Ernst Barlach: Der gestohlene Mond

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DerBaum
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Ernst Barlach: Der gestohlene Mond

Beitragvon DerBaum » 25.11.2012, 15:07

Ernst Barlach: Der gestohlene Mond

Erstes Kapitel

Wenn man eine wichtige, sagen wir eine besondere Sache frisch erlebt, so tut man dies zunächst leicht in Unterschätzung ihrer Bedeutung. Man macht nicht immer ein langes Gesicht, vielleicht sieht man sie nur mit behäbigem Ernst an. Leute von gewisser Art machen sich ein Geschäft daraus, sie leichthin wie eine Nebensächlichkeit aufzunehmen, spüren am nächsten oder übernächsten Tage eine Abspannung und merken bald, daß die anscheinende Leichtigkeit eine Überspanntheit war, die sie einer Fedrigkeit ihres Gemüts verdankten, die aber einer längeren Prüfung nicht gewachsen ist, die sich abnutzt und versagt. Das Besondere nun, das in der genannten Art in Waus Gemüt empfangen und von Waus Gemüt ausgestanden und, kaum Lust oder Unlust zuführend, durchlebt wurde, war Wahls Feindschaft, und als das Ende dieser Feindschaft ergab sich das Lob der Feindschaft und des Feindseins, die bestanden und weiterbestehen sollten, aber mit dem Lob ihres Bestandes behaftet aus dem niederen Kreis der Feindschaft in den höheren der Notwendigkeit gehoben wurden.

Keine Uneinigkeit konnte verhindern, daß ihrer beider Einigkeit völlig war, und wenn es keine irdischen und menschlichen Leiden gab, die Wau von Wahl nicht erfuhr, so war es doch die urerschaffene Lauterkeit selbst, die alles zubereitete und vollzog und die der Geist der reinsten Wohlbeschaffenheit, am Grunde aller Dinge liegend, beschloß und erwog. Daß Feindschaft sich mit den gefälligsten Formen und Farben der Freundschaft schmücken kann, wer möchte darüber noch ein Wort verlieren. – Denn wohlverstanden, es ist von etwas Weitausholendem die Rede, und das derart Breitspurige waltet, hantiert und pfuscht nicht mit Beiläufigkeiten und allerorts üblichen Ungehörigkeiten, solchen Lappalien, wie die täglichen Auflagen der Zeitungen zur Befriedigung der Lüsternheit nach übelriechenden Tagtäglichkeiten ihren Lesern zuführen. Feindschaft wie die zwischen Wahl und Wau können viele nicht von echter Freundschaft unterscheiden. Man wird ja sehen, und man muß einstweilen nicht fragen, wie es zuging, daß Wau Wahls Freundschaft als Feindschaft erkannte, wobei es sich dann auch erweisen mußte, ob er zu den Leuten gehörte, die mit anscheinender Leichtfertigkeit zunächst das Schwere hinnehmen und deren Fedrigkeit des Gemüts erst nach und nach abnutzt und versagt.

hginsomnia
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Re: Ernst Barlach: Der gestohlene Mond

Beitragvon hginsomnia » 25.11.2012, 15:13

ich frage mich immer, wenn ich wenig Zeit habe, aber diese wenige Zeit dann mit Warten verbringe, warum ich nicht was schönes Kleines oder Kleingestaffeltes zu lesen parat habe. Da sitzt man dann und die Zeit ist weg. Danke für den Tipp.

DerBaum
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Re: Ernst Barlach: Der gestohlene Mond

Beitragvon DerBaum » 25.11.2012, 15:16

ich dagegen habe Herrn Dames Aufzeichnungen: oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil
bestellt von der Reventlow....

ja die kleine Prosa, die kann man doch immerzu und immer lesen..

DerBaum
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Re: Ernst Barlach: Der gestohlene Mond

Beitragvon DerBaum » 25.11.2012, 15:18

Allerdings ist das von Herrn Barlach ein Roman

hginsomnia
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Re: Ernst Barlach: Der gestohlene Mond

Beitragvon hginsomnia » 25.11.2012, 15:25

ich kenne Herrn Barlach leider noch nicht, aber wenn das hier das komplette erste Kapitel sein sollte, dann ist das ja ein Roman, der vlt. kleingestaffelt ist und sich damit auch ideal für mehrere Momente eignet.


und wenn nicht ist es ja dennoch ein Anreiz, sich irgendwo ein Paar Stunden herauszulösen.


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