Erdbeben der Liebe III

In diesem Forum kann sich jeder mit seinem Text der Kritik des Publikums stellen. Selbstverständlich auf eigene Gefahr ...
Pentzw
Kalliope
Beiträge: 951
Registriert: 11.04.2011, 19:59

Erdbeben der Liebe III

Beitragvon Pentzw » 12.11.2014, 16:11

2014-08-13

„Ich bin eine stolze Frau“ , wodurch sie sich leicht verletzt fühlt. Einmal, als sie sich angegriffen fühlte von einer sie beide, Mann und sie als Schwangere, angesprochen habende Frau, findet sie, ersterer sei schwach.
„Warum machst Du noch ein Kind? Hast Du nicht schon drei?“, sagte die Bekannte. Sie als Schwangere ist pass erstaunt und fühlt sich in ihrer Ehre und wohl in ihrem Zustand, in dem sie sich befindet, nicht genug gewürdigt. Aber, wer sich nicht betroffen fühlt, den trifft es nicht und lass die Leute doch reden, dumm und geschwätzig wie sie sind, er lacht also nur darüber. Sie jedoch fühlte sich nicht in Schutz genommen von ihm, erwartete, dass er ein paar Paroli bietende Worte entgegnet. Von daher findet sie, er sei schwach.

2014-08-24

Bundesrepublik, Nordhessen, Autobahnraststätte Hasselberg Ost am 19.08.2014 vor einer Stunde angekommen, wartend auf Abholung meiner Gastgeberin. Sie brauche eine Stunde.
Ich beschwichtige mich, in dem ich vermute, sie bereitet Essen vor oder braucht sie für die 14 Kilometer Strecke von ihrem Ort nach hierher fast zwei Stunden, da sie sich so schwer tue mit dem Autofahren?
Ich muss warten.
Aber doch, später, sie hat tatsächlich einen Kuchen vorbereitet und gebacken.
Ich bin froh, dass ich aus der Einsamkeit Mittelfrankens von der vorhergehenden Freundin Trennung hier in der Nähe Gülgüns in Nordhessen die Nähe einer Frau genießen kann.

Gülgüns polarisierendes, dualistisches Schwarz-Weiß- Denken.
„Du wohnst mit Stefan in einer Wohnung, die getrennt voneinander sind, aber er muss durch einen gemeinsamen Flur in seine abschließbare Wohnung, während dieser Flur Durchgangspassage ist zu Deiner Küche, zu Deinem Klo und zu Deinem Schlafraum. Dein Nachbar oder Du musst gehen!“

„Das interessiert mich nicht!“
Oder mitten im Erzählen: „Das war’s!“
Oder: „Deswegen!“ Deswegen sag ich immer, dass... oder deswegen sag ich ja, das... Ich habe meistens Recht.“ „Ich bin zu klug, zu intelligent für die Männer.“
Dies Aussagen, die ich ihr nicht stets wörtlich, aber sinngemäß zuschieben kann.
Oder: Wir freuen uns über die gelungene Zeichnung von mir in meinem Notizblock. „Meine Stifte halt!“, sagt sie stolz.
Es ist nicht Egoismus, sondern Narzissmus. Es ist übertriebene Freude. Gefühle, die mit ihr durchgehen.

„Das verzeihe ich mir nicht, dass ich nicht sofort auf Dich gehört habe, als mich mein späterer Mann offenbar angelogen hat und ich es anhand des Passes eigentlich habe erkennen müssen, dass er gelogen hat, das habe ich vers..., zu schwach und inkonsequent, um die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen...“
Tränen fließen auf die Bank des Bahnhofs.
„Du wolltest halt erst einmal Deinen Magister machen.“
„Ja, und nach 3 Monaten, als ich ihn hatte, waren sämtliche Privatadressen verschwunden, so dass ich Dich nicht mehr erreichen konnte. Und Nicole auch nicht, meine Bekannte aus Rumänien.“
Sie meint, der Mann habe diese vernichtet.
Sich selbst etwas nicht verzeihen? Tut man das wirklich?

