... v°gel liest Werther !

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Khadija
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Re: ... v°gel liest Werther !

Beitragvon Khadija » 15.09.2004, 00:14

Hallo kleinervogel!

Also, jetzt hab ich extra für dich meine Unterlagen zu Werther wieder ausgegraben. :-)

"Verursacht die Stadt bei Werther wirklich Schmerzen ?"

Vielleicht ist das etwas übertrieben. Aber auf jeden Fall ist die Stadt etwas sehr unangenehmes für Werther.

4.Mai 1771:"Die Stadt selbst ist unangenehm, dagegen ringsumher unaussprechliche Schönheit."

26.Mai 1771:"Das bestärkte mich in meinem Vorsatze , mich künftig allein an die Natur zu halten."

Für Werther steht die Stadt in Kontrast zur Natur. Die Stadt symbolisiert die Zivilisation und das Bürgertum mit seinen strengen Regeln, das Werther verabscheut.

Die Natur ist für Werther der Gegensatz zur Zivilisation mit ihren Konventionen.

lg
Khadija
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Under the tension, slip, slide, perish,
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Re: ... v°gel liest Werther !

Beitragvon vogel » 18.09.2004, 19:48

Danke, Khadija, für deine Antwort - und ich fühle mich bestätigt :tanxs:

So und jetzt werde ich mich an meinen Vortrag zu Goethes Leben im Bezug zu Werther setzten (auch zu Montag ..)

Ach man, und was ist das für ein Tagebuch, was man nicht führt ... : (
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Re: ... v°gel liest Werther !

Beitragvon vogel » 19.09.2004, 13:34

ich kann nicht anders - ich muss spambär sein :

ich habe noch 20 Seiten von diesem immer wieder kehren gewürge zu lesen !

oh, bin ich frustieret !
sowas haste ja noch nicht gesehn ! mein gott, ich wusste schon vor 15 seiten dass die welt doof ist, dass du nicht mehr leben willst, werther - ICH WEIß ES JETZT ! du brauchst es mir nich noch die nächsten 20 seiten vorschmatzen ....


ist damit die frage geklärt, wies mir gefällt ?! 20 seiten = 2 stunden ... das muss ich heute noch packen ... *mut mach*
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Re: ... v°gel liest Werther !

Beitragvon Silentium » 19.09.2004, 13:40

Birdy, mein Tipp für sowas:

ist damit die frage geklärt, wies mir gefällt ?! 20 seiten = 2 stunden ...


Für wirklich scheußliche Klassenlektüren stell ich mir immer einen Wecker. Dann kannst du das Geseim in angemessener Zeit runterwürgen.
I would go to the Dark Side in a heartbeat if I thought they had better dialog over there.
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Re: ... v°gel liest Werther !

Beitragvon vogel » 19.09.2004, 13:43

Dann kannst du das Geseim in angemessener Zeit runterwürgen.
ich bin auf seite 86, dann lese ich 10, dann pause und dann die letzten 10 schlucken ... das schlimme ist ja, dass ich mir notizen machen (muss und will), das hällt auf ...

*auf auf zu neuen taten *
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Re: ... v°gel liest Werther !

Beitragvon vogel » 19.09.2004, 15:46

ja, das las sich gut ! ich habe den vortrag anhand eines textes, kopiert aus einem buch von referendar schmidt, ausgeabreitet ! was war der goethe fürn nen mensch - ein säufer ! und ... ach, unbeschreiblich ! wahrlich besudelt bin ich grade, muss nur noch den lebesnlauf suchen, und ein abreitsballt .. und ... ach ich poste dieses werk nachher ..

das buch muss ich lesen, ein werk über goehte. so habe ich mich schon seit langen nicht mehr gefühlt - so entheusiatisch, so, ach - so sprachlos .. !


v°gel
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Re: ... v°gel liest Werther !

Beitragvon vogel » 19.09.2004, 19:20

So, das ist mein Vortrag für morgen im Deutsch LK, habe ich heute erstellt, meine nächste Handlung wird dann Bio sein. Ich liebe euch, wir lesen uns ...
(genießt das, ihr seit die ersten die das lesen : ) )




Vortrag :
Die Leiden des jungen Werther – Die Leiden des jungen Goethe?!


(mit Hilfe einem Textauszug aus einem noch unbekannten Buch :-D )

* 1771

- G. sehnt sich nach wahren Zuhören, nicht wie Beckmann, der bei seiner Lesung zum Götz von Berchlingen, einfach einschlief
- Johann Christian Kestner war so ein Zuhörer; ein Jurist, der als Sekretär für eine Gesandtschaft des Herzogtums Bremen arbeitete; zuverlässig, arbeitete viel, Prinzipien treu;
- die 1. Begegnung : siehe Blatt
- Kestners Freundin Charlotte Buff, wenn er von ihr erzählte blühte der ruhige Mensch auf

- Lottchen : Wunderbare blaue Augen, 11 Geschwister, zärtliche Mutter, Vater Amtmann, Mutter tot, wohnte auf dem Bauernhof, „Deutscher Hof

- G. erfuhr das aus Kestners Erzählungen, wollte sie persönlich kennen lernen, weil k. so schwärmte
- K. sah ihn scheel an, also ganze Familie kennen lernen
- K. misstraute ihm einwenig, G. hatte Feuer in den Augen, wenn er Frauen sah, er könne den verstand verlieren
~> Lotten ausspannen ?

