Die Stadtmenschmaschine

Du schreibst Gedichte? Laß sie nicht in einer Schublade verschimmeln! Menschenbeifall wirst Du hier finden, aber auch Kritik und Rat.
Herbert Eiter
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Die Stadtmenschmaschine

Beitragvon Herbert Eiter » 07.04.2004, 01:38

I.

Jeden Tag schrumpft
meine Welt ein Stück

Meine Seele ist
ein schmutziger Spiegel

Mein Herz ist ein Apfel
in dem ein Wurm wohnt

Ich laufe durch den Regen
meine Liebe ist ein heißer Stein

Mein Körper ist aus Papier
Geröll sind meine Gedanken

Nimm mich in den Arm
Und falte mich zusammen


II.

In den Poesiealben gerinnen
kleine Ängste zu Styropor

Ein Nektar aus Neid und Ekel
und potenzierter Langeweile

Die Stadt, der Lärm und das
poröse, überquellende Fleisch

Das Kreischen der Maschinen
wird zu Volksliedern gesampelt

In den Brutkästen gedeiht der Hass
in der Brust ein Klumpen warm und schwarz

Eine schwummerige Schmeichelei
ein Karzinom, ein Kompliment

Wir unterbrechen dieses Gedicht für
eine unverbindliche Kaufempfehlung:

Die Gedankenfreiheit ist behoben
Where You wanna go today?

Eine Krampe im Gewissen
und du schmirgelst Tag und Nacht daran

Jetzt musst du nur noch lernen
dich selbst zu denunzieren ...

Die Hoffnung sickert aus dem Herz
Und am Himmel schimmeln die Sterne
and all the lousy little poets coming round ...

Herbert Eiter
Orpheus
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Re: Die Stadtmenschmaschine

Beitragvon Herbert Eiter » 09.04.2004, 04:28

Olifroitis

Keine Intressenten?
Und bin ich nur ein Wicht,
einen Rezensenten,
mehr verlang ich nicht!

Los, ihr Ignoranten,
nicht so zahm und bieder,
kommt schon, Querulanten,
macht mich endlich nieder!
and all the lousy little poets coming round ...

Silentium
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Re: Die Stadtmenschmaschine

Beitragvon Silentium » 09.04.2004, 11:05

Hm. Mit einer Rezension kann ich dienen.

Die ersten zwei Zeilen sind ein bissl altbacken, sprich entberlich, der Rest aber gefällt mir ziemlich gut. Unverbindlicher Vorschlag: wenn Sie die Schrumpfweltgeschichte weglassen, die Spiegelseele wäre ein starker Einstieg, glaub ich.

Einzelheiten...
Das Kreischen der Maschinen
wird zu Volksliedern gesampelt

Das ist gut!

Ich laufe durch den Regen
meine Liebe ist ein heißer Stein

Mein Körper ist aus Papier
Geröll sind meine Gedanken

Nimm mich in den Arm
Und falte mich zusammen

Hier verliert sich für mich ein bisschen der Faden. Obwohl das Zusammenfalten eine prima Sache ist- weil das Teil eines Liebesgedichtes sein könnte und später dann nix mehr davon. Es sei denn, das hier, diese Unterrichtsstunde, ist die Fortsetzung:
Jetzt musst du nur noch lernen
dich selbst zu denunzieren ...

Dann ergäbe das ganze einen gewissen Sinn.

Ein Nektar aus Neid und Eckel
und potenzierter Langeweile

Eckel schreibt man Ekel, weil er zwar nicht rund, aber auch nicht eckig ist. Potenzieren- entweder mit sich selbst oder mit einem Kürbis, aber da fehlt noch was zweites? Mi [begriff einfügen] Potenzierter Langeweile? Aber gut- ich bin keine Mathematikerin, mag da ein Weiserer was dazu sagen.

In den Brutkästen gedeiht der Hass
in der Brust ein Klumpen warm und schwarz

Blöd von mir, ich weiß, aber das Wörtchen "gedeiht" ist mir zu... zahm? Abgegriffen, in diesem Zusammenhang? Grade die Zeile würd sich für eine ungewöhnliche Wortkombination, ein Experiment eignen?

Die Stadt, der Lärm und das
poröse, überquellende Fleisch

Rückbezüglich auf das Styropor? Kling -ähem- ein wenig eigen.

Und am Himmel schimmeln die Sterne

Herzhoffnung ist kritisch, aber mit den Schimmelsternen geht's. Schimmelnde Sterne- das ist gut!

Nicht ganz ausgeschlafene Grüße, Silentium
I would go to the Dark Side in a heartbeat if I thought they had better dialog over there.
- Ursula Vernon

Herbert Eiter
Orpheus
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Re: Die Stadtmenschmaschine

Beitragvon Herbert Eiter » 11.04.2004, 00:02

Vielen Dank!

Ach, ich habe einen Kunden, der Eckel heißt, merkwürdig, merkwürdig ...
and all the lousy little poets coming round ...


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