Vier Stühle um einen vernarbten Tisch
Der Versuch einen Kreis zu bilden
Über vier Ecken
Als ich sechsundzwanzig war
Umstellte der Verstand mein Zimmer
Ich sah keine Möglichkeit zu entkommen
Ich lebte im dreizehnten Stock
Aber da war immer etwas
Das mir die Sicht nahm
Eine Art von Trostlosigkeit
Dieses Gift das die Schwermut zuweilen verströmt
Es gab Tage da konnte ich den Himmel nicht erkennen
Tage an denen ich alles rückwärts las
Kein Schritt ohne die Richtung zu ändern
Vom nirgendwo ins Nichts
Ich war so weit entfernt von der Weitsicht
Wie der dreizehnte Stock
Von seinem zukünftigen Glück
Manchmal habe ich geglaubt fliegen zu können
Aber dann fiel mein Blick auf die Stühle
Auf die Narben des Tisches
Das hielt mich zurück
Das verlieh mir den Atem für weitere sechsundzwanzig Jahre
Vier unbegrenzt hoffnungsvolle Stühle
Um einen erwartungsfrohen Tisch
Unter dem Faltenwurf einer Tischdecke.
Die Tischdecke
-
- Klio
- Beiträge: 590
- Registriert: 03.09.2009, 05:04
Re: Die Tischdecke
Hallo Greta,
ein interessanter Text ...
... an einigen Stellen würde ich kürzen.
Diese Zeilen würde ich ersatzlos streichen. Hier drängt sich meines Erachtens das ohnehin Erkennbare zu sehr auf, zumal die Sichtverhältnisse in der folgenden Strophe erneut behandelt werden. Endete diese hier auf 'dreizehnten Stock', würde sie den Drive des Unbestimmten hinzugewinnen.
Hier würde ich die Schritte entfernen, also 'Tage an denen ich alles rückwärts las / Ohne die Richtung zu ändern / Vom Nirgendwo ins Nichts.' Der elliptische Satz mit 'kein Schritt' überbetont meiner Meinung nach das offensichtlich Vorhandene. Zudem würde ich 'zum Nichts' vorziehen, um die Zeile kongruent zu den Vorherigen zu machen.
Hier gefiele mir ein dynamischer Satz besser als der statische, etwa 'Ich entfernte mich so sehr von der Weitsicht'. Weit von der Weitsicht entfernen behagt mir in der Doppelung nicht so sehr, auch wenn ich das Spiel darin erkenne - sehr subjektiv gefärbte Meinung hier, aber zurück: Die Dynamik des Entfernens auf den dreizehnten Stock in der Folgezeile übertragen skizziert mit der implizierten Bewegung und also Handlung eine übergeordnete Entwicklung und nicht nur eine Situationsbeschreibung.
Zwischen diesen beiden Zeilen würde ich einen Absatz einfügen, um dem Text etwas zu strukturieren; Tischbeschreibung - sechsundzwanzig, sechsundzwanzig - Tischbeschreibung.
Die Anmerkungen bedeuten hier nicht, dass mir der Text nicht gefällt. Ich empfinde ihn im Gegenteil als flüssigen Text mit poetischer Bildhaftigkeit, der meiner Meinung nach lediglich an einigen Stellen noch etwas nachgearbeitet werden sollte.
Soviel ist mir zunächst dazu eingefallen
lg
hginsomnia
ein interessanter Text ...
... an einigen Stellen würde ich kürzen.
Greta hat geschrieben:Aber da war immer etwas
Das mir die Sicht nahm
Eine Art von Trostlosigkeit
Dieses Gift das die Schwermut zuweilen verströmt
Diese Zeilen würde ich ersatzlos streichen. Hier drängt sich meines Erachtens das ohnehin Erkennbare zu sehr auf, zumal die Sichtverhältnisse in der folgenden Strophe erneut behandelt werden. Endete diese hier auf 'dreizehnten Stock', würde sie den Drive des Unbestimmten hinzugewinnen.
