Opferjustiz

Du schreibst Gedichte? Laß sie nicht in einer Schublade verschimmeln! Menschenbeifall wirst Du hier finden, aber auch Kritik und Rat.
Flocke
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Opferjustiz

Beitragvon Flocke » 09.02.2004, 22:16

Ich weiß, es gab schon mehrere Ordner hier zu dem Thema, aber vielleicht könnt ihr mir genau deswegen sagen, wo es an diesem Text eventuell noch klemmt... :-&


Opferjustiz


Gott
sagt man
straft die Sünden
der Väter
bis ins vierte Glied

damit
niemand vergesse
zwölf deutsche Jahre
niemand vergebe
diesen Schuldigern

und auch
die Ururenkel
noch bezahlen
die Schuld der Ahnen


gez. 2002


Danke schon vorab...
Flocke
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Silentium
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Re: Opferjustiz

Beitragvon Silentium » 12.02.2004, 20:22

Hallo Flocke!

Die Frage, die da aufgeworfen wird, ist eine interessante: Reue-wie lange, verdammt noch einmal?
Ich meine, ich komme mir ja grenzwertig verarscht- verzeih den Ausdruck- vor, wenn ich mich für ein Verbrechen schuldig fühlen soll, das ich nicht begangen habe. Aber was sonst verlangt man von uns mit dieser ewigen Aufarbeiterei? Der Krieg ist ein ungefähr halbes Jahrhundert her! Und trotzdem feiert man Gedenkmessen und entschuldigt sich bei den Opfern und wasweisich.
In finanzieller Hinsicht ist das was anderes: Ich bin sehr wohl der Meinung, das geflauchte Bilder an die Familien der Eigner zurückgegebern werden sollten. Und zwar schon vor langem hätte man das tun müssen. Und mit Entschädigungen- im Fall Österreichs- so lange zu warten, bis nur noch ein Bruchteil der Opfer am Leben ist, ist ja wohl wirklich hirnrissig.
So. Das sind halt die Holocaustüberlebenden, die Kriegsopfer auf allen Seiten kann man ja doch schwerlich entschädigen.
Aber auf der moralischen Ebene- welche Schuld haben wir (Österreich hängt da auch mit drin) da bittedanke noch abzutragen? Haben sich die Franzosen je offiziell für ihren Napoleon entschuldigt? Spanien, Portugal für ihre Südamerikametzelei? England, Frankreich, Holland für Blutbäder in Indien und Afrika? Oder was hat denn der CIA in verschiedensten süd- und mittelamerikanischen Staaten angerichtet, wenn die Gefahr bestand, dass es den Leuten besser gehen könnte und dafür Bananen um ein paar Cent teurer würden? Hat da jemand mordsmäßig Schuldgefühle? Nö... Verjährt, bevor sich jemand aufregen konnte. Aber uns wird man das ewig nachtragen. Tätervolk. Toll. Ach ja, was treiben denn die Israelis grade im geweihten Land? Doch nicht etwa... doch! Tatsächlich! Na so was...
Peinlich! Die Weltbevölkerung ist ein einziges, einheitliches, großes, verbrecherisches TÄTERVOLK! Also, ob ich verbrechen im Namen der Rassenreinheit oder für meine Wirtschaft oder für meinen Geldsäckel oder für Territorialgewinn oder für die Verbreitung meiner Religion begehe, dass ist ja wohl wirklich wurscht.
Und entweder vergibt man endlich den Nachfahren derer, die die zwölf Deutschen Jahre, wie du sie nennst, erlebt haben, oder wir stecken alle mit drin.

So, und jetzt, nachdem ich auf unfairste und voreingenommenste Weise explodiert bin, mal vernünftig was zu deinem Text.

Der Anfang ist nicht schlecht, Bibel zitiert und so. Auch der Rest wirkt nicht übel, aber irgendwie... fehlt mir der Knalleffekt. Es is' einfach so die Gegenüberstellung eines nicht vergebenden Gottes und der Sünde, die nicht vergeben wird. Einfach so eine Feststellung, bei der klar ist, was du davon hältst.
Nur: irgendwas eben, irgendwas, fehlt noch, zur Abrundung, eine besondere Spitze. So wirkt es so... nackig.
Und Atheistin Silentium würde ein "Amen" am Schluss vorschlagen, eine kleine Bissigkeit halt am Schluss.

Nun, du hast es mit deinem Text erreicht, das ich mich über die Weltbevölkerung aufgeregt habe. Was ja schon einmal beweist, das er irgendeinen wunden Punkt trifft.

So, ob das jetzt sehr hilfreich für dich war, wage ich zu bezweifeln, aber mit mehr kann ich im Moment nicht dienen als mit dieser eher wagen es-fehlt-noch-was-Andeutung zu verbleiben. Möge ein gewifterer Kritiker sein Glück versuchen.

