Probe + Layouter gesucht

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ich555
Kerberos
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Probe + Layouter gesucht

Beitragvon ich555 » 30.03.2012, 10:35

Hey,

suche einen Layouter, gibt drei Freiexemplare. Hier ein Ausschnitt, das komplette Ding findet ihr unter:
http://berlinhauptstadtderarschloecher.wordpress.com/

Kritik (oder ein Verleger) ist natürlich auch willkommen, wird aber nicht viel ändern, da schon alles fertig ist.

"Berliner Küche – Fleischvorschlaghammer
Eine Grundvoraussetzung um sich schlecht zu fühlen, ist, dass man sich mit Müll vollstopft. Das hat der Berliner jahrhundertelang auch getan. Aufgrund der Lage in Vorsibiren und der bitteren Armut stand vor allem eines auf der Tageskarte: Reste. Die preußisch-protestantische Berliner Küche integrierte aber auch Einflüsse aus Schlesien, Böhmen, Ostpreußen, Mecklenburg und Pommern sowie den Hugenotten aus Frankreich - durch Vereinfachung. Aufwendige Zubereitungsformen und raffiniertes Würzen sind ihr fremd. Mit der einsetzenden Industrialisierung und der einhergehenden Turboverelendung dürfte sich die Nachfrage sogar auf Ratten und unverwertete, aber leblos scheinende Mitmenschen ausgedehnt haben. Ein Pferd, dass den Anblick der vollgeschissenen Straßen nicht mehr ertragen konnte und herzkaspernd zusammenbrach, stellte schon ein Festmahl dar.
Und wieso sollte man auch gut essen? Zumal man lange nicht wusste, was gut, außer viel, bedeutete? Das Leben war kurz und mies, es war sinnvoller sich, auf Wichtigeres zu konzentrieren. Das typisch deutsche Dreiklang auf Fleisch-, Kohlehydrat und Grünzeugbrocken war auch der Berliner Standard, nur noch gröber und unappetitlicher als in der restlichen Walachei. Die Weltkriege und die Luftbrückejahre im Westen brannten sich in den Berlinerschädel ein. Er lernte, zu essen gibt es „Nüscht mit Nüscht“. Das ist denn auch die größte Angst des Berliners geblieben, weshalb er sich zu jeder sich bietenden Gelegenheit bis über alle Maßen voll haut. Ab den 1960er-Jahren ging es los mit der Zusatzstoff- und Spritzmittelparty, sodass selbst das am unschuldigsten dahindämmernde Obst ein Garant für einen qualvollen und langsamen Krebssiechtod war. Nicht zu vergessen die lustig in allen in der Natur Gift signalisierenden Farben leuchtenden Gummibärchen, die sozusagen den Express ins Krematorium darstellten.
Im Osten war das Essen konform mit dem Restleben einfach nur trostlos. Alles schmeckte halb, hatte vielleicht aber auch nur halb so viele Zusatzstoffe. Das Einzige, was dort konsequent besser gemacht wurde, war das Design der Verpackungen. Der verkrüppelte Staatskapitalismus der DDR war nicht in der Lage, mit dem Logo- und Farbenfetischismus der BRD mitzuhalten, und so strahlten viele Ostprodukte eine minimalistisch - kühle Selbstsicherheit aus. Die konnten sie auch haben, da es keine alternativen Angebote gab. Mit der Wiedervereinigung blieb ihnen allerdings nur der Gnadenschuss. Seitdem geistern sie in Ostalgikerkreisen umher und mahnen gegen die optische Verschwendung.
Seit den 1990ern hätte man es in Berlin besser wissen können. Tat es aber natürlich nicht. „In die Fresse ballern“ ist neben dem obligatorischen Snobismus immer noch die Gunst der Stunde. Fastfood ist allgegenwärtig und formt aus den Stadtbewohnern verquollene tranige Säcke. Will man das vermeiden und sucht die Berliner Küche in dunklen Altmännerspelunken, so wird man ebenfalls enttäuscht. Nicht nur, dass diese kaum mehr Gerichte anbieten, da die bösen Döner ihre Gastrogelüste erstickt haben. Auch ein original Berliner Essen ist deprimierend. Denn es hat keinen Wiedererkennungwert. Es gibt keine durchgehende Narrative, die die wahllos zusammengepanschten Zutaten auf klebrigen Holztischen verbindet. Was haben grüner Bohnentopf mit Speck und Zwiebelschnitzel gemeinsam? Was Knacker mit falschem Hasen? Was teilen Braten und Klöße und nur die Klöße für Hartzer anderes als die Soße? Die Berliner Küche ist ein wildes Sammelsurium. Verzweifelte Wechseljahrezeitschriften versuchen periodisch wiederkehrend, darin einen Vorteil zu sehen. Die bunte Zusammensetzung sei ein Schmelztiegel, nehme das Beste aus allem, ja sei ein Symbol für die Weltoffenheit der Stadt und ihrer Bewohner. Wer das glaubt, dem gehört derartiger Druckmüll zentnerweise zwangsernährt. Die Planlosigkeit der Berliner Küche besagt nichts weiter, als dass sie keine ist. Sie hat keine Identität, bis auf ich-hol-mal-das-was-noch-da-ist-aus-dem-Schrank. Die Berliner Küche ist, war und ist nichts als Resteverwertung auf niedrigstem Niveau. Die Spärlichkeit der Zutaten wird durch Menge und Grobschlächtigkeit vertuscht. Wenn es gängige Zutaten gäbe, dann ist es die eigene Haarwürzung, tote Fliegen und Knorpel. Der einzig wiederkehrende Geschmack ist ein schales Mundgefühl von altem Fett, in dem man den Geiz und die Verachtung des Wirtes schmeckt.
