Der Tod Kritikerin - Wolken am Himmel 27. Teil

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Pentzw
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Der Tod Kritikerin - Wolken am Himmel 27. Teil

Beitragvon Pentzw » 06.03.2013, 21:00

Was nun?
Ich lasse ganz schön den Kopf hängen. Meine Zukunft sieht düster aus. Wird mich der Polizist wieder nach Hause schicken, was anzunehmen ist? Das bedeutet, dass ich später nur der Lehrerin wegen vor den Kadi gezerrt werde, denn wenn, dann ist das in der Hinsicht zumindest gewiss.
Wie stehe ich denn da, wenn die Anklage lautet: hat versehentlich einen Brand in Nachbars Haus gelegt, wobei diese seine Nachbarin, eine Lehrerin, umgekommen ist? In Grund und Boden werde ich mich schämen! An mir wird das Etikett haften bleiben: Pauker-Eliminator. Manche mögen es cool finden, dass ich eine von denen, die uns die Kindheit schwer gemacht und versaut haben, dem Brand, dem Feuer „übergeben“ habe – Lehrerinnenverbrenner eben. Aber für die Mehrheit, für die Normalen, die Angepassten? Wie klingt das denn in ihren Ohren: Zündet das Haus eines Lehrers an, eine Lehrerin, seine Grundschullehrerin - schon etwas zweifelhaft und anrüchig. Nein, als eine Heldentat wird das nicht angesehen und erachtet werden – ich werde verkannt und lausig erscheinen.
Wie aber stünde ich da, wenn es hieße: hat seine Lehrerin und eine seiner verhasstesten Kritikerin umgebracht, ist Schriftsteller, will es zumindest sein, ist aber erfolglos geblieben mit seinen Werken, hat wohl deshalb seine Grundschullehrerin, die ihm das Schreiben beigebracht hat, abgefackelt und obendrauf eine Kritikerin dazu, die nichts von dieser seiner erlernten Schreibe gehalten hat.
Wenn man in diesem Handeln nicht einen Zusammenhang erkennt, muss man schon hirnrissig sein: diejenige Person, die ihm die Schrift eingebläut und diejenige, die dieses Schreiben daraufhin als wertlos abgekanzelt hat, hat er eliminiert, entleibt, getötet. Bei aller Grausamkeit der Tat und moralischen Niedertracht kann man ihm jedenfalls keinen Mangel an Konsequenz vorwerfen, da besteht eine offensichtliche Verbindung, muss eine sein. Insofern wäre doch einmal interessant, was er so geschrieben hat zu lesen, möglicherweise steckt darin auch ein interessantes geistiges Band, Konsequenz, Stringenz. Ja, ich lese einmal eines seiner Bücher, einmal sehen, was sich darin verbirgt, kann ja sein, dass ich eine Überraschung erlebe.
So oder so ähnlich kann ich mir das Gerede der Leute vorstellen, vor denen ich schließlich als einer dastehe, der seinen Weg zuende gegangen ist, einer, der sich nicht mit Halbheiten begnügt hat, sondern seinen Zirkel geschlossen hat.
Dass beide „Morde“ in Wahrheit Unglücksfälle waren, ist misslich, bedauerlich, aber das wissen SIE halt nicht. Nur ich weiß es.
Es passt auch zu mir: ein erfolgloser Autor begeht keine richtigen Morde. Nur richtige Autoren begehen auch richtige Morde, wenn sie es denn tun. Die Crux ist natürlich die: gute Autoren brauchen keine anderen Mitmenschen exekutieren, sie brauchen sich nicht zu rächen, haben kein Gefühl, Unrecht erleiden zu müssen, denn bei ihnen stimmt die Schrift. Nur schlechte oder keine Autoren brauchen Morde.
Wenngleich die Wahrheit die ist, das Pseudo-Autoren letztlich auch keinen vollführen, begehen können, weil genauso wenig, wie sie schreiben können, können sie morden, das die bittere Wahrheit. Nun gut, annähernde Morde vielleicht, sie verunglücken in ihrem Tun und Unterlassen, dann passiert etwas. Wie bei mir halt. Genauso scheitern sie beim Morden wie sie bei ihrem Denken auf der Strecke geblieben sind mangels Geist.
Ein schlechter Autor muss irgendwann einmal ins Fettnäpfchen treten in seiner Tapsigkeit, Unwissenheit und Schlaffheit. Sei es, dass er Alkoholiker oder Drogenabhängiger wird, was die Regel darstellt oder er begeht einen tödlichen Unfall, wie ich, wird Geisterfahrer oder Psychiater und hängt den Bleistift an den Nagel seiner Praxis.
Nun aber zwei Unfälle, das schlägt schon aus der Art. Deswegen glaubt man mir auch nicht, dass da der Zufall seine Hand mit im Spiel gehabt hat. Gut, ein Unfall, das kann man mir noch durchgehen lassen. Aber zwei, nein. Bei dem schlechten Autor. Nein, beim besten Willen nicht, undenkbar.
Genau darin liegt meine Chance. Kann ich die anderen davon überzeugen, dass zwei Menschen gewollt auf mein Konto gehen, dann wird man richtig hellhörig und achtsam auf mich. Was will ich mehr als Schriftsteller? Wenn schon nicht wegen seiner Werke Aufmerksamkeit bekommen, so doch wegen seiner Taten: Mein Ehrgeiz ist befriedigt. Denn es ist nicht so, dass man schreibt und dann sich Erfolg damit wünscht, sondern meist umgekehrt.
Aber ist das nicht bei vielen Menschen so, dass sie sehr, sehr ehrgeizig sind?
Sehr wohl!
Aber Autoren sind es mehr, sie sind unsäglich ehrgeizig, extrem darin zu schreiben, ihr Extremismus ist durchaus mit einer Geisteskrankheit vergleichbar, was schon Klügere als ich festgestellt haben.
Also - nichts Neues unter der Sonne dieser Erde eben – außer, dass sie für mich unterzugehen droht, wenn mir nichts einfällt, Hirnochse und Kuhmist.

Buch erhältlich unter:
http://www.pentzw.homepage.t-online.de/literatur.html

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