Welche Bücher haben Euer Leben verändert?

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Spiderman
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Welche Bücher haben Euer Leben verändert?

Beitragvon Spiderman » 02.09.2003, 21:25

Ich hätte da mal zwei Fragen an Euch:

Gibt es für Euch ein Buch, das Euer Leben grundlegend verändert hat?

Wenn Ja, warum hat es Euer Leben verändert und was war danach anders als zuvor?

Bin auf Eure Antworten gespannt:

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Re: Welche Bücher haben Euer Leben verändert?

Beitragvon razorback » 03.09.2003, 12:56

Gut, Spinnenmann - hier sind drei von mir. Dafür hätte ich aber auch gerne mindestens eins von Dir ;-) !


Immanuel Kant "Kritik der reinen Vernunft"

Es gab mal eine Zeit, da verlor ich jegliches Weltbild. Mit naturwissenschaftlichen Ansätzen konnte ich nie was anfangen (egal, ob Historischer Materialismus oder Physik), da jede Naturwissenschaft zufällig und vorläufig ist. Mit deistischen Erklärungen konnte ich auch nichts mehr Anfangen, da ich keinen schlüssigen Gottesbegriff fand, Buddhismus hatte ich bis damals noch nicht kennen gelernt.

Kant hat mir aus einem jahrelangen Dilemma insofern herausgeholfen, als er mir erklärt hat, dass eine vernunftbegründete Welterklärung schlicht nicht möglich ist und spekulativ bleiben muss. Ich weiß inzwischen, dass diese Erkenntnis nicht ursprünglich von Kant ist und ich weiß ebenso, dass seine abgeleiteten Theorien (besonders die Ethischen und Ästhetischen) ausgesprochen angreifbar sind. Aber die fundamentale Erkenntnis, dass Antwort auf letzte Fragen nicht mit Mitteln der Logik zu geben ist, hat mein Leben tief verändert. Ich habe inzwischen eine Weltanschauung die logischerweise nur Glaube sein kann (und die ich hier nicht ausbreiten werde) und die ausserdem etwas diffus ist. Aber immerhin.

Ich halte mein Exemplar der „Kritik der reinen Vernunft“ in hohen Ehren. Schade nur, dass Kant so gar kein Talent zum Formulieren hatte und es eher eine Folter als ein Vergnügen ist, sich durch seine Schriften zu arbeiten.


Miyamoto Musashi: "Das Buch der fünf Ringe"
Yukio Mishima: "Patriotismus" (Kurzgeschichte)

Das Erste ist ein Buch zur Unterweisung von Schwertkämpfern. Das Letztere eine (etwas pathetisch geschriebene) Kurzgeschichte, die den Selbstmord eines japanischen Offiziers und seiner Frau angesichts des (historischen) "Aufstandes der jungen Offiziere" im Februar 1936 und des damit verbundenen Dilemmas der widerstreitenden Loyalitäten (zu den Kameraden und der eigenen Überzeugung bzw. gegenüber Staat und Kaiser) schildert.

Ab vom feudalistischen System im Japan des 17. Jahrhunderts oder den Zielen des Kadettenputsches sind beide Texte vor allem Werke über Lebenseinstellung und Handlungsweise, also ethische Texte. Zu beschreiben, inwiefern sie mich beeinflusst haben würde diesen Rahmen sprengen.

Wer die Texte lesen möchte sollte in der Lage sein, sich von modernen Vereinnahmungen ("Musashi für Manager") oder vordergründigen Wertungen (Mishima = faschistoid und frauenfeindlich) zu lösen. Dass ich beide Texte bisher nicht im Original lesen kann ist der Hauptgrund für mich, irgendwann Japanisch lernen zu wollen. Das "Buch der fünf Ringe" ist mein Lieblingsbuch – das, das ich mit auf die berühmte einsame Insel nehmen würde.
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Re: Welche Bücher haben Euer Leben verändert?

