Siegfried (Roman Kapitel 1-5)

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Scanharry
Kerberos
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Siegfried (Roman Kapitel 1-5)

Beitragvon Scanharry » 16.02.2012, 11:18

Lieber Leser,

hier die ersten Kapitel eines neuen Projektes. Mit Kritik (positiv wie negativ) bitte nicht geizen.
Viel Spaß beim Lesen...

wünscht Scanharry

Kapitel 1: Ein schwerer Anfang

Frühes Mittelalter...irgendwo im heutigen Schweden

Das Innere der Hütte war dunkel und es stank fürchterlich. Inmitten von Schmutz und Ungeziefer sah man die acht Kinder der Köhlerfamilie. Sie schliefen, spielten mit Knochen und Schaben oder lagen einfach reglos am Boden umher. Keines von ihnen nahm wirklich Kenntnis davon, dass ihre Mutter im Begriff dazu war, ihnen ein weiteres Geschwisterkind zu schenken. Die Frau lag stöhnend auf einem Haufen Stroh und bei genauem Hinsehen hätte jeder erkannt, dass hier die Geburt unmittelbar bevorstände. Der Kopf des Säuglings schaute bereits hervor. Es würde wohl nur noch ein letzter Schub erforderlich sein, damit dieser neue Erdenbürger das Licht der Welt erblickte. Das Licht der Welt...ein seltsamer Ausdruck…denn hätte dieses schutzlose Wesen gewusst, dass sein Schicksal bereits feststand, dann hätte es die Geburt wohl verweigert und wäre lieber im warmen, schützenden Bauch der Mutter geblieben.
Als die Frau des Köhlers ihm vor nun knapp neun Monden mitteilte, dass sie wieder schwanger sei, da reagierte Dieser alles andere als begeistert...ganz im Gegenteil. Er schlug seine Frau heftig ins Gesicht und beschimpfte sie aufs Übelste: „kannst Du dummes, nutzloses Weib denn nicht Acht geben?“
Schnell hatten sie beschlossen, dass es schon schwer genug sein würde, die vorhandenen Mäuler zu stopfen. Ein weiteres, hungriges Geschöpf würde die Existenz Aller gefährden. Einige Tage vor der Niederkunft kam der Köhler betrunken heim und präsentierte seinem Weib einen widerwärtigen Plan darüber, was mit dem Säugling geschehen solle. Die Familie hatte den Sommer über zwei Schweine gemästet. Das Fleisch dieser beiden ahnungslosen Geschöpfe sollte die Familie sicher durch den Winter bringen.
„Es wird Schweinefutter...so schließt sich der Kreislauf“...lallte der Köhler stolz. Und auch wenn es uns zivilisierte Europäer zweifelsohne erschüttert, so reagierte sein Weib völlig nüchtern:
„So soll es sein“...eine Widerrede hätte der Köhler auch bestenfalls mit einer schallenden Ohrfeige quittiert.
Nun war es soweit...nach einem letzten Pressen, welches von einem lauten Stöhnen der Köhlerin begleitet wurde, war das Kind geboren. Die Mutter durchtrennte die Nabelschnur mit einem schmutzigen Messer und hielt den schreienden Säugling hoch. Aus dem Ende der Nabelschnur tropfte Blut auf ihren Bauch…ein Abbinden würde sich nicht lohnen. Er sah wohl und kräftig aus dachte sie...eigentlich viel zu schade, um nur den Schweinen als Futter zu dienen. Aber der Köhler würde sich auf keine Diskussion einlassen und sie bestenfalls, in ihrem geschwächten Zustand, auch noch verprügeln.
„Geh zu Deinem Vater…sag ihm, dass es geschehen ist“...wies sie ihren ältesten Sohn an.
Nur einen Moment später krachte auch schon die Tür der Hütte auf und der Köhler trat ein. Er war betrunken...wie eigentlich immer. Die kleinste seiner Töchter krabbelte ihm in den Weg. In seiner liebevollen Art gab er dem Kind einen kräftigen Tritt, so dass die Kleine an die Wand der Hütte flog, um dort wimmernd liegen zu bleiben.
„Gib mir das Kind...die Schweine haben Hunger“...sprach er und packte das Neugeborene grob am Arm. Ehe sich die Köhlerin versah, war ihr Gatte bereits wieder entschwunden und man hörte von Draußen bereits das Grunzen der Schweine. Sie bereitete sich derweil auf die Nachgeburt vor, während ihre Gedanken sich nun schon mit ganz anderen Dingen befassten. Die Geburt hatte sie viel Zeit gekostet. Der Köhler würde alles andere als begeistert reagieren, wenn am Abend kein Essen auf dem Tisch stünde. Nach ein paar Krügen Wein dann, würden sie sich auf ihr Strohlager begeben. Die Ereignisse des Tages lägen dann schon weit hinter ihr. Sie hoffte insgeheim, dass er zumindest an diesem Abend seine schmutzigen Hände von ihr lassen würde.
