Erdbeben der Liebe I

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Pentzw
Kalliope
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Erdbeben der Liebe I

Beitragvon Pentzw » 09.07.2014, 14:41

Erdbeben der Liebe


12. Mai 2014-05-12

Hallo Werner,

Ich bin Gülgün. Alte Freundin von Cluj-Napoca in Rumanian. Wie geht es dir?
Ich bin in Deutschland. Ich habe deine Email Adresse und Telefonnummer übers Internet gefunden. Es war schon lange Zeit. Ich habe alle Daten verloren.
Ich gebe mein Handy und Haustelefonnummer. Bitte ruf mich an. Ich will mit dir reden.
Auf wiederhören,
Gülgün

Haus: -----------------
Handy: -----------------

Gestern hat mich Gül Gün angerufen.
„Ich bin müde...“ Sie sei 7 Mal in acht Jahren umgezogen, die Koffer nicht ausgepackt, keine Lust mehr zum Umziehen, sich ein Haus gekauft jetzt, da sich eine Mietzahlung nicht rentierte.

Sie will zu mir kommen oder ich soll und darf zu ihr kommen irgendwann im Juni.

13. Mai 2014

Hallo liebe Gülgün,

entschuldige die abrupte Trennung gestern Nacht und danke, dass Du Dich an mich erinnert und Dich gerührt hast.

Zu einem Tag treffen und darüber hinaus, bleibt es gerne, und unabhängig davon, wann Du willst, lade ich Dich zu einem Fest bei mir zuhause ein: am letzten Samstag des Monats Juli.

Sobald ich Zeit habe, rühre ich mich wieder bei Dir.

Seviyorum (Ich liebe Dich!)

Zuerst bin ich geschmeichelt, über jeden Menschen, der sich mir zuwendet. Aber wie ich sie erlebt habe, ist Sie auch eine sehr schwierige Person, nämlich ehrgeizig und sie sieht Konflikte in unserer Kultur, die sie von ihrer überträgt und ich nicht sehe und die es seit Hunderten von Jahren nicht mehr gibt.
Ich spielte ihr eine traditionelle Melodie vor, die sie mir in Cluj Napoca aufgezeichnet hatte. Ich glaube, sie erkannte es wieder.
Später in der Türkei, in Ankara, haben wir auch eine sehr komplex-aufgebautes türkisches Gitarreninstrument in der Hand gehabt, wozu sie meinte: „Die Orientalische Musik sei viel diffiziler als unsere, die westliche, mit nicht nur Halbtönen, sondern auch Vierteltönen...“

Wir haben uns in Cluj-Napoca, in Klausenburg, das ist in Rumänien kennengelernt. Ich war dort als Literaturprofessor angestellt, sie hatte ein halbjähriges Stipendium als Geologin erhalten.
Nach einem Jahr hatte sie mich zu sich nach Ankara eingeladen, worüber wir jetzt aber nicht am Telefon gesprochen haben. Cluj-Napoca, der Ort unseres erstmaligen Zusammentreffens, stand im Mittelpunkt unseres Gespräches. Nicht umsonst. Denn da war unser Himmel noch glücklich und rosarot gewesen, in Ankara schon von dunklen Wolken unentdeckbar.

Wir haben am Telefon diese Dinge nicht erwähnt, nicht jene, die sich in Ankara zutrugen, also nicht darüber gesprochen, dass wir uns noch einmal dort haben getroffen.
Nur Cluj-Napoca! Die Stadt der Liebe.
Zur Ankara-Begegnung: Ein Jahre danach hat sie mich dorthin eingeladen. Sie klagte darüber, ein Kind von ihrem Freund, dem Vater von zwei Kindern, den Lehrstuhlinhaber ihres Studienganges, habe abgetrieben zu müssen. Sie hat aber auch mit mir geschlafen gehabt in Rumänien. „Mein Baby!“, waren immer wieder ihre verzweifelten Worte und sie hat geflennt. Außerdem hat sie sich von mir bedrängt gefühlt und gefleht „wer beschützt mich“, als ich mich ihr näherte, so dass es nicht mehr zu einem intimen Kontakt gekommen ist.