Beitragvon Sick Steve » 03.09.2003, 14:20

Als Kind, so mit zehn oder so, habe ich im Urlaub meinem Vater das Buch "Rattenkönig" von James Clavell abgeluchst. Er schildert darin das Leben in einem japanischen Kriegsgefangenenlager auf, ja, Sumatra, glaube ich, aber das weiss ich nicht mehr genau, und läßt seine eigenen Erfahrungen darin einfliessen (er war selbst Gefangener der Japaner im 2. Weltkrieg). Grob gesagt geht es um einen Gefangenen, der mit den letzten verbliebenen Habseligkeiten der Insassen einen schwunghaften Handel mit den Wärtern betreibt; auf diese Weise beschafft er den größtenteils kranken und hungernden Gefangenen Nahrungsmittel und lebenswichtige Medikamente wie Penicilin und Sulfonamid, wird aber dennoch von beiden Seiten verachtet - von den Wärtern als Gefangener, von den Insassen als Schwein, dass aus ihrem Elend Kapital schlägt (denn natürlich verlangt er Provisionen für die von ihm durchgeführten Handel).
Rückblickend betrachtet ist dieses Buch zwar sicherlich keine Perle der Literatur, aber es beschreibt eindrucksvoll die Relativität von Gut und Böse, von moralisch und unmoralisch. In meinem damaligen Alter waren die Erkenntnisse, die ich aus diesem Buch gezogen habe, ausgesprochen wertvoll.

Ein zweites Buch, das mein Leben in der Tat verändert hat (und Razorback wird jetzt vor Lachen unter den Tisch rutschen) ist "Vom Zweikampf" von Keith R. Kernspecht. Nein, das ist kein Witz. Ja, ich meine es ernst. Das Buch handelt genau von dem, was der Titel verspricht, ist ungeheuer informativ und lehrreich, wenn auch aus literarischer Sicht sicherlich dilletantisch. Mein Leben hat es jedenfalls dahingehend verändert, dass ich alles, womit ich mich in meiner Freizeit seit 15 Jahren beschäftigt hatte, von neuem und grundlegend überdenken musste.
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Re: Welche Bücher haben Euer Leben verändert?

Beitragvon Spiderman » 05.09.2003, 16:19

Hi Razorback und Stevo,

die von Euch genannten Bücher haben also insofern Euer Leben verändert, indem sie Euer Weltbild verändert haben. Das ist eine Erfahrung - die ich teile. Das heißt, ich nehme an, dass dem Buch vom Zweikampf viele praktische Hinweise zu entnehmen waren.

Gut, razor, Du hast mich nach meinem lebensverändernden Buch gefragt. Tatsächlich fällt mir nur ein Einziges ein, von dem ich sicher bin, dass es mich nachhaltig geprägt hat. Und ähnlich wie bei Dir handelt es sich um ein philosophisches Buch, und zwar um...

"Der Mythos von Sisyphus" von Albert Camus!

Das habe ich mit 18 gelesen. In meinen Jugendjahren habe ich mich sehr mit den ganz ganz großen Fragen des Lebens beschäftigt. Woher komme ich? Warum überhaupt? Was für einen Sinn macht das? Und wie soll das weitergehen?
Camus hat mir in dem Buch klipp und klar erklärt, wie absurd das Leben und menschliche Streben ist, und dass Religion als Versuch, die Absurdität zu überwinden, ganz sicher nicht das Wahre ist. Das Schöne an dem Buch ist, dass es mir erklärt, dass es einen Sinn gar nicht braucht. Eine Alternative zur Metaphysik ist es, dem Absurden in die Augen zu sehen. Daraus ergibt sich keine Resignation und kein Nihilismus. Leben bedeutet, dass ein Herz schlägt. Oder um den letzten Satz des Buches zu zitieren "Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen."

Ich will nicht pathetisch klingen, doch das Buch hat mir zu einem klareren Blick auf die Welt und auf das Leben verholfen. Ich habe das Buch als Befreiung erfahren. Ich gehe so weit zu behaupten, durch das Buch zu einem glücklicheren und besseren Menschen geworden zu sein.

