„How was the Hippo?“

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Pentzw
Kalliope
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„How was the Hippo?“

Beitragvon Pentzw » 14.09.2015, 15:22

„Wussten Sie, dass Nilpferde mehr Menschen töten als Löwen?“
Dabei war der Löwe bekanntlich das gefährlichste Tier.
„Vorsicht vor Hippos des Nachts! Achten sie bei ihrem nächtlichen Toilettengang auf herumgrasende Nilpferde auf dem Zeltplatz!“ Mein Touristenbuch war sehr hilfreich.
Konnte ich nachts nicht aufstehen, um zu fäkalieren, würde ich das Zelt nass machen. Andererseits lief ich Gefahr, über so ein Monstertier zu stolpern. Jeder weiß von Bildern, wie weit sie ihre Mäuler aufreißen können. Zwar stand sein Pflanzenfressertum im Widerspruch dazu, wer weiß aber? Und versperrte man einem Nilpferd den Weg zum See, gerieten sie in Panik. Unter deren Bäuche mochte ich jedenfalls nicht geraten. Ich einen Stoß versetzt bekommen, dass ich durch die Luft flog und auf diesem harten, kantigen Boden hier zerschellte wie ein Ei und plattgetreten werden wie Pfannkuchen.
„Haben Sie ein Lampe?“
„Ja, habe ich. Eine Stirnlampe!“ Der diensthabende Offizier des Nationalparks rümpfte die Nase.
Ein erfahrender Safarireisender warnte mich dagegen. „Nur nicht die Hippos anleuchten!“
Dies entgegnete ich dem Einheimischen.
Dieser lachte hellauf und alle anderen um ihn stimmten ein Lied an, schien es mir: „Der Hippo kommt des Nachts!“„The Lion sleeps tonight!“/“Der Löwe schläft des Nachts!” Ich weiß nicht mehr, ob ich träumte oder wachte, jedenfalls musste ich im Zelt hier inmitten um mich äsender Flusspferd-Hypermonster schlafen.
Ich mag zwar ängstlich sein, aber diese meine Angst hatte mir nicht den Verstand geraubt.
Ich traf Vorbereitungen.
Zunächst erkundete ich die Verhaltensweisen des Flusspferdes, dieses Riesenungeheuers von einem schnaubenden Tierchen. Stundenlang saß ich auf der Bank am Ufer, Auge in Auge mit ihm. Selbst als er seinen schnaubenden Kampflaut ausstieß und lostrompetete, blieb ich cool. Nur einmal sprang ich auf und versteckte mich hinter dem Baum, als ich einen nackten Hintern mit einem langen Schwanz sah, der dem eines Löwen glich. Nur ein Warzenschwein.
Zweitens errichtete ich mein Zelt unmittelbar neben der Toilette, zwar mit einigen leicht vorstellbare Nachteilen verbunden, aber Nummer eins war Sicherheit. Je kürzer der Weg bis zur Toilette, desto besser.
Völlig beruhigt war ich, als ich beim letzten Toilettengang auf einen Soldaten mit Maschinengewehr stieß. Ich freundete mich mit an. Er versicherte mir, auf mein Zelt ein besonderes Augen zu werfen.
Am nächsten Morgen lebte ich noch. Tatsächlich, meine Glieder waren alle noch dran, keine Schürfwunden schmerzten, keine Beule verunzierte meinen Körper. Ich rieb mir den Schädel, um mich zu erinnern. Warst Du nicht nachts einmal auf der Toilette und doch ist Dir nichts passiert? Erstaunlich.
Ich kroch freudestrahlend aus meinem Zelt und daneben stand der Soldat und fragte schmunzelnd: „How was the Hippo?“/“Wie war der Hippo?“
„Well, ich habe überlegt. Und warum? Ha, weil ich den Hippo in die Flucht schlug!“
Der Soldat lachte. „Wie hast Du das geschafft?“
„Weißt Du mein Freund, ich ging aufs Klo. Ich rannte, weil ich Durchfall hatte. Vorher schon ließ ich die Hosen runter. Als ich mich auf die Schüssel setzen wollte, kam ich auf dem Rücken eines Hippos zu sitzen. Er wurde wild. Er lief rückwärts aus der Toilette, ich obenauf. Wie ein Pferd, ist ja auch ein Pferd, lenkte ich ihn dort- und hierhin. Es war wunderbar! Ich liebe Pferde!“
Der Soldat schaute konsterniert. Ha, natürlich nur deshalb, weil ich Deutsch gesprochen hatte. Ansonsten hätte er vor Bewunderung die Augen nicht mehr zugekriegt und mir auf den Rücken geklopft.
Ich machte mich erst einmal frisch und sauber auf der nahen Toilette. Sowie ich aus dieser trat, stand der nächste Einheimische da, um sich seinen ausgeglichenen Schlafsack und Matratze übergeben zu lassen.
„How was the Hippo?“
Seine blenden weißen Zähne funkelten im Morgenlicht.
„Well, ich schlug ihn in die Flucht. Als er auf mich zurannte, da sprang ich in die Luft, drehte mich ein paar Mal um mich selbst und kam mit meinen Beinen auf seinem Hals hernieder und riet mit ihm durch den Busch. Erst als er mir versprochen hatte, mich in Ruhe zu lassen, ließ ich ihn los.“ Was auch immer ich ihm in Deutsch verklickern wollte, er sah in mir bestimmt einen dummen Westler, dessen Gehirn nicht weit genug ausgebildet war, sich in ein afrikanisches Tier hineinversetzen zu können.
Diesmal war ich vor anderen Biestern auf der Flucht. Ich musste von hier weg. Schleunigst.
Ich hatte zwanzig Kilometer bis zum Grenzzaun zu überwinden.
Derjenige am Tor zum Nationalpark rief mir nach: „How was the Hippo?“

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