Lieben Gruß, Silentium
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Re: Opferjustiz

Beitragvon Flocke » 13.02.2004, 11:18

Dafür, dass du dich schweigsam nennst, lieferst du ziemlich lange Kommentare ab, Silentium. Trotzdem danke für's Lesen und Schimpfen... ;-)

Aber mal im Ernst. Das, was dich so aufregt, war genau das, was mich bewog, dies zu schreiben. Ich weiß nicht, wie es in Österreich gehandhabt wurde, aber bei uns hat man diese "Kollektivschuld" (schon wieder dieses blöde Wort...) schon von klein auf eingetrichtert bekommen. Und irgendwann muß es mal reichen. Oder zumindest ein gewisses Maß an Kritikfähigkeit erreicht sein. Und vor allem müssen dann alle eins auf's Dach kriegen und nicht nur ein Volk, es hat ja wirklich jeder seine eigene Leiche im Keller.
Das Gedicht ist im Zuge der Möllemann-Friedman-Affäre entstanden, weiß nicht, ob das bis ins Nachbarland gedrungen ist.
Für einen richtigen "Kragenplatzer" ist es noch zu friedlich, da hast du allerdings recht. Und ich hatte auch erst stehen "bis ins siebte Glied", weil mir das irgendwie so geläufig war. Bin dann aber von einem Pfarrer aus meiner ebenfalls atheistischen Unwissenheit errettet worden mit dem Hinweis, dass es nur 4 seien, nun ja.

Das Amen am Schluß ist keine schlechte Idee, die gefällt mir.

Dankende Grüße
Flocke

P.S. Weitere Tipps, das ganze noch bissiger zu machen, werden gerne angenommen. :-))
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Re: Opferjustiz

Beitragvon razorback » 13.02.2004, 12:27

Hey, ich dachte gelb und ich hätten das Monopol auf die Tätervolkdiskussion... :-D

Darf ich etwas Wasser in den Wein kippen:

Selbstverständlich trifft Euch keine "Schuld". Mich auch nicht, ich bin zwar älter als Ihr, aber mit Jahrgang 1971 immer noch jeglicher Täterschaft völlig unverdächtig. Andererseits entsetzt es mich, wieviel inzwischen schon vergessen worden ist, wenn ich so etwas lese:

abzutragen? Haben sich die Franzosen je offiziell für ihren Napoleon entschuldigt? Spanien, Portugal für ihre Südamerikametzelei? England, Frankreich, Holland für Blutbäder in Indien und Afrika? Oder was hat denn der CIA in verschiedensten süd- und mittelamerikanischen Staaten angerichtet, wenn die Gefahr bestand, dass es den Leuten besser gehen könnte und dafür Bananen um ein paar Cent teurer würden? Hat da jemand mordsmäßig Schuldgefühle? Nö... Verjährt, bevor sich jemand aufregen konnte.


Verzeihung - Du setzt Napoleon gleich mit Hitler? Hast Du in Geschichte gepennt, oder einfach nur schlechten Geschichtsunterricht gehabt? Napoleon und Hitler - darin sind sie sich gleich - haben versucht, für ihren jeweiligen Staat Europa zu erobern und zu beherrschen. Das ist stets mit Krieg, schrecklichem Blutvergiessen und Gemeinheit verbunden - war es schon bei Alexander dem Grossen. Man kann das verbrecherisch nennen oder auch nicht, Ansichtssache. Napoleon hat nicht, überhaupt NIEMAND hat in der Geschichte der Menschheit Millionen Menschen fabrikmässig vernichtet, einfach, weil sie einer bestimmten Religion anhingen oder von Leuten abstammten, die dieser Religion anhingen (es gibt keine jüdische Rasse).

Auch die Morde und Metzeleien im Rahmen der Kolonisation sind mit dem Mord an den Juden nicht gleich zu setzen. Damit ich nicht falsch verstanden werde: Das sind Verbrechen! Menschenhandel, Landraub, Mord, Vergewaltigung - die ganze Palette. Aber niemals haben die Spanier in Lateinamerika oder die Briten in Afrika Maschinen gebaut, die Menschen umbringen und Leute da rein getrieben, einfach, weil sie da waren. Krieg ist schrecklich. Ein ungerechter, unprovozierter Krieg eines waffentechnisch völlig überlegenen gegen ein völlig unterlegenes Volk ist ein brutales Verbrechen. Ganze Völker in die Namib zu treiben, damit sie da verrecken (Deutschland) oder ihnen pockenverseuchte Decken zu schenken, damit sie daran zu Grunde gehen (Briten, Spanier, Franzosen), ist in jeder Hinsicht ekelhaft - aber siehst Du den Unterschied nicht? Der ganze Landraub, den die Europäer überall in der Welt unternahmen war verbrecherisch - aber kein Spanier, Brite, Franzose, hat jemals gesagt "Wir müssen alle Menschen anderer Rasse - oder einer bestimmten Rasse - ermorden, einfach nur so, weil sie uns nicht in den Kram passen."