Also bitte: lest das Buch!!!

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Re: Welche Bücher haben Euer Leben verändert?

Beitragvon razorback » 06.09.2003, 17:21

Danke für den Tipp!!!

Ich war gerade mal am Bücherregal und habe nachgesehen: Zweimal Camus. Eine Ausgabe der "Pest" und ein schon angegilbter Sammelband, den ich mit 12 oder 13 aus der "aussortierte Bücher Kiste" geklaubt habe, als ich in einer Bücherei ausgeholfen habe: "Die Pest", "Der Fremde" und "Der Mythos von Sisyphos". Ungelesen seit ca. 20 Jahren. Das wird sich ändern.

Ich bin besonders gespannt, da die Idee der Ziellosigkeit ja nicht Camus Monopol ist (und übrigens auch nicht zwangsläufig areligiös ;-) ). Berichtige mich, wenn ich falsch liege aber - damit Sisyphos glücklich sein kann, muss der Weg "das Ziel" sein, oder? :-D

Danke nochmal!
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Re: Welche Bücher haben Euer Leben verändert?

Beitragvon Sick Steve » 08.09.2003, 13:41

Hi Razorback und Stevo,

die von Euch genannten Bücher haben also insofern Euer Leben verändert, indem sie Euer Weltbild verändert haben. Das ist eine Erfahrung - die ich teile. Das heißt, ich nehme an, dass dem Buch vom Zweikampf viele praktische Hinweise zu entnehmen waren.





Eigentlich nicht - es ist kein Lehrbuch im eigentlichen Sinne, vielmehr ein Buch über historische Hintergründe und vor allem psychologische und physiologische Zusammenhänge. Frei übertragbar auch auf das (all)tägliche Leben.
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Re: Welche Bücher haben Euer Leben verändert?

Beitragvon Hamburger » 08.09.2003, 22:09

Hallo zusammen!

Also ich würde da vor allem drei Bücher meinerseits nennen wollen:

1. "Und Jimmy ging zum Regenbogen" von Johannes Mario Simmel. Dieses Buch habe ich mit 14 Jahren gelesen. Es war der erste Roman, de ich las. Ich habe herzzerreissend geweint, weil der Held am Schluss stirbt. Ich glaube dieses Buch hat meinen manchmal naiven Idealismus mitbefördert. Wisst ihr, das ist dieser Komplex immer und permanent die Welt retten zu wollen. Habe ich mittlerweile meist im Griff, bricht aber manchmal immer noch durch.

2. "Homo Faber" von Max Frisch. Ein phantastisches Buch. Überhaupt fast alles was Max Frisch geschrieben hat. Dieses Buch hat mir endgültig die Ilusion genommen mein Leben ganz und gar und immer alleine bestimmen zu können. Diese Gewissheit, alles schaffen zu können, wenn man nur will wich der Erkenntnis alles versuchen zu können, mehr nicht. Erst unbewusst, dann immer bewusster.

3. "Der Zauberberg" von Thomas Mann. Dieses Buch hatte ich als Einziges auf meiner sechsmonatigen Brasilien-Reise dabei. Neben vielen weiteren Aspekten ist vor allem die Vielfältigkeit die das Leben bieten kann, dargestellt anhand der Betätigungen des Hans Castorp, beeindruckend. Dieses Buch ist wie eine frische Quelle - sie vermag einen immer wieder zu beglücken (oh Gott, was für ein Satz). Aber wirklich: Setzt man sich mit den Themen und Gedankengängen dieses buches auseinander, so kannes einen locker 7 Jahre in seinen Bann ziehen. Seit ich dieses Buch las verstehe ich nicht, wie einem jemals langweilig sein kann.

MFG,

Hamburger
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Re: Welche Bücher haben Euer Leben verändert?

Beitragvon cute sushi lunches » 09.09.2003, 16:32

'Der wilde Wald' von Tonke Dragt

Ich muss acht oder neun gewesen sein,als ich es gelesen habe,und es war das Buch erste Buch,das meine Fantasie so richtig zum hyperventilieren gebracht hat.Ich glaube fast,es ist einer der Gründe,wegen denen ich schreibe.

