Schwindel

Du schreibst Gedichte? Laß sie nicht in einer Schublade verschimmeln! Menschenbeifall wirst Du hier finden, aber auch Kritik und Rat.
charis
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Schwindel

Beitragvon charis » 01.09.2004, 20:44

Drehe dich, Gedanke,
dreh dich fort, Spirale,
auf Nordhemisphäre
immer enger nach rechts.

Flimmern versag’ ich mir
die Zündung ebenso
ich zieh’ den Stecker raus
eh die Sicherung springt.

Atem komm’, Atem geh’
nimm dir die Lunge nur
mein Nacken spielt von selbst
auf meiner Stirn Klavier.

Flocke
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Re: Schwindel

Beitragvon Flocke » 02.09.2004, 16:06

Hallo, charis.

Lach jetzt bitte nicht, aber meine erste Assoziation bei diesem Gedicht war: Verdammt, so schön hat mir noch niemand Migräne beschrieben! Ich weiß, das klingt albern und völlig daneben. :durchgeknallt:

Aber mal abgesehen von den Kopfschmerzen beschreibt es die typische Sich-im-Kreis-drehen-aber-keinen-Ausweg-finden-Situation ganz gut, denke ich.
Rechtsdrehende Gedanken, hm, da sollte man aufpassen und lieber nicht mit linksdrehenden Joghurtkulturen mischen. Drehen sie nur nach rechts, weil nördliche Hemisphäre oder weil sie vom Herzen weggehen?
Und du bleibst standhaft, denn es gibt kein "Flimmern", aber auch keinen Ausbruch, denn die Zündung kommt auch nicht. Das heißt, du ziehst dich am Ende doch zurück, bleibst in der Spirale stecken, läßt dich mitreißen vom Strudel?

Und der klavierspielende Nacken am Schluß bereitet mir ein bißchen Probleme. Ziehst du immer noch den Kopf ein? Oder doch nur hämmernde Schmerzen? Hm. Läßt mich etwas ratlos zurück, obwohl es sehr schön und stimmig klingt.

Aber ich glaube, heute ist nicht mein bester Tag für Gedichte deuten... :hangover:

Trotzdem ein lieber Gruß nach Wien
Flocke
...Der den Wind kennt / besser als alle Bücher / den Baum / frag nach Wahrheit...

Silentium
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Re: Schwindel

Beitragvon Silentium » 02.09.2004, 19:16

Entweder liegt es an der Hitze oder am Gedicht. Ich habe es jetzt sicher öfter gelesen als der Papst die Bibel, aber trotzdem hab ich nach der letzten Zeile immer noch das Gefühl, gerade was gereimtes gelesen zu haben. Seltsam, sehr seltsam.

Für mich klingt das nach "Um-halb-zwei-im-Bett-liegen-irgendwo-summt-das-Fliegenmistvieh-dass-du-vorhin- gejagt-hast-und-sobald-du-beschließt-zu-schlafen-denkst-du-schon-wieder-an-was- das-dich-zu-einer-dritten-sorge-bringt-und-es-ist-da-zuviel-Gedenke"

Drehe dich Gedanke,

fehlt da nicht ein Beistrich?

Lieblingszeilen:

Atem komm’, Atem geh’
nimm dir die Lunge nur


Ansonsten? Schreibkrise endlich überwunden, werte Frau?
I would go to the Dark Side in a heartbeat if I thought they had better dialog over there.
- Ursula Vernon

Spiderman
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Re: Schwindel

Beitragvon Spiderman » 04.09.2004, 12:32

Jaaaa, charis! Bist Du endlich auch lyrisch wieder zurück? Wurde alle höchste Zeit! Okay, zwischendurch war der Fahrradflirt, der nett war, und trotzdem nur zur Hälfte zählt, weil's eine beiläufige Spielerei war.

Das Gedicht gefällt mir gut, erinnert mich an das Psychosomatik-Gedicht, dass Du vor einiger Zeit geschrieben hast. Gedanken drehen sich im Kreis, das Gesichtsfeld engt sich ein, besser zurückziehen, der Versuch den Atem zu kontrollieren, die Anspannung im Nacken, der Schmerz, der über den Hinterkopf auf die Stirn zieht.

Dass das Gedicht gereimt klingt, liegt wohl daran, dass sich jeder Vers rhythmisch aufs Ende hin zuspitzt. Jeder Vers endet mit einer betonten Silbe. Der Rhythmus paßt perfekt zu dem Gedicht!

:-) Spiderman :-)
Die nette Lyrik-Spinne von nebenan!


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