- G.: das Leben ist eine Herausforderung, man muss sich beweisen, das Leben ist ein Abenteuer, ein Selbstgespräch nach dem Sinn des Lebens, Fragen & Antworten
~> G. trank Unmengen an Wein, wenn sie beieinander im Gasthaus saßen, ^ betunken gesagt

- Unterschiede K. <-> G. (trinkt, frisst, Genie)

- Ball, G. kennt nur K., wird einigen Menschen vorgestellt, vergisst ihre Namen aber sofort wieder
- K. kommt mit seinem „Mädchen“ an
- sie schwebt, reichte ihm die Hand – > G. enttäuscht, seine Vorstellung war anders als die Wirklichkeit

- Lotten : nicht übertrieben schlang, Pausbäckchen, Augen merkwürdiges haltloses blau, er hätte versinken können in ihren Augen
- G. denkt über den Namen nach : Lottchen – niedlich, Lotten klang nicht gut, Charlotte – zerfallen, ineinandergefallen, altes Weib
- K. sprach immer von seinem Mädchen, so gut wie verlobt
- K. tanzt mit ihr
- G. holt sich ein Karaffe Wein, geht hinaus, denkt an Schlaf, woanders aufwachen - und Lotten
- stellt sich vor, wie sie sein könnte : Mutter, Geliebte, Gastgeberin, Kestner bis ans Ende versorgen – aber leidenschaftlich liebend ?! nein
- Liebe = schön, Allein sein = schön = muss sein, sonst keine Liebe
- G. geht wieder hinein, will gehen, Lotten ruft nach ihn
- steht erhöht, hat Heiligenschein, lädt ihn ein, morgen zu ihr zu kommen
- er reicht ihr die Hand
- wie er nach Hause kam ?

- geht zu Lotten, bei Tische macht er den Kindern Späße, k. auf Arbeit, mit diesem Lächeln würde er gern leben
- kommt zum Schluss, Lotten muss man lieben, und die Welt bliebe trotzdem gleich

- häufige Besuche, fühlt sich wohl, Kinder mögen ihn,
- G. macht Plan für Wertherroman, Anfang ist klar, Ende ? tragisch ! er sagt über den Roman jetzt schon : „ein junger Mann namens Werther ersäuft am Übermaß des Gefühls, dass ihm zugemutet wird“
- Held ahnt seinen Untergang, kann ihn aber nicht aufhalten, das Glück der Liebe = Unglück

- bei einem Besuch bei Lotten, Amtmann und K. nicht da, gesteht er in einem Gespräch ihr seine Liebe, ob es Liebe war ? einfach so
- sie weißt ihn ab, G. erleichtert, auch pikiert - > K. Langweiler, kam besser bei ihr an

* September 1772

- G. zog von Wetzlar nach Frankfurt, hielt die Beziehung zu Lotten nicht mehr aus, Zwiespalt –> (un-)zufrieden bei Lotten daheim
- verabschiedet nicht
- später Briefe in denen er einige Gründe nannte, aber keine Entschuldigung

- K. + Lotten -> Heirat am Palmsonntag 1773
- G. wusste davon nichts, Vorstellung : Lotte altert nach dem Jawort geben -> altes Weib, und - K. langweilt sie
- Patenonkel für das erste Kind – Ehre, doch Lotte ist abgehakt

- G. überarbeitet „Götz“ , Frühjahr 1773 VÖ, kein Autor -> Zensur,
- bediente sich Sprache des Volkes -> einziger grund für Zensur

- G. schrieb viel und schnell
- was ihm gefiel gab er Lesewilligen, den Rest verbrannte er, mochte die Flammen, Feuer = Leben (schön + gefährlich)

- Werther schrieb er nach einem Brand in der Nähe (Feuer = Idee - > unerstickt) in weniger als 4 Wochen !

DLdjW
- G. schreibt seine eigenen Leiden nieder
- weil :
Maxi, nette Freundin, bei ihr vergaß er Lotten, sie heiratete einen Kaufmann, dort bekam G. Hausverbot

- also schrieb er, Dichter bauen ihre Leiden ab, in dem sie Schreiben !

- Anfangs > W. ein Abbild G. Selbst für eine Zeit, die bedacht und bewältigt werden muss
- Dann > weniger seine eigenen Leiden
- Ende > Spaß und höhnisches Grinsen, beim Schreiben des Selbstmordes :

~~> Vorlage : Karl Wilhelm Jerusalem erschoss sich, weil er an sein Weibe nicht kam

- manche denken, Liebe würde erst durch den Tod wahrhaftig werden

- fertig -> Manuskript weggeschickt -- > wehmütig, aber erleichtert
- er hatte außergewöhnliches verbracht (siehe : die Menschen sollten sich mit W. fühlen ... )

- W. sagt das, G. gern gesagt hätte
- wieder kein Autor, doch schnell identifiziert, Herbst 1774 VÖ --- > Hysterie, Nerv der Empfindsamen getroffen, kein vergehen dieser Worte !
~~ > Thema nicht Politik, Machtlosigkeit der Ges.
- sondern LIEBE ! zeitlos, Macht der Gefühle, der Entscheidungen zwischen Liebe und Tod und Leben -> Liebe ODER Tod ?!

