Vergänglichkeit des Barock

Du schreibst Gedichte? Laß sie nicht in einer Schublade verschimmeln! Menschenbeifall wirst Du hier finden, aber auch Kritik und Rat.
Auf Eulen Schwingen
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Vergänglichkeit des Barock

Beitragvon Auf Eulen Schwingen » 26.01.2004, 15:03

Vergänglichkeit des Barock?
( Bei der Lektüre des Andreas Gryphius)

Was sind wir Menschen doch? ein Wohnhaus grimmer Schmerzen /
Ein Ball des falschen Glücks / ein Irrlicht dieser Zeit /
Ein Schauplatz herber Angst / besetzt mit scharfem Leid /
Ein bald verschmelzter Schnee / und abgebrannte Kerzen /
Dies Leben fleucht davon wie ein Geschwätz und Scherzen
Was itzund Atem holt / muß mit der Luft entfliehn
Was nach uns kommen wird / wird uns ins Grab nachziehn /
Was sag ich? Wir vergehn wie Rauch von starken Winden.

.....

Und meintest, das wäre wohl Schwulst, wär Koketterie,
wär sowas von vorbei. // War aber mehr.
War schiefe, schiere Harmonie.

Waren Metaphernkatarakte,
War Totentanzseligkeit,
War Gleichmut,
War Feier körperlicher Liebe,
War Losorgeln, barockes,
War Vergnügen an der Tradition,
War eine Lust zu leben.

Nein, bin nicht nekrophil,
Sag zärtlich Dir ins Ohr:
Was sag ich?
Wir vergehn
wie Rauch vor starcken Winden.
....
aes
(auf!eulen schwingen)

gelbsucht
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Re: Vergänglichkeit des Barock

Beitragvon gelbsucht » 30.01.2004, 19:35

Kurze Nachfrage:

Ist jetzt der komplette Text von dir - oben und unten? Oder ist eines davon ein A.G.-Zitat? Falls letzteres der Fall ist: wäre nett, wenn du Zitate besser kenntlich machst. Zum Beispiel so:
Was sind wir Menschen doch? ein Wohnhaus grimmer Schmerzen /
Ein Ball des falschen Glücks / ein Irrlicht dieser Zeit /

Was bedeuten die Zeichen "/" und "//"? Sind das Vers- und Strophenzäsuren? Wenn ja, warum benutzt du dann diese Zeichen anstatt bequemerweise die Entertaste zu betätigen?

;-) verwirrt und gelb :-)
"Ein Kluger bemerkt alles - ein Dummer macht über alles eine Bemerkung." (Heinrich Heine)

Silentium
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Re: Vergänglichkeit des Barock

Beitragvon Silentium » 30.01.2004, 20:01

*hüstel*

@gelb: Wenn ich kurz intervenieren darf und mich nicht peinlich irre: der erste Text ist ein Teil von "Menschliches Elende" von Gryphius, oder?

@AES: Wenn ich ganz ehrlich bin... ich hab bei G. immer eher den Eindruck, dass er einfach nur jammert. Die Zeiten waren schlecht, wirklich, wirklich verdammt mies, Seuchen, Kriege, et cetera. Das spiegeln für mich die Barockgedichte immer wieder wieder, und zwar geschrieben von denen, die das ganze zwar Beobachteten aber denen es dennoch gut genug ging, dass sie eine gewisse Distanz zu den Dingen hatten, genug Distanz, um etwas damit kokettieren zu können. Und zudem kommt Gryphius am Ende von jedem zweiten Gedicht damit, dass wir am Schluss aber glücklich in der Herrlichkeit Gottes aufgehen werden.

Kurzum:
Ich find bei ihm, in den Gedichten, mein ich, einfach wenig Lust am Leben.

Den Rest deiner glühenden Pro-Barockrede könnte ich getrost unterschreiben, aber konkret Lebensfreude?
... dachte ich bisher. Das ist jetzt keineswegs eine rein rhetorische frage, ich würde es wirklich gern wissen: wo holst du da den Stempel "Lust am Leben" her? Bin gern bereit, mich, Barockskeptikerin aus Gewohnheit, belehren zu lassen.

