Grössere Spuren

Du schreibst Gedichte? Laß sie nicht in einer Schublade verschimmeln! Menschenbeifall wirst Du hier finden, aber auch Kritik und Rat.
Hilbi
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Grössere Spuren

Beitragvon Hilbi » 10.07.2004, 16:29

bühne aus zahnfleisch
regen fällt hinein
in die bunten vorhöfe
zahnlos
ein rad bewegt sich

der mund spült es runter
die vorhofgedanken
der träge widerstand

etwas bewegt sich nicht
kommt unter die räder
und bewegt sich dann doch
Wenn der Himmel so blau ist, warum wird es dann finster?

[) i r k
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Re: Grössere Spuren

Beitragvon [) i r k » 14.07.2004, 19:29

Hallo Meister Hilbi,

was ist denn das für ein merkwürdiges kleines Gedicht?
bühne aus zahnfleisch
regen fällt hinein
in die bunten vorhöfe
zahnlos

Also bis zu dieser Stelle komme ich mit. Das klingt nach Kauleistenpoesie. :rofl:
ein rad bewegt sich

der mund spült es runter
die vorhofgedanken
der träge widerstand

Und hier fängt's an: Hä?

Wahrscheinlich sollte es auch richtiger heißen: "den trägen widerstand". Wenn er wie die Vorhofgedanken mit heruntergespült wird.

Aber von was für einem Rad ist hier die Rede? Eins von den Rädchen im Kopf? Eine von den "lockeren Schrauben" im Oberstübchen, "eine Tasse im Schrank"?
etwas bewegt sich nicht
kommt unter die räder
und bewegt sich dann doch

Und hier schlägt das Gedicht einen ganz geheimnistuerischen Ton an. Das könnte ebenso gut aus dem Mund der Sphinx gepurzelt sein. Und jetzt steh ich da bedröppelt wie Ödipus, und kratze mir an meene Köppschen.

?-(

MfG,
[) i r k
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vogel
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Re: Grössere Spuren

Beitragvon vogel » 14.07.2004, 20:58

hiho, mein Dichter !

hm, irgendwie - ja arg sonderbar ...

ein rad bewegt sich

der mund spült es runter

die beiden zeilen passen doch zusammen. vielelicht meint der dichter, dass sich irgendwo auf der welt etwas verändert hat - ein rad. ich denke automatisch an ein zahnrad, aber das wird hier wohl nicht gemeint sein. ein zahnrad setzt einweiteres in bewegung, und wieder eines und noch eines ... ein mund könnte das nicht schlucken. also ich meine es ist schwer so viel - vielleicht aber tausende von rädchen - zu schlucken, zu vernichten !
ich weiß nicht, vielleicht stimmt es ja doch, und es ist gerade weil es so banal ist richtig, aber irgendwie leuchtet mir mehr ein, wenn es ein einzelenes, verlassenenes rad ist.
vielleicht wie bei einem kleinem Konzern - er ist nichts mehr wert, klein, mickrig, unbedeutend - und wird von irgendwas geschluckt - einem anderem konzern ? einem Mund ?

die vorhofgedanken
der träge widerstand
ich denke, die beiden gehören auch zusammen. die vorhofgedanken SIND der wiederstand. hm, vielleicht ..... mir geht ein licht auf !

was halltet ihr davon, wenn es um die Zahnpflege geht ?
dann wäre die bühne in einer webung für zahnpasta oder eine bürste das Zahnfleisch. die Zähne sind vielleicht krnak, deshalb bunt, und müssen gezogen werden ...
und das rad könnte ein zahn sein ? der hintergschluckt wird ?
und vielleicht sind die wunden im zahlfleisch sowas wie ne Bremse beim zähneputzen, weils weh tut ... oder die schneidezähne tun weh, oder das LI (????) kann den strohhalm zwischen die zähneschieben weil sie schief sind :rofl:

hmmmmmm, das ist so seltsam. die letzte strophe ist ja in sich stimmig.
etwas bewegt sich nicht
kommt unter die räder
und bewegt sich dann doch
macht ja sinn, aber was hat das mit dem rest zu tun ? hmmmmm, das zahn / das rad fallt aus ... genau. die milchzähne wackeln nicht. der zahnartz will sie siehen - und dann wackeln sie ja doch und sind weg ...

leute macht das sinn ?


hilbi, ich muss dir wieder einnmal meine bewunderung aussprechen. deine gedichte werden mir nicht langweilig. jedesmal kommt ne neue überraschung. manchaml ist es echt total logisch, ob wohl es nicht logisch ist und manchmal wie hier ist es einfach nur seltsam und man muss wieder rumräztlen ... ich liebe das so. es wird nie langweilig !