Sie sehne sich auch nach Menschen, mit denen sie sich kultiviert unterhalten könne. Andere „Leute“ seien sehr platt. Sie sei entschieden für Trennungen bei Ehepartnern, bei der einer der Partner untreu gewesen ist. Sie sagt über Menschen/Leute/Gruppen anderer Meinung, dass diese „keine Ruhe gäben“. Hauptsächlich deswegen habe sie sich entschlossen, aus der Türkei ins „Hessengebiet“ auszuwandern, wogegen ihre Eltern gewesen waren. Ihre „Mutter“ sei verwirrt, verrückt und begreife die Welt nicht mehr richtig. Der Verlust einer Tante, eines Onkels, die frühzeitig an Krebs gestorben seien, hätte sie erschüttert. „Das Leben sei kurz, man weiß nicht, ob man bald wird sterben müssen. Sie kocht außerdem sehr gerne, was heißen mag, sie zu besuchen, bestünde darin, mit ihr sich interessant unterhalten zu können, während sie ein schmackhaftes Gericht zubereitet haben wird. Sie könne keine rauchende Menschen riechen.

Ich könne sie jederzeit anrufen, sie würde mich daraufhin bald anrufen.

14. Mai 2014-05-13

Du hast nicht das türkische Lied vergessen. Und „Seni seviyorum“ auch. Du bist ein besonderer Mann. Meiner Meinung nach, es gibt zwei verschiedene Glücke: bewusst und unbewusstes Glück.
Ich habe dich vermisst. Wenn Du Zeit hast, rufe das Händy an. Und dann kann ich Dich anrufen.

Gute Nacht Werner.

Bende seni sviyourm.

15. Mai 2014-05-14

Bende seni seviyorum - war ihr Gruß gewesen. Meine Rückantwort: was heißt das wohl? Ob ich ein besonderer Mann bin, ist die Frage. Ich glaube es nicht. Aber ein besonderer Mensch, im sinne von individuell wohl.
du sprachst von "betrügen", wie hast du deinem freund in ankara unsere begegnung geschildert, wenn überhaupt? hast du eigentlich kinder mittlerweile und wünscht Du Dir noch welche? – will ich ihr schreiben, werde ich wohl nicht, weil man solche Dinge doch lieber persönlich klärt.

Also schreibe ich ihr.

Liebe Gülgün,

würde mich sehr freuen, wenn wir uns bald sehen können, noch vor dem Fest, es gibt so viele Dinge, mit denen ich gerne mit Dir reden würde, die man aber von Angesicht zu Angesicht bereden soll.

biba

16. Mai 2014-05-15

Sie war viel krank.
Ich werde einmal fragen, wie es sich bei ihr dazu verhält mittlerweile.

Liebe Gülgün,

Du warst in Cluj-Napoca oft krank, wie verhält es sich damit mittlerweile?
Danke für dein angebot, dich jederzeit anrufen zu dürfen. es ist nicht gut für die flüssigkeiten und Hormone des Körpers viel zu telefonieren, von daher bin ich kein Vieltelefonierer.



18.05.2014-05-18

Hallo lieber Werner,

Ich habe Dich in meinem Traum gesehen. Pass Dich gut auf. Ich weiß es nicht. Aber das war merkwürdig. Ich meine, ein Dieb war aus Deinem Haus raus gegangen mit einer Packung. Er trug eine Maske und hatte Bart. Anderer Punkt war interessant. Weil du wusstest ganz genau, wer er war. Du hattest nichts gemacht. Du hast ihn gesehen. Aber wolltest Du ihn nicht fangen. Keine Ahnung, was bedeutet ist?

