~Frei~

Du schreibst Gedichte? Laß sie nicht in einer Schublade verschimmeln! Menschenbeifall wirst Du hier finden, aber auch Kritik und Rat.
Lanura
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~Frei~

Beitragvon Lanura » 13.07.2003, 06:53

Sie steht auf dem Berg nah dem Abhang
das Grün erstreckt sich unter ihr
sehnsüchtig fällt ihr Blick ins Tal

Ihre Kleider fallen zu Boden
die Sonne wärmt ihren nackten Leib
kurz scheint sie dem Gesang der Vögel zu lauschen

Sie breitet ihre Arme aus
als wolle sie die Welt umarmen
doch sie kann sie nicht greifen

Den Kopf in den Nacken legend
beugt sie sich vor
springt von dem Rand der Berges ab

Ihr zarter Körper
gleitet wie ein Blatt durch die Luft
leicht gewogen vom Wind

Sie schließt genießend die Augen
sich dem Element hingebend
scheint sie zu träumen

Immer weiter führt sie der Weg hinab
Je tiefer sie fällt desto schneller wird ihr Fall
leise hört man ihr Jauchzen

Kurz vor der Wiese im Tal endet ihr Fall
doch statt hart aufzukommen scheint sie etwas zu halten
sie schwebt vom Wind getragen über dem Boden

Ihre Augen öffnend
hebt sie den Blick strahlend zum Berg empor
langsam setzt sie mit den Füssen auf

Sie streicht ihr Haar aus dem Gesicht
Glückliche Tochter des Windes
Wild und frei ohne Angst dabei
Sag nicht alles, was du weißt, aber wisse immer, was du sagst.

(Matthias Claudius, dt. Dichter, 1740-1815)

vogel
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Re: ~Frei~

Beitragvon vogel » 04.08.2003, 19:59

Hallo !

ein Mädel steht am Abhang, lässt ihre Kleider fallen - und springt runter. und bevor sie aufschlägt, wird sie von Geisterhand aufgefangen ... nagut ..

ich hab lange, lange überlegt, was mir dieses Gedicht eigentlich sagen will ... an sich ist es ein schönes Gedicht, vom Thema her zwar nicht mein Fall, aber es ist dir doch gut gelungen ... doch das ganze Bild wird am Schluß durch die letzte Strophe gestört ::
Sie streicht ihr Haar aus dem Gesicht
Glückliche Tochter des Windes
Wild und frei ohne Angst dabei
Fragezeichen ! erstmal finde ich den Reim Wild und frei ohne Angst dabei hier alles andere als passent, irgendwie lächerlich zu diesem Thema (der REim an sich is ja schön, aber passt ihr nich rein ...) und warum baust du eigentlich zu Schluss noch nen Reim ein ? hm, wolltest du nen Schlußfolgerung ziehen (mit der ganzen Strophe) ? dann is es aba ne schlechte ... nur weil sie vom Berg springt is sie in meinen Augen nich wild ... und frei schon garnicht ... warum is sie ne glückliche Tochter des Windes ? das macht das ganze irgendwie noch irrealler als es schon is ...
die letzte Strophe hinterlässt bei mir son negativen, bitteren NAchgeschmack ...

auch die vorletzte Strophe is so seltsam ::
Kurz vor der Wiese im Tal endet ihr Fall
doch statt hart aufzukommen scheint sie etwas zu halten
sie schwebt vom Wind getragen über dem Boden
den mittleren Satz finde ich nich gut, er ist viel zu lang, auch scheint sie etwas zu halten, is doof ... wird sie nun gehalten oda net ?
zumal sonst hast du immer schöne Zeilensprünge in den Strophen und bei dieser Strophe (und auch bei der letzten) fehlt mir das ...

aber sonst, gefällt mir das Gedicht, aber wie gesagt, das Thema is nicht mein Fall. ich finde hier schön, dass dieses sich fallen lassen und gut aufgehoben sein gut rüberkommt - wenn für meinen Geschmack, was an manchen Stellen zu übertrieben wirkt ..
is meine MEinung ..

liebe Grüße
kleinervogel

PS : warum heißt das denn jetzt ~frei~ ?
Freiheit heißt nicht, nicht das tun zu können, was man will, sondern nicht das tun zu müssen, was man nicht will ...
Mein Ich ist ein Pfogel aus Metall, doch Du hast ihn berührt und beschützt.