Auf jeden Fall ist man besser beraten, sich an die eingeschleppten Kulinarien zu halten. Denn ja, Berlin hat mal wieder seinen einzigen Vorteil ausgespielt und aufgrund seiner eigenen Unfähigkeit das Tor für Kreativere frei gemacht. Arabisches, indisches oder türkisches Essen ist weitaus billiger und hochqualitativer als das, was einem als deutsch verkauft wird. Hungrige müssen dafür allerdings in Bürgerkriegszonen wie Neukölln, Kreuzberg oder Teile von Schöneberg fahren, was einen Großteil der Großbürger abhält. Einkommen minus Selbstwertgefühl ergibt Standesdünkel, der isst dann beim Chinesen am Kurfürstendamm und wundert sich, wieso es schmeckt wie reingepisst. Und nicht mal mehr chinesisch rein gepisst, sondern vom polnischen Hilfsarbeiter. Diese Gastronomie kann man getrost vergessen. Aber wenn man in Charlottenburg oder ähnlichem wohnt, kann man eigentlich alles vergessen und sollte sich an die Wand stellen lassen.
Die wichtigste kulinarische Errungenschaft Berlins ist ohne Zweifel der Döner. Der macht nicht schöner, aber dafür nicht ganz so fett und hässlich wie anderes Fastfood. Wobei das, was der Berliner Döner zu nennen pflegt, im Verhältnis zu seinen Vorfahren in der Türkei ein wahres Monstrum ist. In Istanbul wird ein Baguette halbiert, mit würziger Soße bestrichen und mit Kräutern und ein wenig Fleisch befüllt. Döner übersetzt dort als leichter Snack. In Berlin heißt Döner Fleischvorschlaghammer. Das dünne Brot flüchtet sich vor den Fleischmassen im Inneren, zerquetscht und vom dominanten Rotkohl deprimiert, vegetiert dazwischen das Gemüse. Das Ganze ist in einer der drei Fettsoßen ertränkt, die jeden Eigengeschmack optimal vernichten. Das Ungetüm muss mit an Maulsperre grenzenden Bissen gebändigt werden, es folgt der Dönerkampf. In diesem ist Kollateralschaden unausweichlich. Das Gemüse seilt sich panisch ab, die Zwiebeln sprengen sich durch den Raum und das Fleisch greift Passanten an. Die Soße verteilt sich über dem Gesicht des Essenden und kultiviert die Berliner White Trash Akne. Glaubt man ihn gebändigt zu haben, dann setzt der Döner sein letztes Mittel ein: den Dönerbruch. Den Alptraum eines jeden Hungrigen. Das dünne Brot bricht auf und aus dem Bauch des Döners quillen die bunten Dönerorgane, Soße und Fleisch über Hände und Kleidung. Wer den Döner im Sitzen aß, ist spätestens jetzt fertig.
Was bleibt, sind deprimierende Reste aus fettdurchsupptem Brot und Fleisch. Das Fleisch, durch das man sich mit so viel Mühe durch die Sättigungsbeilage Gemüse durchgearbeitet hat, ist nun zu viel und erinnert beim essen an pure Butter. Der Döner hat gewonnen, er gewinnt immer. Selbst wenn man denkt gewonnen zu haben, warten vielleicht noch Spätschäden wie kecke Hirnhautentzündungen oder zumindest Magenverstimmungen. Der berüchtigste Rattendöner am Aufgang des U-Bahnhof Alt-Tempelhof hat viele dahingerafft, zum Schluss auch sich selbst.
Dieses Szenario ist unvermeidlich, variiert aber in seinem Schrecken je nach Dönerart. Hühnchendöner sind die Lightversion für den kampfesunwilligen kurdischen Vaterlandsverräter. Die echten grauen Wölfe1 nehmen das übliche Dönerfleisch. Es soll Rind sein, aber woraus es tatsächlich besteht, ist schwer zu sagen. Die riesigen Spieße sind eine Masse aus Fleisch und Fett, und können von Leichen, die es wegzuschaffen galt, über Styropor, bis zu Biomüll alles enthalten. Frostschutzmittel muss aber drin sein, sonst würden sie die langen ungekühlten Fahrten nicht überleben, auf denen sie regelmäßig von den Bullen hochgenommen werden. Der Gourmet entscheidet sich übrigens für den Lammfleischdöner. Gourmets sind aber beim Döner fehl am Platz, die können gleich Schawarma essen.



