The Ring

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gelbsucht
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The Ring

Beitragvon gelbsucht » 19.01.2004, 21:10

"The Ring"
von Kôji Suzuki

Roman, 300 Seiten, Genre: Horror
Wilhelm Heyne Verlag, München 2003

"In der Nacht zum 6. September stirbt die junge Satoko unter mysteriösen Umständen. Durch Zufall erfährt ihr Onkel Kazuyuki Asakawa, dass dies kein Einzelfall ist. Außer seiner Nichte sind auch drei ihrer Freunde am selben Tag zur selben Uhrzeit an der selben Ursache gestorben: an plötzlichem Herzversagen, ihre Gesichter verzerrt in Todesangst. Kazuyuki Asawaka, seines Zeichens Journalist, glaubt nicht an einen Zufall. Er recherchiert und erfährt, dass die Jugendlichen exakt eine Woche zuvor in einem abgeschiedenen Feriendorf gemeinsam ein Wochenende verbracht hatten. Er macht sich auf den Weg dorthin und entdeckt ein mysteriöses Video. Es zeigt eine Reihe von scheinbar unzusammenhängenden Szenen, teilweise abstrakt, teilweise eindringlich realistisch, darunter Aufnahmen eines ausbrechenden Vulkans, die unverständliche Litanei einer alten Frau, ein schreiendes Baby und das blutunterlaufene Gesicht eines Mannes. Am Ende erscheint eine Botschaft: Wer diese Bilder sieht, ist dazu verdammt, exakt eine Woche nach diesem Augenblick zu sterben. Auch ein Gegenmittel wird noch erwähnt, doch hier wurde das Band offensichtlich überspielt, die rettende Information fehlt. Kaum hat Kazuyuki das Video sich zu Ende angesehen, klingelt das Telefon ..."

Ich glaube, dies ist einer der seltenen Fälle, in denen mir persönlich die Verfilmung besser gefallen hat als das Buch. Ich glaub, vor ca. zwei Jahren gab es das amerikanischen Remake des japanischen Originalstreifens bei uns in den Kinos. Der Film ist einfach grausam gut. Es hat mich seitdem nicht mehr so herrlich gegruselt im Kino. Jetzt habe ich vor ein paar Tagen in einer Bahnhofsbuchhandlung mehr aus einer Laune heraus den Roman gekauft. Es gibt verschiedene Gründe, warum er mich nicht so ganz glücklich gemacht hat. Zu denen komme ich gleich. Nichtsdestotrotz ist das Buch wahnsinnig spannend (obwohl ich die Story schon kannte) und ich habe es an zwei Abenden verschlungen. Also, wenn du mal wieder einen Schuss Horror brauchst ... und hast kein Bock auf King, dann kauf und lies "The Ring"!

Sehr interessant fand ich, dass die Handlung von Film und Buch, wenn man jetzt mal von dem groben Handlungsrahmen absieht, doch beträchtlich variiert. So weicht selbst der surreale Inhalt der Videobotschaft im Film sehr stark von der Romanvorlage ab. Ein Pluspunkt, den ich mal den Filmmachern zuschreibe. Liegt es daran, dass ich den Film zuerst gesehen habe? Liegt es daran, dass der Film nur andeutet, wo sich der Roman in wenig plausiblen Erklärungen verliert? Aber die Variante, die man auf Zelluloid gebannt hat, hatte noch erheblich mehr Thrill und Schrecken parat.

Was ich besonders beim Lesen etwas störend fand, waren die vielen Zufälle und die zum Teil recht unwahrscheinlichen Fortschritte, die Kazuyuki Asakawa und sein Freund Ryuji bei ihrer Recherche machen. Es ist, als fänden sie gleich mehrfach hintereinander die Nadel im Heuhaufen. Auch die okkulte, parapsychologische Erklärung, die das Buch am Ende für die Ereignisse liefert, fand ich super unbefriedigend:
In S.Y. vereinten sich der Hass einer Frau auf die Gesellschaft, die ihre Eltern in den Tod getrieben hatte, und der Hass des Pockenvirus auf die menschliche Intelligenz, die es schließlich ausgerottet hatte. Diese beiden Formen des Hasses kehrten nun in ungeahnter und unerwarteter Gestalt in die Welt zurück.