War Losorgeln, barockes

Hey, verzeih den Anglizismus, aber das Wort "Losorgeln" ist einfach nur cool!
Da läuft der AES dem Greif den Rang ab.
I would go to the Dark Side in a heartbeat if I thought they had better dialog over there.
- Ursula Vernon

Hieranonuemus
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Re: Vergänglichkeit des Barock

Beitragvon Hieranonuemus » 31.01.2004, 14:12

Hallo Jungs,

hab grade nachgesehen - die ersten vier und die letzten ebensolchen von Menschliches Elend. Mit Gryphius würde ich nicht so streng umgehen. Ist schon ganz schön monothematisch zwar, aber
man kann trotzdem davon ausgehen, dass er wusste worüber er schrieb. Auch am eigenen Leib erfahren. Empfehlen kann ich da nur das Gedicht "Grabschrifft Marianae Gryphiae/ seines Brudern Pauli Töchterlin", das geht einfach unter die Haut. Gryphius Nichte ist einen Tag nach Geburt in einer Feuersbrunst umgekommen, die die Stadt (Freystadt) fast völlig zerstört hat. *Labber labber*

Formal klasse und ich habe irgendwie den Eindruck, dass Gryphius wahnsinnig gut mit Konsonanten spielt.

"Nein, bin nicht nekrophil,
Sag zärtlich Dir ins Ohr:
Was sag ich?
Wir vergehn
wie Rauch vor starcken Winden."

Dein Text hat was von Fragmenten. Blätter brennen? Verbrannt schon? Ich denke gerade, es wäre interessant zu lesen, wie sich der Text selbst auflöst, also den Prozess der Fragmentarisierung verfolgen lässt.

"bin nicht nekrophil"

Man stellt sich eine Stimme vor, die gleich einen Song von The Cure singen wird.

Best wishes
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Auf Eulen Schwingen
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Re: Vergänglichkeit des Barock

Beitragvon Auf Eulen Schwingen » 31.01.2004, 16:15

Hm, dear lectors hiero, gelbsucht und silentium mit merlin

Genauer fachsimpeln?

(1) Struktur des Gedichtes:

(a) Einstieg


Beginn mit zentralen Passagen aus Gryphius-Gedicht „menschliches elende“ (Hiero hat einen Hinweis auf ein klasse Nichten Gedicht gegeben), darin vor allem Todesnähe, keinerlei typische Reaktion auf diese Situation, also weder Hedonismus mit „carpe diem“ noch „memento mori“ mit Triebverzicht und Jenseitsorientierung.

Im Barockgedicht die typischen barocken „Virgeln“ (/, //), signalisieren Cäsur.

(b) Sprechsituation und Aufbau

Zwei Jemande:
Das Du in "meintest" wird mit seiner barockkritischen Rede refereriert:

Und meintest, das wäre wohl Schwulst, wär Koketterie,
wär sowas von vorbei. // War aber mehr.
War schiefe, schiere Harmonie.

Vor dem // die Abwertung des Barock als Schwulst, dann die Gegenthese mit Paradox "schiefe, schiere Harmonie"

N.B.

barocco etymologisch vielleicht auf "schiefe Perle" zurückgehend, nicht selten auch mit der Zerrissenheit barocker Gedichte verknüpft: Todesgegenwart durch Pest und Krieg erzeugt Diesseitsorientierung/Hedonismus und gegenläufig Jenseitsorientierung/Triebverzicht.

Es folgen mit "war" Gegenbeobachtungen und Gegentheslein.

Sie münden in eine zärtliche Gegenwart - mit einem Zitat aus dem Gryphius-Gedicht: Todesgedanken und Zärtlichkeitsgenuss und damit überzeitlich-barockes Denken sind
präsent.

( c) Details

Das zentrale Ich referiert in indirekter Rede die barockabwertende Rede seines Gegenübers in einem Konjunktiv II ("wäre" statt "sei"). Das ist einmal halt Normalgebrauch außerhalb gehobener Rede, die Konjunktiv I erfordert. Zum zweiten aber auch Distanzierung von der These des Jemand durch heftigen Konjunktiv. Es lässt sich vorstellen, dass der zweite (zitierte) sprecher präsent ist und im Mittelteil und dem letzten Teil zuhört ...

Im Gryphiusgedicht geht es nicht um Sinnengenuss, das ist richtig, dear silentium, aber im Gedichtlein vom aes geht es um die Bandbreite des Barock: Die Epoche wird in der Überschrift angesprochen. Und die Feier körperlicher Liebe ist im Gegenargumentationsteil erwähnt, nicht aus dem ersten Teil zitierend übernommen, dazu der allgemeinere Hinweis auf die barocke Orgel und ihre Betätigung.

