Da geht ein Eiszapfen durch die Nacht

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Fladim
Kerberos
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Da geht ein Eiszapfen durch die Nacht

Beitragvon Fladim » 12.01.2013, 00:22

Deutschstunde an einem Montagmorgen. "Wer möchte seine geschichte einmal vorlesen",fragt die Lehrerin. Franz-Wilhelm zeigt auf.Getuschel."Der schon wieder". Gespielte Seufzer. Räuspert sich. Mit nasaler, kindlicher Stimme: "Ein Eiszapfen in der Nacht". Lautes Lachen.Junge in der Ecke reckt seine nase in die Höhe, mit imitierter Stimme:"Kaum hochnäsig." Mädchenkichern. "ich glaub du bist ein Eiszapfen."Sitznachbar dreht sich in Zeitlupe von ihm weg, wandelt parallel seine Mimik in eine immer erfreulichere um, je weiter er sich entfernt. Lesende läuft rot an, räuspert sich wieder, jetzt lauter: "Ein Eiszapfen in der Nacht. Da seh ich einen Eiszapfen, einen Eiszapfen in der Nacht. der strahlende Neumond, eingefangen in seinen Kristallen, in seinem glitzerndem Anlitz, seiner strahlenden Iris. er geht durch die Kälte, und die Kälte durch ihn, und sie durchfährt ihn, quält ihn, zwingt ihn zum Antrieb. Und er ist feste, er ist weiß, von weitem, man meint er ist ein Greis." Vereinzeltes kichern, schnauben, dann..losprusten. Die Schüler klatschen in die Hände, fassen sich an die Ohren. "Mein Gott, bist du aber witzig". Wälzen sich in gespieltem Amusement auf dem Boden, zum Todlachen. Lesende senkt die Augen, verletzt. Lehrerin, streng, aber nicht ernstzunehmen:"Pscht, jetzt seid doch mal leise. das ist ja der reinste Affensalon hier!" Schiebt Unterlippe vor, wie ein beleidigtes Kind. Den verstärkt verbalen Angriffen deutlich zum Opfer gefallen liest der junge stockend, ängstlich weiter: "Seine gebückte Haltung, die flatternden Augen, erblicken zum ersten mal das Licht, das Licht der Welt. Und plötzlich richten sich die Wirbel, die knochen krachen, die Arme wirbeln, und was wir sehen ist gerade so richtig. So gerade wie er geht, wie seine Haltung vor uns steht. Lichtstrahlen zwängen sich durch das Geäst, bringen mit Pinseln viele bunte frische farben in seinen Blick, befedern seinen Gang mit Blau und grün und seine Lippen mit Röte von Äpfeln, so tief. Da ging ein Eiszapfen durch die nacht, der fror, bis ins letzte Mark, erschütternd. Der fror bis auf den Grund der kalten Seen, bis auf den Grund der Winterzeit. Dann kam der Sommer, kam das licht, und Wärme schlägt böser Starre ins Gesicht, überleben tut sie´s nicht. Da geht ein Sonnenzwinkern durch die Nacht, der Vollmond, eingefangen in seinem Anlitz. Er ist ein-"
"Ein Möchtegern- Poet!!", ruft Tom, der Klassenclown. Johlen, brüllen. Jetzt meinen sie es ernst. "Und er denkt auch noch, das wäre gut." Wieder Lachen. Lehrerin hebt die Hände, sagt etwas, doch ihre Worte werden verschluckt von dem, wie sie es nennt, "Affensalon".
PS.: Das war erst der Anfang, ich hab schon eine Idee für den zweiten Teil, muss das allerdings noch ausschreiben und schauen wie das mit der Zeit läuft. Trotzdem viel Spaß beim lesen und danke für alle ehrlichen Kritiken :-)

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