Verbrannte-Erde XIV - wenn Ausländer Ausländer hassen

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Pentzw
Kalliope
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Verbrannte-Erde XIV - wenn Ausländer Ausländer hassen

Beitragvon Pentzw » 22.06.2015, 13:10

Hassobjekte IV

Sandanin verließ uns. Der Albaner aus Serbien, Wohnort ehemals Pec, [gesprochen Petsch] nunmehr Peje [gesprochen wie im Deutschen: Peje] genannt: „Ein Kind zu haben ist ein Segen“, hat er gesagt gehabt. „Aber vier wie ich, ist eine Katastrophe!“
„Wirklich?“
„Jedes Kind soll doch ein Segen sein“, meinte ich, ein Lediger.
Sandanin strich sich die auf die Stirn heruntergefallenen Haare weg.
„Aber zum Glück wohne wir jetzt in Deutschland.“
Deutschland – verficktes Deutschland, dachte ich. Was haben die aus dem Osten, Süden weniger mittlerweile nur immer mit diesem Land? Was ist besser als bei Ihnen?
„Ich verstehe nicht?“, sagte ich deswegen wieder einmal. Ich versuchte mir das stets lang und breit erklären zu lassen, sofern der Gesprächspartner dazu überhaupt schon sprachlich imstande war, aber mir ging es nicht in den Kopf.
„Na, in den Städten Serbiens, da fängt das Leben erst richtig an um 10Uhr. Disko, Alkohol, alle sind auf der Straße und machen Tumult!“
Verstehe, hier in einem kleinen Ort in Bayern hörte man nicht einmal mehr das Piepsen der jungen Mäuse aus ihren Löchern von den angrenzenden Feldern und Wiesen her.
Dann war er gegangen.
Erst dann erhob Ässat, bekennender Alevit und Leiter einer McDonalds-Filiale vor Ort, das Wort: „Wisst Ihr, er bekommt über 1000 Euro monatlich, Logis und sonstiges frei. Und ich muss für ihn bezahlen.“
„Ist das ein Problem?“
„Und ob, wenn Du zwei Kinder zuhause hast und eine Frau! Und ich habe die letzten 8 Tage täglich 12 Stunden durchgearbeitet...“
Er trank seinen Capuccino. Es war 22 Uhr nachts.
„Da musst Du für eine Frau und ein Kind und Dich, der allein arbeitet, 1000 Euro Steuern im Jahr zahlen bei einem monatlichen Einkommen von 3000 Euro. Ist das in Ordnung?“
Er machte einen Sipp von seiner Capuccino-Tasse.
„Und wie viel zahlt man Steuern in der Türkei?“
„Na, wenn Du 3000 Euro brutto verdienst, bekommst Du 3000 Euro netto!“
Das war natürlich der ideale Steuerstaat.
Er macht einen weiteren Sipp von seinem Capuccino. Wenn er so weiter trank, brauchte er noch eine Tasse.
Mit meiner arglosen nächsten Frage sollte ich erfahren, wohin seine gesparten Steuern in der Türkei geflossen waren.
„Wo ist denn übrigens Deine kleine Tochter, die Du immer bei Dir hast!“
„In der Türkei. Sie sind gestern losgeflogen. Am Samstag fliege ich nach.“
„Solange musst Du noch arbeiten?“
„Genau, Bruder.“
„Und Deine Kinder und Deine Frau erholen sich jetzt in Deinem Haus nähe Strand von Izmir?“
Der Ort war geraten, aber ein Volltreffer.
„Fast genau. Es sind 500 Meter Fußmarsch bis dorthin. Aber es ist ein schönes Haus, dreistöckig.“
Wäre doch mal kein schlechter Aufenthalt, dachte ich gelockt.
„Für wie viel vermietest Du es denn, wenn man fragen darf?“
„Vermieten? Nein, ich mag keine fremde Leute in meinem Haus.“
Das hätte auch meine Mutter sagen sollen, die jeden Quadratzentimeter ihrer Häuser und Wohnungen für teueres Geld vermietete, sehr zum Leidwesen des anbei wohnenden Sohnes, der manchmal fast verrückt wird vor soviel Lärm vom Nachbar links und vom Nachbar rechts und Nachbar oben und Nachbar unten.
Aber Ässat hatte das gar nicht nötig, seine ganze Familie in der Türkei hatte Schlüssel, so dass sie in seiner Abwesenheit dort und seiner malochenden Anwesenheit hier für Sauberkeit und Ordnung dort sorgten. Was wollte man mehr?
„Nur scheiße, dass es jetzt den Euro gibt!“
„Wieso. War wohl die DM besser?“
„Viel besser. Nach zwei Monaten konntest Du Dir in der Türkei ein Appartement bauen lassen, oder kaufen. Aber mit dem Euro jetzt... Schau her! Heute verdienen die Leute 1000 Euro. Und zu Zeiten der DM waren es 3000 DM.“
Beim Wechselkurs 1:2 war dies natürlich ein kapitaler Verlust, 1/3, um genau zu sein. Sehr schmerzhaft.
Hatte aber Ässat nicht seine Schäfchen im Trocknen?
„Aber wenn heute alle die Leute aus dem Kosovo, Bulgarien, Rumänien, Serbien undsoweiter kommen, dann kriegen sie das Geld in den Arsch gesteckt. Und wer muss dafür zahlen? Ich!“
Das war Ässat Problem Nummer 1.
„Dann kommen diese Leute bis zum Gartentor vors Haus und betteln.“
Problem Nummer 2: Ässat fühlte sich mittlerweile unsicher in Deutschland.
„Um Geld?“
„Auch, aber hauptsächlich wollen sie für ihre vielen, vielen Kinder ein ausrangierten Kinderwagen oder Kinderkleider...“
„Aber das ist doch okay!“
„Naja, aber die Leute fühlen sich nicht mehr sicher.“
Das ist ein wichtiger Punkt in einer Kleinstadt, Land und „Staat“, Sicherheit und wenn die Einheimischen nicht mehr in Ruhe ihr Haupt aufs Kissen legen konnten, war etwas faul im Staate Dänemark.
„Naja, ich bin ja auch nur ein Ausländer hier in Deutschland.“
Das ist’s.
Dann meinte Ässat noch, bevor er weiterzog, dass es schade sei, dass keine Frauen hier wären. Der Gastgeber erzählte in seinem radebrecherischen bis sehr schwer verständlichen Deutsch noch ein paar heroische Anmach- und machoartige Beinah-Aufreiß-Geschichten, wozu alle anderen genüsslich lachten. Dann zogen sie weiter, wer weiß wohin, aber bestimmt nicht nach Hause.: Die Frau war ja in der Türkei. Da konnte man ein bisschen auf den Putz hauen – für was arbeitete man schließlich so viel? Doch nicht allein für diese dahergekommenen Ausländer.

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