„Blaue Augen.“
„Was siehst Du?“
„Einen Haifisch oder einen Delfin?“
„Sturm oder Flachheit?“
„Wie meinst du, was das bedeutet?“
„Sturm ist eine klare Perspektive.“
„Flachheit...“
„...bedeutet Langeweile...“
„...hm...“
Sie hat schwarz gesprengelte, gelb-braune Augen mit einer schwarzen Pupille.

Morgens entdeckt sie, dass das Fenster im Schlafzimmer einen Spalt weit offen ist. Daraufhin legt sie sich wieder zurück ins Bett und klagt: „Ich bekomme Kopfschmerzen, wenn das Fenster offen ist.“ Jetzt erst hat sie sie bemerkt, zumindest geäußert.

2014-08-28

Sie bewegt sich nicht. Einerseits will ich ein passables Zimmer in ihrem Haus und sie möchte inzwischen auch, dass ich hauptsächlich dort wohne, andererseits räumt sie mir ein solches nicht ein, weil es ihrer großen Tochter weggenommen würde. Doch sie hat im Mezzanin zwei riesig-große Wohnzimmer, welche die Größe zweier normaler Zimmer umfassen. Also wäre genügend Raum vorhanden, dass ich meinen Bedürfnissen entsprechend, ein eigenes Zimmer als Arbeits-, Musik- und Rückzugszimmer benutzen und mir eingeräumt werden könnte.
Ich bewerbe mich sogar schon auf eine Stelle, damit ich ein einträgliches Einkommen habe, nachdem mein jetziges Betätigungsfeld geringfügig entlohnt wird, schwerlich zu einer austräglichen und –ausreichenden Lebenssicherung einer Ehe-mit-Kinder-Existenz ausreichen dürfte. Das Leben selbst wird sprechen müssen: Kind – dann werden alle Beteiligten sich bewegen und verrücken, nicht nur meine Partnerin.

