Henry Miller: Wendekreis des Krebses

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Joachim Stiller
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Henry Miller: Wendekreis des Krebses

Beitragvon Joachim Stiller » 01.10.2013, 21:38

„Wendekreis des Krebses“ von Henry Miller

Henry Miller hat zwei Wendekreisromane geschrieben: „Wendekreis des Krebses“ und „Wendekreis des Steinbocks“. Beide erscheinen 1934 und 1939 und sich autobiographische Romane, der erste über Millers Leben in Paris, wo er 9 Jahre verbracht hat und der zweite über sein Leben in New York. Der Roman „Wendekreis des Krebses“ (Topic of cancer), der beinahe eine schallende Ohrfeige gegen die zivilisierte Welt ist, war lange Zeit verboten. Er war für Miller das erste Werk, „das wirklich zählte“. Es ist ein einzigartiger Befreiungsversuch von Konventionen und Zwängen und ein Selbstfindungsprozess, sowohl inhaltlich, als auch schriftstellerisch.

Miller erzählt Episoden aus seinem Pariser Boheme-Leben, nicht in chronologischer Reihenfolge, sondern als eine Art philosophisch-metaphysische Zusatandsbeschreibung. Es wird gegessen, getrunken, geschlafen, gefickt und gegen die zivilisierte Welt angegangen. Miller gabelt Huren auf, manchmal landet er in fremden Betten, immer aber sind Frauen nur „Pritschen“, auf denen man seine müden Glieder ausstrecken kann. Zwischen solchen Episoden hebt Miller aber erstaunlicher Weise in geradezu existentialistischer Manier an zu sehr ruhigen Betrachtungen, weshalb man sich fragt, warum das Buch überhaupt so lange verboten war. Schließlich gibt es schlimmeres. Auf jeden Fall taucht Miller ein in einen einzigartigen Fluss des Lebens, in Begierde, Trieb und Leidenschaft, bis hin zur Ekstase. Dabei macht er von einem durchaus essayistischen Stil Gebrauch.

Interessant ist es, „Wendekreis des Krebses“ in Verbindung mit der Erzählung „Land der Erinnerung“ zu lesen, in der er seine Pariser Jahre im Nachhinein betrachtet, bis hin zur völligen Verklärung.

Henry Miller gilt als einer der obszönsten Schriftsteller der Weltliteratur. Aufsehen erregte er sogar noch über seinen Tod hinaus, durch seine posthume veröffentlichte Erzählung „Stille Tage ich Clichy“, ein wirkliches Meisterstück, nicht nur sprachlich, sondern gerade auch ästhetisch.

Gruß Joachim Stiller Münster

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