Schreibwettbewerb: Europa

Du schreibst Gedichte? Laß sie nicht in einer Schublade verschimmeln! Menschenbeifall wirst Du hier finden, aber auch Kritik und Rat.
[) i r k
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Schreibwettbewerb: Europa

Beitragvon [) i r k » 29.11.2011, 18:25

Liebes Forum, liebe Besucher,

jeden Tag werden wir mit neuen Krisenmeldungen bombardiert: Bankenchaos, Griechenpleite, Rettungsschirme, Kreditklemme, Staatsschulden, Kapitalflucht, Ratingagenturen, Inflationsbekämpfung, Sparpakete, Milliardenlöcher und überhaupt: Wer wird die "Wetten dass..."-Nachfolge antreten? Wir sind besorgt. Diese anhaltend schlechten Nachrichten könnten sozusagen zu einer Herabstufung unserer europäischen Identität führen. Denn nicht alles ist reduzierbar auf Soll und Haben, oder doch?

War da nicht noch was?

Zum Abschluss dieses finanzmarktgebeutelten Jahres möchten wir deshalb einen kleinen Schreibwettbewerb zum Thema EUROPA veranstalten. Weiter machen wir euch keine inhaltlichen Vorgaben. Auch europakritische Beiträge sind natürlich zugelassen. Erlaubt sind sowohl Gedichte und Prosa zum Thema. Mehrere Beiträge pro Person sind ebenfalls okay. Wer teilnehmen möchte, poste bitte den Text einfach in dieses Thema, wo alles gesammelt wird.

Den Gewinner des Wettbewerbs honorieren wir mit einem Gutschein über EUR 100,-- beim Internethändler seiner eigenen Wahl. Wir behalten uns allerdings auch vor, bei Bedarf den Preis auf zwei Personen aufzuteilen, d.h. die zwei ersten Plätze erhalten dann jeweils einen Gutschein über EUR 50,--. Rechtsweg und Linksverkehr sind ausgeschlossen.

Die Jury besteht aus Hamburger und [) i r k.

Der Einsendeschluss ist der 1. Januar 2012. Die Gewinner geben wir bis spätestens Ende Januar 2012 bekannt.

Wir sind gespannt auf euren Blick auf Europa!

Herzlichen Gruß,
[) i r k

anton
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Re: Schreibwettbewerb: Europa

Beitragvon anton » 03.12.2011, 17:18

Europa

Eruopa und keine Ende,
wie wäre es mit einer Wende,
schon der Anfang war ne Qual,
es war wohl nicht die beste Wahl,
viele Länder, viele Meinungen,
führen nicht gleich zu Vereinigungen,
jeder machte es nach eigenem Drang,
nun ist das Baby Europa krank,
die ersten scharfen Winde,
verschnupften das Europa-Kinde,
dabei weiß es ein jeder Mann,
zieht eure Kinder wärmer an,
Schnupfen kostet nicht das Leben,
muss man nur die rechte Medizin geben,
das ist nicht anders im Europa-Land,
wünschen den Mächtigen eine gute Hand.

anton

shuya
Prometheus
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von der Geschichte der Anmut oder Hiroshima, mon amour

Beitragvon shuya » 03.12.2011, 22:23

von der Geschichte der Anmut oder Hiroshima, mon amour
gedicht, bericht & kommentar

eins

die anmut der geschichte
ist nicht von der hand zu weisen
so fließt dröge und mäandernd
ein mythos in den nächsten

ich sehe fotografien und gemälde
von den malern, wie sie von der decke schweben
den spanischen soldaten, sie sprühen sprüche auf wände
an der verlassenen barracke steht an eine tür
geschrieben, mad dogs: israel, vietnam
in anmut, die geschichte
platon, glaube ich, war krank
familie goebbels mit dem schierlingsbecher
die jahre ziehen die vögel hinter sich her
über die himmel der erde, mit plastik in den mägen
mit öl im gefieder

wir sehen die abgegriffenen türklinken
der regierungspaläste, an denen sich das profil
der hände abreibt, täglich
jagen die nachrichten einander
in den gleichmut der geschichte
atmen wir uns frei von dieser drückenden last
jener verdichtungen der demographie
nach der die altbauten, die kirchen und die höfe
von den abrissbirnen des wirtschaftswachstums
die erde unseres kontinents mit staub aufschütten

die geschichte von der anmut,
zwischen paladio und himmler,
dem offenen brustkorb der architektur
und den monumenten gegen die angst
die angst zu verschwinden im maelstrom
oh trotzende anmut,
tschernyschewskis frage auf den lippen:
was tun?

