen Vorurteilen gegen ungewöhnliche Darstellungsformen zu kämpfen in einer Zeit, als noch nicht alles als gut galt, wenn es nur anders war, sondern eher im Gegenteil.

James Joyce galt und gilt den Meisten ab "Ulysses" als unlesbar.

Tina Turners Mann hat versucht, sie mit psychischer und physischer Gewalt vom eigenen Weg abzuhalten.

Wenn man davon ausgeht, dass die Zielgruppe einer Marketingkampagne mit dem Zweck "Berühmt und Gefeiert" die eine grosse und unhomogene Publikumsmasse sein muss, dann sind das alles denkbar schlechte Voraussetzungen. Glück allerdings gehört, glaube ich, immer dazu.

...muss man ein arschloch sein, um berühmt zu werden?


Nein!
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