Genau das hat Hitler, haben die Nazis getan (nachdem sie vorher eine seltsame Definition von "Rasse" eingeführt haben). Und es sollte mich wundern, Silentium, wenn nicht einer Deiner Vorfahren mitgemacht hat, es sei denn, Deine Familie gehört zu den Opfern. Nicht am Ofen, aber vielleicht irgendwo im Büro? Meine Vorfahren haben. Wie vermutlich fast jeder Deutsche und Österreicher habe ich eine recht durchwachsene Ahnenstruktur zwei, drei Generationen über mir: Arbeiter und katholische Rheinländer, die mit den Zähnen geknirscht und die Faust in der Tasche gemacht haben (Widerständler kann ich keine vorweisen), aber eben auch aktive Nazis, unter anderem ein recht hohes Tier im Marineministerium (Nazi, kein Militär). Ich habe die Schuld dieser Menschen nicht geerbt, das hatten die jeweils mit sich und ihrem Gewissen abzumachen. Aber ich habe mich zumindest sauber zu erinnern. Wenn die Israeli (so beschissen ich deren derzeitige Politik finde, keine Frage) mit den Nazis gleichzusetzen wären, Silentium, dann gäbe es keine Intifada, keinen Zaun, keine Anschläge und keine staatlich sanktionierte Ermordung wirklicher oder vermeintlicher Terroristen - weil es ganz einfach keine Palästinenser mehr gäbe. Militärisch wäre es nämlich für Israel überhaupt kein Problem, alle Palästinenser in seinem Herrschaftsbereich umzubringen. Es wäre vermutlich in wenigen Wochen machbar, bei geringen Verlusten auf israelischer Seite. Frag Dich, warum sie es nicht tun. Frag Dich, was die Nazis mit Gandhi gemacht hätten. Ich bin ziemlich sicher - wenn die Briten jeden dritten seiner Mitmarschierer erschossen und ihn selbst öffentlich gevierteilt hätten - sie könnten Indien bis heute besitzen uns ausbeuten. Warum haben sie es nicht getan? Wenn Du Dir diese Frage beantworten kannst verstehst Du, warum die Verbechen der Deutschen (und Österreicher) so einzigartig waren. Und warum Dich zwar persönlich absolut keine Schuld trifft und Du Dich für überhaupt nichts entschuldigen musst, warum aber eine differenzierte Erinnerung so wichtig ist. Gerade von uns. Es sind unsere Familien, unsere Völker. Wenn wir uns nicht erinnern können - wer denn dann? Den Opfern alleine sollten wir das nicht überlassen.

So, puh, durchatmen. Zum Gedicht:

Du wirst ahnen, Flocke - es passt mir nicht. Ganz einfach weil ich nicht glaube, dass irgendjemand der bei Sinnen ist eine Entschuldigung von Dir, mir oder Silentium verlangt. Und wenn doch - hat er eben Pech gehabt. Aber Du vermengst mir zu sehr Schuld und Erinnerung. Erinnerung ist notwendig, Vergessen hat nichts mit Entschuldung zu tun.
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Re: Opferjustiz

Beitragvon Flocke » 13.02.2004, 14:07

Hi, razorback.
Bitte vielmals um Verzeihung, dass ihr das Monopol habt, muss ich wohl in der Fülle der anderen Ordner überlesen haben... :-)) Aber nichts für ungut.

Dein Standpunkt ist auch sehr interessant.
Ich denke nicht, dass jemand unserer Generation (ich - Baujahr 74) noch irgendeine Schuld daran gibt. Und ich war auch sehr naiv-entsetzt, als ich auf einem alten Familienfoto meiner Urgroßeltern am Kragen meines Uropas das Nazi-Parteiabzeichen entdeckte. Naja, was hatte ich erwartet? Er war ja auch im Krieg und so...

Und du hast völlig recht, wenn du sagst, dass differenziertes Erinnern wichtig ist.
Ich meine ja nicht, dass es vergessen werden sollte, im Gegenteil, daran erinnern ist völlig o.k. und notwendig. Was mich nervt, und deswegen ist dieser Text auch entstanden, ist die Tatsache, dass die Öffentlichkeit nicht kritisch damit umgehen kann/darf. Es wird m. E. immer noch zu oft verleugnet. Vielleicht liegt das z.T. auch an den Medien, ich denke da nur an die Diskussion über den Anstrich des Holocaust-Mahnmals in Berlin. Die kritisierte Tatsache war ja bei der Vergabe bekannt, also was sollte das dann?

Im Prinzip geht es mir weniger um Schuldzuweisung denn um Vergebung, denn irgendwann muß doch mal der Zeitpunkt da sein, wo man sagen kann: O.k., ihr habt zwar damals Extrem-Sch... verzapft, aber jetzt habt ihr soviel getan für die damaligen Opfer und ihre Hinterbliebenen, dass es nun gut ist.
Wenn das ethisch überhaupt möglich oder gewollt ist. Mir scheint, man macht es sich auch manchmal sehr einfach, in dem man in gutem Gewissen, dass es wirkt, immer wieder in dieselbe Wunde hineinsticht, um vielleicht noch mehr Geld oder was auch immer herauszuschinden. Aber ich bin mir auch nicht im klaren, ob man solches Tun wie in den besagten 12 Jahren überhaupt irgendwie aufwiegen kann... Ist vielleicht ein Kampf gegen Windmühlen.

Das Gedicht bringt wohl noch nicht ganz das rüber, was ich sagen wollte, das merke ich an deinem langen Kommentar. Trotzdem auch dir danke für's Lesen und liebe Grüße

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Re: Opferjustiz

Beitragvon razorback » 13.02.2004, 14:48

Hmmm... kann sein, dass das Gedicht das nicht rüberbringt, kann sein, dass ich es einfach falsch verstanden habe.

