von Kôji Suzuki
Roman, 300 Seiten, Genre: Horror
Wilhelm Heyne Verlag, München 2003
"In der Nacht zum 6. September stirbt die junge Satoko unter mysteriösen Umständen. Durch Zufall erfährt ihr Onkel Kazuyuki Asakawa, dass dies kein Einzelfall ist. Außer seiner Nichte sind auch drei ihrer Freunde am selben Tag zur selben Uhrzeit an der selben Ursache gestorben: an plötzlichem Herzversagen, ihre Gesichter verzerrt in Todesangst. Kazuyuki Asawaka, seines Zeichens Journalist, glaubt nicht an einen Zufall. Er recherchiert und erfährt, dass die Jugendlichen exakt eine Woche zuvor in einem abgeschiedenen Feriendorf gemeinsam ein Wochenende verbracht hatten. Er macht sich auf den Weg dorthin und entdeckt ein mysteriöses Video. Es zeigt eine Reihe von scheinbar unzusammenhängenden Szenen, teilweise abstrakt, teilweise eindringlich realistisch, darunter Aufnahmen eines ausbrechenden Vulkans, die unverständliche Litanei einer alten Frau, ein schreiendes Baby und das blutunterlaufene Gesicht eines Mannes. Am Ende erscheint eine Botschaft: Wer diese Bilder sieht, ist dazu verdammt, exakt eine Woche nach diesem Augenblick zu sterben. Auch ein Gegenmittel wird noch erwähnt, doch hier wurde das Band offensichtlich überspielt, die rettende Information fehlt. Kaum hat Kazuyuki das Video sich zu Ende angesehen, klingelt das Telefon ..."
Ich glaube, dies ist einer der seltenen Fälle, in denen mir persönlich die Verfilmung besser gefallen hat als das Buch. Ich glaub, vor ca. zwei Jahren gab es das amerikanischen Remake des japanischen Originalstreifens bei uns in den Kinos. Der Film ist einfach grausam gut. Es hat mich seitdem nicht mehr so herrlich gegruselt im Kino. Jetzt habe ich vor ein paar Tagen in einer Bahnhofsbuchhandlung mehr aus einer Laune heraus den Roman gekauft. Es gibt verschiedene Gründe, warum er mich nicht so ganz glücklich gemacht hat. Zu denen komme ich gleich. Nichtsdestotrotz ist das Buch wahnsinnig spannend (obwohl ich die Story schon kannte) und ich habe es an zwei Abenden verschlungen. Also, wenn du mal wieder einen Schuss Horror brauchst ... und hast kein Bock auf King, dann kauf und lies "The Ring"!
Sehr interessant fand ich, dass die Handlung von Film und Buch, wenn man jetzt mal von dem groben Handlungsrahmen absieht, doch beträchtlich variiert. So weicht selbst der surreale Inhalt der Videobotschaft im Film sehr stark von der Romanvorlage ab. Ein Pluspunkt, den ich mal den Filmmachern zuschreibe. Liegt es daran, dass ich den Film zuerst gesehen habe? Liegt es daran, dass der Film nur andeutet, wo sich der Roman in wenig plausiblen Erklärungen verliert? Aber die Variante, die man auf Zelluloid gebannt hat, hatte noch erheblich mehr Thrill und Schrecken parat.
Was ich besonders beim Lesen etwas störend fand, waren die vielen Zufälle und die zum Teil recht unwahrscheinlichen Fortschritte, die Kazuyuki Asakawa und sein Freund Ryuji bei ihrer Recherche machen. Es ist, als fänden sie gleich mehrfach hintereinander die Nadel im Heuhaufen. Auch die okkulte, parapsychologische Erklärung, die das Buch am Ende für die Ereignisse liefert, fand ich super unbefriedigend:
In S.Y. vereinten sich der Hass einer Frau auf die Gesellschaft, die ihre Eltern in den Tod getrieben hatte, und der Hass des Pockenvirus auf die menschliche Intelligenz, die es schließlich ausgerottet hatte. Diese beiden Formen des Hasses kehrten nun in ungeahnter und unerwarteter Gestalt in die Welt zurück.
Es klingt bescheuert, aber um die okkulte Erklärung plausibler erscheinen zu lassen, hätte sie weniger klar formuliert, hätte sie nebliger umrissen werden müssen. Was hier so geradeheraus ausgesprochen wird, klingt einfach nur albern. Das Buch ist nicht gerade zimperlich, wenn es um metaphysische, parapsychologische und pseudonaturwissenschaftliche Spekulationen geht, aber allen haftet der selbe Makel an: sie sind alle irgendwie unausgegoren und weit her geholt. Selbst ein Leser, der sich vorstellen kann, dass es zwischen Himmel und Erde Dinge gibt, die sich Schulweisheit, Vernunft und Naturwissenschaft nicht erträumt haben, hat hier arg viel zu schlucken und hinzunehmen. Aber mit der Glaubwürdigkeit fällt und steht jede Handlung. Ganz davon abgesehen, dass diese Übersetzung ins Deutsche (über das japanische Original vermag ich nichts zu sagen) auch noch mit zahlreichen stilistischen Schwachpunkten und Ungereimtheiten unterfüttert ist.
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