Der Köhler war indes mit dem Säugling in der Hand zum Schweinegatter gewankt. Die Schweine quittierten sein Erscheinen mit wildem Grunzen, denn wenn jemand kam, dann gab es Futter...ganz gleich woraus dieses bestand. Der Köhler hatte den Säugling nicht einmal richtig angeschaut und war nun im Begriff, diesen über das hölzerne Gatter zu werfen. Die Schweine schienen das zu ahnen und grunzten noch wilder...fingen nun auch damit an, sich gegenseitig zu beißen.
Wäre noch eine weitere Sekunde vergangen, dann hätte das Neugeborene sein Leben bereits unmittelbar nach seiner Geburt ausgehaucht, als etwas Ungewöhnliches geschah. Der Köhler hörte hinter sich Hufgetrappel, das, wie er unschwer erkannte, von mehreren Schlachtrössern stammte.
Der junge Graf Mordal, sein Lehnsherr, kam herangaloppiert...begleitet von zwei seiner Ritter, die volle Rüstung trugen. Außerdem wurden sie von einer Frau begleitet, was irgendwie unpassend erschien, denn im Kampfe würde dieses Weib wohl wenig nützen.
Der Köhler fiel auf die Knie ohne dabei auf den Säugling zu achten, der unmittelbar vor ihm in den Schlamm fiel und hemmungslos weinte.
„Graf Mordal...was verschafft mir die Ehre eures Besuches?“...stammelte der Köhler unbeholfen.
„Köhler...du bist ein nutzloser Barbar und kannst dich glücklich schätzen, dass ich dir dein armseliges Leben lasse“...schrie der Graf seinen Leibeigenen an... „wie lange warte ich nun schon auf die Pacht für das Lehen?“
„Die Zeiten sind hart Herr...Gesetzlose streifen durch die Wälder...es reicht nicht einmal für uns selbst“...erwiderte der Köhler unbeholfen.
„Deine Geschichten will ich nicht hören...gib mir das Kind, welches du gerade seinem Schicksal als Schweinefutter überlassen wolltest“...schrie der Graf weiter.
Nur einen kurzen Moment später nahm er den Säugling aus den zitternden Händen des Köhlers und reichte ihn sofort an die seltsame Frau weiter. „Amme...von nun an bist du für das Wohl dieses Knaben verantwortlich...mach deine Sache gut“...wies er sie mit strengem Blick an. Die Frau nahm den nackten, rosigen Jungen, hüllte ihn in eine warme Decke und hielt ihn direkt an ihre Brust. Sofort begann der Säugling gierig zu trinken und man spürte deutlich, wie mit der Milch auch Lebensenergie in den kleinen Körper floss.
Noch ehe der Köhler sich versah, da wandten sich seine Besucher auch schon um und galoppierten, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, davon. Lediglich der Graf blickte noch kurz zurück und warf dem völlig verdutzten Köhler einen Lederbeutel zu. Der Gesichtsausdruck des Grafen kam dem Köhler seltsam vor...er wirkte fast ängstlich...aber auch dankbar.
Als der Köhler den Beutel aus dem Schlamm holte, um ihn zu öffnen, da konnte er sein Glück kaum fassen. 30 Silberstücke füllten den Beutel. Ein unerwarteter Reichtum, der sie Jahre würde ernähren können. Er konnte es kaum glauben...womit hatte er das verdient. Jedes seiner Kinder hätte er für nur den Bruchteil dieses Geldes verkauft. Er würde in die Hütte laufen und seinem völlig verdutzten Weib den Beutel vor die Füße werfen. Diese würde vor Schreck und Glück erstarren. Die Zeiten der Armut...vorbei nun. Er wandte sich schon zur Hütte, um sein Weib mit der frohen Kunde zu beglücken, als in ihm ein weiterer, ekelerregender Plan reifte. Er hatte genug von der Armut...genug von den Kindern...seinem Weib...dem Leben als Leibeigener. Was sollte ihn davon abhalten einfach in das Haus zu gehen, Weib und Kinder zu töten und mit seinem neuen Reichtum in die nahegelegene Stadt zu ziehen. Das Geld würde, für ihn allein, auch zehn Jahre lang ausreichen. Wer wüsste schon ob er überhaupt noch solange Jahre zu leben hätte. Im letzten Jahr war er an einer Erkältung fast gestorben. Sein Kopf war damals so heiß, dass sein Weib bereits seine Kleider an die Söhne verteilt hatte. In dieser Zeit konnte jeder Schnupfen das Ende bedeuten.
Nun sah er sich bereits in den Gasthäusern der Stadt saufen und an jedem Abend mit zwei oder drei der Huren in seine Kammer verschwinden. So stellte er sich den Rest seines Lebens vor.
Weib und Kinder am Leben zu belassen, das wäre nicht gerecht...sie würden sowieso verhungern.