was tun wenn
aus den französischen panzerluken die lächelenden köpfe,
am kapp, wo man die grenze zu kaufen gedenkt
um der einwanderung, den schiffen, den schiffen
der goldgläubigen afrikaner einhalt zu gebieten
dankt die lokale waffenlobby uns
um jede neue angst und jede neue panik
bis sich der brustkorb der architektur,
die angst, die angst zu verschwinden
im maelstrom, wieder schließt
die anmut eines igels
der seinen körper ballt
einer hand, die nichts mehr bauen wird
was tun?


zwei
'tu n'as rien vu à hiroshima'
du hast nichts gesehen, in hiroshima
auf beiden augen blind
zartes frankreich, bittersüßes deutschland
und euer dangerflirt mit dem neuen exorzismus
der die geister der kultur
aus dem gedächtnis treiben soll
dass ihre alten bauten und ideen sich fremd anfühlen mögen

quietschvergnügt die entwicklungshelferlächler
auf den staubsanierten straßen der abgerateten nationen
deren zinssatz munter steigt
und von der lehre, aus dem kalten krieg
dass sich konflikte heute, vor fremden häusern auszutragen haben
vor denen man dann kisten voll
cornflakes und voll aspirin
vergessen liegen lässt

und wie die usa mit der nato
haltet ihr es mit der union
es tobt ein angriffskrieg im innern
nach dem ihr griechenland
und portugal, eben die nur vorneweg
und ein battalion andrer hinten dran
mit lohndumping und billigexport
in den ruin getrieben habt

der neue exorzismus der europäischen währungsunion
der neue marshall-plan, es wirkt
als sei von vornherein
klar gewesen, für manche
dass die einigung auf zeit, das hohle versprechen von sicherheit
eine wirtschaftsfalle war
aus der abhängigkeiten entstehen, von denen ihre opfer sich
auch auf jahre nicht mehr werden frei kämpfen können.

du hast nichts gesehen, in hiroshima
sagt alain renais japanischer akteur
zum französischen gegenpart des films
und doch ; sie berichtet weiter
die hitze von tausend sonnen auf dem platz des friedens
die hitze von tausend sonnen auf dem platz des friedens

[) i r k
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Re: Schreibwettbewerb: Europa

Beitragvon [) i r k » 03.12.2011, 22:43

Wie dankbar ich immer über die ersten Beiträge bin! :-)
Denn ich hatte schon die Befürchtung, dass Thema ist zu abstrakt oder zu abgelutscht.

Herzlichen Dank an euch beide. Das ist ein wirklich vielversprechender Auftakt.

Herzlichen Gruß,
[) i r k

schreiberling
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Re: Schreibwettbewerb: Europa

Beitragvon schreiberling » 09.12.2011, 17:06

Arme Europa,

warum soll ich, kleines Licht Kritik verwenden,
bei einem Kontinent, dem doch
von lauter Kritik das Fell schon brennt?

Warum nicht Lob auf alle Retter
dieses Teils der Welt,
oder ein Lob auf einen wunderschönen Kontinent,
der schließlich doch durch Menschenhand
fällt,
wie ein Baum?

Keine Kritik, eine Tat,
ein Wort für Europa, die Schöne!
Ein Wort der Sanftheit, Sanftmut,
das übertönt
ewiges, kritisches Gestöhne!

[) i r k
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Re: Schreibwettbewerb: Europa

Beitragvon [) i r k » 10.12.2011, 14:43

Danke, schreiberling, für deinen Beitrag.

