Tödlicher Deal

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griechen
Kerberos
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Registriert: 11.08.2012, 21:44

Tödlicher Deal

Beitragvon griechen » 11.08.2012, 21:48

1.
„Bist du verrückt,das merkt doch jeder!“,flüsterte Bob mir ins Ohr.
„Besser geht es nicht,“flüsterte ich zurück.
Dann warf ich die Schaufel auf den Boden und flüsterte,diesmal etwas lauter:“Mach es du doch,wenn du es besser kannst.“
Ich wusste,dass er es besser konnte.Bob konnte alles besser als ich.Er hatte mehr Muskeln als ich,war schlauer als ich,und zudem sah er besser aus.Es dauerte nicht lange,da hatte er schon ein riesieges Loch gegraben.Wir nahmen den leblosen Körper und warfen ihn hinein.
„Lass uns verschwinden,“sagte Bob und lief zum Motorroller.Er setzte sich auf den vorderen Sitz,ich saß hinter ihm.Obwohl ich an so etwas gewohnt war,musste ich immer wieder an die Leiche denken.Mir schoss die ganze Zeit durch den Kopf,dass wir jetzt Mörder waren.Bob und ich,wir waren jetzt Mörder.Bei dem Gedanken wurde mir übel.Bob merkte,dass mit mir etwas nicht stimmte und blickte während der Fahrt zu mir zurück,dann sah er wieder auf die Straße.Anscheinend machte er sich Sorgen um mich,weil er nicht wusste,ob ich,das jüngste Gangmitglied das alles aushalte könnte.Als wir mit dem Roller durch den Park fuhren vergaß ich meine Sorgen,ich fühlte mich so frei,wie ich mich schon lange nicht mehr gefühlt hatte.
„Diese Kriminalität hat ja auch Vorzüge,“dachte ich.
Aber ich stand jetzt auf der Verbrecherliste der Polizei,das überwog alles.
Während ich auf dem Motorroller saß und über alles mögliche nachdachte,wurde ich immer mehr erschöpfter.Dieser Tag hatte mich müde gemacht,ist ja klar,wenn man einen Menschen ersticht,ihn mit dem Motorroller in den Wald bringt und seine Leiche da vergräbt.Aber jetzt mal die ganze Geschichte:
Vor einigen Tagen fing alles an:Ich lebte seit einiger Zeit im Heim,weil mein Vater weggelaufen ist,als ich klein war und meine Mutter ist vor kurzem gestorben.Meine Verwandten wollten mich nicht aufnehmen,deshalb bin ich ins Heim gekommen.Alle da wurden schon als Babys oder Kleinkinder dahin gebracht und ich war der einzige,der erst mit 14 Jahren da war.Ich wurde auf jeden Fall herzlich aufgenommen und es wurde sogar ein Fest gefeiert,das ganze Heim feierte eine Party,nur für mich.Natürlich versprachen mir die Leiter des Heimes eine rosige Zukunft,aber das,was wirklich passierte,war überhaupt nicht rosig.Kurz nachdem ich eingetroffen war,kamen einige Jungs aus dem Nachbarzimmer,Phlipp,Manuel und Bob.Sie waren alle älter als ich,vielleicht 15 oder 16.Sie sagten mir,dass sie jede Nacht in die Innenstadt von Hamburg gehen und auf der Reeperbahn ein bisschen abfeiern.
„Kommst du mit?,“fragte mich Bob
„Wird bestimmt lustig,“meinte Philipp
„Sorry,ich bin 14,ich kann nicht mitkommen,wenn die Polizei mich sieht,dann...“.
Weiter kam ich nicht,denn Bob unterbrach mich.
„Du bist ein Weichei,deshalb hast du wahrscheinlich an der Schule keine Freunde.“
Leider traf er damit genau ins Schwarze.Ich wurde in der Schule gemieden,ausgeschlossen und sogar gemobbt.Niemand wusste davon,weil ich es niemandem erzählt hatte.Wenn ich irgendjemandem auch nur ein Wort davon erzählen würde,ich weiß nicht,was die in der Schule mit mir machen würden.
„Die Bullen interessieren uns nicht.Wir sind Waisenkinder,die respektieren uns sogar,egal,was wir anstellen würden.“
Irgendwie klang das logisch.Wir haben schon genug durchgemacht,die würden uns nicht noch mehr belasten.Deshalb sagte ich zu,mich um zehn Uhr aus dem Heim zu schleichen und die Anderen an der U-Bahn zu treffen.

