Arbeitstitel: Hungertod im Weizenfeld

In diesem Forum kann sich jeder mit seinem Text der Kritik des Publikums stellen. Selbstverständlich auf eigene Gefahr ...
heizungsluft
Kerberos
Beiträge: 8
Registriert: 13.03.2012, 02:06
Wohnort: München

Arbeitstitel: Hungertod im Weizenfeld

Beitragvon heizungsluft » 17.03.2012, 20:15

In einer ländlichen Gegend der Ukraine, vor einer kleinen aufgetreppten Hütte
mit Strohdach, war der Schnee, nicht braun , sondern weggeschmolzen
, im entfernten Deuschland stand Hitler vor der Machtergreifung.
Acht Winter, manche milder, andere strenger, indes der soeben vorübergehende,
an weißem Kälteprunk,der reichste, hatte die Tochter dieser Hütte, S hinter sich gebracht.
Obgleich sie ein Herbstkind war, geboren aus dem Schoß gefallenen Laubs,
der ihrigen Haare an Farbe ähnlich, marsrot im Glanz , karmesinrot in ihrer eigenen Wahrnehmung, prägte sie
die 4. Jahreszeit am eindringlichsten: mit kalten Füßen und leerem, knurrendem
Magen gingen die Tage trüb vorüber, der Wind nutze
jedes Loch, jeden noch so winzigen Schlitz in dem Trockenmauerwerk als Pfeife,
spielte darauf gräuselig schief und gab dem Hunger somit Klang.
Unter gewaltigen Massen von Schnee, neigten sich die bündig aufeinander gelegten
,rohen oder kaum behauenen Steine mit jedem Winter mehr zum eh schon winzigen Wohnraum hin.
Wenn die Holzträger des Pfettendachs, nachts besonders arg knarzten, der Schneefall
unentwegt Kristal auf Kristal setzte, im Gestöber die Hütte verloren ging,
hatte die Natur eine weiße Wand errichtet, die s am nächsten morgen entgegenschlug sobald sie
die Haustür nach innen hin öffnete. Um dem frostigen Käfig zu entrinnen, hob ihr Vater
sie zum offenen Fenster, gegenüber dem Eingang, in das sie bei niedrigen Temperaturen
einen Keil zu stecken pflegten, hoch. Ohne Mühe bekam sie ihren dünnen, blaßen Körper durch
die eckige Öffnung ins Pulvermeer. Nachgebend ihrem geringen Gewicht sank der Pegel des weißen Wassers und sie
mit diesem, helle Freude, die ihre Mundwinkel zu einem Lächeln nach oben hob.
Ihre Lippen waren geschwungen, wie der eisige Bach, hinter ihrem Heim, der seinen krummen Verlauf am graben und
schwemmen, vorbei an einer Formation von im Wind wankender Schwarzerlen, erst hinter dem gewölbten Horizont,
in von ihrer eigenen Füße nocht nicht erschlossener Gegend, abbrach. Ein Trampelpfad, mehr ein gerade gezogener
Strich Matsch verlief in Richtung anderer bescheidener Behausungen, die näher an den Feldern lagen, dort wo der
festgetretene Erdbrei an den Seiten zunahm und kurz vor der Flussbiegung als gekiester Weg über eine alte Brücke
führte. So gut es eben möglich war, also kaum sobald sich die Wolken entschieden grausam entluden,wurde versucht
mit eingespannten Pferden, einem alten,rostigen Pflug und gemeinsamen Kräften die Straße frei zu halten. Das ganze
kleine Dorf, was etwa 70 Personen vereinte, trat in Stiefeln zusammen um ihre Verbindung aufrecht zu erhalten, nicht
abgeschnitten zu sein vom großen Dorf und desen Markt, per Flug durch die beim einatmen schmerzende Luft keine
2 Kiolometer entfernt, per pedes jedoch behinderte ein kleiner Mischwald und verlängerte die Distanz um einen
Kilometer. Doch bevor S, Vater und Mutter den anderen Familien an der Brücke helfen konnten, warfen sie sich rücklings,
dumpfe Laute ausrufend, in den mannshohen Schnee und plätteten dadurch eine Schneise, einen Durchhau der