Lanura
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Re: ~Frei~

Beitragvon Lanura » 05.08.2003, 00:31

Hallo Kleiner Vogel!

Ich finde den Text gut so wie er ist und das genau aus mehreren Gründen! :-D

Sie steht auf dem Berg nah dem Abhang
das Grün erstreckt sich unter ihr
sehnsüchtig fällt ihr Blick ins Tal


Man könnte sagen sie ist an ihrem Ziel angekommen vielleicht eine schöne Beziehung
Alles ist schön wunderbar und toll und sie sieht zu ihm, hier das Tal.

Ihre Kleider fallen zu Boden
die Sonne wärmt ihren nackten Leib
kurz scheint sie dem Gesang der Vögel zu lauschen


Ihre Kleider fallen zu Boden, plötzlich steht sie nackt da nichts schützendes um sie herum
nun vielleicht ein unbehagliches Gefühl für sie, vielleicht hat sie probleme mit dem nackt sein. Aber die Sonne macht ihr mut auch die Vögel.

Sie breitet ihre Arme aus
als wolle sie die Welt umarmen
doch sie kann sie nicht greifen


ich denke die strophe spiegelt ihre Gefühle gut wieder, sie will etwas festhalten etwas was nicht greifbar und zum festhalten bestimmt ist. Die Liebe

Den Kopf in den Nacken legend
beugt sie sich vor
springt von dem Rand der Berges ab


Sie zögert noch doch beginnt sie zu vertrauen, sich und ihm, sie versucht sich fallen zu lassen.


Ihr zarter Körper
gleitet wie ein Blatt durch die Luft
leicht gewogen vom Wind

Sie schließt genießend die Augen
sich dem Element hingebend
scheint sie zu träumen

Immer weiter führt sie der Weg hinab
Je tiefer sie fällt desto schneller wird ihr Fall
leise hört man ihr Jauchzen


Beschreibt, wie sie sich immer besser fühlt, erst zögerlich hinterher jauchzt sie sogar.
Sie wird sicherer.


Kurz vor der Wiese im Tal endet ihr Fall
doch statt hart aufzukommen scheint sie etwas zu halten
sie schwebt vom Wind getragen über dem Boden


das was sie erwartet passiert nicht, sie wird nicht fallengelassen sondern gehalten
das überrascht sie

Ihre Augen öffnend
hebt sie den Blick strahlend zum Berg empor
langsam setzt sie mit den Füssen auf


Sie streicht ihr Haar aus dem Gesicht
Glückliche Tochter des Windes
Wild und frei ohne Angst dabei


Sie sieht letztendlich ihren „fall“ zurück hoch zum Berg.
Sie ist in dem Tal angekommen, bei ihm.
Sie ist durch den „Fall“ selbstsicherer und noch näher bei ihm.
Vertrauen in sich und ihm sind noch stärker geworden!

Sie ist wild und Frei...ohne Angst dabei denn sie sah ihrer Angst, das fallenlassen was für eine Beziehung wichtig ist, ins Auge!

Ach und glückliche Tochter des Windes spiegelt hier wieder "Frei wie der Wind", deshalb erwähnte ich sie als seine Tochter!

So ich hoffe dir ist der Text nun klarer ich meinte nicht das stumpfe fallen lassen von irgendeinem Berg… ;-)

Lieben Gruß :-))
Steph
Sag nicht alles, was du weißt, aber wisse immer, was du sagst.

(Matthias Claudius, dt. Dichter, 1740-1815)


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