Schawarma ist die arabische Version des Döners. Sie unterscheidet sich im Brot, das wie das eines Dürüm-Döners ist, also ein dünner Teig. Im Gegensatz zu diesem Monstrum ist das Schawarma kleiner, das Gemüse besser und das Fleisch frischer, egal ob Hühnchen oder Lamm. Die Varianten Fallafel, Hallouni, Makali und Kafta sind alle sehr empfehlenswert und wohl der Grund, wieso der Schawarma den Dönern zusehends den Rang abläuft. Neben kleineren Unruhen in der arabischen Welt und dem Fakt, dass Türken inzwischen wieder in die Türkei zurückkehren, da sie nach einigen Generationen gerafft haben, dass Deutschland siktir lan und der absolute Absturz ist. Besser spät als nie.
Aber auch die Teller in arabischen Restaurants sind besser. Nicht so seltsam überteuert wie die Dönerteller und nicht mit dem Hauch von Zwangsservice verbunden, das das Essen in einigen türkischen Aufsteigerimbissen infiltriert hat. Auch bei der Raumgestaltung geben sich die Araber noch richtig Mühe. Vom Hinterzimmer, das original wie das Innere eines Kleiderschranks 1982 aussieht an der Boddinstraße, über gammlige Liegerestaurants am Mehringdamm bis hin zur Orientkitschapokalypse an der Sonnenallee. Lichterketten und Plastikpalmen stellen eindrücklich dar, wie der Orient auf LSD aussehen muss und sorgen dafür, dass das Auge beunruhigt genug ist, um bei dem im Hummus versinkenden Berg Essen auf dem Teller nicht weiter irritiert zu werden.
Auch die Inder halten sich wacker. Die meisten Restaurants scheinen schon seit dreißig Jahren unverändert zu existieren und so schmeckt es auch. Um es gleich zu sagen: Indisches Essen ist immer geil, egal wie lieblos es hingerotzt wird. Und dabei geben sich viele Köche große Mühe. Aber die kluge Konzeption der Küche mit all ihren würzbedingten Geschmacksnuancen wird in der deutschen Küche fast nie erreicht. Wer sich die indischen Trashflair hingibt, kann einen Restaurantbesuch in der Goltzstraße im Schatten des Sozialpalasts zu einem kleinen Erlebnis werden lassen. Die brutal orange gestrichene Täfelung verbirgt nur mühsam eine verrottete Altmännerkneipe, die Fliegen bezeugen den guten Geschmack und der Handwärmer in den schiefen Toiletten zielt auch gerne schon mal an den Hals. Shiva und Vishnu leisten einem Gesellschaft und blinken wild, endlich mal ohne einem etwas verkaufen zu wollen. Obwohl Indien das Land des Raubtierkapitalismus per se ist, muss man den Indern zu Gute halten, dass sie vieles auch einfach aus Lust an der Unsinnigkeit veranstalten. Würde man nach dem Essen noch eine Ladung rote Farbe in die Fresse bekommen, ginge das Ganze als kleiner Urlaub durch. Die Ostasiaten hingegen beschränken sich auf Geschwindigkeit und Nüchternheit, was auch nicht die schlechteste Wahl ist. Wenn grade kein Fuchs verarbeitet wird.
