Der Viagra-Mann

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Pentzw
Kalliope
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Der Viagra-Mann

Beitragvon Pentzw » 15.04.2018, 13:07

oder das Feuer der Angst
Ich treffe einen Bekannten am Bahnhof.
„Wohin unterwegs?“
„Nach Bayreuth, ein Schäferstündchen.“
„Aha, nicht schlecht.“ Ich bin schon verblüfft darüber. Ist es nicht etwa erstaunlich, so etwas gleich einem relativ Fremden aufs Butterbrot zu streichen?
„Hmmm!“ Sage ich gedehnt und mustere ihn von oben bis unten.
Er hat eine lustige Zipfelmütze auf, der Bommel schwankt hin und her, wenn er spricht. Über seinem Rücken spannt sich ein kleiner Rucksack, als befände er sich auf Wanderschaft. Er trägt eine altmodische Brille und hat stets ein freundliches Lächeln aufgesetzt. Er kommt mir vor wie der Deutsche Michel, als sei er einem Bild von diesem deutschen Romantiker entsprungen, der da den Poet in der Dachkammer und solche idyllische Bilder aus der Biedermeierzeit des 19. Jahrhunderts gemalt hat.
Er wirkt entgegenkommend, verbindlich und rechtsschaffend, und mein eindringlicher Blick hat für ihn Aufforderungscharakter, sich zu erklären.
Er streicht liebevoll über eine gebeulte Hosentasche. Er schaut darauf, ich schaue darauf, wir schauen uns an – er wollte, dass ich diese Geste wahrgenommen habe. Er will, dass ich weiß, was er mir dazu nun sagt: „Seit meiner Scheidung, du verstehst, geht’s nicht mehr.“
Ich denke nach, brauche einige Zeit, bis ich richtig kombiniert und kapiert habe, indem ich die einzelnen Faktoren in Beziehung zueinander stelle, um deren Funktion zu verstehen: die Hosentasche, in der etwas stecken musste, was mit den Folgen der Scheidung im Zusammenhang stieß? Meisterdetektiv schließt aus dem Umstand einer Scheidung, sich nichts Positives ergeben kann normalerweise. Und ein Schäferstündchen, bei den man etwas braucht, was Platz in einer Hosentasche fand.
Kondome?
Nein, nicht doch. Dafür sorgen doch die Frauen. Daß er extra 80 Kilometer von hier aus in eine Stadt fuhr, die von seinem Heimatort 160 Kilometer entfernt lag, verdeutlichte, wie wichtig ihm der Sex noch war.
Alles sehr verwirrend, vielleicht nur für mich, ich bin kein großartiger Analytiker und Logiker. Aber immerhin habe ich noch einen gesunden Menschenverstand und, was das Wichtigste ist, um zu verstehen, was die Welt im Innersten zusammenhält: Erfahrung: „Doch nicht etwa Potenzpillen?“
„Du sagst es!“ Er streichelt wieder liebevoll die Ausbuchtung seiner Hose, worin Viagra-Tabletten versteckt sind, die darauf warten, ihre Power-Wirkung entfalten zu dürfen.

„Ich mache nur noch mit Potenzmittel.
Ich bin nicht besonders tolerant, aber diplomatisch.
„Naja, niemand ist perfekt!“
Er lacht dazu. Er ist auf kein direktes, erhofftes Verständnis gestoßen, aber immerhin auf Ironie. Und er hat Humor.

(In meiner momentanen Unsicherheit und Störungsanfälligkeit mit meiner neuen Partnerin, denke ich einen Augenblick, warum nicht auch dazu greifen? Denn auch ich fühle mich zur Zeit so schwach.
Aber nein, Schwäche hat Ursache und hierin liegt die Kompliziertheit der derzeitigen Beziehung.)