So hatte er es kurzer Hand beschlossen und er zögerte keinen Moment damit, sich auf den Weg in die Hütte zu machen.
Erklärung Köhler/Lehen + Recherche Mittelalter


Kapitel 2: Tief im Wald

Das Feuer prasselte unnatürlich stark, in schillernden Farben unter dem schweren, gusseisernen Kessel. Die Hand voll dünner Zweige hätte, zumindest unter normalen Voraussetzungen, niemals ausgereicht, um solche Flammen zu entfachen. Die alte Frau gab ein paar zappelnde Würmer in den Kessel und nahm mit einem zufriedenen Lächeln zur Kenntnis, dass diese weiteren Zutaten offensichtlich Wirkung zeigten. Auch aus dem Kessel schlugen nun bläuliche Flammen hervor. Deutlich waren jetzt auch Bilder über dem brodelnden Gebräu zu erkennen, die immer klarer wurden. Die Alte kicherte auf grausame, diabolische Weise, so dass jedem Beobachter das Blut in den Adern gefroren wäre.

Wer war die Alte? Nach außen hin eine klapprige, fast zerbrechliche Frau, der niemand etwas Böses zugetraut hätte. Ein ahnungsloser Wanderer wäre ihr im Wald vermutlich beim Tragen ihres Feuerholzes behilflich gewesen. Seine Hilfsbereitschaft hätte Dieser voraussichtlich mit seinem Leben bezahlt. Viele Namen hatte man Wesen wie ihr in den Jahrtausenden ihrer Existenz gegeben. Dämonen, Teufel...heute nannte man sie landläufig Hexen. In starker Verfassung konnte sie es mit einer ganzen Armee aufnehmen und diese, mit nur einem Handstreich, in die Abgründe eines grauenvollen Todes führen. Gejagt hatte man Ihresgleichen schon seitdem sie existierten. Am anderen Ende der Welt hatte man sie zuletzt fast getötet. Sie hatte die Magie anderer Kulturen unterschätzt und es wäre einem Stamm Eingeborener beinahe gelungen, ihr das Leben aus dem Körper zu saugen. Drei Winter lang hatte man die Alte durch magische Sprüche gebannt und ihr somit, nach und nach, sämtliche Kraft entzogen. Sie hatte sich schon fast mit ihrem Schicksal abgefunden, als einem ihrer Bewacher ein folgenschwerer Fehler unterlief. Tagelang hatte man sie mit magischen Bannsprüchen gequält und erneut so heftig auf ihren Körper eingeschlagen, dass sie hin und her geworfen wurde. Dabei hatte sich eine ihrer Fesseln gelockert, was der Wache, die neben ihr hockte, entging. Sie rüttelte an den Stricken und stellte zufrieden fest, dass ihr linker Arm frei war. Blitzschnell schoss dieser Arm nach vorne und riss der Wache den Kopf ab. Das Blut schoss aus deren Hals und schenkte der Hexe Unmengen an magischer Energie. Als der letzte Tropfen ausgesaugt war, da riss die Hexe den Rest der Fesseln entzwei, als ob Diese aus Papier seien. Das Blut einer zweiten, ahnungslosen Wache verlieh der Alten genug Energie, um die ärmliche Ansammlung von Hütten, in nur wenigen Augenblicken dem Erdboden gleich zu machen.
Hier nun, viele hundert Jahre später und an einem anderen Ort, wollte sie ihr Werk endlich zu Ende bringen.

Zufrieden blickte die Alte nun wieder auf den Kessel und sah, wie ein riesiger Mann aus der Tür seiner Hütte stapfte. Den Säugling, welchen dieser ahnungslose Trottel in seiner Hand hielt, erwartete ein ganz besonderes Schicksal. Dieser ahnungslose Knabe würde einen der wesentlichen Bestandteile ihres Planes darstellen. In diesem Moment jedoch, sollte er nur den Schweinen als Futter dienen. Aber die Alte hatte Vorkehrungen getroffen und ärgerte sich in diesem Moment nur darüber, dass der junge Graf noch nicht am Ort des Geschehens eingetroffen war. Sollte ihr ganzer Plan nur deshalb scheitern, weil dieser naseweise Graf Mordal sein Ross nicht entsprechend antrieb.
Jetzt kippte die Situation und die Alte stellte zufrieden fest, dass der Köhler sich wand und nun offensichtlich mit jemandem sprach. Wieder kicherte die Alte krächzend und wischte mit einer Handbewegung die Bilder über dem Kessel hinweg.
Der erste Teil ihres widerwärtigen Planes war gelungen. Nun galt es Ruhe zu bewahren...siebzehn weitere Jahre sollten vergehen, bis die nächste Station auf dieser endlos wirkenden Reise erreicht werden sollte. Aber was waren schon siebzehn Jahre...ein Wimpernschlag bestenfalls.


