Rufe aus dem tal
Gut dran sind die liebenden, denn sie haben sinn
Gut dran sind die tagträumer, denn sie überwinden grenzen
Gut dran sind die nachtträumer, denn sie heilen und verzeihen
Gut dran sind, die haben, was sie brauchen, denn sie begehren nicht
Gut dran sind die früh verletzten , denn sie wollen nicht verletzen
Gut dran sind die, die wollen, denn sie müssen nicht sollen
Gut dran sind die ohne eigentum, denn ihnen kann nichts genommen werden
Gut dran sind die, die ihr eigener Gott und Prophet sind, denn sie haben keine Konkurenz
Gut dran sind, die für Gerechtigkeit eintreten, denn ihre Verfolgung ist sinnlos
Rufe aus dem Tal
-
- Pegasos
- Beiträge: 1105
- Registriert: 25.04.2002, 20:55
- Wohnort: Das Dorf der Dussel an der Düssel
Re: Rufe aus dem Tal
Hallo nandresen!
Was für ein schönes, kleines Gedicht. Wirklich. Erst dachte ich, das ist zu eingängig. Aber der Reiz in diesen Sätzen liegt wahrscheinlich gerade darin, dass einem schnell klar wird, diese Sätze können weder wahr noch falsch sein. Sie sind zu trivial, um wahr zu sein, und zu sprichwörtlich, um falsch zu sein. Hier wird das Besitzen gewürdigt, dort die Armut. Wenn man gemein ist, könnte man dir natürlich Beliebigkeit vorwerfen. Aber vielleicht ist diese Beliebigkeit auch Absicht und könnte sogar als Imatation von und Kritik an moralischen Imperativen gewertet werden. So erinnert dein Gedicht sprachlich sehr, an die Einleitung der Bergpredigt ("Selig sind, die ..."). Dieser Gedanke, fällt mir auf, würde auch eine gute Erklärung für deinen Titel liefern: Dem Prediger auf dem Berg wird der Rufende im Tal gegenübergestellt. Ich würde das ironisch verstehen wollen.
Das einzige, was mir nicht so ganz gefällt an dem Gedicht ist der vorletzte Satz.
gelbe grüsse
Was für ein schönes, kleines Gedicht. Wirklich. Erst dachte ich, das ist zu eingängig. Aber der Reiz in diesen Sätzen liegt wahrscheinlich gerade darin, dass einem schnell klar wird, diese Sätze können weder wahr noch falsch sein. Sie sind zu trivial, um wahr zu sein, und zu sprichwörtlich, um falsch zu sein. Hier wird das Besitzen gewürdigt, dort die Armut. Wenn man gemein ist, könnte man dir natürlich Beliebigkeit vorwerfen. Aber vielleicht ist diese Beliebigkeit auch Absicht und könnte sogar als Imatation von und Kritik an moralischen Imperativen gewertet werden. So erinnert dein Gedicht sprachlich sehr, an die Einleitung der Bergpredigt ("Selig sind, die ..."). Dieser Gedanke, fällt mir auf, würde auch eine gute Erklärung für deinen Titel liefern: Dem Prediger auf dem Berg wird der Rufende im Tal gegenübergestellt. Ich würde das ironisch verstehen wollen.
Auch solche Sätze erinnern an religiöse Askese und wirken zugleich natürlich sehr absurd und provokativ in unserer Zeit. Sag diesen Satz mal einem Sozialhilfeempfänger! Übrigens hätte der Satz noch besser gewirkt, wenn du ihn direkt dem SatzGut dran sind die ohne eigentum, denn ihnen kann nichts genommen werden
gegenübergestellt hättest, der mindestens ebenso abwegig und wider die menschliche Natur ist.Gut dran sind, die haben, was sie brauchen, denn sie begehren nicht
Das einzige, was mir nicht so ganz gefällt an dem Gedicht ist der vorletzte Satz.
Das fügt sich sprachlich nicht so gut in das Gedicht ("denn sie müssen nicht sollen"). Der Satz ist etwas krude und umständlich und widerspricht auch so ziemlich dem Klang und dem Rhythmusfall des Gedichtes.Gut dran sind die, die wollen, denn sie müssen nicht sollen
gelbe grüsse
"Ein Kluger bemerkt alles - ein Dummer macht über alles eine Bemerkung." (Heinrich Heine)
Re: Rufe aus dem Tal
Vielen Dank für die anregende Kritik. Ich werde darüber nachdenken
Wer ist online?
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 106 Gäste