Greta hat geschrieben:Kein Schritt ohne die Richtung zu ändern
Hier würde ich die Schritte entfernen, also 'Tage an denen ich alles rückwärts las / Ohne die Richtung zu ändern / Vom Nirgendwo ins Nichts.' Der elliptische Satz mit 'kein Schritt' überbetont meiner Meinung nach das offensichtlich Vorhandene. Zudem würde ich 'zum Nichts' vorziehen, um die Zeile kongruent zu den Vorherigen zu machen.
Greta hat geschrieben:Ich war so weit entfernt von der Weitsicht
Hier gefiele mir ein dynamischer Satz besser als der statische, etwa 'Ich entfernte mich so sehr von der Weitsicht'. Weit von der Weitsicht entfernen behagt mir in der Doppelung nicht so sehr, auch wenn ich das Spiel darin erkenne - sehr subjektiv gefärbte Meinung hier, aber zurück: Die Dynamik des Entfernens auf den dreizehnten Stock in der Folgezeile übertragen skizziert mit der implizierten Bewegung und also Handlung eine übergeordnete Entwicklung und nicht nur eine Situationsbeschreibung.
Greta hat geschrieben:Das verlieh mir den Atem für weitere sechsundzwanzig Jahre
Vier unbegrenzt hoffnungsvolle Stühle
Zwischen diesen beiden Zeilen würde ich einen Absatz einfügen, um dem Text etwas zu strukturieren; Tischbeschreibung - sechsundzwanzig, sechsundzwanzig - Tischbeschreibung.
Die Anmerkungen bedeuten hier nicht, dass mir der Text nicht gefällt. Ich empfinde ihn im Gegenteil als flüssigen Text mit poetischer Bildhaftigkeit, der meiner Meinung nach lediglich an einigen Stellen noch etwas nachgearbeitet werden sollte.
Soviel ist mir zunächst dazu eingefallen
lg
hginsomnia
Re: Die Tischdecke
liebe/r hginsomnia,
vielen Dank für diesen ausführlichen Kommentar und Deine Vorschläge. Glaub mir, ich habe über jeden einzelnen nachgedacht, ich habe sie ausprobiert. Sie sind alle nachvollziehbar, aber sie würden das Gedicht (vielleicht sogar besser machen) aber zu etwas ganz anderem, als dem, was es jetzt ist, für mich ist. Ich brauche die Sprechphasen, auch wenn sie möglicherweise etwas übererläutern, ich brauche die Schritte, die sich ja durchaus vom Denken unterscheiden (können), ich brauche die Passivität meines lyrischen Ichs, weil ich es nicht anders denken und schreiben kann, ich brauche den Zusammenhalt der letzten Strophe, weil all das zusammengehört und keinen Bruch verträgt und ich freue mich sehr über derartige Kommentare, die mir das alles klar machen.
Viele Grüße
Greta
vielen Dank für diesen ausführlichen Kommentar und Deine Vorschläge. Glaub mir, ich habe über jeden einzelnen nachgedacht, ich habe sie ausprobiert. Sie sind alle nachvollziehbar, aber sie würden das Gedicht (vielleicht sogar besser machen) aber zu etwas ganz anderem, als dem, was es jetzt ist, für mich ist. Ich brauche die Sprechphasen, auch wenn sie möglicherweise etwas übererläutern, ich brauche die Schritte, die sich ja durchaus vom Denken unterscheiden (können), ich brauche die Passivität meines lyrischen Ichs, weil ich es nicht anders denken und schreiben kann, ich brauche den Zusammenhalt der letzten Strophe, weil all das zusammengehört und keinen Bruch verträgt und ich freue mich sehr über derartige Kommentare, die mir das alles klar machen.
Viele Grüße
Greta
-
- Orpheus
- Beiträge: 267
- Registriert: 04.01.2004, 19:30
Re: Die Tischdecke
Hallo Greta.
Die erste Strophe ist toll.
Die zweite Strophe ist gut.
Die dritte Strophe ist stark redundant, d.h. weniger gut.
Die vierte Strophe ist m.E. zu resümierend.
Und das...