Kapitel 3: Blutgeld

Der Köhler trat vor die Hütte und wirkte wie im Rausch. Seine Kleider waren blutüberströmt, sein Gesicht kaum zu erkennen. Das Massaker, welches er angerichtet hatte, glich einer Schlachtung. Zur heutigen Zeit würde man von einem Amoklauf oder einer Familientragödie ungeahnten Ausmaßes sprechen. Die Presse würde noch Tage später darüber berichten...wahrscheinlich seine schlechte Kindheit dafür verantwortlich machen. Sein Weib und seine acht Kinder lagen in der Hütte hinter ihm. Ihre Schädel waren gespalten, Gliedmaßen abgetrennt, Eingeweide lagen verstreut umher...ein unvorstellbarer Anblick. Der Köhler hatte sie wie in Rage dahin geschlachtet und nicht eher von ihnen gelassen, bis auch der Letzte sein Leben ausgehaucht hatte. Nun war es getan. Der Köhler machte sich, jetzt schon relativ ruhig, an den Rest seines Werkes. Er nahm einen glühenden Holzscheit und warf ihn durch die offene Tür...sie sollten nicht Opfer der Wölfe werden. Die Hütte fing sofort Feuer und brannte, bereits kurze Zeit später, lichterloh. Nun wusch er sich, so gut wie es eben ging und holte auch die beiden Schweine aus dem Gatter. Sie sollten ihn begleiten. Wenn er Glück hätte, dann würden sie ihm noch ein Silberstück zusätzlich einbringen. Der Winter stand vor der Tür und fette Schweine standen hoch im Kurs. Seinen neuen Reichtum hatte der Köhler sicher in seinem Wams verstaut. Als Waffen trug er sein Werkzeug am Gürtel. So würde er fröhlich pfeifend in die Stadt wandern, um dort sein neues, sorgloses Leben zu genießen.

Ein oder zwei Stunden war es nun her, dass der Köhler die lichterloh brennende Hütte hinter sich gelassen hatte. Wenn er sich sputen würde, dann sollte er die Stadt schon am morgigen Abend vor sich sehen. Er würde gleich im ersten Gasthaus einkehren und sich besaufen bis der nächste Morgen graute. Sein Weg führte ihn nun durch besonders dichten Wald und seine Sorge schürte seine Aufmerksamkeit umso mehr. Ein Knacken von rechts...der Köhler blieb wie versteinert stehen. Er hatte schon die Hand an seinem Gürtel, um sein langes Messer zu ziehen. Ein junger Rehbock sprang direkt vor ihm auf den Weg, machte sich aber ebenso schnell wieder davon. Der Köhler lachte und scholt sich selbst seiner Ängstlichkeit. Nur wenige Meter weiter knackte es wieder...diesmal von links. Der Köhler war sich sicher, dass der Rehbock den Weg zurück suchte. Ein Irrtum...drei verwahrloste Gestalten sprangen auf den Weg vor ihm. Der Köhler erkannte sehr schnell, dass ihm diese Gesetzlosen nicht den Weg weisen wollten, sondern es auf sein Hab und Gut abgesehen hatten. Gerade erst hatte ihm das Schicksal unermesslichen Reichtum beschert und nun wollten diese Taugenichtse ihn berauben. Das würde er zu verhindern wissen.
Die drei Räuber waren alle mindestens einen Kopf kleiner als der Köhler selbst, der von mächtiger Statur war und somit in der Lage, diese Winzlinge allesamt in den Boden zu rammen. Sie trugen einfache, kleine Messer und machten nun Anstalten, den Köhler damit anzugreifen. Dieser hatte sein Messer bereits gezogen, welches ihm bei der Arbeit im Wald immer treue Dienste geleistet hatte. Zuletzt hatte er, mit eben Diesem, seine eigene Familie bestialisch umgebracht.
Sie sprangen alle zeitgleich auf ihn zu. Als wäre es ein Spiel, packte der Köhler den Ersten bereits und umfasste dessen Kopf mit einer einzigen Hand, einer wahren Pranke. Er schnitt dem Ahnungslosen die Kehle durch, schob ihn schon im gleichen Moment zu Boden, um dem Nächsten das Messer in die Eingeweide zu rammen. Töten, das war für den Köhler nichts Besonderes. Bei seiner letzten Wirtshausschlägerei hatte er drei Weiber zu Witwen gemacht. Als eine dieser Frauen, wenige Tage später, vor der Tür seiner Hütte stand und wie wild zeterte, da brachte er diese ebenso sorglos um. Das, vor den Augen ihrer zwei Kinder.
Das Blut schoss dem zweiten Angreifer aus dem Mund. Der Köhler war sich sicher darüber, nun auch Diesen erledigt zu haben. Der letzte Gesetzlose wich jäh zurück. Deutlich war die Angst in seinen Augen zu erkennen. Der Köhler stürmte auf ihn zu und versuchte ihm die blutverschmierte Klinge in den Bauch zu rammen...aber der Bursche war flink. Der Köhler sah ihm erneut in die Augen und stellte fest, dass die Angst gewichen war. Vielmehr schaute er am Köhler vorbei. Ein seltsames Lächeln...ja fast eine Gewissheit war in seinen Augen zu erkennen. Den Köhler beschlich ein dumpfes Gefühl, welches er, auch schon einen kurzen Moment später, bestätigt fand. Ein vierter Taugenichts, ein kleiner, drahtiger Kerl, hatte sich von hinten an diesen Berg von Mann herangeschlichen. Die Klinge seiner Axt spaltete den Schädel des Köhlers fast in zwei Teile, so dass Dieser schon im gleichen Moment tot zu Boden sackte.
Die beiden übrig gebliebenen Gesetzlosen zögerten keinen Moment und begannen sofort damit, ihr Opfer nach Beute zu durchsuchen. Einer steckte sich, mit einem breiten Grinsen, das Messer des Köhlers in den Gürtel. Das, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass dieses Messer gerade zwei seiner Kameraden getötet hatte. Als der Andere ins Wams des Köhlers griff und den Beutel, der mit unsagbarem Reichtum gefüllt war, öffnete, da schwanden den beiden Männern fast die Sinne. Schnell waren die Silberstücke geteilt. Jeder machte nun schon Pläne darüber, was er mit seinem neuen Reichtum anfangen würde.