Der letzte Teil ("zärtlich") geht nun in ein zärtliches Zitat der Vanitas-Sätze von Gryphius über und versucht so eine erotische Wärme zu erzeugen, die dem Barock mit seiner Todesnähe sehr nah war

(2) Hedonistische Texte, barock oder barockisierend:

(a) Postmoderne

Mag H.C. Artmann, mag Teile von „Schlafes Bruder“, mag Arno Holz, mag Teile vom Süßkind-Parfüm

Denke, dass in der Postmoderne das Avantgarde-Kriterium nicht mehr alleinseligmachend ist. Also darf man alles machen, Reim, reimlosigkeit, strenge Metrik, nüchterne Sprache,florale sprache, ornamentale Sprache, Kriminalromane wie von Doyle und von Eco un so

(b) Hier ein paar Gedicht-Exempel im Barock-Relaunch

Ist der Frühling dan verronnen/
singt der Sommer/ daß es schallt/
lihblich rauschen kleine Bronnen
durch den grünen Schäffer-Wald.
Kloris steht biß an die Waden
zwischen Moon und Akker-Rhaden/
heymlig ziht mich in den Klee
die erhizzte Dorile!

Arno Holz: Dafnis (Holz-Dafnis, S. 196, anno Domini 1890)


Paul Fleming: Er verwundert sich seiner Glückseeligkeit

Wie mir es gestern gieng / und wie ich ward empfangen
in meiner Freundinn Schoß / weiß Sie nur und nur ich.
Das allerliebste Kind das hertzt' und grüßte mich.
Sie hielte fäste mich / wie Ich sie hart' ümmfangen.

Auf meinem lag ihr Mund / auff ihren meine Wangen.
Offt sagte sie mir auch / was nicht läst sagen sich.
Darümm du / Momus / nicht hast zu bekümmern dich.
Bey ihr ist noch mein Sinn / bey mir noch ihr Verlangen;

O wol mir / der ich weiß / was nur die Götter wissen /
die sich auch / wie wir uns / in reiner Keuschheit küssen.
O wol mir / der ich weiß / was kein verliebter weiß.

Wird meiner Seelen Trost mich allzeit also laben /
mir allzeit also thun / so werd' ich an ihr haben
ein weltlichs Himmelreich / ein sterblichs Paradeiß.


arriverderla

aes

P.S.

Dear silentium, was macht dein "barockes" Weihnachtsgedicht?
aes
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Silentium
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Re: Vergänglichkeit des Barock

Beitragvon Silentium » 31.01.2004, 17:26

Okay, Aes, hast mich überzeugt. Ich bin einfach davon ausgegangen, dass du dich konkret auf den zitierten Gryphiustext beziehst, was wahrscheinlich am Untertitel "Bei der Lektüre des Andreas Gryphius" lag...sorry, Brett vorm Kopf.

...versucht so eine erotische Wärme zu erzeugen, die dem Barock mit seiner Todesnähe sehr nah war


Das schärfste, das ich bisher in der Tod/Erotikverbindung des Barocks gelesen hab, war, glaub ich, auch von G... oder von Fleming, ich weiß es nicht genau, weil ich den Text nirgendwo finde...
Wenn ich das halbwegs richtig im Gedächtnis habe, begann es ungefähr so:
Bald wird der Tod mit seiner kalten Hand
dir um die bleichen Brüste streichen
und der Lippen lieblicher Korall
wird mit der Zeit verbleichen...


...oder so ähnlich.

Die Frage, die mich jetzt wirklich interessieren würde, ist folgende: Hat der Barock ein Urheberrecht auf die Tod/Erotik-geschichte?
Orpheus und Eurydike? Pluto und Proserpina? Isis und Osiris? Waren das nich die Vorläufer dieser Überlegung? Obwohl man Liebe und Erotik da abgrenzen muss. Aber bei Parzifal gibt's da doch so eine Dame, die, als sie trauernd verstirbt, in den Sarg ihres Geliebten gebettet wird? Das ist doch schon mal was...
Was meint ihr? Hat der Barock jetzt ein Patent drauf oder haben die ein schon mal dagewesenes Thema aufgegriffen?

Zum Modernen: ein recht nette Auseinandersetzung mit dem Thema, über die ich zufällig gestolpert bin, ist diese:
http://comics.orf.at/stories/5922/main

Dear silentium, was macht dein "barockes" Weihnachtsgedicht?

