Günter Grass: Katz und Maus

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Joachim Stiller
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Günter Grass: Katz und Maus

Beitragvon Joachim Stiller » 30.09.2013, 12:38

„Katz und Maus“ von Günter Grass

Die Novelle „Katz und Maus“ ist der zweite Band der Danziger Trilogie, die noch „Die Blechtrommel“ und „Hundejahre“ umfasst. Die Trilogie wird zusammengehalten durch die Zeit, den Schauplatz und die Figuren: Die Danziger Kleinbürgerwelt in der Zeit von Faschismus und Krieg. „Katz und Maus“ erschien 1961. Im Mittelpunkt steht der Gymnasiast Joachim Mahlke und dessen Freunde Pielenz, der Erzähler der Geschichte, Schilling, Kupka, Esch und Hotten Sonntag.

Eines Nachmittags im Ostseebad fällt Pilenz Mahlkes übergroßer Adamsapfel auf, der eine Maus gleicht. Pilenz setzt dem abwesenden Mahlke eine Katze an den Hals und lenkt so die Aufmerksamkeit auf Mahlke, der von nun an unter schweren Komplexen leidet. Pielenz, von Gewissensbissen gepeinigt, fühlt sich später gezwungen, die Geschichte von Mahlke aufzuschreiben.

Auf dem gesunkenen polnischen Minensuchboot Rybitwa finden die Jungen ein tolles Eldorado für die Sommerferien. Mahlke startet zu immer neuen Tauchgängen, um den Jungen zu imponieren. Um von seinem Adamsapfel, der Maus, die von der ewigen Katze gejagt wird, abzulenken, behängt sich Mahlke mit den verschiedensten Dingen: Einem Schraubenzieher, dem Bildnis der Jungfrau Maria, die er abgöttisch verehrt, einem polnischen Orden, Leuchtstreifen oder den damals in Mode gekommenen Wollpuscheln. Bei einem Tauchgang entdeckt Mahlke, der immer Außenseiter bleibt, unter Deck den Funkraum, der noch nicht geflutet ist. Mahlke richtet sich dort ein, um von der so feindlichen Wellt zu fliehen.

Eines Tages, nach einem Vortrag in der Schule, klaut Mahlke einem Leutnant das Ritterkreuz, um sich auch damit zu behängen, doch er fliegt von der Schule und muss an die Front, was er auch beabsichtigt hatte. Nun geht sein sehnlichster Wunsch in Erfüllung: Er erhält den Ritterorden, diesmal ehrenhaft, und kann sich endlich damit behängen, um seine Blöße zu verbergen. Sicherlich eine Perversion der damaligen Zeit. Auf Heimaturlaub taucht er nun das letzte Mal auf dem Wrack, doch er ertrinkt dabei. Mahlke bleibt verschollen.

Günter Grass überraschte mit dieser streng komponierten Novelle seine Kritiker. So entpuppt er sich hier als ein Meister der kleinen Form. Die Novelle ist ein geniales Jugendbuch, leider Grass‘ einziges.

Unnachahmlich, wie Grass hier Tabus bricht, die Jungen beim Onanieren zeigt oder beim Wettstreit um die Länge ihrer Genitalien, oder mit welchem Einfühlungsvermögen er die Jungen beim Wettpissen in Eis und Schnee schildert.
„Katz und Maus“ ist vielleicht eines der besten Werke von Günter Grass. Es ist etwas schade, dass er sich in der Folge wieder so weit von dieser Art Kammermusik entfernt hat. Günter Grass erhielt 1999 als dritter Deutscher nach Thomas Mann und Heinrich Böll den lange erwarteten Nobelpreis für Literatur. „Die Blechtrommel“ und „Die Rättin“ sind sogar verfilmt worden.

Gruß Joachim Stiller Münster

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