- G. fand Reaktion übertrieben

- jeder wollte unglücklich verliebt sein, Leid auskosten, Werther sein

- G. war kein Freund von Suizid, wollte nicht mit Loch im Kopf dahin siechen, keine Liebe war es wert dafür zu sterben; man solle von Frau zu Frau springen, wenn’s Probleme gebe :-)

- in ganz Deutschland : erfolgreichsten Dichter
Zustimmen,
Ablehner - > zu viel Gefühl, keine Vernunft des Helden >> schlechtes Beispiel für Jugend

- G. wollt immer berühmt sein, aber so berühmt ??
- der Ruhm macht ihn unruhig im Kopfe , Nervenbündel, keine Stärke und gelassen

- er sprang auf und lies seine Klingen über das Eis klirren ....








Und ob ich das tun sollte – das weiß ich nicht ..... :-(





Johann Wolfgang von Goethe

Lebenslauf (Auszüge) in Tabellenform


28.08.1749 -- Johann Wolfgang von Goethe wird als Sohn von Johann Caspar Goethe und Katharina Elisabeth Textor in Frankfurt am Main geboren. Seine Schwester Cornelia wird ein Jahr später. Privatunterricht vom Vater, Märchen der Mutter fördern seine Phantasie; Umgang mit Künstlern; Puppenspiele und Theater als Goethes Freizeitbeschäftigungen. Literarisches Vorbild ist Klopstock; er liest die Bibel, Volksbücher, Robinsonaden und schreibt selbst erste unpersönlich Gedichte.

1765-1771 -- Goethe studiert Jurisprudenz (Leipzig und Straßburg). Goethe verehrt Winkelmann, erhält Anregungen vom Zyniker Behrisch. Bekanntschaft zu u.a. Herder (1770/71). Beschäftigt sich mit dem Pietismus und der Mystik.

1772 -- Goethe lebt in Wetzlar. Liebe zu Charlotte Buff, die später als literarische Vorlage der Charlotte im Werther dient. Er stellt Mahomets Gesang und den Götz von Berlichingen fertig. Beginn der Arbeit am Urfaust (bis 1775).

1772-1775 -- Wieder in Frankfurt. Begegnung mit Jacobi, Klopstock, Klinger, Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach. Goethe schreibt den „Clavigo“ (1774) und „Die Leiden des jungen Werther“ (1773). Mit dem Werther wird Goethe auch über die Grenzen Deutschlands hinaus berühmt.

1776/77 -- Goethe wird Geheimer Legationsrat und tritt damit in den weimarischen Staatsdienst ein.
Schreibt Tagebuch, Studien über die Natur, Botanik und Geologie
Vollendung des Schauspiels „Stella“, „Wanderers Nachtlied“, „An den Mond“, „Die Geschwister.“
Er besteigt den Brocken (Harz, 1777)

1782 -- Goethe wird in den erblichen Adelsstand erhoben und erhält die Ernennung zum Kammerpräsidenten (Finanzminister), Umzug in das Haus am Frauenplan. Sein Vater stirbt. Arbeit am „Torquato Tasso“ und am Gedicht „Der Erlkönig“.

1785 / 1785 -- Goethe entdeckt den Zwischenkieferknochen, beginnt mit den botanischen Studien.

1788 -- Lässt sich von seine Regierungsgeschäften entlasten und Begegnet Schiller (ohne Nachwirkungen)

1790/91 -- Zweite Italienreise (erste Italienreise 03.09.1786- Juni 1788 ), Reisen nach Schlesien und Besuch Schillers in Jena (ohne Nachwirkung), Arbeit am „Faust“ (Fragment), Versuch, die Metamorphose der Pflanzen zu erklären. Goethe beginnt mit seiner Farbenlehre. Er leitet das Weimarer Hoftheater (bis 1817). Hauptsächlich Aufführung der eigenen Werke sowie Werke Schillers, Shakespeares, Lessings, u.a.

1792 / 1793 -- Goethe nimmt am Feldzug gegen Frankreich und der Belagerung von Mainz teil.

1794 -- Intensive Freundschaft und Gedankenaustausch mit Schiller bis zum Tode Schillers (1805). Goethe verfasst deshalb einen Epilog auf Schillers „Glocke.“

1806 -- Goethe vollendet „Faust I“ und heiratet Christiane Vulpius.

1810/11 -- Farbenlehre erscheint. Vollendung des autobiographischen Werkes „Dichtung und Wahrheit.“ (4 Teile)

1816/30 -- Seine Frau Christiane von Vulpius stirbt. Sein Sohn stirbt 14 Jahre später.

22.03.1832 -- Goethe stirbt in Weimar und wird in der dortigen Fürstengruft beigesetzt. Seine letzten Worte waren "mehr Licht!".


Quelle : http://www.mehr-licht.de/zeittafel.htm
Mehr zu Goethelinks : http://www.goethe.de
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Re: ... v°gel liest Werther !

Beitragvon Hamburger » 03.10.2004, 10:58

Hallo kv,

Hey, wo ist der Mann aus Hamburg ?



