Ausgang 21 - Folge jedem Zufall

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chriskahl
Kerberos
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Ausgang 21 - Folge jedem Zufall

Beitragvon chriskahl » 30.07.2012, 16:31

Hi Leute,

ich habe mich dazu entschieden, nachdem ich zwei Jahre daran geschrieben habe, mein Buch "Ausgang 21" als ebook zu veröffentlichen und beim Literaturwettbewerb der Zeit und epubli mitzumachen.

Um ein paar Stimmen für den Wettbewerb zu bekommen, will ich hier regelmäßig einige Teile aus meinem Buch veröffentlichen. Wem es gefällt, der könnte mir den Gefallen tun und diesem Link hier folgen und für mich abstimmen, damit ich im Wettbewerb in die engere Auswahl komme:

http://www.epubli.de/shop/buch/Ausgang- ... Kahl/17342


Aber jetzt mal zuerst ein paar Worte zu meinem Buch und danach ein Auszug. Ich freue mich auf Euer Feedback!!!

Inhalt:
Als der 21 jährige Ben erfährt, dass seine Freundin Julia ihn betrogen hat, packt er überstürzt seine Sachen und nimmt den nächstbesten Flieger nach Südspanien. Bereits im Flugzeug lernt er den rastlosen Finn kennen und folgt ihm nach Granada. Dort lässt Ben sich ziellos durch die Stadt treiben und trifft die deutschen Austauschstudentinnen Eva und Yvette, die im gleichen Hostel wohnen.

Das Leben in Spanien und die neuen Bekanntschaften lenken den Jurastudent sowohl von seiner gescheiterten Beziehung als auch vom hohen Erwartungsdruck seiner Eltern ab. Um die neue Leichtigkeit aufrecht zu erhalten beschließt er keine Entscheidungen mehr zu treffen und nur noch das zu tun, was sich gerade ergibt. Diese „Go with the flow“ – Mentalität wird zu einem Prinzip. Zufallsereignisse bestimmen sein Leben und plötzlich scheint alles möglich zu sein. Wie ein Spielball wird Ben zwischen dem undurchsichtigen Finn, der vernünftigen Eva und der tablettensüchtigen Yvette hin – und hergerissen. Als er sich unerwartet in die Medizinstudentin Eva verliebt und Finn wegen dem Verdacht auf Drogenschmuggel Probleme mit der Polizei bekommt, werden Entscheidungen von ihm gefordert: Soll er sein Studium abbrechen und in Granada bleiben? Soll er sich strafbar machen, um Finn zu helfen? ...



Auszug:

Im Locos läuft Minimal Electro. Ein blitzendes Stroboskop taucht den Club in ein grelles Licht und der Bass wühlt sich durch die Menge. Die Leute auf der Tanzfläche tragen entweder Holzfäller-Hemden oder abgewetzte Shirts. Es ist zwei Uhr nachts und für spanische Verhältnisse ist der Laden bereits ziemlich voll. Ich sitze mit Victor, einem Freund von Yvette, an der Bar.

Victor ist Mitarbeiter in einem Reisebüro. Auf den ersten Blick wirkt er wie ein Model. Seine große, schlanke Figur und sein jungenhaftes Aussehen erinnern an Christiano Ronaldo. Genau wie Ronaldo trägt er einen Ohrring und hat so ein schmieriges Lächeln im Gesicht. Wenn er nicht den Türsteher kennen würde, wäre er wohl nicht in diesen Laden reingekommen. Er ist zwar gutaussehend, wirkt aber billig. Warum Yvette mit solchen Typen abhängt, weiß ich nicht.

In jedem Fall ist Victor recht schweigsam und ein guter Trinker. Während ich mich an einer Cola festhalte und auf die Wirkung meiner Pille warte, hat Victor bestimmt schon sechs Jack Daniels getrunken. Victors übermäßiger Alkoholkonsum hat irgendwas mit Yvette zu tun. Ich vermute die beiden haben was am Laufen.
Doch heute Abend scheint Yvette sich nicht für Victor zu interessieren. Die rote Pille, die ich ihr gegeben habe, hat sie aufgedreht. Mit wirbelnden Haaren fegt sie über die Tanzfläche und treibt dort unten alle Spanier (einschließlich Victors Kumpel Ramon) in den Wahnsinn. Victor scheint Yvettes Auftritt weniger gut zu finden. Eifersüchtig glotzt er Richtung Tanzfläche.
„Wo hast du Yvette eigentlich kennen gelernt?“
„Ich hab‘ sie in einem Café getroffen“, antwortet Victor und beobachtet sofort wieder die Tanzfläche.
„Fickst du sie?“
„Was?“
„Na, ob da zwischen euch was läuft?“ Victor sieht mich wütend an – seine Augen glänzen. „Sie will keine Beziehung. Sie will nur mit mir schlafen.“
„Na, das ist doch wunderbar!“, rufe ich begeistert und will mit ihm anstoßen.
Doch Victor verschränkt seine Arme vor der Brust und gibt mir den bösen Blick. „Ich liebe sie aber.“
„Du liebst sie?“
Victor nickt.
„Dir ist schon klar, dass Yvette... wie soll ich das sagen. Na ja, dass sie sich gerne auslebt. Sie ist eben eine Künstlerin“, sage ich und komme mir dabei ziemlich dämlich vor. Vielleicht hätte ich das anders formulieren sollen.