Wartet auf Ostern... :-D

Grübelgrüße, Silentium
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Re: Vergänglichkeit des Barock

Beitragvon Auf Eulen Schwingen » 31.01.2004, 21:11

Salute, silentium mit dem merlin und noch zwei felidae

Erst mal der Christian mit der schönen doppeldeutigen Schlusszeile:


Christian H. von Hoffmannswaldau: Vergänglichkeit der Schönheit

Es wird der bleiche tod mit seiner kalten hand
Dir endlich mit der zeit umb deine brüste streichen/
Der liebliche corall der lippen wird verbleichen;
Der schultern warmer schnee wird werden kalter sand/
Der augen süsser blitz/ die kräffte deiner hand/
Für welchen solches fällt/ die werden zeitlich weichen/
Das haar/ das itzund kan des goldes glantz erreichen/
Tilgt endlich tag und jahr als ein gemeines band.
Der wohlgesetzte fuß/ die lieblichen gebärden/
Die werden theils zu staub/ theils nichts und nichtig werden/
Denn opfert keiner mehr der gottheit deiner pracht.
Diß und noch mehr diß muß endlich untergehen/
Dein hertze kan allein zu aller zeit bestehen
Dieweil es die natur aus diamant gemacht.

Christian H. von Hoffmannswaldau: Gedichte aus Neukirchs Anthologie, Bd. 1, S. 27

Und dann noch ein kleines Preislied auf Prosatext-, Essay (Österreich)- und Poemschreiber Silentium:

Was/Wie

Was/Wie Du in Worte gefasst,
das könnte niemand verbessern
Hätt er auch Griffel ganz fein
und viele Worte dazu.

So wünsch ich dir Diener zuhauf
mit Schreibrohr und andrem Gerät.
Was du auch immer schreibst,
ist nicht ertraglos, ist fein.

Es schenke Dir Jahr für Jahr
die Erde das Obst an den Bäumen.
Und es grüne dir schön vollfettes Gras,
das vierzehn trampelnde Böcke nicht schaffen.

Und vierzehn Ziegen dazu
Und Felder von Steinen befreit.
Wenn aber der Winter Dir starrt,
die Flur unter Wächten bedeckt,

so mische die schwarze Nacht
geschickt mit weißlichem Wein.
Den Mischtrunk aber so frisch
kredenze Dir Cupido selbst!


Tod und Mädchen ist schön, da ist so ein Ingmar Bergmann-film auch dahinter bei dem Schachspiel.

Naja, das Tod-Hedonismus-Motiv, da könnte man schrecklich viel sagen: Ich mag die Gedichtesammlung vom Raoul Schrott mit seinen sumerischen Anfängen. Und dann gibt es da einen Catull, puh!

Vivamus, mea Lesbia, atque amemus,
rumoresque senum severiorum
omnes unius aestimemus assis.
soles occidere et redire possunt:
nobis, cum semel occidit brevis lux,
nox est perpetua una dormienda.
da mi basia mille, deinde centum,
dein mille altera, dein secunda centum,
deinde usque altera mille, deinde centum.
dein, cum milia multa fecerimus,
conturbabimus illa, ne sciamus,
aut nequis malus invidere possit,
cum tantum sciat esse basiorum.


Lass uns leben, mein Mädchen, und uns lieben,
Und der mürrischen Alten üble Reden
Auch nicht höher als einen Pfennig achten.
Sieh, die Sonne, sie geht und kehret wieder:
Wir nur, geht uns das kurze Licht des Lebens
Unter, schlafen dort eine lange Nacht durch.
Gib mir tausend und hunderttausend Küsse,
Noch ein Tausend und noch ein Hunderttausend,
Wieder tausend und aber hunderttausend!
Sind viel tausend geküsst, dann mischen wir sie
Durcheinander, dass keins die Zahl mehr wisse
Und kein Neider ein böses Stück uns spiele,
Wenn er weiß, wie der Küsse gar so viel sind.

Vale

aes
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Re: Vergänglichkeit des Barock

Beitragvon Silentium » 01.02.2004, 12:47

Ah... Hoffmannswaldau... danke, irgendwo flüchtig gelesen und zu blöd gewesen, mir den Namen zu notieren und später nimmer gefunden. Catull- ein taktisch klugs Bürschchen war er, hm?

