Undine dichtet

Du schreibst Gedichte? Laß sie nicht in einer Schublade verschimmeln! Menschenbeifall wirst Du hier finden, aber auch Kritik und Rat.
Undine
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Undine dichtet

Beitragvon Undine » 03.03.2003, 20:52

@gelbsucht: "Hui, na jetzte bin isch aber erscht recht gespannt."

Ne, ne, bitte bloß nicht zu viel erwarten. Hier kommt ein gaaanz schlichtes Liebesgedichtchen:

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Ungeschriebene Dinge und Taten versinken im Dunkel und fallen dem Vergessen anheim, geschriebene aber werden beseelt.

Iwan Bunin, Literaturnobelpreisträger 1933

gelbsucht
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Re: Undine dichtet

Beitragvon gelbsucht » 04.03.2003, 21:18

Hey, irgendwie gemütlich hier zur Zeit - du und ich und das Forum ...

Liebe und Tod? Liebe und Vergänglichkeit? Das große literarische Zwillingspaar? Ein äußerst häufig aufgegriffenes und bis heute nicht abgegriffenes poetisches Thema, wie es scheint und wie auch dein Gedicht beweist. Ein netter Versuch, würde ich meinen. Ich habe gleich gedacht: könnte gut in meine Serie "sommer puzzle" passen. Aber ich finde, man sollte vielleicht den Gedanken der Vergänglichkeit stärker betonen, bedrohlicher gestalten, um das Vergessen, die Milderung durch die Liebe wirksamer zu gestalten.

Es gibt hier im Forum von einem eher mäßig begabten Menschen ein fürchterliches Sonett, das den sentimentalistischen Namen "Im Traum" trägt, und demselben Gedanken verfallen ist, doch mit einer ganz unähnlichen Wendung. Dort ist durch die Liebe der Gedanke an den Tod nicht urplötzlich abstinent geworden, sondern äußerst gegenwärtig. Ich möchte sagen: beängstigend nah. Leider hat der Autor es nicht vermocht die ganze Schärfe dieses Gedankens durch sein Poem zu vermitteln.

Dass dein Gedicht mich aber nicht ganz vom Hocker reißt, mag daran liegen, dass ich gerade die Lektüre eines Buches abgeschlossen habe, indem das selbe Thema sehr ergreifend geschildert wurde. Dort sind zwei frisch Verliebte, zwei frisch Verheiratete ständig von Tod und Schrecken umgeben, ständig von Todesangst erfüllt. Das Buch von dem ich rede ist die Autobiographie "Mein Leben" von M.R.-R. und die Kapitel von denen ich spreche, behandeln seine Erlebnisse im Warschauer Getto. Ich werde das Buch demnächst noch etwas ausführlicher rezensieren. Aber gerade diese Kapitel haben mich sehr bewegt, sehr erschüttert und zugleich hingerissen. Vielleicht bin ich daher im Augenblick etwas immun gegen die Behandlung des selben Themas - ich stehe immer noch unter dem Eindruck des Buches.

8-o gelbe grüsse B-)
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Re: Undine dichtet

Beitragvon Undine » 05.03.2003, 18:58

@Gelbsucht: "Hey, irgendwie gemütlich hier zur Zeit - du und ich und das Forum ... "

find ich auch, macht Spass - bin froh, dass ich euch gefunden hab :-))

@Gelbsucht: "Aber ich finde, man sollte vielleicht den Gedanken der Vergänglichkeit stärker betonen, bedrohlicher gestalten, um das Vergessen, die Milderung durch die Liebe wirksamer zu gestalten."

Hm. Eigentlich war das Thema gar nicht "Liebe und Tod" ("sterblich", der einzige Terminus, der mit Tod zu tun hat, kommt ja auch nur einmal vor), will sagen, es ging mir nicht darum, in barock-doppelgesichtiger Manier die Vergänglichkeit der Liebe zu zeigen - wobei man das Gedicht offenbar so auffassen kann, wie deine Kritik gezeigt hat :-& . Ich wollte vielmehr ein schönes, sehr einfaches und in seiner Schlichtheit vielleicht doch ergreifendes Liebesgedicht schreiben. Das "vergesse ich...wie sterblich wir sind" soll (bzw. kann) einfach nur zeigen, wie total das lyrische Ich in der Liebe aufgeht, nichts existiert mehr außerhalb der Liebenden ;-) ...
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Re: Undine dichtet

Beitragvon gelbsucht » 06.03.2003, 21:49

Hallo Undine!
"sterblich", der einzige Terminus, der mit Tod zu tun hat, kommt ja auch nur einmal vor
Er kommt nur einmal vor, aber dafür an einer ausgewählten, exponierten Stelle: letzte Strophe, letzte Zeile. Dadurch gewinnt er, meine ich, besondere Bedeutung.
es ging mir nicht darum, in barock-doppelgesichtiger Manier die Vergänglichkeit der Liebe zu zeigen - wobei man das Gedicht offenbar so auffassen kann, wie deine Kritik gezeigt hat.
Ich dachte bei deinem Gedicht durchaus nicht an die Vergänglichkeit der Liebe, sondern an die Vergänglichkeit des Menschen. Nicht umsonst heißt es ja in deinem Gedicht: "wie sterblich wir sind".

;-) gelb :-)
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Re: Undine dichtet

Beitragvon Undine » 06.03.2003, 22:18

ich sagte ja, man kann mein gedicht auch so interpretieren, wie du es tust... deshalb ist es auch immer so interessant, andere gedanken, assoziationen anzuhören..man sieht die eigenen texte mal aus anderer perspektive :-)

natürlich kann man dabei (auch) an die vergänglichkeit des menschen denken.. das "wir" könnte sich aber auch nur auf das liebespaar beziehen vgl. kontext: zeilen 1-2: "wenn du mir ganz unter die haut gehst" :-D

viele grüße
undinchen
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