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Re: Welche Bücher haben Euer Leben verändert?

Beitragvon Susanne » 21.01.2004, 22:17

Zwar reichlich spät, aber man verzeihe mir den Nachholbedarf:

Es gibt KEIN Buch, dass mein Leben grundlegend VERÄNDERT hat. Aber es gibt einige Bücher, die mein Leben grundlegend BEREICHERT haben.

Dazu zählen die folgenden:

*Johannes - Erzählung von Heinz Körner.
Dieses war zeitweise meine "Bibel" ;-)
Ist allerdings schon einige Jährchen her...

Mystische Begegnung, die für einen jungen Mann zum Zusammenbruch seiner Scheinwelt aus Lügen und Kompromissen führt.


*Das Zauberbuch - von Hans Kruppa

Ein Buch, wird in einem Tempel der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dann geschehen seltsame Dinge. Menschen verändern sich und ihr Leben nach einem Blick in dieses Buch. Andere versuchen, es zu klauen oder das Geschäft ihres Lebens damit zu machenn. Doch immer weiss das Buch verblüffende Antworten zu geben.

*Die Mondsteinmärchen

In der Macht der Märchen liegt der Schlüssel, die Wirklichkeit zu verändern.

Und für alle unter Euch die Kinder haben: Ein Tipp für den nächsten Dezember:

*Das Weihnachtsgeheimnis von Jostein Gaarder.

Ein Adventskalender in Buchform. Jeden Tag wird ein "Türchen" zum Geheimnis geöffnet.
Eher für Kinder ab dem Schulalter. Aber wunderschön.

:-)

Bis auf das letzte Buch eigentlich alles Bücher, die ich vor langer Zeit gelesen habe, die mir aber in bleibender Erinnerung geblieben sind.

Seitdem so viele Bücher - so wenig hängen geblieben....

Letztendlich keine Weltveränderung durch ein Buch.

Aber: Ich zünde vor/während/nach dem Sex eigentlich nie Räucherkerzen oder sonstige Kerzchen an. :-D

War das nicht Deine These, Spiderman? Irgenwo hatte ich das mal gelesen. In einem Posting zum Thema Frauenliteratur....
Alles Klischees & Papperlapapp :-)

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Re: Welche Bücher haben Euer Leben verändert?

Beitragvon nihil00 » 19.06.2004, 12:08

Es gibt wirklich wunderbare Bücher, aber von keinem kann ich behaupten, dass es mein Leben geändert hätte.

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Re: Welche Bücher haben Euer Leben verändert?

Beitragvon Lene » 22.12.2004, 18:04

Ja, Hamburger, ich mag Max Frisch auch.

Sein Stück "Santa Cruz" hat mein Leben beeinflusst, vielleicht sogar entscheidend verändert, und zwar vor allem diese zwei Stellen, die mir für immer und ewig im Kopf bleiben:

"...bevor es uns einschneit für immer" (passt ja zur Jahreszeit)

"Gott hat das alles viel schöner gemeint... [...] das Leben ist anders, die Liebe ist größer, die Treue ist tiefer, sie muss unsere Träume nicht fürchten, wir müssen die Sehnsucht nicht töten, wir müssen nicht lügen..."

Liebe Grüße von Lene
bevor es uns einschneit für immer (Max Frisch)

Hilbi
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Wohnort: Heuchelheim (bei Giessen)

Re: Welche Bücher haben Euer Leben verändert?

Beitragvon Hilbi » 22.12.2004, 19:01

ohne wenn und aber

Hanni und Nanni.....


wie die zwei Zupfnasen sich durch die
Blätter dschungelten, das war so konsequent, das war so atemraubend...
schade dass mir meine SChwester sie zum
Lesen gegeben hat...na ja schwester und
bruder, das ist eben etwas ganz anderes, als hanni und nanni
Wenn der Himmel so blau ist, warum wird es dann finster?


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