2014-09-02

Sie räumt mir keines ihrer zwei großen Wohnzimmer aus oder ein oder weist es mir zu. Beide sind Räume von doppel-großen Zimmern. Bei dem, worum es sich dreht, stehen nur zwei Coache, eine Esstisch-Garnitur und ein Telefon-Sekretär. Dieses sei als Gästezimmer insbesondere ihren Eltern zugedacht und reserviert, für die drei Monate im Jahr ihres Besuches bei ihr. Enkelkinder brauchen ihre Großeltern und umgekehrt! Auch würde es für einen dritten Säugling eng werden, klagt sie mittlerweile. Nach spätestens zwei Monaten brauche es ein solches eigenes Zimmer.
Aber sie baue darauf, dass ich das Haus gegenüber der Straße kaufe, in dem ich selbst, aber auch das dritte Kind und sie mitunter unterkommen könnten. Hauptsächlich würde dies meine Heimstatt darstellen, der ich dort ungestört wohnen und hantieren, den zweiten Teil desselben vermieten oder als Nachhilfe-Räume herrichten könne. Nur gut, dass ich so weniges Mobiliar mitbringe, denn dieses sei bereits dort vorhanden; deshalb aber auch, weil in dem zunächst vorgesehenen, vorübergehenden kleinen Raum in ihrem Haus, vis-á-vis ihres Arbeitszimmers, nur Raum für einen Schreibtisch, ein Regal, kaum noch etwas anderes wäre. Meine eigene Computeranlage bräuchte ich nicht mitbringen, genügen täte eine kleine auch – später denn könnte ich in dem zu kaufenden Nachbarhaus endgültig meine Zelte aufschlagen, sprich die Dinge von Zuhause nachholen. Einstweilen würden die gut stehen dort, wo sie jetzt sind.
Die Begründung des kleinen Raumbezugs beziehungsweise größeren Raumentzugs: „Du sollst ja nur arbeiten!“
Wenn ich mich aber entspannen will? Nur in ihrem Bett?!
Mich zurückzuziehen, um etwa zu malen, nein, einzig meine Funktion des Ernährers und Ehegatten werde ich erfüllen und gerecht werden. Gänzlich mit meiner Vergangenheit brechen werde ich müssen, keinen Raum zum Musizieren oder Malen mehr haben, nichts mehr tun können, was nicht meiner Aufgabe und erörterten Vorstellungen gerecht wird.
Arbeitstier bin ich nur, wie bei einer Sekte, bei der einem, dem Neumitglied hier in dieser Familie, die eigene Identität geraubt wird. Sowohl mein früheres Ich als auch meine sämtlichen ehemaligen Freunde/innen wie Angela Merkl muss ich vergessen, zu der ich nicht mehr mich flüchten, sowieso nicht oder kaum in Kontakt treten darf in der bisherigen Art und Weise, dass ich bei ihr übernachte, die Aufgabe einer seit Jahrzehnten gepflegten Gebräuchlichkeit. Selbst in dem Fall, dass ich aus familiären Gründen, einer Hochzeit, Familienfeier oder Beerdigung in ihre Gegend kommen würde, wird es mir verwehrt sein, dort in einem separaten Raum zu nächtigen und ich mich in ein teueres Hotel würde einmieten müssen, so dicke wie ich ja mit Geld gesattelt, eingebettet und aufgeplustert bin.
Dagegen haben alle ihre verwandtschaftlichen Beziehungen und Belange Vorrechte.
Hier stoßen sich zwei verschiedene Biographien und jahrelang gewachsenen Beziehungen miteinander und gegeneinander, wobei ihre verwandtschaftlichen Bezüge und Belange Vorrechte besitzen, ungeachtet des bösen Vaters, der sie einst in die zweite Ehe geprügelt hat - alles dies spielt keine Rolle, ist vergeben und vergessen nunmehr.
Ist es Eifersucht? Wenn, kann sie durchaus auch mit ihrem Vater schlafen?
Und den Großeltern, egal, was sie sind, getan und nicht getan haben, wird alles verziehen und vergeben. Wärme verzeihender Familienethos. Gerechtigkeit spielt hierbei keine Rolle. Es sind ja meine Eltern oder was? Es sind meine Kinder, die brauchen... Das steht gegenteilig meinem Weltbild, meinem bisherigen Lebenswandel, Lebensprojekt, Lebenseinstellung, teilweise zumindest.
Sie wunderte sich darüber, dass meine Mutter den größten Anteil ihres Hab und Gutes gleich an die Enkelkinder weitervererben wollte, mich als Sohn überspringend: „Aber Du bist doch ihr Sohn!“
Geht es nicht hier auch um Gerechtigkeit? Soll nur auf meiner Seite diese eingefordert werden? (Heute, zwei Monate später, sehe ich das anders. Verzeihung bis zuletzt soll die Mutter genießen.)
Außerdem würde sie bei ihrem Exmann niemals nicht nächtigen wollen, warum ich dann bei meiner Ex-Freundin? Daran zeigt sich ihre Philosophie des Du-musst-Eier-zersplittern-wenn-Du-ein-Omelette-backen-willst, das Prinzip des Alles-oder-Nichts, stets die Brücken hinter sich niederzureißen, verbrannte Erde-Kriegs-Führung, wogegen ich mich an Frieden und gütliche Trennung halte.
Das Unterpfand ihrer Beziehungsvorstellung oder das Symbol, die Metapher guthin ist die „Ehe“, der ich nur die Funktion zuschreibe, dass die Rechtsanwälte und Notare den Reibach abschöpfen, während die Behörden zugucken und die Geistlichen ihren Segen dazu geben.

Am Wochenende war bei ihr im Dorf Weinfest gewesen, „Ich habe meine Blockierung endlich überwunden und bin unter die Leute gegangen und viele Männerangebote erhalten. Dabei hat mein Mann stets gehöhnt, ich kriegte keinen, kein Interesse seitens anderer und ich hätte keine Chancen.“
Frische Luft der Freiheit? Die zwei Kinder hängen an ihrem Rockzipfel. Sie hat einen Handwerker gleichen Mannes wie ich gefunden, der ihr den Fliesenboden wird machen.