In der gleichen Nacht, die beiden Gesetzlosen hatten ihr Lager in der Nähe des Weges aufgeschlagen, da wurden sie von einem Rudel hungriger Wölfe überrascht. Offensichtlich hatte der Geruch der Schweine sie angelockt. Es dauerte nur einige Augenblicke bis Beide ihr Leben aushauchten und die Wölfe ihre Beute im Rudel aufteilten. Einer von ihnen fraß sogar ein paar der Silberstücke...das Blutgeld hatte keinem Glück gebracht.


Kapitel 4: Der Fluch

Der Graf selbst ritt der kleinen Truppe voraus und als sich die Zugbrücke hinter ihnen schloss, da hatten alle das Gefühl, Unglaubliches vollbracht zu haben. Der erste Diener des Grafen eilte diesem entgegen und rief aufgeregt: „ist es vollbracht...habt ihr den Knaben gefunden, Sire?“
Der Graf nickte stumm. Allen war die große Erleichterung anzusehen.

Drei Winter war es nun her, dass der Graf diese Hexe hatte verbrennen lassen. Dieses Teufelsweib war schuld daran, dass es seither kein Lachen, kein Fest und keinen Frohsinn mehr auf dieser Burg gab. Aber das sollte nun ein Ende finden. Im Moment ihres Todes, die Hexe brannte bereits lichterloh, stieß sie einen furchtbaren Fluch aus. Alle Kinder dieser Burg sollten von nun an tot geboren werden. Als ob das allein nicht ausreichte, sollte der Graf selbst, nach zwanzig weiteren Wintern der Traurigkeit, von einem Drachen gefressen werden. Niemand sollte in der Lage dazu sein diesen Fluch zu umgehen oder das Leben des todgeweihten Grafen zu retten. Unmittelbar nachdem die Hexe diesen schrecklichen Fluch ausgestoßen hatte, verschwand sie auf unerklärliche Weise. Nicht einen Knochen oder ein Rest ihres Umhangs hatte man nach dem Löschen des Scheiterhaufens gefunden. Sie war einfach verschwunden.
Viele waren seither gekommen und gegangen. Hexen, Zauberer und Gelehrte trafen reihenweise ein...geholfen hatte ihnen Keiner. Zwei dieser Hexen landeten selbst gleich auf dem Scheiterhaufen, weil sich der Graf von ihren lächerlichen Versuchen verspottet fühlte. Einmal kam ein Mann und brachte dem Grafen den Kopf des Drachen, der ihn Jahre später töten sollte. Schnell war dieser „Drachenkopf“ als geschändeter Pferdekopf entlarvt. Mit eigenen Händen schlug der Graf selbst dem Narren seinen Kopf ab. Dieser prangte noch heute auf einer der Zinnen, um andere Taugenichtse abzuschrecken.
Man hatte jegliche Hoffnung verloren. Selbst Frauen, welche die Burg verließen, um ihr Kind zur Welt zu bringen, gebaren dieses tot. Es schien alles verloren und sinnlos, als eines Tages eine kleine, uralte Frau zum Grafen vorgelassen wurde.
„Was willst Du...Weib?...und ich warne dich...fasse dich kurz...meine Zeit ist kostbar!“...schrie der Graf sie an.
„Zuallererst erwarte ich euren Respekt...denn ich werde es sein, die euch aus eurem Schicksal befreit“...entgegnete die Alte gefasst.
