Einmal im Monat

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literathuren
Kerberos
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Einmal im Monat

Beitragvon literathuren » 06.03.2012, 00:16

Ich sitze in diesem Garten mit meines Freundes hochschwangerer Exfreundin, fünf Freunden derselben und ihren Eltern. Sie ist nicht von meinem Freund, welcher sich pausenlos das „Es hätte auch ich sein können-Szenario“ ausmalt, schwanger, sondern von ihrem Mann. Ein Pärchen, frisch verheiratet. Gratulation! Ein anderes Pärchen hier erwartet auch bald ein Kind. Meiner Meinung nach haben sie damit zu lange gewartet. Er ist mindestens 55, sie 41. Ich schätze, sie zählt zu den Menschen, die in egal welchem Alter bereits zu alt für egal was aussehen. Die werden eines dieser Kinder kriegen, die mir auf den ersten Blick unsympathisch sind. Sicher ist das oberflächlich und falsch, manchmal kann man sich gegen seine Gefühle allerdings nicht wehren.
Ein anderer ist 38. Er wirkt auf mich viel älter und gleichzeitig als wolle er zwanzig Jahre jünger auftreten.
Dieser idyllische Garten ist voll kleiner, liebevoll errichteter Plastiklandschaften, die von mannigfachen Modellzügen durchquert werden. Imposanterweise können sie Lieder abspielen, mit denen in Wirklichkeit zum Glück kein Zug die Menschheit belästigt. Würden sich mehr Menschen vor einen Zug werfen, würde er den Hühnertanz abspielen? Weil es für sie so unerträglich wäre, dass Menschen tatsächlich imstande sind, ein solches Lied in der Öffentlichkeit abzuspielen, oder weil sie einfach solch erbärmlichem Lärm ausgesetzt wären. Oder würde dann keiner mehr den Suizid auf dem Bahnsteig wagen, weil diese Art von Abgang einfach zu lächerlich, schandhaft und ehrlos wäre?
Ich will einfach nur gehen. Aber ich will mich ja zusammenreißen. Nur weil ich menstruiere, versuche das Rauchen aufzugeben, meines Freundes Familie eben kennengelernt habe und jetzt auf dem Geburtstag seiner schwangeren Ex sitze habe ich noch lange keinen Grund auszurasten.
So versuche ich mich mit Bier zu beruhigen. In diesem Land ist es allerdings üblich auf Feste den Alkohol selbst mitzubringen. Konnte ich aber im Voraus ahnen, dass diese Party so überraschend wundervoll und spaßig wird, dass wir sechs Stunden dort verweilen sollten, und daher ein ganzer Kasten Bier angemessen wäre? In meiner Verzweiflung bin ich allerdings so dreist, den aktuellen Frohsinn des Frischverheirateten auszunutzen und mir ein Bier von ihm zu ergattern. Fünf andere fand ich im Kühlschrank.
Was mach ich hier? Was habe ich mir eingebildet? Dass ich mit meinem Freund einmal ein solches Leben führe? Fröhlich in einem Haus wohnen, heiraten, schwanger werden, in einem geschmacklosen Garten sitzen und über dieses Leben ständig reden? Wir sind wohl einfach zu unterschiedlich. Er genießt diese Atmosphäre. Der Geruch der Natur, eines Buffets, Ungeborener in der Luft, herrlich! Wenn jemand hier die Zeit anhalten könnte, damit ich schnell eine Knarre holen und den Leuten hier die Rübe wegballern kann. Kabumm!
Aber wenn ich jetzt nicht meine Tage hätte, würde mir diese Party bestimmt gefallen.

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Re: Einmal im Monat

Beitragvon [) i r k » 06.03.2012, 01:37

habe ich noch lange keinen Grund auszurasten.

Schade, eigentlich. Ein paar Handlungen hätten dieser Ich-Erzählerin sicher gut getan. So sitzt sie eingemauert in ihrer kleinen Welt, ertrinkt in Verbitterung und verteilt sarkastische Urteile wie ungenießbare Gedankenkamelle. Was sie nicht gerade sympathisch macht beim einem Leser wie mir. Ein verschenkter Text: wenn einiges von ihren Gedanken an die Oberfläche steigen würde und in kleinen mehrdeutigen Seitenhieben sich in einem (leider nicht vorhandenen) Dialog Luft verschaffen würde, dann, ja, dann hätte dieser Text vielleicht einen Konflikt entfaltet, aus dem sich etwas hätte machen lassen.

Versuch das Ganze doch mal in einen Dialog umzuarbeiten und überlass die Urteilsbildung ganz deinem Leser.

MfG,
[) i r k
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Kastell
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Re: Einmal im Monat

Beitragvon Kastell » 12.03.2012, 23:27

ja, so ein drin und draußen ist immer schwierig und ein bisschen biestig, und ob es als kurztext funktioniert, also übers nachlesen des empfundenen hinaus? oder: wie kann man es einbauen? und würde ich einen langen text in diesem stil durchhalten?

fragt sich

kastell
Nobody in the lane, and nothing, nothing but blackberries,/ Blackberries on either side, though on the right mainly, A blackberry alley, going down in hooks, and a sea/ Somewhere at the end of it, heaving...


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