Liest sich wie ein erster Entwurf, daher der Hinweis: Du kannst deinen Beitrag auch gern bis zum Stichtag nochmal überarbeiten, erweitern oder darin ein paar Rechtsschreibfehler beseitigen. ;-)

Herzlichen Gruß,
[) i r k

schreiberling
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Re: Schreibwettbewerb: Europa

Beitragvon schreiberling » 11.12.2011, 16:58

Kein Entwurf, genau so sollte es sein, kurz und schmerzhaft, voll von Trauer über einen Kontinent, auf dem es der Vielzahl der Menschen richtig gut geht, die es nicht merken und meutern. Was genau schrieb ich ohne die rechte Schreibung, Komma, oder Zeichen. HILFE, oder HINWEISE wären da echt nett, auch wenn es der Mühe in deinen Augen nicht lohnt für meinen "Entwurf ". Denk nicht ich fühle mich angegriffen, nichts Anderes habe ich erwartet. Ich wollte nur ausdrücken, das es schade ist um unseren Kontinent, das er in einem Licht gesehen wird, das man seinen Reichtum nicht erkennt, nur meckert, nur! Arme Europa?! Verzeih mir meine Fehler und das mir die Kunst des Wortes so abgeht und lehre mich recht zu schreiben, es würde mich freuen. LG

Edekire
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Re: Schreibwettbewerb: Europa

Beitragvon Edekire » 12.12.2011, 14:43

zugvogel

1
weck dich schläferin
weck dich zugvogel
tochter einst
kratzte sie namen in deine
haut legte den
arm um dich
bis die stelle
wieder blank
gescheuert war

jetzt ist sie tot
du hast geschlafen
mit gebrochenen rippen
zerrissen von der hoch
geheizten winterluft

vergessen
von ihrer stimme geträumt
es zogen einst
nach süden gesehnt
zurück wenn ich
verstaubte verstockte
töne reihe während
meine groben alten
hände dich
vorsichtig wecken

2
am zargenstoss
die grenze, treff
punkt, da steht ein name
da treffen wir uns
versetzt
wieviel jahrzente wohl?

habt dort gelagert die gesternte
höhenkalte sommernacht unterm
verglühten karwendel, schwarz
noch ohne gipfelstern
über die grenze
am morgen
und ich drei glühende jahre
geklemmt zwischen
ragenden bergen
lagen die wolken wie ein deckel
habt ihr gesungen

3
kleiner alter vogel offen
gelegt füge ich
loses zusammen
fehlendes hinzu
denke an zwei
ungekannte
sie, der zu ehren du nun
mein großvater
sind es seine hände
meine, tief linierten
der schnitzen und gitarre spielen
und meine oma, ihre unzerbrechliche
liebe die ihn überlebte um
jahrzehnte suchte
in ihren enkeln kindern
lies mir die seine
die deine schwestern sein könnte
als rechtmäßiges erbe

4
und frag dich
in den offenen rücken:
haben sie euch
zwangseingegliedert
völkische lieder
benutze beschmutze
oder wart ihr gelandet
haben ihre kinder
an deinen saiten gezupft
geglaubt
eine zeit lang, vielleicht
wie mein großvater
gesehen durch
die immerliebe meiner oma die
stolze pazifistin
leim dich zu denke
sie sind tot
erinnernd weck ich dich, sing
es zogen einst

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Re: Schreibwettbewerb: Europa

Beitragvon [) i r k » 12.12.2011, 19:38

@Edekire
Klasse, dass du mitmachst! :-)

@Schreiberling
Was genau schrieb ich ohne die rechte Schreibung, Komma, oder Zeichen. HILFE, oder HINWEISE wären da echt nett, auch wenn es der Mühe in deinen Augen nicht lohnt für meinen "Entwurf ".

Die Mühe lohnt immer! Allerdings in diesem Fall ist es ja ein Wettbewerb und ich fände es gegenüber den anderen Teilnehmern etwas unfair, wenn ich dir jetzt helfe. Ich denke, du verstehst das. Zu anderen Texten von dir und außerhalb des Europa-Rahmens werde ich mich dann gern etwas eingehender äußern. :-)

Herzlichen Gruß,
[) i r k

schreiberling
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Re: Schreibwettbewerb: Europa

Beitragvon schreiberling » 13.12.2011, 14:28

Ich bin wohl ein wenig zickig und die Weihnachtszeit schlägt mir auf so ziemlich alles. Das ist natürlich keine Entschuldigung, die kommt jetzt, wenn dann hoffentlich nicht gemobbt wird, bloß weil ich Schwäche zeige.