Als wir ein Terrassencafé besuchten, versuchte sie ohne zu fragen von einer in einer im Rund um einen Tisch stehenden Stuhlreihe, die bis auf einem unbesetzt war, ohne zu fragen sich ein Sitzkissen zu ergattern, was jedoch von einer daneben sitzenden Frau mit einem besitzergreifenden Betatschen und mit den Worten „schon besetzt!“ vereitelt, unterbunden wurde.
„Hast Du denn überhaupt gefragt!“
„Ja!“ Ich habe nichts gehört gehabt, habe dies aber nicht gesagt, weil es als Vorwurf angekommen wäre. Ich habe ihr von einem anderen Stuhl nach Anfrage ein Kissen besorgt.
Kleine egoistische Eifersüchteleien, die die Schicklichkeit übertreten und verletzen.

2014-09-03

Ich habe ihr gestern den Link zum II. Kapitel „Trockenheiten der Liebe II“ gegeben.

Hallo Werner,
ich weiß es, was ich sagen soll. Deine Schrift „Trockenheiten der Liebe.“

Ich sehe schon, unsere Vergangenheit wird unsere Liebe töten. Ich habe über Dich große Spur gelassen. Mit diesem Schuldgefühl kann ich nicht leben. Wir werden uns immer erinnern. Deine Geschichte zeigt mir etwas Wichtiges. Ich habe Dich verletzt. Das ist die Wahrheit. Ich musste Dich nicht nach der Türkei einladen. Das ist mein Fehler. Ich hätte diese Liebe vergessen müssen.

Jetzt habe ich noch mal, zweite Mal Fehler gemacht. Ich musste Dich nicht anrufen. Ich gebe Dir immer Schmerzen. Ich wünschte nur Deine Stimme hören und wissen, ob Du gehst gut oder verheiratet, oder Kinder hast. Nur als eine Freundin von früher, aber wir könnten nicht nur als Freund sein, wie Angela Merkel.

Ich wusste nicht, dass wir eine Zukunft haben können. Es tut mir Leid, weil Du Dein Vertrauen für mich verloren hast.

19 Jahre sind schon vorbei. Ich will optimistisch denken. Ich will dich nicht noch Mal unglücklich machen. Ich will Dich nicht verletzen. Ich glaub, mit mir wirst Du nicht in Frieden sein. Verlass mich. Vielleicht, Du kannst Dich besser fühlen. Meine Liebe gibt dir Schmerzen und mir Schuldgefühl. Ich weiß es nicht, wie ich mit diesem Gefühl kämpfen kann.
Leider, meine Liebe kann nicht die Vergangenheit löschen.
Liebe Grüße
Gülgün

Reumütig hat sie geschrieben, dass der Schatten der Vergangenheit heute über uns läge. Sie hat genau verstanden, dass der Bericht wie ein Analyse gehalten ist, in dem die Meinung und Einstellung des Autors, von mir, nicht zu Tage tritt.
„Du bist sehr intelligent!“
„Danke!“
Ihr Vorschlag gestern war, wir sollten versuchen, das gegenüberliegende Haus zuerst für ein paar Monate für mich zu mieten, was die Lösung der für mich bei ihr als beengend empfundenen Wohnverhältnisse darstellt. Sie kapiert und reagiert sehr schnell.

05.09.14

Heute bin ich einer Frau aus der Nähe von Parsberg begegnet, aus einem Ort in der Oberpfalz, hügeliges bis mittelgebirgiges Umland auf einem landwirt- und forstwirtschaftlichen abseits auf einem mit 100 Pferden bestallten Ponyhof wohnend. Sie lebt dort mit ihren Kindern seit 10 Jahren in einer Gemeinschaft, die von einem Psychiater und Betriebswirt betreut wird.
Sie machte einen unsäglich traurigen, betrübten, Mitleid hervorrufenden Eindruck.
Sie war von ihrem Freund verlassen worden, von dem sie sogar noch zu ihren zwei Kindern ein weiteres hinzuwünschte.
Mit ihrer familiären Situation und ihrem Wunsch stellt sie die Parallelwelt zu Gülgün dar, nur hier in Bayern.
Ich habe ihr, der sie wünschte, meine Anschrift zu bekommen, meine Visitenkarte überreicht, so dass sie sich mit mir in Verbindung setzen kann zwecks, wie sie sagte, Vorbeischauens auf dem Reiterhof, welches auch ein Café mittlerweile besäße, überhaupt expandiere – und so war es nicht klar, ob sie sich für mich interessiere oder sich aus geschäftlichen Interesse um den Austausch persönlichen Daten bemühte. (Sie hat sich übrigens nicht mehr gerührt.)

