Verhangen im Netz der kleinstädischen Kreuzspinne

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Pentzw
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Verhangen im Netz der kleinstädischen Kreuzspinne

Beitragvon Pentzw » 02.02.2015, 13:31

In der Kleinstadt ist's.
Kennt man dich? Wer bist du in den Augen anderer, in ihren Augen?
Du bist der Sohn dieses Flüchtlings, dieses Dahergekommenen? Du bist die Tochter dieses Bauernmädchens, die eh keine Manieren haben! Du bist der Sohn eines Arbeiters, die eben keine Bildung besitzen? Du bist das Enkelkind der Verkäuferin, und was ist schon eine Verkäuferin? Du bist der Sohn des Lehrers am Gymnasium, der so verhasst unter den Gleichaltrigen ist? Du bist der Sohn dieser Geschiedenen: Ist sie nicht letzthin betrunken in den Armen zweier Männer aus der Spelunke geschleppt worden?
Das bist du! Mehr nicht!
Du hast keine Chance, diesem Spinnennetz, diesen Schubladen, diesen dich vergewaltigenden und einengenden Umständen, die dich eigentlich gar nichts angehen, trotzdem berühren, zu entfliehen!
Und wer auf dem Brunnen der Kleinstadt herumsitzt, taugt nichts. Das ist ein ehernes Gesetz!
Und du sitzt mit Vorliebe auf dem Brunnen.
Das Gefühl, von den Spießern verachtet zu werden, langweilt aber bald mit dem zunehmenden Herumsitzen. Die bösartigen Blicke der um das Seelenheil ihrer schutzlosen Kinder besorgten Familienväter: sie verwandeln sich zusehends in gleichgültige.
Kein Lehrer lässt sich heute blicken, den man bis vor seiner Haustür verfolgen könnte, Angst und Schrecken einjagend. - Ach, wie öde ist's heute wieder! - Welche Tabus könnten jetzt endlich noch gebrochen werden? - Ah ja! - Du streichst dem Freund über den Körper, über die stählernen Muskeln der Arme, den feisten Oberschenkeln, reibst dich an der harten Ausbeulung der Jeans und schaust ihm verliebt ins Gesicht: oh yeah, diese mongoloiden Backenknochen des männlichen Gesichtbilds!
Der Freund erhebt plötzlich laut die Stimme, so dass es alle hören mögen.
"Im Urlaub war ich in Arabien. Die Jungen, affengeil, sag ich dir! Sie kommen nachts plötzlich wie die Skorpione in deinen Schlafsack gekrochen, erhitzt, pulsierend, um dich aufzuspießen. Dein Atem stockt dir sofort! Allein schon wegen des Geruchs, weil sie doch irgendwelche exotische Gewürze in ihr Essen mengen. Atemberaubend!" "Hmmmmm! Das klingt guuuut!" "Logisch, die Homosexualität ist dort kulturell, sozial und/oder religiös bedingt. Männer dürfen nichts mit dem anderen Geschlecht haben, solange sie unverheiratet sind. Heiraten dürfen sie erst, können sie sich soundsoviele Kamele leisten - wofür sie ganz schön lange schuften müssen." "Bei uns ist dies auch nicht anders, oder? Hier sind sie christlich. Das heißt, anstelle von Kamelen ist die berufliche Qualifikation Heiratspreis." "Und diese müssen wir uns erst erstudieren!" "Aber wir sind auch Männer!" "Voilá,, ja-ja, right-right!"
„Immer ist der Sexualtrieb da. Wir müssen uns mit dem Anus begnügen, was erstens nicht so viel Spaß macht und zweitens nicht hygienisch ist, Ansteckungsgefahr extrem. Aber mit Frauen, die das lustbetonteste Organ oder die geilste Öffnung besitzen, steht als Abschreckung das Damoklesschwert Kindkriegen über uns. Und leider sind wir zu gut erzogen, um ihm den Arsch entgegenzustrecken.“ „Da sagst Du ein wahres Wort!“
Der Freund, der dicke, schwulstige Lippen hat, die feucht vom Rotwein in der Tageshelle leuchten - jedefrau läuft hier, jedermann fährt am Marktbrunnen vorbei - du küsst ihn - lange - du giebst ihm einen Zungenkuss, der dich wegen der Sinnlichkeit, noch mehr infolge des Alkohols betört.
Dieses Spiel verliert aber auch bald seinen Reiz.
Was tun? "Komm, wechseln wir die Party!" Also gut. "Wohin?" "In Bernds Keller!"
Dort sind erwartungsgemäß anwesend außer dem Gastgeber: ein paar andere Freunde und die Freundin des Freunds, eine Neue.
Diese hat einen hochroten Kopf, den sie stets kriegt, regt sie sich etwas auf!
Im kleinen Vorraum zur Bar führt sie mit deinem Freund und mit Bernd, dem Psychologen der Clique, dem Reifsten, eine ernste Diskussion. Das Gespräch ist sehr erhitzt. Später weißt du, worum's sich gedreht hat. Dass sie auf dich, auf den Freund deines Freundes spinnt und nun zu dir hineingehen will, um sich an dich heranzuschmeißen. Bernd rät ab, dies heute zu tun; sein Freund ist überhaupt dagegen.
Ahnungslos sitzt du in der Ecke auf der Coach und lässt einen nicht lauten, dennoch penetrant stinkenden Furz.
Plötzlich kommt sie erhobenen Hauptes herein, weder nach links noch rechts schauend, steuert gerade auf dich zu.
Es passiert, denkst du, was heute morgen im Psychologieunterricht gelernt: Gestank zieht Menschen an. Bei einem psychologischen Versuch wurden bestimmte Stühle des Wartezimmers mit Parfüm eingespritzt und auch als erste von den Patienten besetzt.
Zuerst bildest du dir ein, dass sie sich wegen des Furzes neben dich niedergelassen hat. `Dass sie's gar nicht merkt?' Aber klar, Fürze wirken wie Parfüm!
