FRÜHSCHICHT, OFFENE TERRASSE

Du schreibst Gedichte? Laß sie nicht in einer Schublade verschimmeln! Menschenbeifall wirst Du hier finden, aber auch Kritik und Rat.
Hieranonuemus
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FRÜHSCHICHT, OFFENE TERRASSE

Beitragvon Hieranonuemus » 05.01.2004, 17:13

Schräge Schatten an der Wand –– die Lamellen Licht –
im Rücken der Flasche brechen sich Balken, quer,
in das Zimmer geschoben, die Sonne, draussen, kann sein
ein Spatz, der landet, in einem Herbst –– das schwarze
Feuerzeug, mit blauen Streifen, daneben Gläser, Flaschen
geparkt auf dem Tisch, der Ascher und, dazwischen
leere Kippenschachteln geöffnet, Teile Folie, Trümmer,
die reisen vor den müden Augen, ein Blatt draussen,
das Wetter: bewölkt, darunter Paperteile, die angebrannten
Reste einer Panzerschlacht –– mit Tabakkrümeln ist,
mit Asche eine Linie hier gezogen, ein einziges Lindenblatt,
über dem Ascher die Biene, rotiert, die ausgedrückten
Toten, die Kippen, rotiert, darunter Gläser, Flaschen, und wirft
ein Helikopter Asche über den abgebrannten Tisch, rotiert.
a lovely bird is The elephant

Spiderman
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Re: FRÜHSCHICHT, OFFENE TERRASSE

Beitragvon Spiderman » 06.01.2004, 15:52

Meine Fresse, Hieranonymus, im Jahr 2004 möchstes Du wohl den Spezialpreis in der Kategorie "Sperrige Lyrik für Fortgeschrittene" gewinnen. Dabei kommt mir die beschriebene Szenerie sehr bekannt vor und irgendwie paßt dieser Stil auch zu einer verkaterten Nacht: die visuellen Eindrücke, die Bilder bleiben Bruchstückhaft, am Detail haften und fügen sich in der Gesamtschau zu einer verschwommenen Fotografie.

Was sind "Paperteile"? Papierteile?

Egal. Auf alle Fälle schön von Dir zu lesen!

Gruß

Spidey
Die nette Lyrik-Spinne von nebenan!

gelbsucht
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Re: FRÜHSCHICHT, OFFENE TERRASSE

Beitragvon gelbsucht » 30.01.2004, 19:12

Hallo Norbert.

Ein abgebrannter, verkaterter Montagmorgen, ein zähes Erwachen im Spätherbst, das natürliche Chaos einer Junggesellenwohnung ... sehr anschaulich das Ganze, aber auch wieder sehr verschachtelt und sperrig. Gefällt mir sehr gut.

Gleichwohl ich endlich mal wissen möchte, was es mit diesen syntaktisch-verqueren Collagen auf sich hat. Abgebrochene, eingeschobene, zerstückelte Sätze, manchmal nicht mal Sätze, sondern Satzteile, Bruchstücke, Einzelteile, Schnipsel, widerspenstige, irreführende Kommata, umgestellte Verben. Beispielsweise:
mit Tabakkrümeln ist,
mit Asche eine Linie hier gezogen

Wo es korrekterweise ungefähr so heißen müsste:
mit Tabakkrümeln, mit Asche
ist eine Linie hier gezogen

Es sind manchmal nur geringfügige Veränderungen, mit umso größerer, perplexer und die Gewohnheit des Sprachgebrauchs herausfordernder Wirkung. Manchmal hat man den Eindruck du schreibst erst ein ganz normales Gedicht auf ein Papier, nimmst dann eine Schere zur Hand, um es in seine syntaktischen Einzelteile zu zerlegen und darauf wieder ganz neu zusammenzufügen. Sehr eigen das ganze.

Aber sie werden mir doch immer vertrauter deine Gedichte, so gewöhnungsbedürftig sie auch sind.

;-) gelb :-)
"Ein Kluger bemerkt alles - ein Dummer macht über alles eine Bemerkung." (Heinrich Heine)

Hieranonuemus
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Re: FRÜHSCHICHT, OFFENE TERRASSE

Beitragvon Hieranonuemus » 03.02.2004, 14:29

Thanks Euch Beiden.

Ich brauch noch ein Bisschen, um eine genaue Antwort zu formulieren. Die Frage nach der Syntax ist der Knackpunkt;
aber ich möchte keine adhoc Antwort geben.

Sperrige Lyrik. Yeahhh. Ist wohl gerade ein Spiel von mir. Verwirrung/Wahrnehmung.

Gut gelaunt,

Norbert
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