Lev Tolstoi: Anna Karenina

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Joachim Stiller
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Lev Tolstoi: Anna Karenina

Beitragvon Joachim Stiller » 30.09.2013, 04:08

„Anna Karenina“ von Lev Tolstoi

Anna Karenina, verheiratet mit dem Beamten Alexej Alexandrowitsch Karenin, den sie aber nicht liebt, ist jung, umwerfend schön, ebenso warmherzig wie klug. Sie haben zusammen einen achtjährigen Sohn. der Roman beginnt damit, dass Anna von St. Petersburg nach Moskau fährt, um die Ehe ihres Bruders zu retten. Als sie in Moskau aus dem Zug steigt, begegnet sie dem Grafen Wronskij. Und mit dieser Begegnung verändert sich ihr ganzes Leben. Auf einem Ball trifft sie Wronskij wieder. Sie verliebt sich rettungslos in ihn und entdeckt zum ersten Mal in ihrem Leben, was es heißt, Leidenschaft zu empfinden. Für Anna erstrahlt die Welt in ganz neuem Licht. Als sie, zurück in St. Petersburg ihren Mann wiedersieht, erkennt sie, dass sie ihn nie geliebt hat. Wronskij hingegen, der weder gute, noch schlechte Eigenschaften hat, sondern sich nur dadurch Auszeichnet, dass er Anna liebt, reist ihr nach. Anna und Wronskij beginnen eine Affäre, von der bald die ganze Petersburger Gesellschaft spricht. Als Annas Mann von ihrem Verhältnis erfährt, reagiert er mit Empörung, verwirft aber wegen des damit verbundenen Skandals die Idee, sich scheiden zu lassen. Anna verlässt ihren Mann und ihren geliebten Sohn, doch leidet sie zunehmend unter der Verachtung der Petersburger Gesellschaft. Wronskijs Leidenschaft kühlt unterdessen ab und Anna wird launisch, eifersüchtig und überempfindlich. Als sie glaubt, sich von Wronskij trennen zu müssen, wirft sie sich aus Verzweiflung vor einen Güterzug.

Anna und Wronskij verbindet die Leidenschaft, eine Liebe, die in den Augen des Moralisten Tolstoi flüchtig, sinnlich und selbstsüchtig ist. Sie kann kein gutes Ende nehmen. Tolstoi stellt dieser Liebe aus Leidenschaft eine andere Liebesgeschichte gegenüber, die über weite Strecken die Handlung des Romans als ein geschickt eingeflochtener, paralleler Handlungsstrang bestimmt. Das ist die Liebe zwischen dem Gutsbesitzer Lewin und Kitty. Zwischen diesen beiden dominiert nicht die Leidenschaft, sondern Aufrichtigkeit, Zärtlichkeit, Verantwortung und die Fähigkeit, ein glückliches, erfülltes Familienleben zu führen. Überhaupt war für Tolstoi die Idee der Familie das ausschlaggebende Grundmotiv für den Roman. Lewin und Kitty sind das ideale Paar des Romans. Tolstoi lässt uns nicht im Zweifel darüber, wie hoch er diese Art der Liebe einschätzt.

Sprachlich steht der Roman seinem Vorgänger „Krieg und Frieden“ um nichts nach. Er besticht auch durch seine psychologische Meisterschaft. „Anna Karenina“ ist neben „Madame Bovary“ von Gustave Flaubert der vielleicht bedeutendste Liebesroman des 19. Jahrhunderts. Er ist aber eben auch ein Ehebrecherroman, und ein großartiger dazu. Der Roman wurde im Laufe des letzten Jahrhunderts nicht weniger als 18-mal verfilmt, zuletzt mit der wunderbaren Sophie Marceau in der Hauptrolle.

Gruß Joachim Stiller Münster

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