Plötzlich umarmt sie dich, küsst dich zunächst zögernd mit ihren erhitzten Lippen. Da du Gefallen daran findest, beginnt sie dich wie ausgehungert überall abzuschmusen. Du lässt dich dazu auf die Coach umkippen. Sofort wirft sie sich auf dich. `Nicht nur wegen des Schiessens ist's hier so schwül. Mann, geht die ran!'
Was du deswegen nicht erkennen kannst: Dein Freund lugt einen kurzen Moment durch das Kellerfenster herein und schlägt schließlich bei Bernd im Vorraum Krawall. Wiewohl sie's ihm angekündigt, rafft er's jetzt nicht.
Sie fingert bereits an sämtlichen Stellen deines Körpers herum, als euer Freund von Bernd zur Tür hereingeschoben wird. Jetzt wird's wirklich ernst. Ihr richtet euch auf. Obwohl sie gerade noch mit dir herumgeschwult hat, ins Ohr geflüstert, du, du, du, ändern sich schlagartig die Zugehörigkeitsgefühle.
Wer gehört nun zu wem?
Schließlich hat dein Freund das Gewohnheitsrecht auf seiner Seite. So sitzt du neben ihnen und fühlst dich beinahe schuldig. Sie dir gegenüber, damit sie dich mit gierigen Blicken verschlingen kann. Dein Freund ihr gegenüber, besser neben ihr, das Gesicht nur ihr zugewandt, mit einem Blick, der seinen Besitzanspruch mit voller Gewalt zum Ausdruck bringt. Die anderen der Clique taxieren aus der Ecke, flüsternd, diesen Kreis, der ein magisches Bermudadreieck bildet: Wie und was sich da wohl verschlingt?
Was los nun?
"Ich gehe nur mit dir nach Hause", verkündet sie stolz, um die zu klärenden Besitzverhältnisse eindeutig abzustecken.
Einer der Clique meldet sich zu Wort, um dich aus der Ecke heraus zu verurteilen, der Feigling, im Schutze der anderen - aus moralischen Erwägungen: "Gesteh doch, dass du sie nicht w i r k l i c h liebst!" Gerade derjenige sagt das, der jüngst recht gezielt eine 13jährige entjungfert hat, nicht ohne aber anschließend Buße geleistet zu haben. Nach dieser öffentlichen Selbstreinigung darf er in deinem Fall jetzt so ganz reinen Herzens sein.
`Ich liebe sie nicht wirklich?" Wie mag dies wohl gemeint sein? `Aha, ich verstehe!' Sei kein Spielverderber und erweise deiner Rolle als Angeklagter Ehre! Was dieser gläubige Katholik dort hören will, sagst du: "Ich liebe sie nur körperlich!"
Sie unterdrückt ihre Verletzung mit einem schrillen Seufzer.
Warte nur, denkst du, gleich wird sie heulen, dass der Spaß hier im Raum noch allen vergehen wird. Mädchen weinen ja stets, kommt's drauf an.
"Ich liebe aber nur dich!", bekundet sie, diese Worte so zu dir gerichtet, also ging's nur euch beide etwas an. Sie hat's nicht einmal gesagt zum Trotz der gegen dich verschworenen öffentlichen Meinung und für dein Verhalten, öffentliches Ärgernis provoziert zu haben.
"Ich liebe dich!" Ist sie denn s o doof? Ja, sie ist's! Denn dieses Bekenntnis reicht ihr aus. "So!", ruft sie noch gegen die anderen und wehrt mit schlagenden Händen deren geisterhafte Anwesenheit ab, als gäb's lästige Viecher zu verscheuchen. Damit scheint für sie die Diskussion beendet.
Du lachtest am liebsten laut heraus. Vorher warst d u noch der Sündenbock, nunmehr dreht sich natürlich die Stimmung schlagartig gegen sie.
Aber es kommt noch toller.
Denn sie kapiert überhaupt nicht, dass ihr Verhalten jetzt Gegenstand der öffentlichen Auseinandersetzung ist, sein muss! Für sie scheinen ihre Gefühle immer noch etwas höchst Privates zu sein, nur ihr und dir etwas angehend, dämmliche Kuh! Die kennt sich überhaupt nicht in deren Spielregeln aus, kapiert nicht, dass es nicht um egoistische bürgerliche Zweierbeziehungen gehen darf, sondern dass jede jedem gehört, zumindest abstrakt gesehen.
Genau dies hat sich wohl derjenige auch überlegt, der jetzt sagt: "Ich hät überhaupt keinen Bock mit der zu ficken, stelle ich mir ihre schwammige Vagina vor, bäh!", und aus dem Raum verschwindet.
Du traust deinen Augen nicht: Sie rührt sich nicht, hört einfach zu und lässt's über sich ergehen, als wär's keine persönliche Attacke.
Dich dagegen hat dies getroffen, bist ganz verwirrt im Kopf: die biochemische, schlüpfrige, amphibische körperliche Liebe ist schlecht, schlecht, schlecht! Was sollst du nur tun?
Du sagst, was du meinst, oder vielleicht auch nicht meinst. Aber du sagst 's, so dass es alle hier hören können: "Also, Schluss ist's! Hörst Du, es hat keinen Zweck"
Sie heult erbärmlich auf, diesmal ganz schrill laut.
Der Katholik vorhin erhebt sich, kommt her, setzt sich neben sie. Er beginnt ihr mitleidsvoll übern Kopf zu streicheln. Natürlich versteht sie's falsch, reißt sich wütend und angeekelt vom Trostspender weg, indem sie ihm noch gegen die zarten Schultern boxt und sich anschließend in die Arme des Geliebten werfen will: "Ich will nur dich!"
"Oh neeiin!" Du machst eine Verbeugung auf dem Sofa, vergräbst den Kopf zwischen den Armen, während sie sich auf dich stürzt, als gelte es, dich zumindest körperlich zu retten, scheint's schon sonst nicht möglich zu sein.
Sie gerät ins Wanken, kippt hinunter auf den Boden.

