Abblättern

Du schreibst Gedichte? Laß sie nicht in einer Schublade verschimmeln! Menschenbeifall wirst Du hier finden, aber auch Kritik und Rat.
rivus
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Abblättern

Beitragvon rivus » 14.11.2012, 13:51

Die Läufer aus Blättern erinnern mich
an dein Schweben beim Fall aus den Bäumen.
Mit dieser Leichtigkeit versprechen sie dich.

In deinen zittrigen Skizzen wiegt es
den Erdrauch der Mühlen
dein Nachfärben der Äcker und Buden.

Es verdingt dich neuerdings
an den Sputnikreiter überm Viehmarkt
der Lanzen und Rüstung abwirft.

Und es versäumt mich rings
an das Streunen dürrer Sohlen
die wie Laub vor dem Winter abfallen.

hginsomnia
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Re: Abblättern

Beitragvon hginsomnia » 21.11.2012, 16:03

hallo rivus,

erstmal ein willkommen an dich :-)

ich nähere mich mal vorsichtig deinem gedicht, das ich bereits ein paar mal umkreiste. es ist mir vielleicht etwas zu bieder und altmodisch im stil, allerdings will ich auch seine angenehme unaufdringlichkeit loben.

zunächst mal will ich das hier betonen:

rivus hat geschrieben:Und es versäumt mich rings
an das Streunen dürrer Sohlen
die wie Laub vor dem Winter abfallen.


finde ich sehr schön und sprachlich geschickt. da wurde eine nette fall ins 'versäumen' gelegt, die mich erstmal stoppen ließ: "moment, wie ist das hier gemeint?". ich finde die auflösung wirklich sehr, sehr ansprechend und poetisch. da wurde m.e. eine bildfläche sehr gekonnt erzeugt.

womit ich probleme habe:

rivus hat geschrieben:Es verdingt dich neuerdings
an den Sputnikreiter überm Viehmarkt
der Lanzen und Rüstung abwirft.


dem verb 'verdingen' kann ich sehr viel abgewinnen, allerdings kann ich hier dem bild zwar inhaltlich folgen, den stil aber nicht so positiv besprechen. hier macht sich fest, was ich mit altmodisch meinte, eigentlich merkwürdig, weil mit 'sputnikreiter' ja zunächst ein bild geliefert wird, welches eine neue ebene liefert. für mich fügt sich dieses bild aber nicht in den tenor des gedichts, vor allem auch, weil es direkt in den alten topos des streiters (im sinne von kämpfer/krieger) überführt wird. an dieser stelle hakt für mich die bildkomposition, sie entfernt sich zu weit vom individualistischen charakter des gedichts. ich hoffe, ich habe mich da einigermaßen verständlich ausgedrückt ;-) .

wo ich mich noch nicht entschieden habe, wie ich das bewerten würde:

rivus hat geschrieben:Die Läufer aus Blättern erinnern mich
an dein Schweben beim Fall aus den Bäumen.
Mit dieser Leichtigkeit versprechen sie dich.

In deinen zittrigen Skizzen wiegt es
den Erdrauch der Mühlen
dein Nachfärben der Äcker und Buden.


hier bin ich unsicher. manchmal gefällt es mir sehr wie beim 'nachfärben der äcker und buden', auch bei der zwar einfachen, aber passenden lösung der 'leichtigkeit', manchmal bin ich mir unsicher, ob mir das nicht doch zu bieder ist wie beim 'erdrauch der mühlen' oder den 'zittrigen skizzen', manchmal finde ich es etwas umständlich wie bei den ersten beiden versen, die ich für einen schwachpunkt des gedichtes halte. allerdings kann ich hier im gesamten noch nicht richtig einschätzen, wie ich das empfinde.

ich hoffe, ich konnte dir ein paar anstöße und ideen liefern.

lg
hginsomnia

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Re: Abblättern

Beitragvon riemsche » 21.11.2012, 22:55

deine wortwahl gefällt mir. nimmt schweren brocken druck und pathos. ich mag bewegte bilder.
hab ganz für mich nach dem dritten mal lesen die 2.person aus deinen zeilen in den titel (dich abblättern. dein abblättern.) verbannt mit der ersten person würds auch funktionieren. all das dich deine/r und mich meine/r legt mir den schwerpunkt zu dominant. lenkt ab vom herbst. meine meinung. muß so gar nicht die deine sein. mir gefällts auch sO.
wie schon hginsomnia so schön sagte. nähere mich mal vorsichtig .... :-)
lGriemsche

rivus
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Re: Abblättern

Beitragvon rivus » 20.09.2013, 13:41

oh vielen dank für eure annäherungen für das nun schon vergangene abblättern. ach, verzeiht! es fällt mir schwer den kontext zu meinem geschriebenen zu finden, denn der zahn der zeit verspielt schon andres ...

& hginsomnia ... hm, der sputnikreiter steht für mich für etwas wärtiges - im vergangenen findet man den sputnik auch als antwort einer andren, eigentlich vorwärtsgewandten, vielmehr eher vorwärtsgedachten gesellschaftsform, der in meiner les- und schreibart, doch rückwärtig war, mehr ein don quichotte mit modernem kleid, der nun ins jahreszeitliche gekommen, neben seiner nunmehr prähistorischen rüstung, sie blättert nämlich ab und entpuppt sich als ebenso vergänglich und mittelalterlich, auch alles kämpferische ablegt, ablegen muss, um sich wenigstens über einem viehmarkt wiederzufinden ...

hm ... in meinem kontextlichen lesen ... wundere ich mich über den schwachpunkt des gedichtes, war es doch gerade das bild, was mich zu den andern führte .... ja, sprachlich vielleicht , vielleicht aber versprechen sie doch das, was im schwebzustand nur erfassbar ist, also das wärtige, das sozusagen sich während des verwärtigen, nochmal wie eine sequente momentaufnahme einer stilllebenbrille, sich mikrokosmisch, im universalhistorischen, bewegt .... und die postmoderne patina doch ablegt ...

@riemsche
es ist nicht nur ein herbstbild und doch ist es ein, soll es ein herbsthistorisches sein ;) ....

das erst mal

lg der rivus


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