Wie findet ihr mein gedicht?

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Smile
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Wie findet ihr mein gedicht?

Beitragvon Smile » 04.07.2003, 21:56

Hier ist ein Gedicht, das ich im Mai 2002 geschrieben habe. Es wurde dann durch unsere Stadtbücherei zum vorgegebenen Thema Veränderungen veröffentlicht. Ich würde gerne mal erfahren, wie ihr das Gedicht findet.

Veränderungen

Veränderungen
gab es schon viele.

Veränderungen,
die das Leben vereinfachen.

Veränderungen,
die die Welt immer mehr zerstören.

Veränderungen
Jeden Tag
und keine kann je
zurückgenommen werden.

smile
Die Summe unserer Erkenntnisse besteht aus dem, was wir gelernt und dem, was wir vergessen haben.

Hamburger
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Re: Wie findet ihr mein gedicht?

Beitragvon Hamburger » 05.07.2003, 02:36

Hallo Smile!

Ich kann mit diesem Gedicht auf der rein inhaltlichen Schiene überhaupt nichts anfangen. Es ist viel zu allgemein. "Veränderungen", das ist eine so allgemeine Kategorie, meiner Meinung nach untauglich für ein Gedicht. Das Gedicht wird durch die Benutzung dieses Begriffes viel zu inkonkret. Es berührt mich daher in keiner Weise. Der Text will eher dozieren, allgemeingültige Aussagen treffen. Er bleibt jedoch völlig im Banalen hängen: Es gibt viele Veränderungen auf der Welt, mal gute, mal schlechte und man kann sie nicht mehr zurücknehmen.
Einzig und alleine der letztere Teil wäre interessant, wenn man ihn genauer unter die Lupe nehmen würde. Klar können wir vergangene Handlungen nicht mehr rückgängig machen, aber wir können die Konsequenzen vergangener Handlungen durch neue Handlungen versuchen zu beeinflussen. Anhand dieser Thematik liesse sich durchaus eine interessante Diskussion aufziehen. Aber dazu sagt das Gedicht eben nichts und einach nur ins Leere hineinspekulieren möchte ich nicht.
Um Bildersprache bemüht sich dieses Gedicht ebenfalls nicht. Kein einsamer alter Rollstuhlfahrer tanzt nachts in einer Kreuzberger Bar Tango - so wie bei Spiderman in "Das Herz schlägt". Schnüff. Was ich sagen will: Du verschlüsselst nichts. Du bedienst dich ausschliesslich nichtssagender Floskeln. Ich möchte das Gedicht nicht zerpflücken, deshalb nur ein Beispiel...


"Veränderungen gab es schon viele"


Sicher. Und "Zukunft ist morgen." Solche Aussagen berühren nicht. Sie sprechen mich weder intellektuell noch emotional an.

Der Leser muss nicht mehr selbst denken. Er kann 1:1 das unterschreiben, was da steht. Aber was da steht bereichert sein eben nicht. Es ist nur die Wiederholung des bereits 1000mal Gesagten.
Nur der letzten Aussage kann der Leser etwas entgegen stellen, was aber den Mängel nicht abstellt, dass du diese Aussage nicht reflektiert hast.

Tipp: Lies dir mal mein Gedicht "Die Verbannung" durch. Ich würde nicht sagen, dass ich damit nicht etwas Bestimmtes ausdrücken wollte, aber es ist irgendwie im Allgemeinen untergegangen. Dieses Gedicht war sehr ambitioniert und ich habe sehr lange daran gearbeitet, aber es ist zu inkonkret und zu beliebig, um den Leser wirklich fesseln zu können. Ich spreche in diesem Gedicht vom "Nichts". Ich habe da genau den selben Fehler gemacht wie du. Ich habe ein grosses Wort (nicht nur eines) benutzt ohne es zu spezifizieren - wodurch es zur leeren Hülle wurde. Daher macht dir hoffentlich meine Kritik nicht viel aus - denn ich bin weit davon entfernt auch nur annähernd gute Gedichte zu schreiben.

Zu Form kann ich nicht so viel sagen. Da bin ich einfach schwach auf der Brust. Die ersten drei Aussagen verlängern sich ständig. Das passt auch von den Silben nicht. Du benötigst immer mehr Silben und auch mehr Wörter nach dem Begriff Veränderungen". Das wirkt sich beim Lesen aus. Ich finde, die ersten drei Aussagen lesen sich unrhythmisch. Deshalb wirkt der Bruch des Rythmus` am Schluss auch nicht mehr überzeugend.

MFG,

Hamburger
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Re: Wie findet ihr mein gedicht?

Beitragvon Lanura » 18.07.2003, 10:26

Hi smile!

Veränderungen gibt es und wird es immer geben!
Veränderungen
Jeden Tag
und keine kann je
zurückgenommen werden.


Aber das hast du ja mit deinen letzten Zeilen ausgedrückt! Mir persönlich fehlt etwas der Kern. Du wiederholst immer das Wort "Veränderung" aber was genau verändert sich?
Man hätte etwas es Provokanter schreiben können, aber das ist nur meine Meinung. ;-)

Lieben Gruss
Lanu
Sag nicht alles, was du weißt, aber wisse immer, was du sagst.

(Matthias Claudius, dt. Dichter, 1740-1815)


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