Wieder-Verkupplungsversuch

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Pentzw
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Wieder-Verkupplungsversuch

Beitragvon Pentzw » 27.03.2015, 13:41

Hat sich ein Paar getrennt, spricht man einen davon, seinen Bekannten (oder Bekanntin) am besten nicht an a) auf die oder den Ex, b) auf deren Gefühle und c) den Versuch zu machen, ihn oder sie wiederzuverkuppeln, stellt sogar den Wespennest-Griff schlechthin oder Wespennest-Mißgriff guthin dar, wie man will.
Versuchen Sie es nur einmal.
Viel Spaß dabei.
Ich jedenfalls hatte keinen.
Aber Ratschlägeerteilen ist ja längst passé.

Er, den du seit Jahren solo siehst, der einsam in der Ecke sitzt und auf der Tanzfläche herumtollt, -poltert und -sprintet, als wäre er ein Unicorn, auf Deutsch Eintänzer in etwa, hatte endlich eine Freundin ergattert, und als er nach einigen Wochen wieder dort stand und verharrte wie eh und je, ahnst du Schlimmstes.
In der Tat, mein Verdacht erhärtete sich, da er dauernd hin- und hergaloppierte, von seiner Ecke in den Raum nebenan, das Diskoareal, und wieder zurück. Das ging viele Male so. Aber er tanzte nicht mehr, balzte nicht mehr, mit anderen Worten „produzierte“ sich nicht mehr, so dass ich ahnte, mein Freund und Kupferstecher...
Als er sich zu mir an den Tisch setzte, spreche ich treff- und narrensicher die Wahrheit aus.
„Ja, wir sind getrennt, weil sie zu weit weg wohnt!“
Naja, örtliche Entfernungen heißt doch, sind relativ. Ob sie lang oder kurz erscheinen, hängen von den Möglichkeiten derjenigen ab, die diese überwinden müssen.
Nach einigen Tagen sind wir drei gleichzeitig am selben Ort: mein Bekannter, die Verblichene und meinereiner.
Aber ich kann nur mit jeweils einer Person sprechen. Kommt sie an den Tisch, erhebt er sich und geht weg. Ich erzähle ihm stets das, was sie mir und ihr das, was er mir mitteilt. Wie ein Reigen geht das rundum.

„Er sagte, ihr wohnt zu weit voneinander entfernt! Siehst Du das auch so?“ „Nein, Quatsch!“
Kaum entfernt sie sich vom Tisch, schon sitzt er mir gegenüber. Normalerweise setzt der sich niemals an den Tisch, sondern verharrt steif und fest in seiner Ecke, wenn er nicht gerade auf der Tanzfläche herumhampelt.
„Horch Mal, das ist doch Quatsch...“
„Ja, das habe ich mittlerweile auch eingesehen. Aber wir passen nicht zusammen.“
„Wer hat das gesagt?“
„Sie!“
Damit war wenigstens die Frage beantwortet, von wem ging’s aus? Aber die ist letztlich irrelevant.
„Er bemitleidigt sich selbst“, sagt sie, als sie wieder am Tisch sitzt, wohingegen und während er in seiner Ecke schmollt oder sich auf der Tanzfläche verkrampft.
„Immer diese Wehleidigkeit, ich kann es nicht mehr hören. Wie meine Mutter...“
„Ich verstehe. Du brauchst nicht weiterzureden.“
„Außerdem habe ich ihn heute Abend ganz normal gegrüßt, schon dreimal. Aber er hat nicht reagiert.“
„Unerhört!“, rufe ich aus. Manieren sind das vielleicht!
„Warum machst Du das?“, frage ich voller Entsetzen.
Er schlägt zuerst mit der Faust auf den Tisch und ballt sie, was nur bedeuten kann: Schläge. Am liebsten wäre ich unter den Tisch gekrochen. Stattdessen bin ich gelähmt.
Er stützt beide Fäuste auf die Tischplatte, um sich zu erheben, murmelt etwas, was ich aber nicht verstehe vor lauter Angst und Schrecken...
Glücklicherweise trollt er sich dann von dannen und schon wieder mein Verständnis hinterher.
Er wurde verlassen, ist jetzt beleidigt und macht, wenn schon Trennung, dann auf totale. Oder spielt die beleidigte Leberwurst. Sturkopf besser gesagt. Holzkopf. (Blödmann.)
Bevor er an diesem Abend wieder einmal allein nach Hause trottet, hatte er also in scharfen Worten die Missbilligung meines Wiederverkuppelungs-Versuchs kundgetan.
Totale Pleite meinerseits.

Ich muss die fürsorglichen Bemühungen unterlassen, um meinen Kopf zu retten, denn der ist nicht aus Holz! Nur, setzte sich mein Bekannter nicht immer wieder zu mir her, dann ging’s mir besser. Ich werde jedes Mal aufstehen müssen und weggehen.
Da er mich seit Stunden friedlich, unbehelligt und unangesprochen am Tisch sitzend in Ruhe ließ, durfte ich nach einer Weile befreit tief durchatemen. Offenbar fehlte ihm der Grund, sich zu mir zu setzen, war ja seine Ehemalige heute nicht da.
Sowie sich mir die nächste einsame Blüte öffnete, ein Fräulein, das schon seit immer, wahrscheinlich nach ihrem Schulabschluss, alleine gewesen ist und ist, flötete er mir plötzlich freundlich zu: „Hallo, Werner!“
Aber Hallo, dachte ich, so nicht, erst drohen, dann schmeicheln, und außerdem wie sieht es aus mit meiner Situation, meiner Beziehungslosigkeit, meinem Alleinsein?
Was machte ich? A) Ich stellte beide einander nicht vor und b) zeigte ihm folglich die kalte Schulter. Stattdessen versuchte ich diese neue, einsam da auf dem Felde erblühte weiße Lilie a) mich daran zu weiden, b) mich ihr hingebungsvoll zu widmen und c) schließlich zu zupfen.
Erst als ich alleine nach Hause schlenderte, reute mich mein Freund und es dämmerte mir: „Du bist a) eine beleidigte Leberwurst, b) ein Sturkopf, c) ein Holzkopf und d) schlussendlich ein bisschen ein Blödmann.“

Auf Eulen Schwingen
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Re: Kuppelei nach einer Trennung

Beitragvon Auf Eulen Schwingen » 30.03.2015, 19:39

Ich stellte die beiden nicht vor, zeigte ihm die kalte Schulter und weidete mich ganz der neuen (=widmete mich ganz der neuen ...), plötzlich einsam da auf dem Felde erblühten weißen Lilie.
Als ich allein nach Hause trottete, dachte ich, bist doch selber ein bisschen blöd.

Pentzw
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Re: Kuppelei nach einer Trennung

Beitragvon Pentzw » 31.03.2015, 15:46

Auf Eulen Schwingen hat geschrieben:Ich stellte die beiden nicht vor, zeigte ihm die kalte Schulter und weidete mich ganz der neuen (=widmete mich ganz der neuen ...), plötzlich einsam da auf dem Felde erblühten weißen Lilie.
Als ich allein nach Hause trottete, dachte ich, bist doch selber ein bisschen blöd.


danke fuer den erweiterungsmöglichen hinweis, findest auch hier etwas, freu darauf wuerde ich mich


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