Eine Berliner Kulinarie hat es geschafft sich zu behaupten: Die Currywurst. Sie hat zugegeben auch einen unschlagbaren Vorteil: den Preis. Wer auf jeden Cent achten muss, der bekommt hier so viel Fett wie nur möglich, es sei denn, er würde bei Aldi pure Schwarten kaufen. Der beste Ort für eine Currywurst ist Curry 36 am Mehringdamm. Die derb-anmaßende Freundlichkeit bereitet den Gast schon auf die Erniedrigung vor, die die Wurst seinem Verdauungstrakt bereiten wird. Dabei hat er eine wunderbare Aussicht auf die fertigen Mitesser, die sich allesamt selbst zu egal sind, um ihren Körper mit verwertbarer Nahrung zu versorgen. Ein bisschen links stehen Touris in einer hunderte Meter langen Schlange vorm Gemüsedöner an und erniedrigen sich ebenfalls vor den Berlinern. Nicht nur, dass ihr Fraß überteuert ist und schmeckt wie eingeschlafene Füße, sie sehen auch den Döner gegenüber nicht. Und in Mayonnaise ertränkte Pommes gibt es auch beim Currywurstladen.
Niemand behauptet, eine Currywurst sei ein passables Nahrungsmittel. Die ultimative Erniedrigung für das Schwein, dass in seinen eigenen Arsch gestopft wird, verbucht der Berliner als seinen Sieg, da er das in seinem Arsch befindliche Schwein in seinen Arsch schiebt. Dass er dabei mindestens so sehr verarscht wird wie das Schwein, ist dem Berliner wurscht, in seiner trostlosen Existenz gibt es weit wichtigere Probleme, Geld namentlich. Das einzig Sympathische an der Wurst ist ihre fuck off-Haltung gegenüber allem Lebensmittelsnobismus. Jede zermalmte Currywurst ist ein Tritt ins Gesicht der wie Pilze aus dem Boden schießenden Cabatterias. Außerdem dezimiert sie die Berliner – was will man mehr?
Interessant ist übrigens die Smileyliste, die nur der Bezirk Pankow veröffentlicht hat.2 Der Rest ist vor der Gastrolobby eingeknickt und stellt Finanzinteressen vor Transparenz. Wer hätte das gedacht bei der SPD am Ruder?
Berlin hat natürlich noch mehr zu bieten. Eventessen aller Art, Molekularküche, oder einfach Restaurants in hohen Türmen. Alles, was eine Möchtegernweltstadt so haben sollte. Gemeinsam ist allen nur, dass ihre Kunden ausnahmslos an die Wand gestellt gehören. Jeder, der selbst aus so primitiven Tätigkeiten wie essen ein Statusgewichse macht, hat sein Daseinsrecht verwirkt. Selbst die Genitalpräsentation in Autoform ist noch um vieles kreativer als das. Berliner Schwulenmagazine prämieren monatlich die besten Toiletten, natürlich mit einem manischen Augenzwinkern. Weit weg ist die Realisierung dieser Perversion aber nicht. Wieso sich nicht auch mit der eigenen Scheiße präsentieren, wenn schon das Essen eine Investition in das eigene Selbstvertrauen ist? Es müsste nur einen Weg geben, kostspielige Auswahl zu schaffen, und schon würden die Schlangen so lang sein, dass die Kokser Schreikrämpfe kriegen würden. Für essen ist Berlin also eine schlechte Wahl. Zum kotzen dafür um so besser."
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