In einem Punkt treffen wir uns ganz eindeutig - Kritik an Israel oder einzelnen Menschen jüdischen Glaubens hat nichts mit Ansisemitismus zu tun und schon gar nichts mit den genannten Verbrechen. Um mal zwei Beispiele zu bringen: Ich halte den 6-Tage-Krieg für einen berechtigten Präventivkrieg und Ariel Sharon für einen Kriegsverbrecher. Ich finde (nach dem, was ich in den Medien erfahre) Dr. Salomon Korn ausgesprochen sympathisch, geistreich, angenehm und seine Ansichten höchst bedenkenswert. Michel Friedmann dagegen finde ich sehr unsympathisch, was er öffentlich redet und tut halte ich - gelinde gesagt - für unerfreulich. Was bin ich denn jetzt? Um das ganze noch zu verkomplizieren - wenn Herr Korn ein Hindu wäre und Herr Friedmann ein Neu-Heide, würde das fast nichts an meiner Einschätzung ändern. Tja... :-D
Und, um es ganz klar zu sagen - würde mich jemand des Antisemitismus bezichtigen, weil ich Herrn Friedmann für ziemlich unangenehm halte, würde er damit nicht nur mich beleidigen, sondern gleich auch alle Opfer des Antisemitismus. So einfach kann man sich das nicht machen, da hast Du völlig recht.

Und was Vergebung betrifft - wenn mir jemand die Nazischuld vergibt, finde ich das zwar grundsätzlich nett, aber er wäre bei mir an der falschen Adresse, was ich ihm auch sagen würde. Wenn mir dagegen jemand sagt, er sei Opfer, habe aber nun beschlossen, allgemein zu vergeben und das schliesse auch die Nazis in meiner Familie mit ein - das wäre etwas anderes. Die hatten Schuld und der Vergebende hat wirklich gelitten, dass wäre in der Tat grossherzig und ich wäre dankbar dafür.

Warum habe ich Dich jetzt für soviel jünger gehalten als mich? Liegt nicht an Deinem Gedicht... Ich habe, glaube ich, Dich einfach für die (in der Tat viel jüngere) Silentium mit in Sippenhaft genommen. ;-)
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Re: Opferjustiz

Beitragvon Silentium » 13.02.2004, 15:28

Hallo razorback!
Ich rühme mich zu sagen: ich wusste du würdest mir sofort den Schädel abreißen, wenn ich dir bezüglich Tätervolk widerspreche. :-D

Hitler und Napoleon waren NICHT gleich.
Hab ich auch nie behauptet. Aber Verbrechen haben sie beide begangen, derer man sich schämen muss.
Wenn ich jemandem ein Messer in den Arm ramme und du säbelst ihm den Arm gleich ab- dann ist mir verziehen, weil du noch viel fieser warst? (Verzeih den blutrünstigen Vergleich. Das tun wir naturlich beide nicht...)
Hitler wahr wahnsinnig und er konnte seinen Wahnsinn verkaufen. Aber in Endeffekt ist die Rassentrennung doch eine schöne Umschreibung für "Die Juden haben Geld, der Staat schuldet ihnen Geld. Wie wär's, wenn wir sie loswerden?"
Ein Haufen frustrierter Leute hat ein Ventil gesucht und dieser Irre hat eines geboten.
Wenn ich Leute umbringe, ist die Erklärung am Ende egal. Die Inkas sind gleich tot wie die Juden und weniger grausam sind sie auch nicht gestorben.
Ethnozid der Chinesen an den Tibetanern: selbes Motiv, zum Beispiel.
Versteh mich nicht falsch, die Nazis waren so ziemlich die größte Schweinerei, die sich dieser Erdball gefallen lassen musste. Aber Anwärter auf den Platz gibt es viele, find ich.

Hey, aber ich bin nicht so wahnsinnig mich mit dir auf eine Debatte über so was einzulassen. Da wirst du mir höchstwahrscheinlich über sein. :-D Erring gefälligst möglichst bald die Weltherrschaft, dann passiert so was nicht mehr.

Ich habe, glaube ich, Dich einfach für die (in der Tat viel jüngere) Silentium mit in Sippenhaft genommen.
Grummel... na warte, Großväterchen!
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Re: Opferjustiz

Beitragvon Flocke » 13.02.2004, 15:28

Weiß ich leider nicht, razor, aber du wärst nicht der erste und einzige, der mich jünger schätzt. Den meisten Leuten geht es ähnlich, v.a. wenn sie mich sehen. B-)

Ich sehe schon, dass wir in wesentlichen Punkten übereinstimmen, Bruder im Geiste.
Und Friedman ist schlichtweg ein Kotzbrocken. :-D

Und was du zu Vergebung sagst, ist an sich genau das, was ich meinte. Ich erwarte ja keine Vergebung für mich persönlich, ich sehe mich auch nicht als schuldig an, aber den Deutschen als Volk sollte man irgendwie mal, hm, wie soll ich sagen, Absolution?/Läuterung?/Rehabilitation? erteilen, wenn das geht, wie gesagt.