Guten Tag Werner,

Gestern war ich ein bisschen wütend. Es tut mir Leid. Zweitens, habe ich vieles Mal gefragt, um Deinen Text beim Urologie anzuschauen. Aber seit langer Zeit habe ich gewartet und leider Deinen Arztbericht nicht lesen können. Ich weiß es nicht, dass warum du bis jetzt nicht geschickt hast. Ich finde es ein bisschen merkwürdig. Das war wichtig für mich. Du kannst scannen oder eine Kopie machen und dann zu mir schicken.

Erst Mal Deinen Termin verschoben. Und dann seit zwei Monaten habe ich gewartet auf Dein Testergebnis, bis jetzt habe ich nicht gesehen. Warum? Ich verstehe nicht. Warst Du wirklich beim Arzt für Spermatest?

Mein Gefühl sagt, dass etwas stimmt nicht.
Bitte schick den Bericht. Das ist echt wichtig für mich. Bis dann.

Liebe Grüße

Gülgün

Finde eine Notiz von ihr ich in meinem Tagebuch:
ich habe einen Vater
ich habe ein Kind
ich helfe meinem Vater
ich sagte es dir.
Ich beziehe jedoch diese nicht auf mich. Später werde ich sie verstehen, zumindest bezüglich des Vaters.

Vorgestern hat mich Gülgün voll unter Druck gesetzt, tags darauf hat sie sich für ihr Verhalten entschuldigt, dann war sie abends wieder lammfromm, voller Hoffnung in unsere Zukunftspläne, in unser „Programm“, wie sie sich ausgedrückt.
Eindeutig, brüsk und beherrschend hat sie mich vor die Wahl gestellt, in Hessen Arbeit zu suchen und mit ihr zusammenzuleben oder in Nürnberg allein verrotten, vereinsamen und dahinzukalten.
Ich habe mich dazu hinreißen lassen, dass ich sagte, am 1. Oktober komme ich unbedingt.
Die Art und Weise, der Tonfall der Festigkeit gefällt mir nicht: ich, sie mir ins Wort fallend, lässt mich nicht ausreden, ich fühle mich übertölpelt, niedergeredet, weil ich mir zu wenig Widerpart leisten traue, harmoniesüchtig und konfliktscheu wie ich bin.
Muss ich darauf bestehen, dass sie auch einen Fruchtbarkeitstest macht, machen muss, wie ich ein Spermiogramm gemacht habe!?
Sie ist mir schier zu drängend, forsch, überrumpelnd, veni-vedi-vici-artig. Sie hat mir noch eine Nachricht geschrieben, ein ungutes Gefühl habe sie, weil ich ihr noch nicht den Test-Bericht habe übersendet, so dass ich das befürchtete habe zurückgeschrieben: mach auch Du einen Text, bittesehr!