Ach man, und was ist das für ein Tagebuch, was man nicht führt ... : (


Ja, wo war ich nur? Ehrlich gesagt war ich bin ein wenig ratlos (bin es immer noch) und weiß nicht so recht wo ich hier anknüpfen, was ich hier sagen soll.

Dieser Thread ist ja kein Lesetagebuch im eigentlichen Sinne. Darunter verstehe ich eher, dass du ein wenig liest, eine kurze Inhaltsbeschreibung vom Gelesenen und zum aktuellen Stand gibst und die Mitdiskutanten dann Schritt für Schritt mit dir diskutieren können.

Aber in diesem Thread stehen - nimm mir das nicht übel, ich mein`s nicht böse, bin zu 53 % unschuldig :-) ) - Tafelbilder, Kurswitze und einige pauschale Kritik etwas unverbunden nebeneinander.

Dabei ist der Thread weder langweilig noch uninteressant. Im Gegenteil: Gerade weil dir das Buch ganz offensichtlich nicht gefällt, während es mir außerordentlich gefällt, wäre eine Diskussion
interessant.

Aber ich finde nicht so recht den Einstiegspunkt und habe auch ein wenig Angt, dass wir letztlich nur Facetten bei unserer Diskussion streifen, weil wieder ein neues Tafelbild dazwischenkommt. Diese Tafelbilder und alles was du aus deinem Kurs berichtest kommen mir übrigens auch sehr bekannt vor. Es ist ein treffendes Beispiel dafür, wie zumindestens ich die Behandlung von Literatur immer verabscheut habe. Stilmittel suchen wie gut versteckte Ostereier, ein paar Fremdwörter lernen und das Buch bis ins Kleinste sezieren, während es kaum einer richtig liest und man sich unter den Belehrten eigentlich einig ist: Scheiss Buch!
So ging es mir ja sogar bei Goethes "Faust", der damals in meinem Schredder landete, mittlerweile halte ich das Buch für ein Meisterwerk.

Also, nicht dass du mir böse bist, ich sags nochmal. Aber mich würde jetzt mal folgendes interessieren, damit ich wieder reinkomme: Wie weit hast du inzwischen gelesen? Müsstest ja eigentlich durch sein, oder? Wie fällt deine Gesamtkritik aus? Lass uns darüber gerne diskutieren, dann können wir auch den interessanten Aspekt des jungen Goethe noch mit hinein nehmen.

Liebe Grüße,

Hamburger
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Re: ... v°gel liest Werther !

Beitragvon vogel » 03.10.2004, 13:38

Hi und Guten Morgen !

Ja, Ham, du hast recht, und ich will mich jetzt auch nicht rausreden ... Ich habe nun mal nicht geschrieben : (
Und warum ? ..

Also ich eigentlich bearbeite ich gern Bücher in der Schule. Das ist nun mal leicht, man muss nicht sonderlich viel denken, gibt leicht Mitarbeitsnoten, etc. Was mich aber stört dabei, ist die Tatsache, dass wenn ich das Buch lese, mir Notizen mache. Um einfach schneller bestimmte Stellen zu finden. Und DAS hat dann nichts mehr mir lesen im Sinne von Lesen zu tun.
Und die letzen beiden Schulwochen ließen mir Zeit zum Schreiben. Wenn ich Zeit hatte, dann wollte ich sie nicht mit diesem Buch verschwenden.

Ich würde nicht sagen, dass das Buch Grund auf Schlecht ist. O.g. Tatsache mit den Notizen, und die Tatsache, dass ich zwischen Zeitlich (besonders zum Schluss) dachte, W. hat ne Schaltplatte geschluckt, weil er mir alles doppelt gesagt hat (dass er nicht mehr leben wolle..) – das hat mir das Buch zu meinem Leid gemacht. Es gibt in dem Buch echt gute Passagen (jetzt mal ohne Bsp.) . Und die Tatsache, dass ich denke, dass W. verquerte Weltansicht, sein Peatheismus und letztendlich Lotten ihn in den Tot gerissen haben – macht das Buch nicht schlecht, sondern gut.

Ham, mein Buch ist auf machen Seiten vollgedrungen mit Notizen, daraus lässt sich was machen in den nächsten 14 Ferientagen ..


seufzende Grüße

Madel

PS : Also ich würde es glaube es nicht übers Herz bringen, ein Buch in den Reizwolf zu stecken – dann lieber bei eBay ... Aber dann kost das Porto mehr als der Dreck :-D


Und warum sollte cih dir deswegen böse sein ?!
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Re: ... v°gel liest Werther !

Beitragvon vogel » 03.10.2004, 14:15

Hm .......................................


Brief vom 10. Mai (Seite 7, Zeile 11-14)

Ach könntest du das wieder ausdrücken, könntest du dem Papiere das einhauchen, was so voll, so warm in dir lebt, dass es würde der Spiegel deiner Seele, wie deine Seele der Spiegel des unendlichen Gottes ! – Mein Freund – Aber ich gehe darüber zugrunde, ich erliege unter der Gewalt der Herrlichkeit dieser Erscheinungen.