„Sie ist keine Künstlerin, sondern eine Schlange“, sagt Victor entschlossen.
„So könnte man es auch sehen.“
„¡Puta madre! ¡Come me la polle!“, ruft Victor plötzlich, springt vom Barhocker auf und läuft rüber zur Tanzfläche. Dort fummelt Ramon ganz aufgeregt an Yvettes Brüsten rum. Mit einer keilförmigen Bewegung drängt Victor sich zwischen die beiden und reißt sie auseinander. Von der Bar aus hat es fast den Anschein, als würde Victor mit beiden Armen in den Spalt eines Felsen abtauchen und diesen auseinander reißen. Ich greife nach meiner Coke und sehe dabei zu wie die Menge einen Kreis um Victor und seinen Freund Ramon bildet. Niemand tanzt mehr zur Musik. Einige Gäste starren entsetzt auf die Tanzfläche. Andere rufen nach dem Sicherheitsdienst. Neben mir reißt jemand die Arme in die Luft und schreit:
„Los! Hau ihn weg!“

Victor wirkt aufgebracht. Mit irrem Blick geht er auf seinen Freund zu. Der kleine, aber stämmige Ramon versucht Victor zu beruhigen. Wie ein Prediger streckt er die Arme aus und scheint um Vergebung zu bitten. Von links kommen jetzt Sicherheitskräfte angelaufen. Mit ihren Lederhandschuhen schaufeln sie sich den Weg zur Tanzfläche frei. Wenn Victor vorhat Ramon anzugreifen, muss er es jetzt tun. Intuitiv scheint Victor das zu kapieren und schlägt zu. Doch der stämmige Ramon taucht ab und Victor taumelt ins Leere. Vermutlich aus dem Affekt heraus schlägt Ramon zurück. Ein rechter Haken und

KLA TSCH!

Victor geht zu Boden. Die Sicherheitskräfte erreichen die Tanzfläche und verdrehen Ramon die Arme. Vom Barhocker aus versuche ich zu erkennen, ob Victor sich wieder regt. Doch neben mir bricht Unruhe aus. Jemand schubst mich und ich verliere das Gleichgewicht. Ich taumele zur Seite und werde von jemandem aufgefangen.
Es ist Yvette.
Wie aus dem Nichts ist sie plötzlich neben mir aufgetaucht, greift nach meiner Hand und zerrt mich von der Bar weg. Alles geht viel zu schnell. Als ich daran denke mich zu wehren, stehe ich bereits in einer Kabine im Frauenklo. Yvette öffnet ihre Handtasche und zieht einen weißen Brocken raus. „Halt das mal!“
„Was ist das?“
„Speed.“

Yvette macht kurzen Prozess, reißt mir den Klumpen aus der Hand und raspelt mit ihrer schwarzen Amex den Brocken klein. Kurz darauf liegen fünf Bahnen vor uns. Yvette nimmt einen Strohhalm und zieht drei Bahnen in einem Zug. „Ist das geil“, sagt sie, verdreht die Augen und wirft den Kopf in den Nacken.
Mir kommt das alles irreal vor, irgendwie unwirklich, wie in einem Film. Während sich vor meinem inneren Auge noch die Bilder von Victor und Ramons Prügelei abspielen, hält Yvette mir den mit Speed verklebten Strohhalm hin.

Für einen Moment sehe ich wie mein Spiegelbild Yvette das Speed aus der Hand schlägt. Ich schreie sie wütend an, sage Pillen, Diazepam und Speed seien eine unverantwortliche Mischung, und außerdem sei sie Schuld an der Prügelei. Doch dann löst sich diese Vorstellung wieder auf. Ich greife nach dem Strohhalm und konzentriere mich auf die Bahnen.
Nachdem der letzte Krümel in meiner Nase verschwunden ist, richte ich mich auf und ein leichter Schwindel überkommt mich. Ich schließe die Augen und versuche mich zu beruhigen. Plötzlich spüre ich etwas zwischen meinen Beinen. Ich öffne die Augen und schaue an mir herunter.