Ich werd noch mal über den Text gehen, vielleicht krieg ich's jetzt mit etwas Abstand so bissig hin, wie ich es ursprünglich wollte. Macht echt Spaß mit euch zu diskutieren... :-))

Liebe Grüße
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Re: Opferjustiz

Beitragvon Flocke » 13.02.2004, 15:32

Ich habe, glaube ich, Dich einfach für die (in der Tat viel jüngere) Silentium mit in Sippenhaft genommen.


Nicht böse sein, Silentium, der Onkel hat's bestimmt nicht so gemeint... ;-)

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Re: Opferjustiz

Beitragvon Hamburger » 13.02.2004, 15:57

Hallo zusammen,

lieber razorback, auch ICH habe, wie du vielleicht vergessen hast, ein Monopol auf die Tätervolkdiskussion. Sehr ungehörig von dir, mich so einfach zu übergehen :-D

Zur Sache selbst:

@Silentium

Zu der zweifelhaften Methode der Gleichsetzung deines Textes hat razorback schon etwas gesagt und ich stimme ihm zu, wenngleich ich die Schlussfolgerung, die Deutschen seien ein Tätervolk, die er an anderer Stelle aussprach, nicht teile.
Über das hinausgehend möchte ich noch zwei Textteile deines Ausbruches reflektieren.


Die Frage, die da aufgeworfen wird, ist eine interessante: Reue-wie lange, verdammt noch einmal?
Ich meine, ich komme mir ja grenzwertig verarscht- verzeih den Ausdruck- vor, wenn ich mich für ein Verbrechen schuldig fühlen soll, das ich nicht begangen habe. Aber was sonst verlangt man von uns mit dieser ewigen Aufarbeiterei? Der Krieg ist ein ungefähr halbes Jahrhundert her! Und trotzdem feiert man Gedenkmessen und entschuldigt sich bei den Opfern und wasweisich.


Es ist Konsens in diesem Raum: Wir alle können nichts dafür was damals geschah, das stimmt. Wir tragen keine Schuld daran. Aber die "Aufarbeiterei", wie du sie despektierlich nennst, hat durchaus noch andere Funktionen als uns Schuldgefühle einzutrichtern. Der Konsens der Nachkriegsgesellschaft liess sich in drei bedeutungsschweren Worten zusammenfassen: Nie wieder Ausschwitz!

Um dieses Vorhaben umzusetzen bzw. niemals in die barbarischen NS-Zeiten zurückzufallen, ist ein Aufarbeiten dieser Zeit notwendig. Dieses Aufarbeiten erst erhält die Erinnerung und lässt Generationen wieder und wieder neu ihre Lehren ziehen aus der NS-Zeit.
Und ein halbes Jahrhundert - das klingt zwar gewaltig, aber letztlich ist das ein Pups in der Weltgeschichte. Ich bin vehement dafür das Geschehen der NS-Zeit aufzuarbeiten um daraus zu lernen. Ich bin vehement dagegen es irgendwann zu den Akten zu legen, besonders wenn es mit dem Verweis auf die Greueltaten anderer Völker geschieht.
Denn dann braucht kein Volk mehr aus seiner Geschichte zu lernen. Jede Greueltat lässt sich mit einer anderen Greueltat relativieren, alle werden gleichgesetzt - und schwupps brauchen wir keinen Geschichtsunterricht, überhaupt keine Reflektion über Geschichte mehr.

Damit wir uns nicht missverstehen: Ich bin sehr wohl dagegen die deutsche oder irgendeine andere Geschichte eines Volkes auf einen bestimmten Zeitabschnitt zu reduzieren, daraus gar völkische Charaktereigenschaften abzuleiten. Das ist und bleibt Unfug. Aber jeder einzelne Bürger sollte erst mal aus der Geschichte seines Volkes lernen, anstatt zweifelhafte Gleichsetzerei zu betreiben und somit das Verdrängen zu fördern.

Die Frage ist: Wie geschieht das? Wie wird aufgearbeitet?

Was die Funktion der Entschuldigung angeht, so hast du sicherlich nicht unrecht, wenn du folgendes meintest: Sich bei den Opfern entschuldigen, das kann nicht die Sache der Nachfahren sein.

Ihre Sache aber sollte, wie razorback schon sagte, eine saubere Erinnerung sein. In diesem Sinne trete ich für z.B. für Gedenkmessen ein. Wenn eine Gesellschaft sich dessen erinnert, was eine damalige Generation anrichtete, was ist daran schlimm oder gar falsch? Ich halte dies für überaus notwenig. In den nächsten 10 - 20 Jahren werden die letzten Zeitzeugen der NS-Zeit verstorben sein, dann halte ich das noch für umso notweniger. Selbst wenn diese Zeit dann schon 70 - 80 Jahre zurückliegt.


Also, ob ich verbrechen im Namen der Rassenreinheit oder für meine Wirtschaft oder für meinen Geldsäckel oder für Territorialgewinn oder für die Verbreitung meiner Religion begehe, dass ist ja wohl wirklich wurscht.