In sitze in einem Café, umgebend von fröhlichen, die letzten warmen Strahlen des Jahres genießenden Menschen, die so schön, satt und zufrieden scheinen. Oder ist es der Widerschein der goldenen, gelb-roten Abenddämmerungs-Sonne?
Neben mir sitzt eine lesende Frau, die mich dazu drängt zu schreiben, berührt wie ich bin von ihrer Nähe im angenehmen Sinne von überraschend warm sich anmutend und fühlend – so habe ich Unsinn geschrieben, weil ich mich von einer Frau habe berührt gefühlt und hier ist der Text: „Trotzgefühl, weil Gülgün mir nicht... habe ich schon geschrieben, da sieht man mal, wohin Trotz führt: zur Wiederholung, mehr nicht.“
Warum schreibe ich das?“
Warum fühle ich mich überhaupt gedrängt zu schreiben?
Was ist an dieser Nebenfrau? Ich luge aus den Augen schräg zu ihr hin. Sie liest. Sie ist nicht sehr attraktiv, nicht hübsch zumindest, ihre starken, verschränkten Beine sind vor dem kurzen Rock bloß.
Liegt es daran, an der schamlos zur Schau gestellten Haut?
Ihre Gesicht ist nicht im idealem Sinne hübsch, auch nicht in meinem Sinne. Sie strahlt aus, beschütze mich, gib mir die Impulse, dass ich mich für Dich interessiere. Ich werde es niemals tun. Du musst die Initiative ergreifen.
‚Ich bin so beschützungswert, stark und schwach, dass allein bei Dir die Initiative liegt!’
Ist es das Pendant zu Gülgün? Die Kleinheit. Die Scheue? Die vom Ideal abweichende Schönheit bzw. Hässlichkeit? Das sie so viel kleiner ist als ich, der ich ein wahrer Hüne von Mensch bin, so dass sich mein Beschützerinstinkt regt, dem unwiderstehlichen?
Sie legt das Buch zur Seite, blickt in ihr Handy, ich frage sie, ob sie eine Uhrzeit habe. „Aber natürlich!“ So sagt sie mir, steckt ihr Gerät wieder in die modische, kleine Tasche, die, obwohl sie sich hier niedergelassen hat, um ihren Körper gespannt ist und liest weiter. Ich schreibe noch das Datum in mein Tagebuch, stecke es in meine Tasche weg und kann nun unbeeindruckt die um mich hin- und hergehenden, einfach nur dasitzenden, meist sich unterhaltenden und die rosarote Abenddämmerung genießenden Schönmenschen betrachten. Doch mir verengen sich die Augen zu einem spöttischen Blick. Ich kann mich nicht entspannen, ich schaue leicht ironisch herausfordernd um mich, angriffslustig, wenngleich ich nichts machen kann, so blockiert gleichzeitig bin ich. Ich kann weder aufstehen, noch mich an den lächelnden Menschen erfreuen. Als jemand eine doofe Bemerkung macht, vermag ich mich zu erheben und wegzugehen. Im Nachhinein bin ich sehr unzufrieden mit mir selbst. Bin ich nicht imstande, meine Mitmenschen so zu akzeptieren, wie sind? Der Gedanke beschäftigt mich noch jetzt, einen Tag danach: was ist das, das ich so negativ eingestellt bin zu anderen, zu meinesgleichen nämlich, denn ich befinde mich nicht im Ausland, in einer anderen Kulturumgebung, sondern Zuhause, wie man so sagt.

09.09.2014

Nach dem Telefongespräch gestern denke ich, hätte ich nur weitergebügelt und nicht damit aufgehört, stattdessen von ihr traurig-gemacht und –gestimmt-worden durch das hingebungsvolle Lauschen ihrer von frequenzen-bestimmter, interferenzierter vom Ätherchaos verzerrten Stimme.

Ich habe drei Mal gesagt, dass sie den Hausbesitzer des gegenüber freistehenden Hauses ansprechen soll, nicht den Makler, aber sie kommt immer wieder mit diesem daher, dass sie zuerst mit ihm einen Termin machen will, dann den anderen, obwohl es die Reihenfolge Mieten, dann Kaufen ist, demnach zuerst Besitzer, dann Vermittler.