Yvette macht sich am Reißverschluss meiner Hose zu schaffen. Ich schlucke und starre nach unten. Siedend heißes Öl fließt durch meinen Körper. Wie ein brachialer nach vorne drängender Bass donnert mein Herz gegen meine Brust. Augenblicklich wird mir schlecht und ich habe das Gefühl mich gleich übergeben zu müssen. Das hier ist falsch und verboten. Aber ich will mich nicht, kann mich nicht beherrschen, fühle mich angezogen: der Magnet des Zufalls. Er steuert mich und ich folge.

Mit einem kräftigen Ruck drehe ich Yvette um, reiße ihr das Höschen runter und dringe in sie ein. Wild und roh klatschen meine Hüften gegen ihren Hintern. Ein halbvoller Drink fällt um. Scherben splittern und ich dringe noch tiefer in sie ein, zerre an ihren Haaren.

„Fester. Stoß mich fester!“ Wie von Sinnen schlage ich gegen ihren Hintern. Dann verlangsame ich das Tempo, zerre ihr Kleid nach oben und befreie ihre Brüste.
Weiche teigartige Klöpse, anziehend wie Mondkugeln, plumpsen heraus, schwingen und baumeln durch die Luft. Ich knete sie, halte sie fest und stelle mir vor wie ich auf ihren Brüsten komme. Die Vorstellung macht mich rasend. Ich kann mich nicht zurückhalten und komme zwischen ihrem Po.

Als Yvette sich zu mir umdreht, glänzen milchige Tröpfchen zwischen ihren Beinen. Ihr Gesicht ist nass geschwitzt. Schweißperlen laufen über ihre Wangen und tropfen auf ihre Brüste. Völlig erschöpft versucht sie mich zu umarmen. Doch in diesem Augenblick wird mir speiübel. Mit beiden Händen stütze ich mich auf der Klobrille ab und würge. Ich stoße auf, glaube erbrechen zu müssen, spucke aber nur Schleim.


Angewidert und glücklich sitze ich in der Lounge. Gegenüber von mir sitzt ein Pärchen und knutscht. Ich habe mir eine rote Gauloises angezündet und versuche die Beiden zu ignorieren. Um mich abzulenken beobachte ich das Treiben an der Bar. Zwei Spanier in Holzfäller- Hemden und engen Jeans reden auf ein Mädchen ein. Sie lacht und ich bin mir nicht sicher, was ich denken soll.
Yvette ist längst weg – vielleicht auf der Tanzfläche, vielleicht nach Hause, was weiß ich. Nach meinem Kotz-Versuch sind wir an die Bar, haben vier Tequila auf Ex getrunken und uns aus den Augen verloren.
Ich wünschte Finns Pille würde endlich wirken. Dann könnte ich den Zwischenfall wenigstens auf eine undurchsichtige Ebene abstrahieren und in einen Zwischenraum einsperren, den ich im Idealfall, nie wieder betreten würde. Doch ich bin stock nüchtern und meine Gedanken zermürben mich: Was passiert wenn Eva von dieser Sache erfahren wird? Was wenn Yvette ihr alles erzählen wird? Was dann?
Vor ein paar Stunden wollte ich Eva noch verlassen und nach Buenos Aires fliegen. Doch jetzt habe ich plötzlich Angst sie zu verlieren.

„Calle de Reina“, sage ich zu dem spanischen Taxifahrer. Die digitale Anzeige auf dem Armaturenbrett zeigt 04.27 Uhr an. Am Horizont lichtet sich bereits das Schwarz der Nacht. Die Dunkelheit weicht einem trüben, wässrigen Licht, das sich wie ein undurchsichtiges Netz über Palmen, Hochhäuser und Kirchtürme spannt. Bald wird die Sonne die Stadt in ein neues Licht tauchen. Wie ich mich Eva gegenüber verhalten soll, weiß ich immer noch nicht. Nachdem ich den Rest der Nacht in der dunklen Lounge verbrachte und vergeblich darauf wartete, dass irgendetwas passierte, habe ich plötzlich die Geduld verloren und bin in ein Taxi gestiegen. Vielleicht hätte ich solange im Locos bleiben sollen, bis die Lichter angehen und mich jemand vor die Tür setzt. Einfach ein Taxi zu nehmen und in die Calle de Reina zu fahren, war wieder mal eine krampfhafte Entscheidung gewesen. Von wegen Go with the flow. In diesem Taxi zu sitzen, fühlt sich an wie eine Flucht vor mir selbst.

Wie ein Verstoß gegen mein einziges mir noch verbleibendes Prinzip...
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