Der Graf wurde puterrot: „Wachen...tötet die alte Krähe...sie scheint von Sinnen...los...tötet sie!“...brüllte er gereizt.
Eine der Wachen löste sich von der Tür, zog gelangweilt sein Schwert und holte zum finalen Hieb aus. Dieser sollte der alten Frau Kopf und Rumpf voneinander trennen. Anders jedoch als erwartet, prallte die Klinge von der Alten ab und die Wache flog, samt ihres Schwertes, in die Ecke.
„Es bedarf mehr um mich zu töten...und wenn ich noch ein falsches Wort aus deinem Munde höre, dann müssen deine Untertanen nicht länger auf deinen Tod warten“...zischte die Alte und war noch immer völlig gefasst.
Es verging eine gefühlte Ewigkeit bis der Graf seine Stimme wiederfand:
„Wer bist du...was kannst du für mich tun und was erwartest du als Gegenleistung?“...fragte der Graf... nun deutlich geschockt. Die Alte formulierte ihre Antwort so ruhig, als ob sie diese seit Monaten auswendig gelernt hätte und blickte in verwunderte Gesichter, als sie schloss.
Sie würde dafür sorgen, dass die Kinder auf dieser Burg wieder gesund zur Welt kämen. Der Drache, welcher dem Grafen das Leben nehmen solle, würde von einem jungen Mann getötet werden, der noch nicht einmal geboren sei. Ort und Zeitpunkt der Geburt dieses Drachentöters, würde sie dem Grafen, zu gegebener Zeit, mitteilen. Die verwunderten Gesichter der Anwesenden veränderten sich erst, als die Alte ihnen sagte, was sie als Gegenleistung für ihre Dienste erwarte. Die Verwunderung wandelte sich allerdings in Unglauben und Fassungslosigkeit.
Jedes zweite Neugeborene sei ihr zu überlassen und man solle ihr keine Fragen darüber stellen, was mit diesen Kindern geschehe. Sie ließ auch keinen Zweifel daran, dass wenn man versuche sie um ein Kind zu betrügen, einer ihrer Flüche die Konsequenz wäre...ein Fluch, gegen den der alte ihnen wie ein Segen vorkäme.
Der ganze Saal geriet in Aufruhr...Stimmen mischten sich mit dem Weinen der Frauen...der Weg des Grauens sollte kein Ende nehmen.


Kapitel 5: Wohlbehütet

Zwölf Jahre waren nunmehr vergangen, seitdem die Alte es vollbracht hatte, den Fluch abzuwenden. Man hatte sich auf der Burg damit abgefunden, dass jedes zweite Kind an die unheimliche Hexe abzugeben war und wie immer im Leben, traf es auch hier die Armen. Die Kinder der Bauern und der einfachen Arbeiter wurden geopfert. Die der reichen Kaufleute, der Gelehrten und Offiziere wurden verschont. Auf das heimliche zur Welt bringen eines Kindes stand die Todesstrafe für die gesamte Familie. Dass dies Wirkung zeigte, ist wohl nachvollziehbar. Wanderer, welche die Stadt regelmäßig besuchten, berichten über grauenvolles Wimmern und Schreie, die sie in den nahegelegenen Wäldern gehört hätten. Wirklich wissen wollte niemand was wohl mit den Kindern geschehe. Es wurde zwar viel hinter vorgehaltener Hand gemunkelt, aber klare Aussagen gab es nie.