Ein entschiedenes NEIN! Das ist mitnichten wurscht! Ob ich die Juden als Rasse definiere, sie ghettoisiere, sie zunächst in Deutschland ausrotten will, den gesamten Kontinent beherrschen möchte und dann die ganze Welt, um wiederum überall meine Rassendefinition durchzusetzen, um dann den letzten Rest der Juden auszurotten (ganz zu schweigen von Farbigen, Behinderten, der Aufteilung in Herrenmeschen und Untermenschen etc.), ob ich fabrikmäßig 6.Millionen Menschen ermorde, den zweiten Weltkrieg anzettele mit wiederum Abermillionen Toten oder ob ich - nehmen wir ein aktuelles Beispiel - als USA den Irak angreife (unterstellen wir ruhig: aus rein wirtschaftlichen Interessen) ist ein RIESENUNTERSCHIED.

Differenzierte Betrachtung muss die Dimension eines Verbreches bewerten, also vor allem seine kurzfristigen und langfristigen Auswirkungen. Und der Grund meines Handelns beeinflusst auch die Handlung selber. Deshalb sind Verbrechen im Namen der Rassenreinheit wesentlich gefährlicher. Wer einer solchen Ideologie unterliegt wird sich immer und überall auf der Welt als Herrenmensch fühlen und dies in seinem Handeln zum Ausdruck bringen. Er wird ein Faschist sein und Gande uns Gott wenn er beispielsweise Regierungschef wird.
Aber selbst wenn er es nicht wird: national befreite Zonen, Anschläge wie zum Beispiel in Mölln oder auch die vielen eher weniger sichtbaren versteckten Diskriminierungen von Juden, Ausländern, Behinderterten sind auch schon widerlich genug.
Währenddessen - bei aller Kritik an den USA - wir dort immer noch von einer Demokratie, auf jeden Fall nicht von einer faschistischen Diktatur sprechen können. Die USA mögen einem widerlichen Kulturethnozentrismus oder dem Kapitalismus pur verfallen sein (obwohl selbst diese Pauschalurteile natürlich falsch sind) aber ein solches Verbrechen wie die Nazis haben sie nicht und werden sie nicht unter diesen Flaggen hervorbringen.
Selbst wenn man es ganz böse sieht, kein gutes Haar an dem Handeln der USA lässt, dann müsste man sagen: Die Installierung einer Scheinregierung und die Verbreitung ihrer Kultur im Irak lassen sich wunderbar mit den geschäftlichen Interessen, die die amerikanische Wirtschaft hat, verbinden. Es gibt keinen Grund für sie es den Nazis gleichzutun.

Ich halte fest: Ausbrüche sind sinnvoller, wenn sie gegen schlechte, halsstarrige Lyriker gefällt werden. :-D Ausbrüche historischen Ausmaßes führen meist zu abstruser geschichtlicher Oberflächlichkeit.

So, jetzt wirst du nie mehr mit mir sprechen, liebe Silentium, oder? :-&

Erst mal MFG vom

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Re: Opferjustiz

Beitragvon Hamburger » 13.02.2004, 16:19

Nachtrag:


Hitler und Napoleon waren NICHT gleich.
Hab ich auch nie behauptet. Aber Verbrechen haben sie beide begangen, derer man sich schämen muss.
Wenn ich jemandem ein Messer in den Arm ramme und du säbelst ihm den Arm gleich ab- dann ist mir verziehen, weil du noch viel fieser warst? (Verzeih den blutrünstigen Vergleich. Das tun wir natürlich beide nicht...)


Ich muss da ja noch drauf eingehen, habe dein Posting erst jetzt entdeckt und kann mich nicht zurückhalten.

Also wenn du als Schlussfolgerung aus deinen Beispielen schreibst


Peinlich! Die Weltbevölkerung ist ein einziges, einheitliches, großes, verbrecherisches TÄTERVOLK!


dann ist das eine ziemlich deutliche Gleichsetzung. Du relativierst die Verbrechen der Nazis zunächst mit dem Hinweis auf die Verbrechen anderer Völker und setzt sie dann durch gerade zitierten Satz gleich - sorry, dass ist ziemlich eindeutig. Übrigens nicht nur "Napoeleon und Hitler", sondern auch "Israel und Hilter", "CIA und Hitler" etc.

Übrigens trifft dein Beispiel nicht, weil es eine ganz simple Lösung hat. Du bekommst in dem Fall eine geringere Strafe als razorback. Dir ist nicht verziehen. (das wäre ja auch noch schöner :-D )
Hat razorback denn geschrieben, was andere Völker taten, seien keine Verbrechen gewesen? - im Gegenteil.

Was die Einzigartigkeit der NS-Zeit angeht, die für mich ausser Frage steht, dazu schrieb ich ja schon einiges. Selbst wenn sie nicht so einzigartig wäre, würde das die Notwendigkeit des Erinnerns und der Reflektion auch nicht beeinträchtigen -und die Zweifelhaftigkeit des Verweisens auf andere Völker nicht im Geringsten erschüttern. (stell dir mal vor, du rammst jemandem ein Messer in den Arm, deine Eltern stellen dich zur Rede und du sagst: Aber razorback hat ihm den Arm abgesäbelt... :-D ob dich das vor einer Standpauke bewahrt??)
Aber du wolltest dich ja auch gar nicht auf eine Debatte einlassen...Hmmm...hätte ich doch zwischendurch mal nach neuen Postings geschaut...

MFG,

Hamburger

Es ist eben eine Frage der Gewichtung.
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Re: Opferjustiz

Beitragvon razorback » 13.02.2004, 16:24

Hey, aber ich bin nicht so wahnsinnig mich mit dir auf eine Debatte über so was einzulassen. Da wirst du mir höchstwahrscheinlich über sein.