Diese Woche nun will sie sich eine Hirn-Topographie machen lassen wegen ihrer Kopf- und Ohrenschmerzen. Dann will sie sich beim türkischen Konsulat ihr ins türkische übersetzte in deutscher Sprache verfassten Scheidungspapiere anerkennen lassen, um zu einen als internationales Ausweispapier zu gelten und andererseits wohl dann in türkischer Sprache Schwarz auf Weiß die Rechtskräftigkeit der Scheidung mit ihrem Zweiten Mann unter Beweis stellen zu können, hauptsächlich gegenüber ihren Eltern.
Sie hält deren Scheidungspapiere unter die Nase und ruft triumphierend aus: „Seht, hier habe ich den Beweis, dass ich geschieden bin!“

Sie versprach am Telefon: „Du wirst es nicht bereuen in einem halben Jahr, mit mir verheiratet zu sein, meint sie wohl, mein das Zusammengezogensein – süßestes Versprechen, sweetgülgün, wie ihre Adresse heißt, süß-klebrig wie der Honig auf türkischen Plätzchen.

Sie meinte auch, dass wir uns noch ein paar Monate Zeit lassen könnten, um mir alles noch einmal zu überlegen. Das bietet sich mir ständig an; überlege es dir noch einmal, räumt sie mir ein, es mir noch einmal überlegen, als ob es um Kopf oder Hopf ginge; stetes Fixieren-wollen und Sich-ergehen-sollen, als ob es nicht so ist: sprich Alles-fließt und Sicher-ist-nur-der-Tod.

Zum Abschluß hat sie, was sie wirklich gut kann, noch ein sehr trauriges türkisches Lied gesungen. Deswegen haben wir uns auch am Telefon vereinbart: „Nur kurz morgen Abend, nur für ein Lied.“
Thorstens Gitarren, deren vier Stücke, die er bei mir gelagert hat während der letzten Monate seiner Obdachlosigkeit, meinte sie, solle ich kurzerhand verkaufen, wenn er es nicht abholte. Ich habe tatsächlich schon etliche Mal versucht, anzurufen und genachrichtet, aber er reagiert nicht.
Schwanger ist sie nicht, obwohl sie damit fast gerechnet oder sich danach gegrämt hat, welchen Umstand sie kommentierte: „Ich bin ehrlich, siehst Du?“, also ob das keine Selbstverständlichkeit wäre. Sie hatte mir also vorgaukeln können, schwanger zu sein, um mich zu locken? „Ich bin eine ehrliche Frau!“, behauptet sie oft von sich. Wahrhaftig!?

2014-09-11

Heute schon am Nachmittag geschlafen. Ich bin lustlos, weiß nichts mit mir anzufangen. Diese Nichtorientierung passt ja wunderbar mit dem, was sich ankündigt.
Gestern war ich in einem Film, in dem auch Frauen aus Bangladesch vorgekommen sind. Deren Habitus erinnerte mich stark an Gülgün: leicht kindlich wirkend, obwohl schon älter, gekrauste Haare und dunkle Hautfarbe.
Was kündigt sich an?
Gülgün freudig geschrieben, dass es beim Jobcenter gut gelaufen wäre und sie sich bemühen wollten, mit ihr verstärkt und entschlossen einen Job als Geologin zu finden. Zuerst hatte sie ja Angst vor diesem Gespräch, zumal gleich zwei Mitarbeiter mit ihr reden wollten. Sie dachte sogar daran, wenn es wieder so arg werden würde, sie persönlich beleidigt werden würde, indem sie danach gefragt werden würde, weshalb sie sich geschieden hat, überhaupt umgezogen wäre und so weiter, sie den Schritt ergreifen müsste und würde, sich beim Vorgesetzten Chef ihrer Beraterin zu beschweren. Aber es kam ganz anders.
Nun will sie mich heute Abend am Telefon unbedingt sprechen. Vielleicht ist ihr Plan, mit mir Familie zu gründen für sie gestorben oder hinfällig geworden? Meine Anfrage, ob ich vielleicht schon anstatt erst am Montag schon am Sonntag kommen solle, scheint für sie nicht beantwortbar zu sein via Post. Lieber persönlich am Telefon mit mir reden will sie stattdessen. Möglicherweise will sie sich gar nicht auf ein Gespräch mit ihren Kindern einlassen, ihnen erzählen, sie habe einen neuen Mann gefunden und das Treffen hinausschieben, um Zeit zu gewinnen, in der sie einen Stelle finden, womit sie sich dann auf eigene Beine stellen kann und ein Geld und Arbeit habenden Mann nicht mehr braucht? Diese Angst hat mich erfasst, muss ich eingestehen. Bin gespannt. Kommt dann ihre Stimme: „Auf diesen Fall müssen wir, möchte ich lieber...“
Eigenartig ist auch, was aber auf der Linie meines Argwohnes liegt, dass sie mich seit neuestem mit meinem zweiten Vornamen anspricht. Sie sagte zwar, dass ihr dieser Name gefalle, ihn auch im Türkischen geben würde und so spricht sie mich damit an, obwohl mein Rufname ein anderer ist. Steckt dahinter distanzierende Ironie, seitdem sie die Perspektive hat, selbstständig und von mir, einem Mann, der Vertretung einer Spezies, von denn sie mittlerweile die „Schnauze voll“ habe, unabhängig zu leben?
Es ist 22 Uhr 29, relativ spät ist es und noch immer kein Anruf.
Warum lässt sie sich so viel Zeit?
Ist es ein Quentchen Reue davor, mir die Wahrheit zu sagen?
Es liegt eine seltsame Spannung in der Luft, geräuchert von Es-kann-alles-passieren,-nur-nichts-Gutes.
Ich rauche eine Zigarette nach der anderen.
Es ist eine Minute vor 23 Uhr, der Zeitpunkt, wo wir meistens miteinander sprechen und wo es mir am gefälligsten erscheint. Klingelt jetzt das Telefon, bedeutet es das Geahnte.
Ich drehe mir zwei Zigaretten im Voraus.
Punkt 23 klingelt es jetzt.