Ich kann nicht die Träumen gut kommentieren. Aber kann ich gut Kaffee interpretieren. Ich habe viele Geschichten.
Na gut, wenn passt zu Dir, will ich dich am 07.Juni 2014 Samstag besuchen. Ein oder zwei Tage. Ich muss Sonntag Abend oder Montag Morgen zurück fahren. 09.Juni ist Feiertag.

Wenn passt das nicht, bitte melde mich zurück.

Auf Wiedersehen

19.05.2014-05-19

Hallo liebe Gülgün,

Deine Angstvisionen zeigen, wie sehr Du Dich um mich sorgst, danke darum.

Es wäre mir lieber, wenn Du am WE beginnend am 29. Do/Feiertag, 30. Freitag, 31. Samstag, 1. Sonntag, an einer dieser Tage einrichten kannst zu kommen. Zwei Tage sind natürlich noch besser als einen Tag. Vielleicht kannst Du es so machen? Wäre schön.

Anbei habe ich Dir noch ein paar Bilder der letzten Jahre angefügt. Erschrecke aber nicht.:-), aber halb so schlimm, nur eine Verletzung beim Holzhacken, ich hoffe Du kannst etwas Blut sehen, wenn nicht lösche es halt schnell. Es ist das Selbstbildnis Herbst 2012.

Küsschen

23.05.2014-05-23

Als ich spielte „And drinking her wine“ aus dem Lied „Norwegian Wood“ von den Beatles, schrak sie in Cluj-Napoca auf: „Nein!“ Als ich meinte, wir sollten zusammenleben und das Erbe der älteren Generation übernehmen, selbst wenig konsumieren, sagte sie: „Nein!“ Erfreut schweifte ihr Blick über den Tüttelkram eines Basars. Wie sie aber mittlerweile „bescheiden“ geworden ist: nicht Ausgehen zum Essen, überhaupt Zuhause bleiben, wohingegen sie doch in Ankara meine Bescheidenheit abgelehnt und abgewunken hat.
Sie lief vor mir her über einen Basar, erfreut und erregt darüber, was es doch für schöne Sachen zu kaufen gibt. Dafür von den Dingen der Eltern zu leben, kommt nicht in Frage! Ich habe sogar noch Geschirr von meiner Großmutter von vor dem I. Weltkrieg.

Ich habe sie gestern darauf angesprochen, dass ich sehr verletzt gewesen bin, als sie mich dort hat abblitzen lassen. Sie sagte, sie wäre sich dessen bewusst gewesen, wollte mich anrufen zwischenzeitlich, aber habe meine Adresse verloren und damals auch, ihre Magisterarbeit zu ende machen. Aber heute wolle sie mich von meinen Wunden befreien, sie heilen, wie sie sich ausgedrückt hat.

Ich schrieb: „Als ich spielte „And drinking her wine“ aus dem Lied „Norwegian Wood“ von den Beatles, schrak sie in Napoca auf: „Nein!“ Sie stellt sich in ihrer Ehebeziehung auch als Opfer dar, die nur gegeben hat, aber kaum etwas zurückbekommen habe, worüber sie sehr „müde“ sei.

Sie sprach davon, dass sie gerne von mir deutsch-verfasste Gedichte korrigiert haben möchte. Ich schreibe zurück, apropos Korrektur: der zu Anfang unseres elektronischen Zusammengekommenen Begriffes „alter Freund“ träfe in unserem Fall nicht zu, weil es sich in meiner Person um einen „früheren“ Freund handelt.

