Verbrannte Heimat III. - Der Nachbar, ein Dieb?

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Pentzw
Kalliope
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Verbrannte Heimat III. - Der Nachbar, ein Dieb?

Beitragvon Pentzw » 25.08.2014, 20:58

Der Nachbar – ein Dieb? – für Franz Kafka

(würde er sich im Grab umdrehen, wenn er dies läse?)

Dein Fahrrad ist mitten aus Deinem Garten heraus entwendet worden.

Du schaust erst Mal in des Nachbarn Garten, bei denen Du nicht unbedingt vermutest..., aber just bei denen stehen sogar noch ungeschützt, heckenfrei und zum Greifen nahe blitzblank geputzte, chromfunkelnde Fahrräder im Garten, während man Dir Deines vor kaum ein paar Minuten ratzfatz hat mitten aus deinem Garten entwendet.


Dir sind die Hände gebunden.


Eines Tages, Monate später, ich sitze in der Nischenecke auf der Terrasse, die zum Nachbarn grenzt: Jemand dort pumpt ein Fahrrad auf und ich plustere dick die Backen auf, weil sich mir ein Verdacht durch meine Gehirnsynapsen wendet und werkelt, als wäre es eine verrostete Fuchsschwanzsäge Bauart anno domino vobiscum, wo-bist-du?

Plötzlich hört das Geräusch auf.

Plötzlich hat das Geräusch gestoppt. Bestimmt in dem Moment, als ich die Backen aufgeplustert hat. Er hat es gehört; ich habe es gehört; wir haben uns erkannt.

Ich glaube meine Hirnkapillaren und –verzweigungen sich innerlich zu verzwirbeln zu spüren, mitunter hier und dort zerreißen zu hören.

Was bedeutet das, dass das Fahrrad nicht wird in Bewegung gesetzt nun, kein weiteres Geräusch.

Ich weiß es, das ist der Dieb. - Was hat es für einen Sinn, ein Fahrrad in Schuss zu halten, ohne dass es benutzt wird? Ein Reifen, der prall aufgepumpt und gepresst, vollgepresst ist und vor sich hinrottet, ungenutzt und jungfräulicher als Maria Selbtritt, ergibt keinen Sinn. Ein Nutzfahrzeug, ohne dass es seinen Zweck dienen und erfüllen kann, ist ein Witz, ein Verdachtsmoment, eindringlicher nicht er sein kann. Selbst und gerade bei einem mit dem ausgeprägtesten Hamstersinn, seinen Garten permanent tipp-topp in Stand und Schuss zu halten.

Das ist er!

Aber was kannst Du schon machen?

Selbst in dessen Garten steigen, um nachzuschauen?

Gut. Die Idee wenigstens.

Aber er hat Dein Eigentum, dieses neuwertige Fahrrad, gut verschlossen in einem Gartenhäuschen verstaut und hinter Gittern, dass es kein leichtes Ding werden wird, an es heranzukommen.

Ob man’s dann zu Gesicht bekomme, ist überdies eine schwerwiegende Frage eben.

Aber vielleicht kann man durch die Bretterluken lugen und es erkennen?

Günstigenfall.

Damit machst Du Dich schuldig, wirst zum Einbrecher, kannst des Diebstahls bezichtigt werden, sogar bestraft, schließlich hast Du keine Beweise, wenn Du vor endgültiger Ausführung der Inspizierung des Nachbargut-Häuschens entdeckt, gepastet, und an die Polizei angezeigt wirst. Ohne Verdacht, begründeten Verdachtsmoment, so wird es heißen, hast du keine Chance. Am Wahrscheinlichsten wird man annehmen, Du selbst wolltest einbrechen und bist auf frischer Tat erwischt worden: eine satte Geldstrafe winkt Dir. Das Fahrrad weg und obendrein noch eine Geldbuße.

Damit, mit der Zahlung der Strafe, wie man mit einem Minimum an Berechtigungsgefühl annehmen müsste, hast Du Dir nicht das Recht erkauft, mithilfe der Ordnungshüter, Deine begonnene Inspizierung fortzusetzen, im Gegenteil. Unter der Aufsicht der Polizei wird der Sachverhalt nicht aufgeklärt, indem diese vielleicht mal nachprüft, ob an Deinem Vermutung und Gewissheit etwas dran ist. Allen- und schlechtestenfalls wird man ein Spitzel hierher abkommandieren, oder Dich seit neuestem mit Polizeidrohnen obsverieren, scannen und infrarotdurchleuchten bis in die hinterste Ecke Deines Kellers, da kannst Du Gift drauf nehmen. Du bist letztlich der Doppelt und Dreifach-Gelackmeierte, und das gehörig!


So sitze ich tagtäglich oder in seltenen freien Momenten im Garten und luchse nach des Gewohnheiten des Nachbarn: Wann geht er; wann geht seine Frau – um eines günstigen Momentes gewärtig zu sein, über den Gartenzaun, nein die ist verwachsen, verheckt, und verdrachenzaunt, vielmehr über die Gartentüre zu steigen, unter all den argwöhnischen Augen der anderen Nachbarn, die dann über Dich denken, dass Wer-weiß-was-bist,-nur-nicht-ehrbar-und-vertrauenswürdig.


5-Jahre-Zurück: Ich beauftragte einen Gärtner, etwas das Biotop meines Gartens flurzubereinigen sozusagen. Dieser Nachbar stiftete dann diesen zum Abholzen eines m e i n e r Bäume an, damit dessen Pracht-Exemplar eines Rasens verschont wird von ein paar bunt malenden Pollen, Sprossen und Sprengeln, verschönert oder verschandelt wird, jedenfalls, der klaut natürlich auch anderer Leute Gegenstände - wie ein nagelneues Fahrrad, offen, unverschlossen sich präsentierend – das ist ganz und gar und durch und durch psychol o g i s c h.


Du und ich wissen jetzt auch, weswegen dieser Nachbar seinen Garten zu einer von Hecken und Drahtzähnen undurchdringlichen Schutz- und Trutzburg ausgebaut, aufgerüstet, bewehrt, entfremdet und verhöhnt hat. Es ist offenklar nunmehr, warum er so etwas macht, sein Heim zu einer Festung auszubauen: weil er ein Dieb ist!

Sind sie es nicht alle, die ihre Häuser zu Gefängnissen ihrerselbst machen!?

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