... würde ich ganz weglassen. Weil du hier genau das "sagst", was du im Rest des Gedichtes mehr als deutlich beschreibst. Es ist also vollkommen unnötig die Worte Schwermut, Trostlosigkeit, Melancholie oder ähnliches im Gedicht auftauchen zu lassen. Ich meine, nichts gegen diese Worte, aber deine Beschreibungen gefallen mir besser.
Dann vielleicht mehr mit echten Wiederholungen arbeiten, damit erkennbar ist, dass das Absicht/Methode ist. So wirkt es eben einfach unwillkürlich wiederholend, sprich: redundant.
Und die erste Strophe ist ganz große Klasse!
Verbindlichsten Gruß,
H. Eiter
Die erste Strophe ist toll.
Die zweite Strophe ist gut.
Die dritte Strophe ist stark redundant, d.h. weniger gut.
Die vierte Strophe ist m.E. zu resümierend.
Und das...
Eine Art von Trostlosigkeit
Dieses Gift das die Schwermut zuweilen verströmt
... würde ich ganz weglassen. Weil du hier genau das "sagst", was du im Rest des Gedichtes mehr als deutlich beschreibst. Es ist also vollkommen unnötig die Worte Schwermut, Trostlosigkeit, Melancholie oder ähnliches im Gedicht auftauchen zu lassen. Ich meine, nichts gegen diese Worte, aber deine Beschreibungen gefallen mir besser.
Ich brauche die Sprechphasen, auch wenn sie möglicherweise etwas übererläutern, ich brauche die Schritte, die sich ja durchaus vom Denken unterscheiden (können), ich brauche die Passivität meines lyrischen Ichs
Dann vielleicht mehr mit echten Wiederholungen arbeiten, damit erkennbar ist, dass das Absicht/Methode ist. So wirkt es eben einfach unwillkürlich wiederholend, sprich: redundant.
Und die erste Strophe ist ganz große Klasse!
Verbindlichsten Gruß,
H. Eiter
Re: Die Tischdecke
die erste strophe ist klasse. bei der zweiten wär für mich nach /trostlos/ pause. die dritte würde ich verdichten. vielleicht ein ansatz:
Es gab Tage da (konnte ich den Himmel nicht erkennen)/sah ich den himmel nicht
Tage an denen ich (alles) rückwärts las
Kein Schritt ohne (die) Richtung/sänderung (zu ändern)
Vom nirgendwo ins Nichts
(Ich war) so weit entfernt von (der) Weitsicht
Wie der dreizehnte Stock
Vo(n seine)m (zu)künftigen Glück
die vierte strophe löst mir zuviel an wunschdenken auf, bietet -wenn ich dich da nicht mißverstehe- auch mit weniger die entsprechenden möglichkeiten und hätte mit /zurück/ das ende, das ich mir wünsche:
Manchmal (habe ich geglaubt fliegen zu können)/ glaubte ich schon zu fliegen
Aber dann fiel mein Blick auf die Stühle
Auf die Narben (des)/im Tisch(es)
Das hielt mich zurück
der Greta liebe grüsse
vom Riemsche
Es gab Tage da (konnte ich den Himmel nicht erkennen)/sah ich den himmel nicht
Tage an denen ich (alles) rückwärts las
Kein Schritt ohne (die) Richtung/sänderung (zu ändern)
Vom nirgendwo ins Nichts
(Ich war) so weit entfernt von (der) Weitsicht
Wie der dreizehnte Stock
Vo(n seine)m (zu)künftigen Glück
die vierte strophe löst mir zuviel an wunschdenken auf, bietet -wenn ich dich da nicht mißverstehe- auch mit weniger die entsprechenden möglichkeiten und hätte mit /zurück/ das ende, das ich mir wünsche:
Manchmal (habe ich geglaubt fliegen zu können)/ glaubte ich schon zu fliegen
Aber dann fiel mein Blick auf die Stühle
Auf die Narben (des)/im Tisch(es)
Das hielt mich zurück
der Greta liebe grüsse
vom Riemsche
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