Also ich kann bis heute nicht glaube, dass W. hier nur über die Natur spricht. Ich meine, ich habe das Büchlein ja nun fertig. Und sein Verhältnis zur Natur, wie er sie sieht, das ändert sich ja ziemlich. Aber ich finde die Tatsache, dass man so die Natur mögen (trifft es hier noch das Wort „mögen“ ?) kann, irgendwie erstaunlich.
Ich finde, am Anfang ist seine Sprachlosigkeit arg groß, oder ? Ich meine hier wird das unglaublich deutlich. Er schreibt ja wirklich oft, dass er nicht weiß, wie sagen ...


Brief vom 12. Mai (Seite 7)

Ich habe ja beim ersten Mal geschrieben, W. säße in einem Glaskasten ... Ich würde gern mein Veto einlegen *g* Mein Randnotiz vom zweiten Mal lesen : „W. beobachtet, bewundert, handelt selbst aber nicht“ : (Zeile 29)
Wenn ich so dasitze, so lebt die patriarchalische Idee so lebhaft um [...]
... Fällt mir gerade erst auf : W, schreibt zwei Mal „lebt“ .. Und er sitzt da.


Brief vom 15. Mai (Seite 8)

Hier wird Werther als zuvorkommend und hilfsbereit charakterisiert. Er sitzt wieder am Brunnen, und hilft einem Fräulein.
Hier habe ich mich auch zum ersten Mal gefragt, welchen Stande denn Werther angehört : (Zeile )
Ich lies mich das nicht verdrießen; nur fühlte ich, was ich schon oft bemerkt habe, auf das lebhafteste: Leute vom eigenen Stande werden sich immer in kalter Entfernung vom gemeinem Volke halten, als glaubten sie durch Annäherung zu verlieren; und dann gibt’s Flüchtlinge und üble Spaßvögel, die sich herzulassen scheinen, im ihren Übermut dem armen Volke desto empfindlicher zu machen.
Hm, ich weiß es bis heute nicht .. :-(




Brief vom 17. Mai (Seite 8-10)

Randbemerkung 1 zu Seite 8 / Zeile 36/37 – Seite 9 / Zeile 8 „Aus Angst vor der Freiheit“
Gehe ich nicht weiter drauf ein. Es sei denn es besteht der Wunsch ..

Ach, dass die Freundin meiner Jugend dahin ist, ach, dass ich sie je gekannt habe! – Ich würde sagen: Du bist ein Tor! [...]
(Seite 9 Zeile 19) Zum einem: was bin ich ? Ein Tor ? Vielleicht eines mit ner Silberklinke, oder aus braunem Holz ?!
* räuspert * Irgend wann habe dann rausbekommen, dass W. meint, er sei töricht.
Die Freundin seiner Jugend, ist das Leonore ? Weil eine andere Frau wird bis hier hin aj nicht erwähnt.
[..]Stempel des Genies [...]
(Seite 9 Zeile 29) Womit wir beim Sturm und Drang wären ..

Dann erzählt Werther, dass er den Amtmann kennen gelernt hat. Ein erster Hinweis auf Lotten wird gegeben : (Seite 10 Zeile 5)
[..] besonders macht man viel Wesens von seiner ältesten Tochter.

Weiterhin sind die Menschen in der Gegend „verzerrte Originale“ (Seite 10 Zeile 10). Puppen ? Sie sind also nichts als Spiegel der Ideale, der Originale ? Wie in einem Spiegelkabinett. Und auf ihre Gesellschaft kann Werther wohl verzichten (weil unerträglich).
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Re: ... v°gel liest Werther !

Beitragvon vogel » 05.10.2004, 11:58

(2)

Brief vom 22. Mai (Seite 10/11)

Das ist einer der Briefe, bei denen ich mir unglaublich viele Notizen an den Rand geschmiert habe. Überschrift für diesen Brief ist „Rebellion“ (Wohlbemerkt nur mit einem „L“ :verlegen: )
Werther stellt in diesem Brief an Wilhelm dar, wie die Menschen um ihn herum sich die Welt fügen. Sie malen sich zwar ihre Zukunft aus, aber sie handeln nicht.
[...]forschende Kräfte des Menschen eingesperrt [... ] die keinen Zweck haben, als unsere arme Existenz zu verlängern [...] mit bunten Gestalten und lichten Aussichten bemalt.
(S. 10 Z.16-25) Werther hingegen, würde in sich selbst „zurückkehren und finde eine Welt!“ (Z.26 )

Die Menschen, wollen nicht wahrhaben, dass sie beherrscht werden, dass sie nur Puppen sind, die nicht mehr die Frage nach dem Sinn stellen. Sie lassen sich bezirzten von :
Biskuit und Kuchen und Birkenreiser
(Z.35)[...] Zuckerbrot (S.11 Z.2)
Sie sind also auch wie Kinder, die sich von dem Süßen leiten lassen.

[...] dass er diesen Kerker verlassen kann, wann er will.
(S. 11 Z. 17) Ist sich Werther bewusst, dass er sich das Leben nehmen Kann? Das ist eine Prägfiguration. Aber bezieht Werther das auf sich, dass er den Käfig verlassen kann?