24.05.2014-05-24

Ihr Traum vom Besuch eines Bekannten, der mich bestehlen soll, erinnert mich an einem von ihr berichteten Vorfall seinerseits in Rumänien, wo sie ihren Freund in Ankara stets davor gewarnt hatte, nicht alle Sachen, auch Geld offen herumliegen zu lassen. Da soll auch tatsächlich eine Reinemachefrau ihn bestohlen haben. Sie haben ihn ja stets gewarnt.
Das Gesicht des Mannes, der mein Freund sein soll, entspricht Besuch meines Freundes Thorston, der heute zu mir kommen will: Bartträger, wenn auch keine Maske. Aber die Maske könnte man ja als Mimikry, als Verstellung seiner wahren Persönlichkeit verstehen und interpretieren.
Ich werde ihn fotographieren und ein Bild Gülgüns zur Analyse schicken.


6.05.2014-06-05

Donnerstag.

Heute wird sie nicht anrufen, weil ihr zweiter Ehemann bei ihr übernachten wird, während der Zeit, wo er den Laminatboden in ihr Haus verlegt. Sie befürchtet, wenn sie mit mir telefoniert, dann könnte dies ihr ehemaliger Mann mitbekommen und sich weigern, weiter in ihrem Haus tätig zu sein.

Am WE dagewesen. Tagebuch-Eintrag: WE bei mir gewesen; ich bat sie um Verzeihung, weil ich nicht das für ihre spezielle Art zu kochen erforderliche Fleisch besorgen konnte; warf mich sogar auf den Boden, ihre Füße küssend, sie aber blieb ungerührt und verzieh mir nicht, brachte keine Worte auf, so oder so, stehe auf, machen wir kein Drama draus oder ist schon gut, vergessen wir es, nichts derartige kam über ihre stummen Lippen: ich war Schuld, dass es nicht dieses hühnerbasierende Stück gegeben hat, so dass sie die Zwiebeln für geschnittene Fleischbällchen nicht wie gedacht zubereiten konnte.

Sonntags abends, dem Tag, an dem sie nach Hause fuhr, ruhe.
Montag abends dann Anruf, verbleibend, dass ich sie Di-Morgens anrufen werde. Hob nicht auf; nachts um 2 Anruf: ging nicht hin; morgens teilte sie mir, sie habe sich „verbrannt“, müsse schnell und rasch zum Arzt; abends sagte sie, sie habe sich „angesteckt“, vaginale Entzündung, woraufhin ich ihr versicherte, beim am 16. Juni vereinbarten Termin beim Urologen mich auch nach Infektionen (außer dem Fruchtbarkeitstext und evtl. Prostata-Prophylaxe-Untersuchten) taxieren zu lassen. Bemerkenswerte medizinische Kenntnisse hat sie.

Zitate vom Wochenende.
„Papier ist geduldig, aber meine Scheidungspapiere nicht.“
„Was soll ich meinen Eltern ausführlich von meiner Scheidung erzählen, das klärt sich überzeugend, wenn ich mit dem Kind eines anderen vor ihnen auftauche.“

10. Juni 2014-06-11

Ein Tag: Gülgün will erst einmal 10 – 15 kg bis Oktober abgenommen haben („ich bin zielstrebig“), bevor sie sich befruchten lassen will. Dicke Mutter ist für Mutter und für Kind nicht gut, sagt sie. Ich sehe von daher den baldigen Arzttermin einzuhalten für übereilt an. Lieber erst mal Seminararbeit (für die berufliche Zukunft), Dacharbeiten (gesundheitliche Vorkehrung) und dergleichen (wie Schimmen, Schreiben usw. nachgehen und dann, sobald ich Luft und Freiraum habe, mich gemütlich zu einem Arztbesuch einzufinden, zumal ich dann die ärztliche Untersuchungen überlegter, sorgfältiger geplant und durchdachter angehen, über mich ergehen und gerechter erfüllen kann.

Tags darauf: Gestern Abend mit ihr telefoniert. Bin schwach geworden, weil sie erneut darauf drängte, am Montag, den Samentest zu machen - drängen ist der falsche Ausdruck, vielmehr kam mir kein Widerwort übe die Lippen. ( = Eigensinn bzw. Durchsetzungsvermögen).
Auf die Option hin, sie morgen wegen Seminararbeit sie nicht anzurufen, weckte die Eifersucht: „Ich kann nicht verzeihen, wenn man mich betrügt.“ Also gab ich auch hier kleinbei. (= Eifersucht ohne Wenn und Aber!)
Was triff auf meine Seite zu: Nachgiebigkeit auf der ganzen Linie...