„Alles klar!“, antwortet er lapidar.
Alles klar? Als ob je Alles klar sein könnte? Es ist ein Spruch, der mich so herausfordert, dass ich am liebsten in eine Gespräch über philosophische Dinge einsteigen würde und um die letzten aller Dinge auseinander zu nehmen, sofern das geht. Lach!
„Alles klar, Herr Kapitän!“, antworte ich. Mann, Mensch, so viel Zeit hat man gar nicht mehr, um über die letzten Seinsgründe zu spekulieren.
„Schiff ahoj, Herr Kapitän! Und das möglichst zielgenau auf den Eisberg zu! Voilá!“, sage ich abschließend, wende mich ab, meinem Beitrag zu leisten, die Müllberge zu erhöhen. Wenn da nicht bald auch die liebe Erde und Mutter Natur impotent wird? Aber wen kümmert’s schon? Hoffnung keimt immer auf, dass dann schon ein Viagra-Heilmittel für unseren blauen Planeten zur Hand stehe.

*

Er geht weg, spricht zwei junge Frauen vor einem Ticket-Automaten an. Schüchtern ist er nicht gerade, denke ich beeindruckt.
Er kommt her. „Willst Du nicht nach Lichtenfels fahren? Sieh, dort stehen zwei Mädchen, die wollen dorthin.“ Ich und er haben eine Karte jeder für sich, die uns und die zwei Frauen dorthinbrächten, wir würden die Hälfte deren Fahrtkosten erhalten, so dass beide Parteien einen Gewinn gemacht hätten, kosteten doch die Karte für jeden nur die Hälfte.
„Nein, machen wir lieber nicht!“, sage ich. „Zwei Frauen sind mir zu viel – zum Vögeln!“ Es spielte auf seine Impotenz an und ich befürchtete deshalb beide hochnehmen zu müssen.
„Ach Quatsch!“, sagt er und schlägt sich auf seine Hosentaschen. „Ich habe die Viagra-Pillen ständig mit mir. Brauchst Dir keine Sorgen zu machen wegen mir. Und es wird auch für Dich reichen, falls Du in die Hosen machst, wie’s scheint!“ „Was, Du hast so viele dabei!“, stoße ich erleichtert aus. Warum tue ich das? Wahrscheinlich bin ich momentan auch etwas verunsichert hinsichtlich meiner Fähigkeiten. „Damit, dass Du es gleich für zwei mit Dir herumträgst, habe ich allerdings nicht gerechnet!“ Oder hatte ich etwa einen überraschenden Anfall von Treue, will mich aus der Affaire ziehen? „Mann, ich bin ein Kaufmann, und zwar ein sehr guter. Und gute Kaufmänner rechnen immer mit allem!“ „Hm!“ Jetzt wollte ich auch nicht mehr eine Sekunde ungenutzt mit Überlegungen Wieso-und-Weshalb verstreichen lassen, sondern Nägel mit Köpfen machen. Am Ende zählt nur das. was unter Strich übrig blieb. „Also, dann ran an den Speck!“

Und wir sprechen die zwei Ladys an ohne eine Abfuhr zu bekommen. Glück muss der Mann haben! Wenngleich mir schon Zweifel kommen: ob das mal gut geht. Bei diesem Viagra-Mann, diesem Sex-Krüppel, diesem – um mich mache ich mir natürlich keine Sorge. Ich wusste, ich stand sozusagen in der Blüte meiner Männlichkeit. Punktum.
(Lüge! Ich zweifelte momentan durchaus. Aber es lag nur an dem Verhältnis zu meiner Partnerin. Woher nahm ich die Sicherheit dafür, hierin die Ursache des Malheurs zu sehen? Nun, es war nicht das erste Mal in meinem Leben, dass ich mich damit konfrontiert fühlte. Und wie bereits beim ersten Mal wusste ich, dass würde vergehen, wenn man daran arbeitete oder den Partner wechselte. – Aber dieser Mensch, Mann. war zeitlebens verheiratet gewesen und ist vermutlich wegen einer harschen Trennung aus seinem seelischen Gleichgewicht gefallen. Nur dumm von ihm, dass er gleich zur Pille griff. Das war fatal. Damit verbaute er sich den Weg, selbst einen Tunnel zu graben und schüttete sich diesen noch dazu zu mit Medikamenten, bevor er überhaupt anfing zu graben.)