Es klingt bescheuert, aber um die okkulte Erklärung plausibler erscheinen zu lassen, hätte sie weniger klar formuliert, hätte sie nebliger umrissen werden müssen. Was hier so geradeheraus ausgesprochen wird, klingt einfach nur albern. Das Buch ist nicht gerade zimperlich, wenn es um metaphysische, parapsychologische und pseudonaturwissenschaftliche Spekulationen geht, aber allen haftet der selbe Makel an: sie sind alle irgendwie unausgegoren und weit her geholt. Selbst ein Leser, der sich vorstellen kann, dass es zwischen Himmel und Erde Dinge gibt, die sich Schulweisheit, Vernunft und Naturwissenschaft nicht erträumt haben, hat hier arg viel zu schlucken und hinzunehmen. Aber mit der Glaubwürdigkeit fällt und steht jede Handlung. Ganz davon abgesehen, dass diese Übersetzung ins Deutsche (über das japanische Original vermag ich nichts zu sagen) auch noch mit zahlreichen stilistischen Schwachpunkten und Ungereimtheiten unterfüttert ist.

;-) gelb :-)
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razorback
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Re: The Ring

Beitragvon razorback » 20.01.2004, 11:43

Dieses Buch habe ich auch mal kritisiert - bei Amazon ;-)

Ich komme zu einem ähnlichen Ergebnis wie Du, gelb, daher möchte ich nur die Punkte erwähnen, in denen ich abweiche:

(...) dass diese Übersetzung ins Deutsche (über das japanische Original vermag ich nichts zu sagen) auch noch mit zahlreichen stilistischen Schwachpunkten und Ungereimtheiten unterfüttert ist.


Reden wir über die selbe Ausgabe? Heyne, 1. Auflage? Was ist mir Dir, hast Du Kreide gefressen? Noch nie in meinem Leben habe ich eine so beschissene Übersetzung gelesen (abgesehen vielleicht von den Passagen der neuen HDR-Übersetzung, die ich kenne). Die Übersetzung, die ich habe, ist die Deutsche Übertragung der Englischen Übersetzung und man merkt ihr an, dass sie nach dem Erfolg des amerikanischen Films mit ganz heisser Nadel gestrickt wurde. Manchmal ist sogar die deutsche Satzstellung falsch. Entsetzlich! >:-E (He! Warum funktioniert der Smily nicht?)

Was ich besonders beim Lesen etwas störend fand, waren die vielen Zufälle und die zum Teil recht unwahrscheinlichen Fortschritte, die Kazuyuki Asakawa und sein Freund Ryuji bei ihrer Recherche machen. Es ist, als fänden sie gleich mehrfach hintereinander die Nadel im Heuhaufen.


Ich gebe Dir im Grunde Recht, aber ich urteile hier milder. Ich kenne japanische Autoren, sicher bessere als Suzuki, die ähnlich holzschnittartig schreiben. Ohne ein Experte für japanische Kunst oder Literatur zu sein, glaube ich hier Parallelen zu sehen, auch zur Malerei. Da werden oft die zentralen Punkte ausgeführt und vieles andere weggelassen. Für uns ist das sicher sehr ungewohnt. Und Suzuki, so gut er schreibt, ist sicherlich nicht derjenige, der hier eine kulturelle Brücke schlagen könnte. Ich kenne den Originalfilm leider (noch) nicht, auch er soll "ungereimter" sein als das amerikanische Remake (das ich übrigens auch äusserst beeindruckend fand).

...und hast kein Bock auf King, dann kauf und lies "The Ring"!


Grmblfz... :-((
Okay, der Reim ist gut. Aber was soll das? Welche Gemeinsamkeit besteht zwischen King und Suzuki, ausser dass beiden jemand das Etikett "Horror" aufgepappt hat? Ich mag beide, wobei ich King für den weitaus besseren Schriftsteller halte. Und selbstverständlich sind sie vergleichbar - aber doch nicht inhaltlich. Nehmen wir mal ein Buch von King, dass ich mit grosser Enttäuschung gelesen habe: "Cujo". Wieso sollte ich danach nun gerade zu "Ring" greifen. Und nicht vielleicht zu "Wem die Stunde schlägt", "Macbeth" oder meinetwegen "Träumen Androiden von elektrischen Schafen"? Weil Horror = Horror ist?
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Re: The Ring

Beitragvon cute sushi lunches » 20.01.2004, 19:25

Normalerweise lassen mich Horrorfilme echt kalt, aber nach The Ring hatte ich noch Wochen danach Angst vor meinem Fernseher.
Und das ging nicht nur mir so.

Trotzdem denke ich, dass man das Grauen am Ende(ich habe nur das japanische Orginal gesehen) kaum so effektvoll in einem Buch darstellen. Das kann ich mir einfach nicht vorstellen. Ich werde dieses Buch jedenfalls bestimmt nicht lesen. Der Film war einfach genug.

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Re: The Ring

Beitragvon Strokkur » 13.10.2004, 19:58

Hi

Ich habe zwar nur den zweiten Teil gelesen (auch weil ich den Film so mochte ;)) aber der hat mir recht gut gefallen. Klar war es kein weltbewegendes Buch, und man muss schon einen Hang dazu haben extrem unrealistische Sachen zu glauben, aber es war doch ganz okay.