Brief vom 26. Mai (Seite 12 Zeile 13-15)
Das bestärkte mich in meinem Vorsatze, mich künftig allein an die Natur zu halten. Sie allein ist unendlich reich und sie allein bildet den großen Künstler.
Wieder hält W. an der Natur fest. Sie ist ihm wichtiger als die Menschen.
(Nicht ernstgemeinter Zwischeneinwurf von Made : Alter Einsiedler, du !)


Briefe vom 27. Mai & 30. Mai

Werthers Briefe sind wieder gekennzeichnet durch Sprachlosigkeit, seine Liebe zu Kindern wird deutlich.


Brief vom 16. Junius

Werther lernt Lotten kennen.

Werther beginnt seinen Brief mit einem Versuch Lotten zu beschreiben. Scheitert aber. Er benutz viele Ausrufe, Anakoluthe, und rhetorische Fragen (Das muss einfach sein, ich habe das ja nicht umsonst gelernt ............).
Werther kommt zu dem Schluss, das was er schreibe, sei alles „Garstiges Gewäsch“ (S.16 Z.4), und „leidige Abstraktion“ (S.16 Z.5 ) – also er könne Lotten nicht konkret beschreiben.

W. Holt die Damen ja zum Balle ab. Ihm wird von vorne herein gesagt, sie sei vergeben. Doch ihn stört es nicht:
sehr braven Mann [...] Die Nachricht war mir ziemlich gleichgültig
Auch warnt man ihn, er solle sich nicht verlieben. (Und ich liebe noch immer das Wort Prägfiguration !!)
W. trifft Lotten in mitten von sechs Kindern. Sie ist ein Mädchen
von schöner Gestalt, mittlerer Größe., die ein simples weißes Kleid mit blassroten Schleifen an Arm und Brust, anhatte [....]
schwarze Augen [..] lebendige Lippen [...] frische, muntere Wangen
(S. 17 Z.11-13 // S.19 Z.13-15) Werther ist gelähmt, seine Seele „ruhte“ auf ihr.

„Louis, gib dem Herrn Vetter eine Hand.“ (S.17 Z. 34)
Das Sagt Lotten zu einem ihrer Geschwister. Werther wundert sich darüber, und später kommt die Erklärung: (S.17 / 25 )
weil sie an mir fühlte, dass ich sie verstand
W. mag, dass Lotten ihre Meinung sagt. (Im Bezug zu dem Buch.) Auch spiegelt er sich in ihr wieder (S.18 Z.33):
Und der Autor ist mir der liebste, in dem ich meine Welt wieder finde [...]


Während der Gesellschaft gibt es eine äußerliche Veränderung – ein Gewitter zieht auf. Man vertreibt sich die Zeit mit einem Spiel, das Lotten vorschlägt. Man zählt von ein 1 aufwärts, und jeder der sich verzählt, der bekommt eine Ohrfeige von Lotten.
Was mich irgendwie fasziniert an dieser Szene ist, dass die Menschen anscheinend unglaublich Angst vor dem Gewitter hatten. Heute ist ein Gewitter zumeist nur ein Gewitter und dann gut ...
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Re: ... v°gel liest Werther !

Beitragvon vogel » 06.10.2004, 20:27

Wenn ihr nix sagt, schreibe ich einfach weiter :-)



(3)

Brief vom 19. Junius (Seite 22 / 23)

Lotten ist ein Familien Mensch, was Werther sehr schätzt. Über die Gedanken an sie, vergisst er „Tag und Nacht“, die ganze Welt verliert sich um ihn her (S. 13 Z. 12)


Brief vom 21. Junius (Seite 23 Z. 15)
Ich lebe so glückliche Tage, wie sie Gott seinen Heiligen aufspart; [...]
Werther sieht sich als Heiliger ?! Er beginnt sich also über die anderen der Gesellschaft zu stellen.


Hier setzt mein Textgedächtnis aus, keine Randnotizen bedeuten dann also, da ist nix tolles passiert :-D Außer das Lotten einen Kranken (Oder war’s der Pfarrer ?) besucht...
Überhaut passiert hier nur recht wenig. Am 13. Julius schreibt W. Das er WEISS dass sie ihn liebt.
W. fühlt sich entmächtig (wodurch ?):
[... ]da ist mir’s wie einem, der aller seiner Ehren und Würden entsetzt und dem der Degen genommen wird.
(aus dem Brief vom 13. Julius, S 31 Z 7-9)
Er verspürt unglaublich Sehnsucht nach Lotten, sie ist ihm heilig :
Sie ist mir heilig. Alle Begier schweigt in ihrer Gegenwart.
(aus dem Brief vom 16 Julius S 32 Z 24)
Lotten ist ihm „ein Licht im Dunklem Tunnel“, er fühlt sich besser in ihrer Nähe.


Am 18. Julius, (ist er wieder unpässlich :-D ) nein, er vergleicht die Liebe mit einem Trugbild, wieder das Verlangen nach L.


Interessant ist für mich wieder der 24. Julius :
Darauf habe ich denn ihren Schattenriss gemacht [...]
(S 34 Z 20; Ihren = Lotten )
Ein Schattenriss ist zwei farbig – Hintergrund und der Vordergrund extra. Ein Schattenriss ist abstrakt, weil man eben nur das Profil sieht. Die Abstraktheit von damals, dass er nicht weiß, wie Lotten beschreiben, jetzt bringt er sie zu Papier, und die Abstraktion ist Konkret.
So sehe ich das, geht das so ?