2014-09-12

Heute singe und spiele ich nur das Lied von den Beatles „It’s Hard Day Night“, worin all meine Träume bezüglich Gülgüns ausgedrückt werden, musikalisch-schmachtend, textlich-befriedigend-voraussehend. (Beatles Song, wonach der Sänger vom freudigen Heimkehren zu seiner Geliebten singt.)

Die Nennung des zweiten Vornamens war ohne ironische Absicht geschehen, sagte sie. Sie wolle mich nicht foppen, indem sie mit ironischen Bemerkungen komme, versicherte sie.

19.09.2014

Wernswig – gut geschlafen, was Wunder, dieser Name heißt der Winkel des Werners. Wo schläft man besser als zuhause?
Gülgün hat einen ziemlichen Bauch, klagt über Kopfschmerzen, denkt, eine Gehirnblutung zu kriegen, gar zu haben, Frühstück à la türkisch mit Kaffee, aufgegossenem Instandkaffee, sonst Oliven, Orangenmarmelade, Hagbuttengelee, Omelette mit Speck.

„Du brauchst ein deftiges Frühstück vielleicht fürs Bewerbungsgespräch heute.“
Treuumsorgende Haus- und Ehefrau.
„Was schreibst Du da?“, fragt sie gerade, während ich dies hier niederschreibe.
„Halt so!“
„Du hast Geheimnis?“
„Ja!“
„Ich habe Angst.“
„Warum?“
„Weil Du mir etwas verbirgst?“
„Ach was. Jeder hat Geheimnisse.“
„Ja!“
„Also!“

Im Gespräch ist eine Stelle. Das Problem liegt darin, eine billige Wohnung zu kriegen, alle waren zu teuer. „Du arbeitest für Deine Wohnung. Das lohnt sich nicht!“ ein Standardsatz. Aber am nächsten Morgen überraschte sie mich total. „Du arbeitest für die Kirche?“ „Sieht so aus!“ „Da frag sie, ob sie für dich ein Zimmer haben. Eines reicht schon, billig und preiswert, möglichst nahe an deinem Arbeitsplatz!“ „Oja, daran habe ich gar nicht gedacht! Kirchen haben doch sicherlich die Massen an Wohnungen zur freien Verfügung.“ „Siehst Du, wie ich bin.“, lacht sie über beide Ohren. „Optimal, rational und ...“ „Emotional!“, ergänze ich, nehme sie in den Arm und küsse sie.

Zurück zu „Texte“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 46 Gäste