Etwas Nichts

Du schreibst Gedichte? Laß sie nicht in einer Schublade verschimmeln! Menschenbeifall wirst Du hier finden, aber auch Kritik und Rat.
Spiderman
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Etwas Nichts

Beitragvon Spiderman » 30.11.2004, 20:08

Etwas Nichts

Diese Zeilen waren eben noch
tief im Wald die Zweige der um-
stürzenden Kiefer, deren Krachen
außer Niemand niemand vernahm.

Wie die Böe, den Atem, die Worte und jetzt:
eine Matrize für das Gedächtnis jeder Satz,
der einen Gedanken wie mit dem Netz
einen Schmetterling fängt.
Oder wie im Pinzettengriff eine Fliege
zwischen Zeigefinger und Daumen.

So folgt die Sprache der Hand-
lung, ich lungere mit einer Coke
auf einer Parkbank im Zentrum herum
und verschreibe die Zeilen dem Zweifel,
in Abstraktion
habe ich Nichts zu vermelden,
an dem mir mehr als nichts
gerade noch
und gleich nicht mehr liegt:
Die nette Lyrik-Spinne von nebenan!

Flocke
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Re: Etwas Nichts

Beitragvon Flocke » 09.12.2004, 15:11

Hi, Spiderman.

Erstaunlich, wie man Nichtstun und Nichtssagend in Worte fassen kann. Und dabei noch so vor sich hin philosophieren kann... :-D

Gefällt mir wirklich gut.

Lieber Gruß
Flocke
...Der den Wind kennt / besser als alle Bücher / den Baum / frag nach Wahrheit...

Silentium
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Re: Etwas Nichts

Beitragvon Silentium » 09.12.2004, 18:25

Ich werd jetzt dann mal eine Liste erstellen mit allen Ausrufen der Bewunderung, jeder Paradefloskel sanfter Kritik und jedem vorsichtig formulierten Veriss, damit man nicht immer das selbe schreiben muss, sondern unter jedes Gedicht nur noch ein, zwei Nummern setzen. Und dann werd ich die Liste um eine Reihe von Huldigungen und Verehrungen erweitern, die einzig und allein für ganz herausragende Gedichte gedacht sind. Das sind dann die Sondernummern mit einem S wie Spiderman in der Kennung. 8-o
I would go to the Dark Side in a heartbeat if I thought they had better dialog over there.
- Ursula Vernon

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Re: Etwas Nichts

Beitragvon razorback » 09.12.2004, 19:39

"Herumphilosopieren", Flocke? "Herum..."???????? 8-o

Das ist grossartig, Spider, und umso grossartiger, als diese klaren, treffenden Gedanken in einen Stil gepackt sind, als hättest Du das mal eben auf eben jener Parkbank ins Notibuch gepinnt, ohne Mühe, einfach so - bewundernswert.

Ausnahme:

Wie die Böe, den Atem, die Worte und jetzt:


Das ist wie ein Code für mich, den ich nicht entschlüsseln kann, vermutlich bin ich zu blöd. Ich bekomme keinen Sinn da rein - worauf bezieht sich das "wie"? Und wieso "deN Atem?". Bezieht sich der noch auf das "vernahm" in Strophe 1?

Aber ich muss ja auch nicht alles kapieren. :-D Verbeugung!!!
O You who turn the wheel and look to windward,
Consider Phlebas, who was once handsome and tall as You

Flocke
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Re: Etwas Nichts

Beitragvon Flocke » 10.12.2004, 16:20

@razor

"Herumphilosopieren", Flocke? "Herum..."????????


Vor sich hin, hatte ich geschrieben, vor sich hin!!!! ;-) :-E ;-)

Im übrigen ist das Sinnieren über den Gedanken in der ersten Strophe wohl so alt wie die Theorie mit dem Huhn und dem Ei. Und sie beißt sich wahrscheinlich auch genauso in den Schwanz...

Und außerdem zweifle ich ja nicht an der Genialität dieses Textes :guru:

Lieber Gruß
Flocke
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Spiderman
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Re: Etwas Nichts

Beitragvon Spiderman » 12.12.2004, 21:44

@razorback: ja, "wie die Böe..." bezieht sich auf das "vernahm" -> "Niemand vernahm das Krachen, wie die Böe, den Atem und die Worte." Ich gebe zu, das macht's ein bissl komliziert. Denke noch über eine Vereinfachung nach, und werde dann die paradiesische Editierfunktion des Forums nutzen.

@alle: Danke Euch allen für Lob und Huldigungen. Ihr wißt, wie Ihr ein sensibles lyrisches Gemüt zu behandeln habt. Ich war mir bei dem Gedicht nicht sicher, ob wirklich was rüberkommt. War tatsächlich erst mal so ins Blaue von mir dahin philosophiert. Dachte dann, dass das gar nicht so schlecht ist.

Gruß

Spidey
Die nette Lyrik-Spinne von nebenan!


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