Eulengedichtheraussuchdank:

Der Name des Hoffmannswaldau

Gedicht, das seine–ich hätt es nimmermehr gefunden
Denn weil der Mensch schnell liest und dann vergisst
Und weil die Zeit den einst gelesnen Namen frisst
So war der seine flüchtig-leise gar entschwunden

Nur Silbenteile, Satzschimären blieben mir
von golemgrober, fast entstellter Wortgestalt
wie geisterblass sie waren- boten keinen Halt…
so arg zerlegt, zerstückelt zeigte ich sie her

Und doch, es soll sie geben, nur der Nam bekannt
Der selbst gewählt, dem wahren Namen nicht verwandt
Der fremde Namen spielend-wissend bald schon findet

Und sie dir darlegt, bald erkennt und bald verdichtet
Erklärt dir, warum Silbenschleier sich gelichtet…
bis Merlinkater katzenhungrig unterbindet
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Re: Vergänglichkeit des Barock

Beitragvon Auf Eulen Schwingen » 01.02.2004, 13:10

Sch nurr ...

So nett ...

Und wenn Du magst:

Günther Grass: Das Treffen in Telgte ... das ist der Roman, der mich mal richtig fasziniert hat: So ein Literaturmeeting von Barockdichtern in Telgte, diskutieren und streiten und saufen, Klagenfurt, Gruppe 47 und unser Literaturforum sind in der gleichen Traditionslinie.
aes
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Re: Vergänglichkeit des Barock

Beitragvon Auf Eulen Schwingen » 01.02.2004, 15:24

Salute, carissimi lectores,

andere Fassung .... vielleicht habt ihr Zeit ...?

Hommage an die Vergänglichkeit

I
Wie mir es gestern gieng / und wie ich ward empfangen
in meiner Freundinn Schoß / weiß Sie nur und nur ich.
Auf meinem lag ihr Mund / auff ihren meine Wangen.
Offt sagte sie mir auch / was nicht läst sagen sich.

Kloris steht biß an die Waden
zwischen Moon und Akker-Rhaden.
Heymlig ziht mich in den Klee
die erhizzte Dorile!

Es wird der bleiche tod mit seiner kalten hand
dir endlich mit der zeit umb deine brüste streichen/
Der liebliche corall der lippen wird verbleichen;
der schultern warmer schnee wird werden kalter sand/

Was itzund Atem holt / muß mit der Luft entfliehn
Was nach uns kommen wird / wird uns ins Grab nachziehn /
Was sag ich? Wir vergehn wie Rauch vor starken Winden.

II
Du, Liebste, sagst, Barock
wär´ staubiger Schwulst,
wär´ abgestandene Koketterie,
wär´ sowas von vorbei. // War aber mehr.

War Metaphernkatarakt.
War Totentanzseligkeit.
War Gleichmut.
War Feier körperlicher Liebe.
War Losorgeln, barocco.
War Vergnügen an der Tradition.
War eine Lust zu leben.
War schiefe, schiere Harmonie.

III
Nein, bin nicht,
bin gewiss nicht
nekrophil,
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wie Rauch vor starcken Winden.
aes
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Re: Vergänglichkeit des Barock

Beitragvon Silentium » 01.02.2004, 21:21

Hmgrübelgrübel...

Also, die jetzt um einiges butere Textauswahl ist auf jeden Fall gut. Der Gryphius wirkte irgendwie zu steril, als dass er den nachfolgenden AEStext hätte wirklich rechtfertigen können. Für mich jedenfalls.
Du, Liebeste, sagts, Barock

Das "Liebste"... ich weiß nicht, wenn du da schon Nähe andeutest, dann schächt dass den Schluss "sag zärtlich Dir ins Ohr" vielleicht ab? Den Eindruck habe ich zumindest, weil ein Nahverhältnis der sprecher schon klar ist. Irgendwie wirkt das nicht mehr so liebevoll, auch wenn ich's leider nicht sprachwissenschaftlich begründen kann wie du es vielleicht tätest, vielleicht weil dann auch von Anfang an klar ist, dass der zweite, nur zitierte Sprecher, eine Frau ist, was man sonst erst zuletzt begreift, dann, wenn das LI schon flüstert. ????? (Du bekommst von mir jetzt offiziell dreiundvierzig Fragezeichen, mögest du sie hinter meiner Aussage nach belieben verteilen.)
Außerdem klingt das mit den vier Beistrichen ziemlich abgehackt. Welchen Zweck verfolgst du damit? Nach dem Fließen der Beispieltexte quasi eine sprachliche Cäsur zu setzen? Oder einfach eine Satzbaugegebenheit? (Und noch ein Fragezeichen!)
Ansonsten wie schon bei Fassung 1: klingt wunderbarherrlichschaurigschön

findet Silentium
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Re: Vergänglichkeit des Barock

Beitragvon Auf Eulen Schwingen » 01.02.2004, 22:12

Leuchtet mir ziemlich ein,

thanks!

aes
aes
(auf!eulen schwingen)


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