Natürlich hast du recht, in allem, was du bemerktest und ich, brauchte meine Zeit, brauche sie noch immer, allein, weil ich die unrechte Schreibung nicht finde. Vielleicht ist euer Forum doch eine Nummer zu groß für mich. Hab nicht so viele Lieblingsautoren, Schriftsteller, Dichter, wenig Lieblingsbücher, nur ein Genre, das wohl nicht als intellektuell gilt. Ich mag so unendlich Vieles, was ich las und Autoren, waren die, die ich frevelhafter Weise vergaß.

Ich schreibe zu lang und denke zu kurz, trotz meines "hohen Alters" und gerade jammere ich auch noch! Schluß damit, ich versuche meiner Göttin, meiner so schönen Europa vielleicht doch noch gerecht zu werden, wie euch auch.

Trotzdem werde ich immer ich bleiben, egal wieviel Mühe und Zeit ich mir nehme, von der ich eh zu wenig habe. Ja außerdem find ich es schön bei euch, lustig und ich staune, wie wenig ich verstehe. An wem das wohl liegt? :-(

Na jedenfalls sorry, für den Bock, bin so, aber auch einsichtig UND selbst anspruchslos, deshalb wirkt wohl meine Europa so unvollständig.

Ich jedenfalls schnöckere weiter, auf der Suche nach Lernbarem, Lustigem und einer anständigen Rechtschreibung, die mir scheinbar ab geht :-(

riemsche
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Re: Schreibwettbewerb: Europa

Beitragvon riemsche » 13.12.2011, 20:49

dumme Kuh
_____

Dass er ein in Form erpresstes Euter
dereinst für einen stieren Beutel hielt
hat Vater Zeus Europa jüngst vergeben
auch dass übernächt´gen Opferlämmern
wie üblich brüsselheisse Luft entwich

Die neuen Griechen ziehen sich 300 rein
mehren eine numismatische Gesellschaft
die über alten Götzenbildern pessimiert
sind den Euronen im Zwiebelleder hörig
von Edel Schmelze Schlagbäume entfernt

_____

DerBaum
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Registriert: 13.03.2007, 19:46

Re: Schreibwettbewerb: Europa

Beitragvon DerBaum » 16.12.2011, 07:05

Wir sind Beutetiere


wir retten die haut
der afghanischen frau
in dem wir sie
abziehen
wenn sie darunter
kein kopftuch trägt
ist alles in bester ordnung

wir sind
zynisch
rassistisch und
antisemitisch

wir nennen uns
demokraten
weil man uns so besser
alles abkauft

unsere arroganz
ist grenzenlos
und doch
machen wir die grenzen dicht
wir menschenrechtler
schieben ab und nennen unsere angst
freiheit

[) i r k
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Re: Schreibwettbewerb: Europa

Beitragvon [) i r k » 18.12.2011, 01:00

Und ein Dankeschön an riemsche und DerBaum. :-)

Ich seh schon, die Entscheidung für Ham und mich wird nicht einfach!

Gruß in die Runde,
[) i r k
"du trittst da fast in die fußstapfen des unseligen dr goebbels und seiner zensur und verdammungsmaschine." (Ralfchen)

Kato
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Re: Schreibwettbewerb: Europa

Beitragvon Kato » 29.12.2011, 01:23

versuchsanordnung


sie liegen verstreut.
in den ecken
die
kleider. in
den
koffer
legt sich das kind.

hginsomnia
Klio
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Registriert: 03.09.2009, 05:04

Re: Schreibwettbewerb: Europa

Beitragvon hginsomnia » 01.01.2012, 22:03

zeigst du?

auf dem großen markt
dort wo es heißt
man hänge seine noten
zum trocknen auf
haben sie
den finaltisch aufgestellt

an ihm sitzen die letzten auf
daunensäcken vor den schwarz
weißen welten der kartengrenzen

ein solider spieler erhöht und spielt nun gegen einen fisch

höre ich einen kommentar
des sprechers der
taktstockgesten
lausche dann einem klopfen
unter dem pflaster
unter dem pflaster scheint es nicht

oder nur: es pocht nicht in den venen der steine
die keine herzen haben
es stürbe sich gut auf ihnen doch das sterben
beginnt im ausweis und endet auf den planken

aber: der fisch gewinnt
und mein gesicht spiegelt sich
in seiner sonnenbrille


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