*

Wir steigen in den Zug ein, machen uns also auf die Reise.
Es stinkt unerträglich nach Bierdunst. Die Fußballfans sind wieder unterwegs. Dazwischen brandet immer wieder ein schreckliches Gegröle auf.
Aber wir sind nicht abzulenken.
Die Ladys sitzen hinter uns. Gegenüber uns sind die Plätze leider schon fast besetzt gewesen.
Sie kichern und lachen permanent. Dies veranlasst uns, dauernd versteckt nach hinten zu luken.
Bis wir erkennen, dass waren Schicksen, Flittchen, nein leichte Mädchen. Wunderbar!
Wir stecken die Köpfe zusammen.
Ich will natürlich besonders auf den Viagra-Mann Rücksicht nehmen.
„Im Gegenteil, bei meinem Mittel kann ich jede vögeln, glaube mir!“, wie generös mein Bekannter doch ist. Ein schöner Zug, mir die Wahl zu überlassen?
Aber Moment!
Klingt zwar plausibel, was er da sagt. So ein Generalist ist doch so eine Pille.
Also, aber, hm, womöglich versage ich aber, stieße ich nicht auf die richtige Partnerin. Ich befinde mich nicht in einem kritischen Zustand, nein, aber... und meine neue Partnerin setzt mir ganz schön zu. Und heute fühle ich mich besonders schwach, anfällig, bedroht.
Also, ich muss schon sehr sicher gehen, bei der Auswahl meiner Partnerin, sonst...
Wie heißt es im Volksmund: verteile nicht die Felle, bevor du nicht den Bär erledigt hast. Heute beruhigt mich diese Volksweisheit.
Über die Geschäftsbedingungen zu verhandeln überlasse ich meinem Freund. Er ist einmal Kaufmann gewesen. Tatsächlich, in seinem Verhandlungsgespräch zeigt er sich geschickt, dass sich bald die Parteien handlungseinig werden.
Dafür müssten sie für die Mitnahme auf unseren Tickets nichts mehr bezahlen, im Gegenzug würden sie denn, also, sie würden, weil ja der Vorteil auf beiden Seiten lag, sie würden für den Ort der Warenübergabe, den Tauschplatz, den Basar, wo dieses andere Geschäft vollzogen werden sollte, sorgen.
Der schwierigere Teil des Geschäftes steht offen: die Zuordnung, wer welche Ware bekäme. Und da steht ja einiges auf dem Spiel, der Preis ist verdammt heiß! Oder eiskalt, sofern die Impotenz zuschläge! Im Falle, mein Partner versagte, bevor wir unser Geschäft abschlössen, in derselben Wohnung, im selben Tauschplatz-Rahmen da und ich erst - ein riskantes Unterfangen!