Brief am 26 . Julius - Lotten

Ein recht kurzer Brief, mir scheint es so, als würde W. einen eigen Monolog schreiben, eine Aert Tagebucheintrag. Oder ein Brief an Lottchen, den er nie abgeschickt hat ...
W. schreibt, er wolle alles besorgen, was Lotten ihm aufgebe. Und sie solle doch büdde, büdde keinen Sand mehr auf die Zettel machen *HARHARHAHR* -
DAS finde ich schrecklich kitschig, Ham. Erst Mal diese Sonderbare Form, ich versteh nich so wirklich, was das hier sucht, weil es ist eindeutig an Lotten, der Brief an Wilhelm kommt danach. Warum hat er es Lotten nicht selbst gesagt. Es ist mir irgendwie seltsam ...


Brief am 26 . Julius – an Wilhelm
W. schreibt wieder einmal, er wolle Lotten weniger sehen, aber egal wie sehr er es sich vornimmt, er macht sich dann doch auf, und besucht sie.
Echt schön finde ich die Idee mit dem Magnetenberg : (S35 Z3-7 )
Mein Großmutter hatte ein Märchen vom Magnetberg: die Schiffe, die zu nahe kamen, wurde auf einmal alles Eisenwerks beraubt, die Nägel flogen dem Berge zu und die armen Elenden scheiterten zwischen den übereinander stürzenden Brettern.
Das er Lotten mit diesem Berg vergleicht ! Und er scheint sich seines Scheiterns bewusst.
Mein Ich ist ein Pfogel aus Metall, doch Du hast ihn berührt und beschützt.

Metägo
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Re: ... v°gel liest Werther !

Beitragvon Metägo » 07.10.2004, 00:14

Hallo Kleinervogel,
ich habe den Werther auch in der Schule gelesen, war aber, anders als du, recht begeistert vom großen "Kitsch"(das mag auch damit zu tun haben, dass Männer den Roman anders empfinden als Frauen, weil es um Männerschmerz geht; ist aber nur Spekulation).
Ich würde gerne mal etwas zu den zitierten Stellen sagen:

Ich lebe so glückliche Tage, wie sie Gott seinen Heiligen aufspart; [...]

Werther sieht sich als Heiliger ?! Er beginnt sich also über die anderen der Gesellschaft zu stellen.



Werther sieht sich nicht als Heiliger, und eine bewußte Arroganz liegt seinem Wesen eher fern. Was Goethe hier zu schildern versucht, ist die Stärke von Werthers Empfindungen. Die zitierte Stelle soll sein tiefes Glücksgefühl nachzeichnen. Denn Werther, das ist das Markante seines Wesens und seine Brandmarkung, besitzt eine unerschöpfliche, verschwenderische Gefühls- und Leidensfähigkeit ("Sturm und Drang" etc.). Darum ist der Werther der Werther.

DAS finde ich schrecklich kitschig, Ham. Erst Mal diese Sonderbare Form, ich versteh nich so wirklich, was das hier sucht, weil es ist eindeutig an Lotten, der Brief an Wilhelm kommt danach. Warum hat er es Lotten nicht selbst gesagt. Es ist mir irgendwie seltsam ...


Ich bin zwar nicht Ham, sag aber trotzdem was dazu. Ich weiß die genaue Stelle nicht, glaube aber zu wissen, um welchen Zusammenhang es hier geht.
Was du „seltsam“ nennst, ist wieder ein Wesenszug des Werthers: das Theatralische; durchaus im Sinne Theater aufführen; Werther inszeniert, und um seine volle Ladung Gefühl zu erhalten, muss er inszenieren; sein eigenes Theater. Alles direkte, lakonische, nüchterne liegt ihm fern. Gefühl, Gefühl, Gefühl.

Ein Schattenriss ist abstrakt, weil man eben nur das Profil sieht. Die Abstraktheit von damals, dass er nicht weiß, wie Lotten beschreiben, jetzt bringt er sie zu Papier, und die Abstraktion ist Konkret.
So sehe ich das, geht das so ?


Respekt! ;-)

Ich finde es übrigens äußerst lobenswert, dass du das aus dem Unterricht hier alles abtippst und einstellst und verfolge die interessanten Notizen mit Spannung.


Oliver
Wo fass ich dich, unendliche Natur? Goethe, "Faust"

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Re: ... v°gel liest Werther !

Beitragvon [) i r k » 07.10.2004, 04:22

Werther sieht sich nicht als Heiliger, und eine bewußte Arroganz liegt seinem Wesen eher fern. Was Goethe hier zu schildern versucht, ist die Stärke von Werthers Empfindungen.