@Dirk :
Das klingt nach Kauleistenpoesie
:-D


Liebe Grüße
kleinervogel
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Re: Grössere Spuren

Beitragvon Hilbi » 15.07.2004, 13:41

hm, mir gefällt das was ihr da macht, Dirk, Du bist dran ;-)
Wenn der Himmel so blau ist, warum wird es dann finster?

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Re: Grössere Spuren

Beitragvon vogel » 25.07.2004, 13:46

Ich habe noch mal drüber nachgedacht, und was anderes gefunden.
Ihr werdet meine Assoziation bestimmt nicht verstehen, aber egal. Wie der Käse gestern ........

bühne aus zahnfleisch
regen fällt hinein
in die bunten vorhöfe
zahnlos
ein rad bewegt sich
Ich denke an zwei Dinge :

1) Ein Krallenriff oder so was, das rot wie zahnfleisch ist; die Pflanzen sind ausgerissen, deshalb gibt es Läöcher und das Wasser kann hineinfließen. Man sagt doch, Regen wären die Tränen einer Frau, die um eine unerfüllte Liebe weint (KITSCH !!!!!!!!), also weinen hier die Tiere, Pflanzen, dass ihr Lebensraum kaputt ist. Aber alles geht trotzdem weiter.
Das Rad ... hm, das Rad, eine Muschel die wie ein Rad aussieht und auf dem Boden rollt ?

2) Normaler sandboden. Acuh ohne Pflanzen ... Nein halt. Ameisen. Die Löcher sind von Ameisen (-Nestern) und deshalb fällt der Regen rein. Und ein Wurm oder eine MADE ( :-D ) bewegt sich halt wie ein Rad, zusammengerollt. Oder ein Igel, der Rollt.

Was macht davon mehr Sinn ?

ein rad bewegt sich

der mund spült es runter

der Igel, die Muschel, der Wurm, was auch immer es ist, rollt in den Schlund eines großen gefräßigen Tieres ! Yam, yam .... ?

die vorhofgedanken
der träge widerstand

?-( lässt sich nicht in meine neue Theorie einarbeiten. Ameisengift ? :-D

etwas bewegt sich nicht
kommt unter die räder
und bewegt sich dann doch

ich würde sagen, das ist einfach ein Fazit ... Schönes übrigens. Gefällt mir.




... Dirk, lass mich nicht allein mit meinen Wirren, psychopatischen Phantasien ! :,-(
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Re: Grössere Spuren

Beitragvon [) i r k » 26.07.2004, 21:45

Hallo ihr beiden!

Also ich bin immer noch etwas ratlos, was dieses Gedicht angeht. Ich versuch trotzdem noch mal eine vielleicht etwas nahe liegendere Deutung.
regen fällt hinein

der mund spült es runter

Geht es hier vielleicht ums Trinken? Also irgendwie assoziiere ich damit: Alkohol. Und das ganze wirkt schon recht melancholisch und trist: "zahnlos" – "der träge widerstand" – "etwas bewegt sich nicht". Ich weiß immer noch nicht genau wovon die Rede ist - von einem Menschen? Aber was auch immer gemeint ist: der oder das wirkt ziemlich verkorkst und ruiniert auf mich. Vielleicht ein alter Mann ohne Zähne (so wie man sie vielleicht aus Fernsehreportagen kennt)? Zahnlos könnte man aber auch im übertragenen Sinn deuten: ein Mensch, der vielleicht ganz harmlos und ungefährlich ist.
der mund spült es runter
die vorhofgedanken
der träge widerstand