*

Leider hatte niemand damit gerechnet, was nun passiert. Damit wird keiner rechnen. Es war ein seltenes, singuläres Ereignis: Ausfall des Zuges. Ja, auch Lokomotiven können impotent werden, ganz plötzlich.
Das Batteriesystem versagt. Der Zug bleibt auf einmal mitten auf der Strecke stehen. Zwischen zwei Stationen. Es ist schon dunkel geworden, draußen herrscht Düsternis. Zum Glück gehen aber noch die Türen auf und es öffnet sich ein Anblick auf eine steile Böschung. Stufen gibt es hier nicht, wer festen Boden unter den Füßen spüren will, hat gut zwei Meter vom Zug bis zum Boden zu überwinden. Ein Sprung von dieser Distanz kann kaum einer bewältigen. Zudem würde man auf Steine des Fahrdamms springen müssen, die schräg liegen und leicht abrollen können, so dass man sich leicht wund schlagen, das Gleichgewicht verlieren und hinfallen kann.
So sind die Fahrgäste gezwungen, in den Abteilungen zu verharren und abzuwarten, bis Hilfe und Rettung kam oder der Zug wieder ansprang. Aber es sieht zunächst nicht danach aus. Wenn eine Batterie leer ist, so bleibt sie es, bis sie wieder aufgeladen ist. Auf der Strecke befinden sich keine Batterieaufladegeräte, so etwas gibt es nur an einem größeren Bahnhof, in den Abstellhallen, den Rangier- und Wideraufbereitungs-Stationen für Züge.
Plötzlich spricht uns von hinten einer der Ladys an. „Tut uns leid, aus unserem Deal wird nichts. Wir werden von unseren Freunden abgeholt.“ Sagen’s, springen auf und huschen aus dem Zugabteil.
Angesichts des Durch-die-Lappen-Gehens des Geschäftes sollte ich mich ärgern, aber spüre Erleichterung, irgend ein Gefühl sagt mir, dass wir uns dadurch Ärger erspart haben.

*

Man saß wirklich sehr verdutzt da, da durch den Ausfall der Batterie auch die Lautsprecher ausgefallen waren und somit keine Mitteilung erfolgen konnte, was nun los ist. Der Lokfahrer war angehalten worden, in so einem Fall partout in seiner Kajüte vorne zu verharren, so dass er sich nicht getraut hat, die 8 Wagen schnell zu frequentieren und Bescheid zu sagen. Außer ihm befand sich kein weiterer Bediensteter an Bord.
Es dauert einige Minuten, bis die Fahrgäste sich beruhigt haben und sich ein Mann getraut, aus dem Wagen zu springen und vorne zum Lokführer geht, um der Ursache des Malheurs nachzuspüren. Da galt es nur eins: warten, bis Hilfe kam.
Der Zug steht, aber es steigen immer noch Fahrgäste zu. Einer, ein junger Kerl, setzt sich prompt auch zu uns, gegenüber meinem Begleiter, wobei er beim Sich-Hinsetzen diesem etwas klammheimlich in die Hand steckt.
Er flüstert mir ins Ohr: „Mein Dealer. Versorgt mich mit Marihuana! Ich brauch das auch! Hihi!“ Tja, denke ich, da bist Du wohl nicht der einzige. Nur dieses merkwürdige Kichern dabei. Am Ende ist er vor lauter THC wunderlich geworden oder was?
Auf einmal steht ein Polizist vor uns.
Ich kann mir nur erklären, dass diese Menschen die Ruhe und Untätigkeit nicht ertragen konnten und nun quasi Dienst machen mussten.
„Zeigen Sie mal, was Sie da gerade in die Tasche gesteckt haben!“ Pech gehabt, denke ich. Mein Freund zieht die Packung mit den Viagras heraus. Der Beamte lässt sich aber nicht beeindrucken und blufft, indem er eine blaue Tablette zwischen Finger und Daumen dreht, grinst dabei unbeschreiblich, als wüsste er nur zu gut Bescheid und gibt ihm die Packung zurück. Mein Freund reicht jetzt anstandslos die gerade erhaltene Filtertütchen mit braunen Inhalt hin.
Sofort nimmt der Fahnder die Personalien auf.
Mein Freund sagt seinen Namen. Der Zugestiegene daraufhin gleichfalls. Moment, letzterer war gar nicht gefragt worden. Der Name ist identisch. Steckt dahinter bewusste Verwirrabsicht?
Der Fahnder schaut auf, als traute er seinen Ohren nicht, was nicht verwunderlich ist.
Stolz sagt mein Bekannter: „Mein Sohn!“ Der Beamte schaut sich einen Moment um und den ein anderen Fahrgast an, als suchte er in einem anderen Gesicht die Antwort auf die Frage: Was soll ich da machen?
Er murmelt mehr, als dass er es geradeheraus sagt: „Ich hasse diesen Job!“ Ich will nicht ausschließen, dass ich mich vielleicht getäuscht und verhört habe.
Jedenfalls fährt der Protokolleur fort, egal ob Sohn Vater mit Rauschgift aus welchen Gründen auch immer versorgt, illegale Betäubungsmittel fallen unter das Betäubungsmittelgesetz. Strafe muß sein, Gesetz ist Gesetz, ich weiß nicht, was im Kopf dieses Menschen vor sich geht.
Würde er sich wenigstens wieder rasch dorthin zurücksetzen, woher er gekommen ist, Rücken zu uns und emsig auf irgendetwas schreiben, womöglich verfeinert, schmückt und erweitert er das Protokoll „Sohn beliefert Vater mit illegalen Drogen!“ und denkt wohl nicht, sollen sich andere den Kopf zerbrechen, wieso man eine ganze Familie kriminalisieren muss.
Der Vater fragt jetzt den Sohn vertraulich, als sei nichts geschehen. „Was macht Michael?“ Er nennt noch fünf weitere Namen, weiblich, männlich.
Er flüstert mir zu: „Das sind meine Kinder. Sie studieren, bis auf den jüngsten, der ist heuer aufs Gymnasium gekommen.“ Auch nichts Ungewöhnliches, Vater von sechs Kinder, alle gut ausgebildet und wohlerzogen, stürzt ab und steht auf der Straße. Er erzählt mir, dass er irgendwo abgelegen in einer Vorstadt in einer Einzimmer-Dachwohnung haust, ein Heizgerät braucht, dass sowohl im Winter, weil es dort oben sehr kalt ist, laufend im Betrieb sein muss, und im Sommer, um die Hitze abzukühlen. Beides seien mitunter unerträgliche Zustände, besonders bei dem heißen Sommer mittlerweile, 34 Grad.
Er hatte keine Fluchtmöglichkeit, sein Schuldenberg stieg unaufhörlich an, so wie im Winter als auch im Sommer.
Ein Teufelskreis.
Wahrscheinlich steckte er in einer privaten Insolvenz, aus dem er nicht mehr so schnell würde kommen.