Wir diskutieren, Silentium. Ich will nicht gewinnen. Ich möchte, dass Du mein Teil mit bedenkst. :-D

Also - zur Relativität: Ich widerspreche ganz entschieden. Es ist nicht egal, warum jemand etwas tut. Würde man diese Argumentation ausweiten, könnte man Deinen Inka, ein Holocaustopfer und, sagen wir mal, Hans Frank, den Generalgouverneur von Polen, in einen Topf werfeb. Die sind alle drei gleich tot. Alle wurden vor ihrer Zeit getötet. Aber alle aus verschiedenen Gründen:

Der Herr Frank wurde von einem völkerrechtlich bedenklichen Gericht durch rückwirkendes ad hoc Recht zum Tode verurteilt. Der Gedanke dahinter war - verkürzt klar - ihn für die grauenvollen Verbrechen in Polen zu bestrafen. Das Nürnberger Gericht war alles in allem eine ziemlich unglückliche Veranstaltung, aber der Gedanke, der dahinter stand, war zumindeste teilweise im Kern gerecht und zivilisiert. Es ging nicht darum, die Deutschen zu bestrafen, sondern um dieses Individuum.

Der Inka wurde, nehmen wir einmal an, Opfer der Kugel eines Conquistadors. Er stand zur falschen Zeit am falschen Ort, nämlich einem Verbrecher im Wege, der auf Gold aus war. Vielleicht, wenn er richtig Pech hatte, war besagter Conquistador kein goldgieriger Räuber, sondern ein mordlustiger Psychopath, der die Raubpolitik seiner Regierung nutzte, um seinen Mordtrieb auszuleben, in diesem Falle musste unser Inka ihm nicht einmal im Wege stehen, er musste einfach nur da sein. Hätte dieser Psychopath aber nach Hause geschrieben und vorgeschlagen, alle Indios zu verbrennen, denn "Die Indios sind unser Unglück", da hätte er allergrössten Ärger bekommen, denn darum ging es ja seiner Allerchristlichsten Majestät absolut nicht. Unzivilisierte Wilde niedermetzeln, die sich der Krone Spaniens widersetzen - klar, immer. Aber arme, unzivilisierte Indios ermorden, die einfach nur in ihren Dörfern rumsitzen und auf den nächsten Missionar warten, der sie bekehrt, damit sie freudig für die neuen Herren schuften können - Verbrechen, gottloses. Unserem Inka, wie gesagt, nützt das nichts, er ist tot. Aber sein Bruder hat überlebt, denn er hat sich clevererweise im Busch versteckt und kam erst heraus, als Pater Juan des Weges schritt, um ihn zu bekehren.

Was aber den Holocaust betrifft - da rettete nichts, denn dahinter stand reine, blanke Mordlust. Hier war Wahnsinn an sich nicht Schwäche einzelner Schergen, sondern Grundlage.

Und übrigens auch nicht das:

Aber in Endeffekt ist die Rassentrennung doch eine schöne Umschreibung für "Die Juden haben Geld, der Staat schuldet ihnen Geld. Wie wär's, wenn wir sie loswerden?"


Das war Grundlage früherer Progrome, aber nicht der Judenvertilgung im Dritten Reich. Ihrer Reichtümer und Rechte waren die Juden schon vor der sogenannten "Endlösung" zum Grossteil beraubt. Das ist ja das Entsetzliche und Einzigartige: Es gibt keinen noch so weit hergeholten, rationalen Grund. Selbst Hitlers krude Rassentheorien selbst sind voller Widersprüche. Es gibt nichts, nur Wahnsinn und Mordlust.

Ich erlaube mir, Dir einen Lesetipp dazu zu geben (das ist anmaßend bei belesenen Leuten wie Dir, trotzdem mache ich es mal): Eine gute Einführung in die Grundlagen des zugrunde liegenden Denkens, nämlich das Hitlers, bieten Sebastian Haffners "Anmerkungen zu Hitler". Mit kritischem Geist zu lesen, aber sehr erhellend und empfehlenswert.

Und was den Arm betrifft - wie wäre es, das machen wir mal. Wir lassen mal die Sau raus, Du und ich, schleichen nachts durch einen Park und greifen uns zwei Leutchen. Du stichst, ich säbele. Und nach zwei Monaten besuchen wir unsere Opfer, bringen Blumen, bereuen tränenreich, bieten Hilfe und Sühne an. Dein Opfer hat vielleicht noch einen Verband am Arm, ist aber ansonsten recht fit, selbst die Psychotherapie lässt er schleifen. Er sieht Deine ehrliche Reue und Scham... Du hast ganz gute Chancen auf Vergebung. Mein Einarmiger dagegen...

Aber da geht es eigentlich um verschiedene Verbrechen - unser Motiv war das selbe ;-)

Grummel... na warte, Großväterchen!


Ja? Ja? Was? Komm nur her, Du Jungspundin. Dir ziehe ich allemal noch einen mit dem Gehstock über...