12. Juni 2014

Gestern habe ich in meinen Französisch-Englisch-Handschriften-Aufzeichnungen geblättert. Ich dachte, jetzt hast du zig-Hunderte von Blättern mit Wörter aus deinen zu lernenden Sprachen auf Papier herausgeschrieben – und wozu die Mühe? Es musste eine Botschaft darin liegen. Nur welche, welches Wort ist es, dass mir den Weg weisen soll? Ich fand es schließlich: rachûte – Rückfall oder Regression. Das ist mein Stern, den ich befolgen soll, vielmehr den Weg, den ich stets verneinen, vermeiden und ausweichen werde: alte begangene Wege. Mein neuer Weg wird sein, stets den älteren zu vermeiden: Im Fall der neuen Liebe: nicht zu anhänglich zu sein, zu fügsam, zu folgsam, zu unterwürfig, zu Unbedingten-Gehorsam-Nachgebend.
Ich musste Schritt für Schritt vorgehen: zum Beispiel, zum Arzt zu gehen, nur wenn sie abnimmt. Ich fragte sie, ob sie schon begonnen habe, abzunehmen. Nein, ab morgen. Ich konnte schlecht sagen, dass ich am kommenden Montag, in vier Tagen nicht zum Arzt gehen werde. Eigentlich wäre es dann angemessen, wenn ich bei ihr im August verweile. Oder auch erst im Oktober, wenn sie mit ihrer Abmacherungskur zuende gekommen sein will. Nun, gut etwas spät.
Jedenfalls muss ich aufpassen, dass ich stets erst dann einen Schritt mache, wenn sie ihren gemacht hat.
Rachûte: Rückfall vermeiden!

Bei diesem nunmehr tagtäglich erfolgenden Telefongespräch war sie voller Wut, Hass und Getriebensein. Zum einen rief sie an, nicht ich, und zum anderen sogar eine Stunde früher. Dann legte sie los und beschimpfte ihren Mann als „dummer Mensch“. Gestern hatte sie noch gesagt, sie würde ihre Tochter nur ein paar Stunden diesem Menschen übergeben, aber unbedingt vermeiden wollen, dass sie bei ihm in seinem „schmutzigen, verwahrlosten, heruntergekommenen“ Haus übernachten würde. Jedoch, wenn ich käme, für ein paar Tage, dann würde sie das schon tun, ihre Tochter ihrem zweiten Exmann in seine Obhut übergeben. Sie wollte nicht, dass die Tochter durch fremden Männerbesuch irritiert sein würde.
Ich habe mir aber vorgestellt, nicht ein paar Tage zu ihr zu kommen, um die Umstände zu betrachten, daraufhin sogleich eine Entscheidung zu treffen, sondern mich eher umzuschauen, ihre Kinder auch kennenzulernen, das ganze Umfeld: Stadt, Land, Wasser usw.
Rachûte: falle nicht zurück, sondern äußere denen Wunsch zumindest das nächste Mal unumwunden. Sie muss auch zu Konzessionen bereit sein, sonst unterwerfe ich mich persönlichkeits-auflösend und identitäts-verlierend.

Gestern, am 10. Juni hat sie Geburtstag gehabt. Sie erzählte, sie feierte diesen morgen am Freitag, mit ihrem 2.Ex-Mann übrigens.
Ich entschuldigte mich, es vergessen zu haben, ihr gestern zu gratulieren, setzte ihr auseinander, dass ich niemanden Geburtstages weiß, nur meines, nicht das meiner Mutter, meiner Schwester, von keinem eben. Aber ich sagte: ich werde es ins Tagebuch eintragen, was hiermit geschehen ist.