Anschluss an ein System ähnlich geschaffener Korridore fand. S mochte die hohe Albedo, des künstlich errichteten
Labyrinths, da ihre langen, festen Haare märchenhaft darin schimmerten und das Aufknacken zu Morgen des festen
Bruchharschs. Meist war sie eine der ersten wachen Personen, streckte alle Gliedmasen mit Gesicht verzerendem
Gegähne von sich und kletterte ohne sich zu waschen aus dem Fenster, nur damit sie
die verwinkelten Gänge mal hoppsend, mal schlendernd entlang gehen konnte. Mit ihren Schuhen drückte sie die
Kruste des oberen festen Schnees ein und lies erklingen das Geräusch das sie so mochte, das sie in aller Frühe vors
Fenster trieb. Grob jeden zweiten Winter, schien ihr, aber ohne ein Muster zu erkennen , fror der Neuschnee Schicht
über Schicht, verdichtete sich zu einem selbst Pferde tragendem, harten Untergrund, der Schneeschippen oder ihre
funkelnden Gänge obsolet machte. Der letzte Winter war ein eben solcher, Schlitten dienten als geeignetes
Fortbewegungsmittel, daher helle Freude bei den Kindern, Hänge und Schneeverwehungen wurden erklommen und
anschließend herunter gebraust, lautes Getobe im Wirbel, aufgeworfen von den Kufen, Rennen wurden gefahren, der
zugefrorene Fluss diente als Zielliene. Einmal hatte K, der älteste unter der Kindergruppe seine Kufen zu scharf
geschliefen, mit großem Vorsprung und lautem, unglück andeutendem Knacks brach er in das durchsichtige Eis ein.
Nach diesem Ereignis untersagten, ja, verboten die Eltern dem Fluss auch nur zu nahe zu kommen, egal wie dick das
Eis auch zu sein scheinte, egal wie vorsichtig sie es überqueren würden,ohne eine Erwachsenen geht kein Kind zum
Wasser. Aufgrund dieser Einschränkung musste sich K viel an hören, allerdings entgegnete er trocken, er habe gesiegt,
nie hatte jemand solch einen gewaltigen Vorspung gehabt. Als neue Markierung dienten die Spitzen, der herrausluckenden
Zaunpfosten von L, auf der anderen Seite der Häuseransammlung. Jeweils zwei Mädchen fuhren gegen einen Jungen,
immer verwegener wurden die Sitzpositionen, gingen über zu angebenden Posen und endeten im kopfvorraus Liegen,
bis wieder etwas passierte und F mit seinem Gesicht gegen einen Pfosten donnerte. Unmengen an Blut flossen aus F
schiefer Nase. Vor Schock und Schmerz wand dieser sich auf dem kalten Boden, K musste ihn beruhigen und nachhause
bringen. Alle anderen Kinder trotteten den roten Punkten im Schnee hinterher, oder aber liefen
Hilfe holend vorraus. Das Geweine wurde vom Wind getragen, das Geheule und Geplärre war noch in der Weite
deutlich zu hören, der Pfarrer kam entgegen geeilt um nach dem Rechten zu sehen. F wurde in der Kirche verarztet,
bekam einige Schelte seiner Unbedachtheit wegen, wurde Belehrt über die Gefahr und Unkontrollierbarkeit der
Geschwindigkeit, der Rest der Herranwachsenden machte kehrt mit der Absicht ihre in der Aufregung und Zwecks
unnötiger Störung sowie Verlangsamung zurückgelassene Schlitten zu holen. Während dem Marsch bewarfen die Knaben
die Mädchen mit Schneebällen, geformt aus blutigem Schnee. Der Ekel war groß. Panisch kreischend liefen die Mädchen wie aufgescheuchtes
Vieh auseinander, hielten ihre Arme schützend an den Kopf, eine stolperte und fiel hin, die anderen liesen sie den Buben ausgeliefert zurück.

Zurück zu „Texte“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 64 Gäste