Also, Oliver, da wäre ich mir nicht so sicher ... allein, wenn man betrachtet, welche Einstellungen Werther gegenüber dem Bürgertum und dem Adel pflegt, lässt sich eine gewisse Arroganz bzw. Überheblichkeit nicht mehr leugnen ... und auch, was seine Identifikation mit christlichen Märtyrern angeht, ist er - sagen wir - nicht gerade bescheiden ... ich zitiere einfachshalber mal mich selbst:
Die Tendenz Werthers, alles auf sich zu beziehen, die Egozentrik und die Exaltiertheit seiner Persönlichkeit, die Verabsolutierung von Subjektivität und privater Empfindung, offenbaren sich auch in seiner Religiosität. Er identifiziert sich mit dem Menschensohn, spricht von »seinem Vater« und vergleicht seine Situation und Gottverlassenheit mit den Leiden Jesu. Auch dessen Leiden überstiegen seine Kräfte und auch er musste, weil er zuviel litt, sterben. Damit rechtfertigt er, die Worte Jesu zu benutzen und auf sich selbst zu beziehen ...

Grüße.
"du trittst da fast in die fußstapfen des unseligen dr goebbels und seiner zensur und verdammungsmaschine." (Ralfchen)

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Re: ... v°gel liest Werther !

Beitragvon Hamburger » 09.10.2004, 09:57

Hallo zusammen,

ich bin zwar noch nicht so weit umfassend antworten zu können, möchte aber zu einem Punkt auf jeden Fall schon mal Stellung nehmen. Man kann sicher darüber diskutieren ob Werthers Arroganz bewusst oder unbewusst ist - aber eines steht (meiner Ansicht nach) fest: Werther ist durchaus arrogant, wenn wir einen arroganten Menschen als einen Menschen definieren, der sich über die Anderen stellt. Dieses Verhalten, diese Einstellung scheinen mir wesentlich zu sein um das Prädikat "arrogant" zu rechtfertigen.
Dafür finden sich eine Fülle von Belegen in diesen "Brandraketen" (Goethe).

Nachdem Dirk sich bereits selbst zitierte zitiere ich nun noch einmal eine sehr gute Stelle aus seinem sehr guten Essay...


Werthers Meinung über den Adel und die Ständegesellschaft ist – mit einem Wort – zynisch. Einerseits kritisiert er die »fatalen [...] Verhältnisse«, entlarvt die falsche Überheblichkeit und Distanz der höheren Stände gegenüber dem einfachen Volk, die Rangsucht, die Koketterie und den Standesdünkel unter den Adligen und die geistlose Pedanterie seines Vorgesetzten. Anderseits konstatiert er trocken: ich weiß »so gut als einer, wie nötig der Unterschied der Stände ist, wie viele Vorteile er mir selbst verschafft: nur soll er mir nicht eben gerade im Wege stehen, wo ich [...] einen Schimmer von Glück auf dieser Erde genießen könnte.« :-x Seine Kritik gründet sich also mehr auf seinen eigennützigen Motiven und seiner persönlichen Einschränkung, als auf weitreichender Überlegung. Er will schlichtweg die Vorteile, die ihm seine Standesposition bietet, nicht aufgeben und nörgelt wegen den Verdrießlichkeiten, die er dafür einzustecken hat. Von einem generellen gesellschaftlichen Missstand ist bei ihm gar nicht die Rede – ihm geht es um sich selbst. Dort, wo sie ihn nicht selbst behindert, erachtet er die Hierarchie der Stände als legitim und notwendig: »Ich weiß wohl, daß wir nicht gleich sind, noch sein können; [...].«


Diskutabel finde ich allerdings das kleine vorangestellte Wörtchen "unbewusst". Denn Werthers Briefe strotzen vor Gefühlsausbrüchen, vielmehr ist fast das gesamte Werk ein einziger Gefühlsausbruch. Man könnte nun trefflich darüber fabulieren ob ein nüchterner, zur Ruhe gekommener Werther, der eine kritische Distanz zu sich und seinen Mitmenschen aufgebaut hat, sich ebenfalls genauso arrogant verhalten würd.
Diese hypothetische Diskussion hat nur einen Haken: Wir würden dann nicht mehr von Werther reden... ;-)
Hingegen denke ich schon, dass man ihm seine Arroganz durchaus vorwerfen kann. Denn die von Werther vorgenommene Verabsolutierung seines Daseins mit allem was dazugehört kann nicht unkritisch als "in seiner Natur" liegend betrachtet werden. Das wäre gelinde gesagt billig. Dennoch neigte auch ich einmal zu dieser Betrachtungsweise. Aber man muss von einem Menschen schon verlangen können auch noch etwas anderes ernsthaft wahrnehmen zu können als sein Herz (das zeigt mir meine neue Arbeit mal wieder überdeutlich).

Nichtsdestotrotz bin ich immer noch ein grosser Fan des Buches. Den Gedanken den du geäußert hast, nämlich dass Werther auf Männer einen größeren Eindruck macht, finde ich aber sehr interessant. Nach der Lektüre war ich absolut sicher einer der wenigen Männer zu sein, die das Buch gut finden. Aber der Induktionsschluss mit Silentium und kv auf der einen Seite und uns Dreien auf der anderen spricht eine andere Sprache.
Hmmm, aber lässt sich die Aussage hier wirklich verallgemeinern, sprach Ham, schaute etwas ratlos und machte sich langsam fertig für den nächsten Paulianischen Auswärtssieg (diesmal in der Marzipanstadt).

Bis in Kürze,

Hamburger
"If it's a hit? - Yeah, that's me! If it's a miss? - Yeah, that's me!" (Robert Palmer)


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