Ich werde ihr heute Abend auf dem Klavier vorspielen, vor allem das französische „Feulliages mortes“ oder Englisch „Autumn Leaves“, damit keine harschen, verbitterten, scharfen, schnöden Töne mehr an mein Ohr dringen, sondern solch weiche, einlullende, befreuende, die aus dem türkischen Gesang blitzt, drängt und überschwemmt, wohlig narkotisiert, dass ich sofort danach einschlafen kann.

13.6.2014 Fr

Sie nimmt Beruhigungstabletten hin und wieder die letzten Jahre. Auch nahm sie welche, als sie bei mir war. Das war, wo das Albrecht-Dürerhaus steht und wir beim Café „Wanderer“ saßen, außerhalb am Tiergärtnertor-Platz, unter vielen Menschen und sie sagte: „Die Stadt interessiert mich nicht, sondern nur Du.“

14.06.2014 Sa

Gestern angerufen: „Kann jetzt nicht sprechen: Mein Ex-Mann ist da.“ Oberste Maxime und erster Stelle kommt bei ihr: Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit und ihr Leben sei Rücksichtnahme (= Ex-Mann darf’s nicht wissen, weil ihr gemeinsames Kind Schaden davontrüge), zum Heiraten wurde sie gedrängt; Geld gab sie ihren Eltern, bekam nichts zurück – auch die Schwester lieh ihr nichts; Eltern dürfen nicht von ihrer Scheidung erfahren. Sie ängstigt die Konsequenzen, die sie mit Nachteilen, mit Angst, mit Gewaltphantasien verbindet: erfährt ihr Mann von meiner Existenz, weigert er sich, das Laminat in ihrem Haus zu verlegen und hat materielle Nachteile – erfahren die Eltern von der Trennung, fürchtet sie psychische Repressalien = und so gleicht das familiäre Beziehungsgeflecht einem Nato-Draht-Zaun mit von Widerhaken vertäuten Stacheldrähten.

AM ANFANG;ALS SIE ANGERUFEN HATTE, DACHTE, ICH: IN LETzter Zeit schon und mittlerweile DIE DRITTE PERSON AUS MEINER VERGANGENHEIT, DIE SICH MELDET, möglicherweise getrieben von Reue, etwas anderes machen zu wollen oder es j e t z t besser zu machen, wie auch immer.
BEI EINER FRAU; DIE DIE UHREN ZURUECKDREHEN WOLLTE; GING ES BRUTAL.
BEIM ZWEITEN KAMEN WIR NICHT ZUSAMMEN: AUCH HIER VERSUCHTEN WIR, EINE ZWEITE CHANCE ZU NUTZEN, oder besser, wieder dort anzuknüpfen, wo wir unterbrochen worden waren oder uns unterbrachen, einer den anderen verletzte.
ALLER GUTEN DINGE SIND DREI? – BEI MENSCHEN GIBT ES KEINE GESETZMÄßIGKEITEN, KEINE PARALLELITÄTEN.

22.06.14

„Man sieht sich“, sagt sie anstatt: „Man wird sich sehen!“ Sie zu verbessern fiel schwer zunächst, hat einige Zeit gedauert, bis sie es kapiert hat: Bin gespannt auf heute, ob sie es „Gefressen“ hat und nicht wieder falsch macht.

Hat wieder falsch gemacht, allerdings nur einmal, weil sie es sofort kapiert hat, als ich sie darauf aufmerksam machte.