Buchauszug, welches zu bestellen unter pentzw@web.de

Mäxchen
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Re: Gefangen im Netz der kleinstädischen Kreuzspinne

Beitragvon Mäxchen » 27.02.2015, 12:55

Du hast ein eigenes Buch? Herzlichen Glückwunsch!

Pentzw
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Re: Gefangen im Netz der kleinstädischen Kreuzspinne

Beitragvon Pentzw » 27.02.2015, 16:07

ja, eins ja, sogar zwei, wo ich der autor bin, und fuer noch zwei andere autoren habe ich auch deren buecher gemacht. wenn du ein buch machen willst, darfst dich ruhig an mich wenden, ich helfe dir.
gruß

Mäxchen
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Re: Gefangen im Netz der kleinstädischen Kreuzspinne

Beitragvon Mäxchen » 02.03.2015, 10:13

Ach, das ist ja wundervoll. Vielen lieben Dank für das Angebot mir zu helfen. Leider kehre ich gerade noch die Scherben auf, die von meinem letzten Versuch verursacht wurden. Sobald sich diese Situation aber geklärt hat, werde ich mich gerne an dich wenden. :) Vielen Dank!

Pentzw
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Re: Gefangen im Netz der kleinstädischen Kreuzspinne

Beitragvon Pentzw » 02.03.2015, 12:58

oh, was hast denn da falsch oder was ist denn da falsch gelaufen...

Mäxchen
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Re: Gefangen im Netz der kleinstädischen Kreuzspinne

Beitragvon Mäxchen » 02.03.2015, 14:59

Ich hatte dafür einen eigenen Thread hier eröffnet. Mein "Verlag" ist gar kein Verlag und anscheinend wollten sie nur an mein Geld.

Pentzw
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Re: Gefangen im Netz der kleinstädischen Kreuzspinne

Beitragvon Pentzw » 03.03.2015, 13:21

armes mäxchen, dass du gleich vor den geld-geiern in die knie gegangen bist und was ich nicht verstehe, dein literarisches projekt zudem. war letzteres nur auf tönernen fuessen gestanden...


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