Man spricht ja auch vom Sich-Mut-antrinken! Und das würde doch passen, oder? Vielleicht ist es ein Mensch, der sich vielerlei Sorgen macht und der Alkohol löst ihn, entspannt ihn und lässt ihn seinen Kummer vergessen. "Vorhofgedanken" ist für mich auch ein deutlicher Hinweis, dass es sich um einen Menschen handeln muss, denn es gibt wohl keine anderen Creatures on Earth, die dessen fähig sind. "Der träge Widerstand" – vielleicht handelt es sich auch um einen Menschen, der sehr schüchtern ist oder der sich häufig damit schwer tut, sich zu entschließen. Und wiederum wäre es der Alkohol, der diese Hemmschwellen herabsetzt und vorübergehend beseitigt. Schweigsame Menschen werden redselig, steife Menschen werden locker etc. Der träge Widerstand könnte ja auch die Hemmschwellen meinen, die man hat, wenn man auf fremde Menschen zugeht ... ich meine, wenn man jemand kennen lernen will oder so!?
etwas bewegt sich nicht
kommt unter die räder
und bewegt sich dann doch

Diese Strophe ist mir ein Rätsel. Ich hab bisher noch keine überzeugende Interpretation dafür gefunden. Selbst im Rahmen meiner jetzigen Deutung ist das recht schwierig. Auch wenn es sehr weit hergeholt klingt, ich versuch es trotzdem mal: Es gibt Männer, die Probleme haben, mit einer Frau zu schlafen, nicht, weil sie impotent sind, sondern weil sie sich psychisch zu sehr unter Druck setzen, unter Versagensängsten leiden oder ähnliches. Bin kein Psychologe, aber habe davon gehört. Und in manchen dieser Fälle hilft da ebenfalls der Griff zur Flasche. Ist wahrscheinlich das einfachste Mittel und die wenigsten werden mit so einem Problem einen Therapeuten aufsuchen. Diese Deutung würde passen, zumindest auf die erste und die dritte Zeile der letzten Strophe. Es könnte natürlich auch etwas ganz anderes gemeint sein, eine ganz andere Situation: es gibt ja auch ein paar Tanzmuffel, die erst einmal ein paar Whisky-Cola brauchen, ehe sich bei ihnen irgendwas bewegt.

LG.
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Re: Grössere Spuren

Beitragvon vogel » 27.07.2004, 16:40

Alkohol ?

Ich weiß noch nicht ob ich diese Deutung teilen kann, aber etwas dass mir ganz spontan zur letzen Zeile einfällt, ausgehend vom Alk und den ganzen Problemen und Dingen, die du zum letzten Absatz schilderst :
etwas bewegt sich nicht
kommt unter die räder
und bewegt sich dann doch

natürlich kommt da bei was unter die Räder ! Er kann ihr seine „Schwäche“ (nennen wir es fälschlicher Weise mal so ...) nicht gestehen. Er lügt sie ja damit im Endeffekt an. Ihre Liebe (sollte es eine geben, und keine eine-Nacht-Beziehung sein) kann sich nicht ausleben. Kommt unter die Räder. Eben weil er nicht ehrlich zu ihr ist.

Das für den Moment. Ich denke drüber nach. Allerdings nicht bei Whiskey sondern bei Tee ... Grünen Tee .. . Aufgebrüht nicht gekauft ... :-)

Greetz.
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Re: Grössere Spuren

Beitragvon [) i r k » 27.07.2004, 18:16

Ich bin wieder dran, stimmt's? Das ist ja wie beim Tennis hier. :-D

Vielleicht geht es ja auch einfach um jemand, der Angst vor dem nächsten Zahnarztbesuch hat?
bühne aus zahnfleisch
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ein rad bewegt sich

Tja, wie ich schon sagte: Kauleistenpoesie!
und das rad könnte ein zahn sein ?
[...]
und vielleicht sind die wunden im zahlfleisch sowas wie ne Bremse beim zähneputzen, weils weh tut ... oder die schneidezähne tun weh, oder das LI (????)

Das Rad könnte wirklich ein Zahn sein! Da es sich bewegt, offenbar ein lockerer Zahn. Und wenn Regen in die bunten Vorhöfe fällt, dann gibt es da vielleicht schon die eine oder andere Zahnlücke?
der mund spült es runter
die vorhofgedanken
der träge widerstand

Hier die Skrupel, die Angst vorm Zahnarzt, die Dentadokphobie. In seinen Vorhofgedanken malt sich das LI wahrscheinlich schon aus, wie schmerzhaft das Prozedere sein wird, das auf sie/ihn zukommt.
:chainsaw:
etwas bewegt sich nicht
kommt unter die räder
und bewegt sich dann doch

Ein Zahn, der gezogen wird? Erst ist er noch fest verwurzelt, dann kommt der Auftritt der Bohrer und Zangen und schließlich - voila - ist es vorbei mit ihm.

;-)
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