Film Riss

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Mad Hatter
Kerberos
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Registriert: 25.04.2012, 16:10

Film Riss

Beitragvon Mad Hatter » 25.04.2012, 16:15

Kolja Alexander Bonke: Film Riss

Der Autor:

Kolja Alexander Bonke, Jahrgang 79. Hardcore-Punk-Frontman, Diplom-Ökonom, Marktforscher, Unternehmensberater, Surfer, Wii-Weltrekordhalter, Dating Coach, Texter und Blogger, um nur einige Stationen zu nennen.
Sein erstes Werk, ein Datingratgeber, erschien 2011 im humboldt-Verlag. Das Romandebut Film Riss hingegen wurde bewusst im Selbstverlag veröffentlicht. Entsprechend Kompromissloses darf erwartet werden.



Das Buch:

Ein Datingcoach wacht im Frankfurter Großstadtdschungel in einer fremden Wohnung mit einer etwas weniger fremden Frau auf. An letzte Nacht fehlt ihm jegliche Erinnerung. Nicht sein erster Filmriss, jedoch sein bis dato folgenreichster.
Die Bekannte im Bett fällt zwar ins Auge, aber als Gedächtnisstütze flach, hat sie ihn doch erst gegen Morgen eingesammelt.

Der Held (dessen Name ein Geheimnis bleibt) macht sich auf den Heimweg, jedoch nicht, ohne sich unterwegs noch eine Tracht Prügel abzuholen. Ein Hobby, dem im weiteren Verlauf der Geschichte noch häufiger gefröhnt werden soll.
Zwischen Party, Drogen, Sex und Hardcore-Punk setzen ihn zwei grobporige Zeitgenossen kurz später eher unsanft über eine Gewalttat in Kenntnis, die er in der fehlenden Nacht begangen haben soll. Das Opfer heißt Elvira. Er glaubt, sie nicht zu kennen.

Umgekehrt ist den beiden Schlägern der wichtigste Person im Leben des Protagonisten wohl bekannt. Ihre Rache setzt dort an, wo sie am härtesten trifft und hebt seine Welt unwiderruflich aus den Angeln.

Was folgt, ist eine unfassbar rasante Achterbahnfahrt auf der Suche nach Bruchstücken seiner Erinnerung, bei der man fast aus der Kurve getragen wird, vollgepackt mit Rückblenden, Selbstreflexion, Fassungslosigkeit, unbändiger Wut und einem unglaublichen Versprechen, von dem man weiß, dass es nicht helfen kann und auch, dass es die einzige Alternative ist. Deshalb nämlich, weil man am Erzähler klebt und ungefragt mitgerissen wird. Da bleibt kein Abstand und keine Luft für eigene Überlegungen, aber bemerkenswert viel Raum für die Gefühlswelt des Helden in ihrer ganzen Bandbreite. Film Riss ist alles. Brutal und berührend, rasant und todtraurig, laut und lautlos und tatsächlich auch saukomisch. Trotz oder vielleicht wegen des unglaublichen Spektrums an Stimmungen bleibt diese Geschichte mit jeder Silbe authentisch, wirkt nie konstruiert oder gar bemüht. Das Ende ist eines der schönsten, die ich je lesen durfte. Unerträglich.

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