Aber wieso grummelst Du eigentlich? Der Hinweis auf Jugend ist doch keine Beleidigung :-D
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Silentium
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Re: Opferjustiz

Beitragvon Silentium » 13.02.2004, 16:48

Hmmm... gut, deiner Inkaausführung muss ich wohl recht geben, obwohl ich das Gefühl habe, dazu irgendetwas sagen zu müssen, quasi gegenzuargumentieren. Aber ich muss mir das zuerst mal gründlich überlegen. Ad hoc antworten können in die Hose gehen, bei so heiklen Themen. Vorschlag: Ich besorg mir zuerst mal das Haffnerbuch und dann diskutieren wir weiter, damit ich keinen Blödsinn erzähle. Mit meinem Geschichtsunterricht hast du vielleicht nicht so unrecht.... durch Stundenkürzung und eine Lehrerin im Jahr, wo das dran wäre, die lieber den Jugendstil breitgetreten hat- so was, haben wir im Geschichtsunterricht quasi NIE etwas dazu gemacht. Peinlich, aber wahr. Bin daher für Literaturtipps ausgesprochen empfänglich. :-D
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Re: Opferjustiz

Beitragvon razorback » 13.02.2004, 18:22

Mit meinem Geschichtsunterricht hast du vielleicht nicht so unrecht.... durch Stundenkürzung und eine Lehrerin im Jahr, wo das dran wäre, die lieber den Jugendstil breitgetreten hat- so was, haben wir im Geschichtsunterricht quasi NIE etwas dazu gemacht.


Und ich vergesse Dein Alter, obwohl ich dauernd darüber schwafele. Auf unser Schulsystem übertragen müsstest Du in der (*anfingernabzähl*) 10. Klasse sein. Wir kamen auf das Thema erst gegen Ende der zehn, und das auch nur knapp und so gerade eben. Und wir hatten eine gute Lehrerin, aber was soll die machen, wenn man Geschichte erst ab der sechs hat und ein Schuljahr mit "Bürgertum im Mittelalter" verschwendet wird. Also drehen wir's mal um - eigentlich weisst Du schon vergleichsweise viel und machst Dir recht kluge Gedanken (klug - aber nicht immer richtig :-D :-p :-p :-D )

lieber razorback, auch ICH habe, wie du vielleicht vergessen hast, ein Monopol auf die Tätervolkdiskussion. Sehr ungehörig von dir, mich so einfach zu übergehen


Ja, ich schäme mich auch, sorry. Aber gelb postet sowieso immer derartige Materialmassen dazu, dass wir beide daneben kaum ins Gewicht fallen ;-)
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Auf Eulen Schwingen
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Re: Opferjustiz

Beitragvon Auf Eulen Schwingen » 13.02.2004, 19:25

hm,

bin genötigt, sehr zu vereinfachen. Trotzdem ein paar Thesenfragen:

1)
Ist die faschistische Herrschaftsausübung mit ihrem Hinweis auf lebensunwertes Leben wirklich unvergleichlich mit Verbrechen aus dem kommunistischen Machtbereich, soweit eben eine soziale Klasse auszurotten war (und nicht eine "Rasse")

2)
Wie würden sich russische Bürger argumentativ verteidigen gegenüber dem Vorwurf, ihre Wahl der kommunistischen Partei und die Billigung ihres Programmes habe die Ausrottung einer sozialen Klasse hervorgerufen. Diese Zustimmung in ein evidentes Programm mache zumindest die Bürger der Stalinismus-Ära zu einem "Tätervolk"?

3)
Ist die hohmannsche Argumentation der Analogieschlüsse eine manipulierende und herabsetzende Vorgehensweise gegenüber den "Opfervölkern"?

Wie mir scheint eher eine Art "reductio ad absurdum", das hat Hamburger sehr genau herausgearbeitet:

Berufung auf Aussagen des US-Präsidenten Woodrow Wilson (1919): Juden haben stark und nachhaltig die revolutionäre Bewegung in ganz Russland geprägt. Die bolschewistische Bewegung ist „jüdisch geführt“.

Schlussfolgerung (unter Vorbehalt): Man könnte die Juden nun „mit einiger Berechtigung“ als „Tätervolk“ bezeichnen. Das würde „der gleichen Logik folgen“ wie die Bezeichnung der Deutschen als „Tätervolk“.

Einschränkung: „Verbindendes Element des Bolschewismus und des Nationalsozialismus“ war ihre „religionsfeindliche Ausrichtung und ihre Gottlosigkeit. Die Juden, die sich dem Bolschewismus und der Revolution verschrieben hatten, hatten zuvor ihre religiösen Bindungen gekappt.“ Ähnliches galt für die Nationalsozialisten und deren gekappter Bindung zum Christentum.


http://www.literaturforum.net/viewtopic.php?t=497

Dass eine solche Rede ein auftrumpfendes "Ja, genau so ist es, die anderen sind doch die Verbrecher oder auch die Verbrecher" auslöst oder auslösen kann, das ist mir bewusst.

4)
Wenn die Schwere der unmenschlichen Verbrechen im faschistischen Machtraum tatsächlich vergleichbar oder unvergleichbar wäre:

Ist ein solches Relativieren oder Nichtrelativieren tatsächlich eine hinreichende oder notwendige Bedingung für eine "Kultur des Sicherinnerns"?
aes
(auf!eulen schwingen)


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