Brief an die Mutter in Coronazeiten im Monat April des Jahres 2021

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Brief an die Mutter in Coronazeiten im Monat April des Jahres 2021

Beitragvon Pentzw » 22.04.2021, 16:52

Liebes Mütterchen, danke für Deinen Brief!

Geht es Dir wirklich so schlecht, fühlst Du Dich so hundsmißerabel, daß es auf keine Kuhhaut mehr passt? Deine Mitbewohner sacken auch immer mehr ab, wie Du schreibst. Sie dürfen kaum Besuche erhalten, die ehemals lebenswichtigen Eventereignisse, will heißen Unternehmungen wie Singen, Tanzen und Spielen sind gestrichen und so kümmert Ihr in Eueren Zimmern vor Euch hin, daß es nur mehr wie in der Wüste ohne Wasser zugehen mag. Wenn ich dies höre, blutet mir das Herz, die Seele trägt Trauer und Schmerz, aber nur Deine Tochter, der Du die Versorgung zugeschrieben hat, darf Dich besuchen. Sie spielt meines Wissens zwar nicht Gitarre, Klavier und Flöte, aber letzteres zumindest schon, was sie aber aus Stolz und dem Getuschel Ihrer bekannten Mitmenschen im Beschäftigungspersonal des Heimes nicht tun wird, wie ich sie einschätze. Stattdessen sitzt sie wohl stolzgeschwellt da hinsichtlich ihrer Kinder, Ihres zu erwartendem Erbes und was auch immer noch. Nun, es ist nicht verwunderlich, da Du ihr den Löwenanteil desselben vermacht hast, vermutlich weil sie die Kinder und die Fortfolge des Blutes gesichert hat, was in meinem Alter Deiner Einschätzung nach nicht mehr geschehen dürfte. Tja, Blut- und Bodenmythos, ist Dir wohl bekannt. Dabei dachte ich immer, ihr wärt von den Nazis verfolgt worden, was ich auch glaube, denn dies hast Du gesagt, als Du bereits „dement“ warst: "Das Landratsamt hat gewußt, daß wir gegen die Nazis waren". Trotzdem warst Du beim Bund-Deutscher-Mädels, trotzdem sind Deine Brüder aus Treuepflicht dem Vaterland zuliebe am letzten Tage des Weltkrieges in der Ukraine gefallen, trotzdem lässt Du nicht Gerechtigkeit walten bei der Erblassung, daß jedes Deiner Kinder den gleichen Anteil bekommt.
Die Situation im Altenheim, wo ihr so gut wie total isoliert seid, obwohl alle Heiminsassen bis auf zwei, weil die Angehörigen dies nicht geschehen lassen wollten, geimpft sind und das Pflegepersonal müsste auf Grund seiner Professionalität es getan haben, ist also katastrophal. Nun, diejenigen Deutschen, die schon immer von „Deutscher Gründlichkeit“ gesprochen haben, haben Euch wieder die Suppe eingelöffelt, insbesondere in Person der derzeitigen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Mit Deinem Verhalten hinsichtlich des zu erwartenden Erbes hast Du Dich damit gleichfalls auf deren Seite gestellt, meiner Einschätzung nach. Es ist folgerichtig, daß „Deutsche Gründlichkeit“ wie ehemals zu Deiner Kind- und Jugendzeit in die Katastrophe, in die menschenverachtende Behandlung und schließlich in die Konzentrationslager. Davor habt Ihr doch in Euerer Familie stets so furchtbare Angst gehabt, daß die Großmutter in Dachau landen wird, wenn sie nicht ihre Goschen hält und auf diese strammen, frechen, unverschämten SS-ler schimpfte. Großmutter hat auch ihre Kinder nicht gerecht behandelt letztlich, worüber sich unser Vater eschauffiert hat, wobei er dann wie Du diese erlittene Ungerechtigkeit selbst wieder an sein Kinder weitergegeben hat.
Wie soll man Euch verstehen?

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Re: Brief an die Mutter in Coronazeiten im Monat April des Jahres 2021

Beitragvon riemsche » 22.04.2021, 23:28

Pentzw hat geschrieben:Wie soll man Euch verstehen?

würd _versetz ich mich in d entsprechend vorbelastet Empfängerin_ an Euch dieselbe Frage richten
und gern dEn Brief lesen, der s leider nur bis in d zweite Zeile schafft_ bevor s wie vermutet arg wird

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Re: Brief an die Mutter in Coronazeiten im Monat April des Jahres 2021

Beitragvon Pentzw » 25.04.2021, 11:58

Deine Frage wäre schön, wenn sie von Dritten beantwortet werden würde.

Scheinbar berührt Dich meine Verbundenheit zu meiner Mutter sehr, hast Du selbst mal in einer Antwort auf einen anderen Beitrag meinerseits erahnen wollen, dass sie bei mir sehr stark bestünde und mit Deinem Landsmann Sigmund Freud zu sprechen, - was Du siehst bist Du - so verstehe ich Deine verschreckte Reaktion durch und durch, was ich Arges über meine Gebärerin schon nach der zweiten Zeile berichten muß...

Mein betroffenes Mitgefühl!

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Re: Brief an die Mutter in Coronazeiten im Monat April des Jahres 2021

Beitragvon riemsche » 26.04.2021, 22:15

Pentzw hat geschrieben:Scheinbar berührt Dich meine Verbundenheit zu meiner Mutter sehr


nicht deiner, sondern einer Mutter. Wer immer das auch sein mag. Drum find ich den Brief in vorliegend, zum Teil extrem geschwollen Form, schlicht gesagt kontraproduktiv. Wenn ich auf diese Art mit ner Mutter in Pflege korrespondieren würd, hätt ich _abgesehen davon, dass mir betont Querverbindungen in Sachen Zeitverschiebung und subjektiv Vergangenheitsbewältigung selb nicht geheuer wären_ auch noch Angst, mit besagt Wortwahl genau das auf d Vorwurfsvolle zu torpedieren, was ich der Empfängerin _Groll hin oder her_ von Herzen wünsche: ein in Würde Altern und n möglichst unbelastet langes Leben.

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Re: Brief an die Mutter in Coronazeiten im Monat April des Jahres 2021

Beitragvon Pentzw » 27.04.2021, 20:44

"extrem geschwollen", tut mir leid, aber ich habe den Brief in einem Zug heruntergeschrieben, so wie ich schreibe, so denke ich, das ist meine natürliche Sprache.

"in Würde altern", bittesehr, was soll das sein?
jeder Mensch will als Mensch behandelt werden, nicht als Alter, auch und insbesondere meine Mutter, die sich stets sehr jugendlich und fortschrittlich gebärdet hat, aber dann leider im Altern konservativer als selbst der deutsche Staat erlaubt geworden ist, indem sie zum Beispiel am liebsten das von mir und anderen Geschwistern mühselig gebaute Haus an ihre Enkelkinder verschenken bzw vererben wollte, was für sie leider juristisch nicht möglich war.

Mutterliebe hin oder her, aber Kinder sind wie eine Ehe eine Art Zugewinngemeinschaft, die man nicht berechtigt ist nach Belieben zu verfahren und auszubeuten, zumal die Kinder wie ich körperliche Schäden dabei, beim Bau des Hauses, davongetragen haben.
der Witz oder die psycho l o g i s c h e UNLogik ist bei meiner Mutter und meinem Vater, dass sie das gemacht haben, was ihnen selbst als negativ erlebt widerfahren ist.


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