30.06.14

Ihrem Vater hat sie gesagt, dass sie sich von ihrem 2. Mann getrennt hat: jener hilft ihr nicht mehr bei der Hausrenovierung; ihre Töchter lachen über sie, weil sie nicht via Internet Bestellungen und Bezahlungen tätigen will, nachdem sie betrogen worden ist; Sachverwaltungsangestellte ihrer Behörde gegängelt sie und führen sie vor (das Gleiche wir mit mir gemacht); wir beiden miteinander haben in Rumänien unsere Partner betrogen, wobei ich mich sowieso von dieser trennen wollte und getrennt habe, wohingegen sie ihren geheiratet hat, der vor lauter Eifersucht sie dazu gebracht hat, die 1. Ehe zu scheiden.

2.07.2014 Mittwoch

Träume: Ich, dass meine sich von mir getrennt habende Freundin, um neue Abenteuer zu erleben, mit einem durchs Ohr und Lippe gestochenen Metallstück im Traum erscheint, wohingegen Gülgün davon träumt, mit einem Wohnwagen durch die umliegenden südlichen Länder zu reisen. Gestern diese meine Ex-Freundin angerufen: sie sei so schlecht beieinander und so wirr im Kopf, dass sie, obwohl vor ein paar Wochen angekündigt, sich doc h nicht mit mir treffen will und vor allem kann. Gülgün erzählt, sie habe nicht umhin gekonnt, mit mir zu schlafen, als sie vor ein paar Wochen zu Besuch war. Eigentlich habe sie nur mit mir plaudern wollen. Ich bin jemand, dem sie nicht wiederstehen könne und auch nicht, wenn wir uns wieder trennen sollten, eine Freundschaft unterhalten könnte. Heiraten will sie sobald als möglich, trennen und entgültig scheiden lassen will sie sich unbedingt auch nach türkischem Recht, ich kann mir nur den Beweis ihrer echten Liebe vorstellen, nicht durch eine Heirat, sondern durch ein gemeinsames Kind. Allerdings würde ich nur heiraten, nachdem ein Kind da wäre. Kann sie nicht auch die deutsche Staatsangehörigkeit haben, würden wir, wenn wir durch Europa reisen, mich sehr damit belasten, wenn sie an ausländischen Konsulaten herumsitzen müssten, um ein Visum zu erhalten.
Was ist Liebe?


Die zweite Chance

Die gleichen Argumente wie bei der ersten Chance, wenn auch nicht im selben Gewand: Kind, braucht legitimierten Vater usw.
Ich muss ihr das Gefühl geben, sich auch um ihr Kind zu sorgen: Zelten, auch für das Kind besorgen.
Ich soll ihr das Gefühl geben, ich würde mich um ihr Haus kümmern: Werkzeuge haben dafür.

Die zweite Chance oder das Spiel ist aus? Wie in Jean Paul Sartres Theaterstück; wo die Verstorbenen die gleichen/selben Fehler machen, wie zu Erdzeiten, nachdem sei noch einmal Leben auf der Erde führen dürfen, Schicksal, das man nicht entrinnt und entrinnen kann. Aber in Sartres Stück kommen die Menschen vom Himmel auf die Erde. Bei uns, Gülgün und mir, ist es wohl anders: wir haben nur eine Unterbrechung von 20 Jahren (zu bewältigen).

Sie hat mich angerufen, um einmal nachzufragen, wie es mir ginge, davon ausgehend, dass ich Frau und Kinder habe, wie halt bei normalen Menschen auch. Aber, dass sie dann auf diese Situation gestoßen ist, meine Lebenslage, verlassen von der Freundin, stets Kinder haben wollend, aber keine darin einstimmende Freundin und dass ich nichts, aber auch gar nichts vergessen habe, was vor 20 Jahren in Rumänien mit uns geschehen war, und das Lied, das sie mir beigebracht hat, welches ich noch kannte und ihr vorspielte, dann bei ihr auch der Wunsch, gerne eigentlich noch ein drittes Kind haben zu wollen, übereinstimmend mit meinem Wunsch, eines zu bekommen, das übermannte, überrollte, trieb sie in diesen unseren Sog der Liebe und Anhänglichkeit, in denen wir nunmehr strampeln wie in einem Mahlstrom.

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