2.
Fischbek lag still da,obwohl es erst zehn Uhr war.Normalerweise lallten irgendwelche Betrunkenen herum und Nazis schrien ihre Parolen,aber heute war es ganz still.Aus dem Heim zu kommen war nicht schwierig,Wachen gab es nicht,man musste sich nur beim Heimleiter abmelden und versprechen,dass man vor Mitternacht zurückkommen würde.Das tat ich auch und ging zum S-Bahnhof.Dort warteten auch schon die anderen auf mich.Wir setzten uns hin und warteten auf die S-Bahn.Ich fragte Bob:
„Meinst du wirklich,dass die Polizei...?“
„Bleib locker,wir könnten vor ihrer Nase in einen Puff gehen,die würden uns nichts tun.“
Kurz darauf war die S-Bahn da.Ich setzte mich hin,kaufte die Fahrkarte und besetzte drei Plätze für die anderen.
Als wir Fischbek verließen,war ich noch voller Vorfreude,doch je weiter wir kamen,desto unruhiger wurde ich.Als wir an Neugraben vorbeifuhren,war meine Nervosität schon ein bisschen gestiegen,bei Harburg war ich schon ziemlich unruhig geworden und als wir endlich im Stadtteil St.Pauli eintrafen,fragte ich mich schon,auf was ich mich da eingelassen hatte.Wir stiegen aus dem Zug aus und verließen die Station.Bald darauf waren wir an der Reeperbahn.
Ich hatte mir die Reeperbahn anders vorgestellt,es lagen nicht überall Besoffene herum und es gab auch nicht an jeder Straßenecke ein Bordell.Trotzdem war mir die Reeperbahn ziemlichn unheimlich.Die Menschen hier waren sehr laut und es gab eigentlich niemanden,der nicht angetrunken war.Es war sehr laut und stickig.

3.
Der Abend an der Reeperbahn war nicht so gut,wie ich ihn mir erhofft hatte.Bob,der schon 16 war,hatte zwar ein paar aus einem der Clubs mitgebracht und die Polizei war nirgendwo zu sehen,aber wir,ich,Manuel und Philipp,saßen draußen.Natürlich war es schön,die Hintern der Frauen anzuschauen,aber es war nicht das,was ich mir von der Reeperbahn erhofft hatte.Wie auch immer,danach gingen wir zur Entspannung zu einer der Grünflächen in der Nähe der Reeperbahn und da passierte alles.
Wir waren alle schon ein bisschen angetrunken und im Park trafen wir auf einen Penner,der uns Gras anbieten wollte.Bob wollte das Zeug kaufen,aber ich erkannte die Gefahr.Bob ließ sich jedoch von nichts umstimmen und kurz darauf hatte er ein Tütchen davon erworben.Manuel und Philipp wollten schon los,um nicht zu viel Ärger von den Heimleitern zu kriegen,ich und Bob blieben noch im Park.
Es dauerte nicht lange,da merkte Bob,dass das Gras einfach nur Gras aus dem Park war und,dass der Penner,der ihm das Zeug verkaufte,ihn angeschmiert hatte.Bob war rasend vor Wut und rannte in die Richtung des Dealers,der noch in Reichweite war.

4.
Kurz darauf sahen wir,wie der Mann auf einen Motorroller stieg.Bob tauchte langsam aus dem Gebüsch auf,indem wir uns versteckt hielten und schlich zu dem Dealer.Bob stieß ihn vom Roller und würgte ihn.Ich versuchte ihn irgendwie aufzuhalten,aber er machte nicht den Anschein,als ob er aufhören wollte.Stattdessen würgte er ihn immer mehr.Je länger Bob würgte,desto heftiger schlug mein Herz.Schließlich rührte sich der Dealer nicht mehr.Und der Rest ist ja bekannt.Den Motorroller versteckten wir später in einer offenen Garage in einer Wohngegend.Dann stiegen wir in die U-Bahn und fuhren zurück nach Fischbek.
Gestern kamen dann die Bullen.Die sind uns irgendwie auf die Schliche gekommen.Irgendjemand hatte wahrscheinlich die Leiche ausgegraben und den Motorroller gefunden,auf jeden Fall wusste die Polizei jetzt alles über die Tat,als ob jemand neben uns gestanden ist und uns beobachtet hat.Danach wurden ich und Bob,wegen „dringendem Tatverdacht einen Mord an Mohamed Yilmaz begangen zu haben“ abgeführt.Auch Manuel und Philipp mussten auf die Wache.Wir wurden gefragt,was passiert war und,weil ich ein milderes Urteil erwartete,wenn ich die Wahrheit sagen würde,erzählte ich den Komissaren alles,was passiert war.Jetzt sitze ich in irgendeinem Raum,in irgendeinem Gang,in irgendeinem Knast,in irgendeinem Stadtteil von Hamburg oder vielleicht auch irgendwo außerhalb der Stadt und werde wegen „Beihilfe zum Mord“ und „Vertuschung einer Straftat“ angeklagt.
Ich kann nur beten und hoffen,dass das Urteil nicht zu hart ausfällt,denn ich kann ja nichts dafür.

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