Ein elfjähriger, stattlicher Knabe, lief an diesem Tage durch den Garten des Grafen, als er von einem der Diener gerufen wurde: „Siegfried...der Graf will dich sehen...sofort“...schallte es ihm entgegen. Es wäre wohl besser ihn nicht warten zu lassen, denn der Graf hatte nie wieder zu alter Lebensfreude zurückgefunden. Er war ein grimmiger, jähzorniger Mann geworden, an dem auch das Alter nicht spurlos vorüber gegangen war. Man sah ihn eigentlich nur bei Hinrichtungen oder Folterungen lachen und das gab seiner Freude eine besondere Note.
Siegfried eilte in den großen Saal der Burg und um dem Grafen gegenüber zu treten.
„Siegfried...du feierst heute deinen elften Geburtstag und es wird nun Zeit, das wir uns Gedanken um Deine Ausbildung machen. Du bist ein kräftiger, gesunder Bursche“...lobte der Graf ihn. Man hatte ihn selten so freundlich erlebt.
„Du kennst Ritter Henry...er ist Ausbilder meiner Leibwache und der beste Ritter weit über die Grenzen meiner Grafschaft hinaus. Er hat mehr Männer getötet, als zwanzig Weiber zu gebähren imstande wären“...fügte der Graf hinzu.
„Ja...natürlich kenne ich Henry...wie kann ich dienen...Sire?“...fragte Siegfried pflichtbewusst.
„Henry wird dich zu einem Ritter ausbilden, der, wenn Gott es will, ihn selbst noch an Kampfkraft und Eifer übertreffen wird“...antwortete ihm der Graf selbstsicher.

Und so war es dann...von nun an trainierte Siegfried zwölf Stunden am Tag. Schwerter, Keulen, Schilde und Morgensterne gehörten zu seinen täglichen Begleitern. Kein Tag verging, an dem er nicht mit Schmerzen oder gar Verletzungen in sein Bett gekrochen wäre. Das nur, um auch am nächsten Tage wieder neue Hiebe einzustecken. Ritter Henry kannte kein Erbarmen. Er nahm Siegfried so hart heran, dass dieser jeden Tag die letzten Grenzen seiner Kraft erlernte. Viele Männer waren in ihrer Ausbildung zum Ritter ums Leben gekommen. Nicht selten sah man auf der Burg einen Mann, dem ein Arm oder ein Bein fehlte.
„Er hätte ein guter Ritter werden können“...sagte man in solchen Fällen über diese Invaliden. Aber Ritter Henry hielt sich an Grenzen und immer dann, wenn Siegfried am Boden lag, beließ Henry es auch dabei. Offensichtlich hatte er Anweisungen vom Grafen. Einzige Vertrauensperson war für Siegfried seine Amme geworden, der er auch seinen Namen zu verdanken hatte. Als Graf Mordal sie damals nach einem Namen für den Knaben fragte, da antwortete sie sofort: „Siegfried“...denn so hätte sie auch ihren eigenen Sohn genannt, der, wie alle Kinder auf der Burg, tot zur Welt kam.
Sie nahm Siegfried oft in den Arm und wenn dieser nicht einschlafen konnte, dann sang sie ihm Lieder oder erzählte ihm eine Geschichte. Wäre da nicht Edward, der leibliche Sohn des Grafen gewesen, dann hätte man die Kindheit Siegfried`s als fast harmonisch bezeichnen können. Edward hatte an jedem Tag, den Gott werden ließ, eigentlich nur ein erklärtes Ziel: Siegfried das Leben schwer zu machen. Es verging kein Tag, an dem Edward nicht ausdrucksstark klarmachte, wer der rechtmäßige Nachfolger des Grafen sei. Wie oft hatte Siegfried in den letzten Jahren für Dinge gerade stehen müssen, die eigentlich Edward hätte verantworten sollen.

Jahre des Schmerzes und der Peinigungen waren vergangen. Morgen nun, im Alter von siebzehn Jahren, sollte Siegfried zum Ritter geschlagen werden. Die Geschichte, welche seine Amme ihm am Abend vor dem Ritterschlag erzählte, würde ihn nicht ruhig schlafen lassen. Sie hatte Siegfried in die Küche gerufen und dieser freute sich auf ein warmes Essen und einen gemütlichen Plausch, am Vorabend dieses wichtigen Tages.
„Marta...es riecht köstlich…ich könnte einen ganzen Bären verschlingen“...sprach Siegfried und umarmte Marta herzlich. Sie erwiderte seine Umarmung ebenso innig und bat ihn darum, sich zu setzen.
„Mein Junge...ein großer Tag steht dir bevor und ich bin so stolz, als sei ich deine Mutter...aber du musst vorher noch ein paar Dinge erfahren...deshalb rief ich dich“...erwiderte Marta und blickte ihn ernst an. Sie berichtete ihm von seiner Rettung und davon, dass er eigentlich nur den Schweinen als Futter hatte dienen sollen. Auch von seinen Eltern erzählte sie. Man hatte damals, kurz nach seiner Rettung, nur noch die abgebrannte Hütte mit den Gebeinen vieler Toter vorgefunden. Nun allerdings kam für Marta der schwerste Teil:
„Siegfried...Du hast eine Bestimmung...ein Schicksal...und es fällt mir sehr schwer dir davon zu erzählen“...fing Marta an.
„Du wurdest gerettet um einen Drachen zu töten...das ist dein Schicksal...deshalb lebst du hier und aus diesem Grund hat der Graf dich wie einen Sohn aufgezogen“...schloss sie zitternd.
„Einen Drachen?“...Siegfried runzelte die Stirn...“aber warum ich...es gibt viele tapfere Ritter auf dieser Burg?“
Marta erzählte ihm alles über die alte Hexe, den Fluch und seine Rolle in dieser Geschichte. Natürlich hatte Siegfried schon einige Gerüchte vernommen, die man sich im Hof der Burg zuflüsterte, aber er hatte ihnen bislang wenig Beachtung geschenkt. Nun konnte er sich einige Dinge zusammenreimen und einiges erschien im klarer als zuvor.
Sie saßen noch eine Ewigkeit zusammen. Als Marta ihn zum Abschied herzlich drückte, überkam Siegfried das Gefühl, als ob er sie zum letzten Male sehe.