Was mich beim zweiten Teil etwas gestört hat war, das (oder ,dass?) die Fantasie wohl etwas mit dem Autor durchgegangen ist, und so hat er teilweise so seltsame und absurde Ideen, das es nicht mehr gruselig ist sondern einfach nur noch lustig und ... blöd!

Barbara

(hoffentlich stör ich nicht wenn ich bei dme thema the ring einfach über the ring 2 schreibe;))
Also...

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Re: The Ring

Beitragvon CamusHH » 09.11.2004, 19:32

Ich habe den Film "The Ring" neulich bei Premiere gesehen. Ein phantastischer Film. Das Buch kenne ich nicht. Aber das Buch muss sich schon sehr anstrengen um diesen Film zu übertreffen.

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Re: The Ring

Beitragvon razorback » 10.11.2004, 13:14

Oh, wahrlich... 8-o
Wobei phantastisch - obwohl völlig angebracht - nicht der Ausdruck wäre, den ich gewählt hätte. Mich hat das Werk (seinerzeit im Kino) in ein nervöses Wrack verwandelt. Und das mag was heissen :-D .

Tja, das Buch... wie Du an der Diskussion siehst, ist zumindest die Übersetzung nicht so toll. Ansonsten ein phantastischer Roman von gehobenem Durchschnitt. Die Wirkung des Films erreicht er lange nicht, aber das kann wohl kein Buch. Die Wirkung auf dem Bildschirm (bzw. der Leinwand) hängt ja hier ganz ganz stark an den Bildern, nicht an der Story (da machen die Plots z.B. "The Sixth Sense" oder "The Blairwitch Projekt" mehr Angst).

Ach ja, die Bilder. Ich sah neulich, um mich zu erheitern, "Scary Movie 3". Wer die anderen Scary Movie Filme nicht mag, sollte diesem trotzdem eine Chance geben, er setzt viel, viel weniger auf Furz- und Fäkalhumor. Und selbst in diesem Parodiefilm wirkt das Mädel aus "The Ring" noch sehr gruselig...
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Silentium
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Re: The Ring

Beitragvon Silentium » 10.11.2004, 15:23

Mich hat das Werk (seinerzeit im Kino) in ein nervöses Wrack verwandelt. Und das mag was heissen .


So kann's gehen... ich hab mir den Film um Mitternacht, während einer Mondfinsternis angeschaut, schmähohne. Und zwar gemeinsam mit meiner kleinen, horrorfilmfanatischen Cousine. Ich möcht mich unter dem Sofa verstecken vor dem Fernseher und sie grinst und kichert die ganze Zeit. Tststs.
I would go to the Dark Side in a heartbeat if I thought they had better dialog over there.
- Ursula Vernon

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Re: The Ring

Beitragvon CamusHH » 11.11.2004, 10:39

Oh, wahrlich... 8-o
Wobei phantastisch - obwohl völlig angebracht - nicht der Ausdruck wäre, den ich gewählt hätte. Mich hat das Werk (seinerzeit im Kino) in ein nervöses Wrack verwandelt. Und das mag was heissen :-D .

Tja, das Buch... wie Du an der Diskussion siehst, ist zumindest die Übersetzung nicht so toll. Ansonsten ein phantastischer Roman von gehobenem Durchschnitt. Die Wirkung des Films erreicht er lange nicht, aber das kann wohl kein Buch. Die Wirkung auf dem Bildschirm (bzw. der Leinwand) hängt ja hier ganz ganz stark an den Bildern, nicht an der Story (da machen die Plots z.B. "The Sixth Sense" oder "The Blairwitch Projekt" mehr Angst).

Ach ja, die Bilder. Ich sah neulich, um mich zu erheitern, "Scary Movie 3". Wer die anderen Scary Movie Filme nicht mag, sollte diesem trotzdem eine Chance geben, er setzt viel, viel weniger auf Furz- und Fäkalhumor. Und selbst in diesem Parodiefilm wirkt das Mädel aus "The Ring" noch sehr gruselig...



Natürlich war es kein phantastischer Film wenn man das Genre beschreiben will. Das Wort "phantastisch" wollte ich lediglich als Bewertung verstanden wissen.

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Re: The Ring

Beitragvon razorback » 11.11.2004, 10:52

Äh... ich hatte das auch so verstanden. Keine Sorge - wenn ich anderer Meinung bin, sage ich das deutlich ;-) .

Aber da Du das Fass schon aufmachst: Klar, ist das vom Genre her ein Phantastischer Film. Würde ich sagen. Wenn man (wie Suhrkamp und ich :-D ) unter Phantastischer Literatur unter anderem Horror und SciFi zusammenfasst - dann ist das ein Phantastischer Film.
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