Der hundsgemeine Haus- und Wiesenkitsch

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Herbert Eiter
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Der hundsgemeine Haus- und Wiesenkitsch

Beitragvon Herbert Eiter » 19.02.2004, 05:46

Wurzeln und Flügel

Wie Hände greifen meine Wurzeln
in die Erde die ich liebe
das Salz und das kühle Wasser
das ich zum Leben brauche.

Wie Arme werfe ich die Äste
in den Himmel den ich liebe
in die Luft und das Licht
die ich zum Leben brauche.

Und tausend Flügel sind
meine Blätter im Wind.
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Hamburger
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Re: Der hundsgemeine Haus- und Wiesenkitsch

Beitragvon Hamburger » 19.02.2004, 12:39

Hallo Herr Eiter,

als Herr Heusch noch dieses Forum mit seinen Werken beglückte, da hätten sie dieses Gedicht mal in den Raum werfen sollen. Na ja, vielleicht fühlt er sich angesprochen und kommt zurück.

Dennoch: Ihr Gedicht gefällt mir nicht übermäßig. Es fehlt einfach die bissige Distanzierung. Den hundsgemeinen Kitsch einfach nur darzustellen ohne selber hundsgemein zu sein, das verfehlt (bei mir) ein wenig die Wirkung. Dabei wären doch gerade sie laut ihrer Selbstbeschreibung prädestiniert dazu.
;-)

Was mir allerdings gefällt ist, dass sie sich gerade einen Baum für ihr Gedicht auserwählt haben. Wie oft wird doch die ach so herrliche Natur durch eine rosarote Brille verherrlicht und wie oft wird eine Idylle beschworen, die so durch und durch unwirklich wirkt, dass sie eben nur als "Kitsch" zu bezeichnen ist (alle Herr der Ringe-Fans mögen mir verzeihen wenn ich als Beispiel den 1.Teil der Trilogie und hier das gleich zu Beginn gezeigte Auenland erwähne...das gibt jetzt wieder eine Herr der Ringe-Diskussion, da sehen sie, was sie angerichtet haben, Herr Eiter :-D )

Auch die Verbindung Mensch-Natur klingt in ihrem Gedicht an. "Wie Hände greifen...", "Wie Arme werfen..." - eigentlich, auf diesen Gedanken haben sie mich jetzt erst gebracht, auch eine ziemliche Arroganz des Menschen, wenn er die Natur verherrlicht, indem er das Verhalten von zum Beispiel Pflanzen mit Bildern seines eigenen Verhaltens beschreibt. Setzt das nicht implizit den die Natur bewundernden Menschen wieder als "Krone der Schöpfung"?

Weiß nicht, ob es für diesen Gedanken literarische Beispiele gibt. Wäre interessant, da mal nachzuforschen.

Insgesamt: Etwas härter bitte, wer dem Kitsch anhängt, dem sollte auch einiges zugemutet werden :-D

MFG,

Hamburger

P.S.: Mit Verwunderung habe ich ihren Smiley registriert. Sie werden doch nicht tatsächlich gelächelt haben, als sie dieses Gedicht schrieben/posteten... :-)
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Re: Der hundsgemeine Haus- und Wiesenkitsch

Beitragvon Herbert Eiter » 14.03.2004, 15:03

Bedauernswertes Missverständnis, Herr Hamburger, wirklich sehr bedauernswert, aber dero Kitsch ist als solcher in seiner vollendeten kitschigen Ganzheit durchaus ernst gemeint. Die Überschrift war wohl etwas irreführend, ein lapsiger Querverweis, die überflüssige Anspielung auf eine abseitige Debatte, die ich hier das Vergnügen hatte, nachzulesen. Ich bitte vielmals um Entschuldigung. Ich bin halt eher der sentimentale, kitschbewusste, mode-trends-en-vogue-styles-and-the-hole-lotta-shit-verachtende
Typ. Nochmals, das ist mir wirklich sehr peinlich das ganze. Aber danke für ihren Kommentar. Werde das nächste mal noch etwas tiefer in die glanzvolle, seligtriefende, honigmellonensüße, sonnengoldflutende, blumenätherduftende, herzenswarme Trickkiste greifen.

H. Eiter
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Re: Der hundsgemeine Haus- und Wiesenkitsch

Beitragvon Hamburger » 15.03.2004, 13:28

Bester Herr Eiter,

das haben sie tatsächlich ernst gemeint?

Sapperlot, also so was hätte ich ihnen gar nicht zugetraut...

Aber was ist an diesem Missverständnis bedauernswert?

Wie zitierte schon unser aller razor seinen Deutschlehrer: "Wer sagt denn, dass der Autor am besten weiss, worüber er schreibt?"

Für mich bleibt es leider, trotz ihrer Intention, trotz Trickkiste und zigfacher Entschuldigung, eine etwas zahnlose Distanzierung.

Warum? Weil ich dieses Gedicht nur so einigermaßen ordentlich finden kann. Ich missbrauche also ihre Intention auf`s Schändlichste, ich ignoriere sie gar, da
das Gedicht in meiner Wertschätzung sonst zu sehr absinken würde.

Ach so...

Ich bin halt eher der sentimentale, kitschbewusste, mode-trends-en-vogue-styles-and-the-hole-lotta-shit-verachtende
Typ


...WUSSTE ich`s doch :-D


Werde das nächste mal noch etwas tiefer in die glanzvolle, seligtriefende, honigmellonensüße, sonnengoldflutende, blumenätherduftende, herzenswarme Trickkiste greifen.


Nur zu. Vielleicht kriegen sie es ja ernsthaft noch kitschiger hin und für mich fällt dadurch eine Spitzen-Satire ab. Wär doch was.

In ewig-treu-kritisch-konstruktiver Verbundheit grüsst sie herzlich:

der Hamburger
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