Der nächste Tag kam und man hatte den großen Festsaal der Burg feierlich geschmückt. Große Fahnen, die das Wappen der Grafschaft zierte, überspannten den ganzen Saal. Es duftete nach erlesenem Essen und Scharen von Bediensteten sorgten für das leibliche Wohl der Gäste.
Drei Männern sollte heute die Ritterehre zu Teil werden. Alles junge, kräftige Burschen, die man in den letzten Jahren zu perfekten Mordwerkzeugen ausgebildet hatte. Siegfried war als Letzter an der Reihe. Er hatte sich den Ablauf gut eingeprägt hatte…es lief alles perfekt.
Als der Graf ihn, nur wenig später, in seine privaten Gemächer bat, da wunderte sich Siegfried nur wenig darüber. Marta hatte ihn am Abend zuvor bereits umfangreich unterrichtet.
„Siegfried...nun bist du ein Ritter und es ist Zeit dafür, dir deine erste Aufgabe zu erteilen“...klärte ihn der Graf in ruhigem Ton auf.
„Ich möchte auch nicht versäumen, dich daran zu erinnern, dass du mir soeben bedingungslose Treue bis in den Tod geschworen hast“...fügte der Graf hinzu.
„Wie kann ich euch dienen...Sire?“...fragte Siegfried pflichtbewusst und nahm eine gerade Haltung ein, in der er den Grafen um eineinhalb Köpfe überragte.
Siegfried hatte die Statur seines Vaters geerbt und selbst ältere Ritter gingen ihm aus dem Wege, wenn er sich auf dem Burghof umtat.
„Du wirst einen Drachen töten und damit den letzten Teil eines Fluches zunichtemachen“...antwortete ihm der Graf und wirkte in diesem Moment bei weitem nicht mehr so gelassen.
Nachdem Siegfried noch einige Instruktionen und einen prall gefüllten Geldbeutel erhalten hatte, verabschiedete ihn der Graf. Er ließ keinen Zweifel daran, dass nur ein Erfolg Siegfrieds akzeptabel wäre.

Am nächsten Morgen war Siegfried sehr früh auf den Beinen. Er instruierte seinen Knappen, Gunther, den er erst am Tage zuvor kennen gelernt hatte, die Pferde richtig zu zäumen. Eine weitere Stunde später öffnete man ihnen bereits die Zugbrücke. Beide hingen wohl ihren Gedanken nach und bereits nach der zweiten Kurve hatten sie die sichere Burg aus den Augen verloren. Ob sie jemals zurückkehren würden...es war mehr als nur ungewiss.

Kastell
Sphinx
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Re: Siegfried (Roman Kapitel 1-5)

Beitragvon Kastell » 17.02.2012, 15:29

schuldigung,

da wage ich mich mal frech vor: sobald ich lese "die acht kinder des köhlers", denke ich, ach ein historischer roman mit elendsbonus, gähn. oder soll es eine persiflage sein? sonst gib den leuten namen und den orten adjektive: "das dunkle innere der holzhütte roch nach vergammeltem fett und urin. rikes acht kinder saßen auf dem boden und spielten mit den knochen vom letzen huhn und den schaben. sie sahen kaum auf, obwohl ihre mutter im begriff war, ihnen ein geschwisterchen zu schenken. rike lag ..."

Ganz schnell gestrickt

kastell
Nobody in the lane, and nothing, nothing but blackberries,/ Blackberries on either side, though on the right mainly, A blackberry alley, going down in hooks, and a sea/ Somewhere at the end of it, heaving...


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