Der Polizist rümpfte oder zuckte die Nase. Lag es am Bierdunst?
Mittlerweile kam jetzt der Bierdunst vieler Mitfahrer so richtig zur Geltung, der einem den Atem verschlug und leicht die Scheiben beschlug. Zum Glück war es ruhiger geworden, da den jungen, nach Bier stinkenden Fußballfans doch etwas das Grölen und Singen vergangen war.
Der Alkoholrausch stand dem Haschisch-Konsum gegenüber: hier eklige Ausdünstung enthemmtes, lautes Grölen und dort leises, kaum wahrnehmbares Genießen der von Haschisch Beseelten.
Wäre der Polizist sich dessen bewusst gewesen, hätte er die Betrunkenen, die Verursacher dieses Erregens öffentlichen Ärgernisses an die frische Luft setzen müssen. Das würde dem Polizisten aber nicht einfallen. Bier war anerkanntes Rausch und Betäubungsmittel in diesem Land.
Auch wenn das Marihuana noch so umweltschonend war, es wurde gesetzlich verfolgt. Bier war hierzulande auf allen Anbaugebieten präsent und Gegenstand – davon lebten viele Bürger und mochten andere kriminalisiert werden, weil sie es ablehnten und zu anderen Mittel Zuflucht suchten, vor allem Jugendliche, Schwache und Sanftmütige, eine Minorität, aber diejenigen, die Gesetze bestimmten, bestimmten das Recht – Polizisten waren dazu da, dieses zur Durchsetzung zu verhelfen. Kamen hegten sie je Zweifel – war es nicht Recht, war es doch – so würden sich diese stets doch für die Macht entscheiden (nicht für die Gerechtigkeit etwa, denn dafür hat ein Polizist kein Gefühl, zumindest unterdrückt er es), denn er ist nur erpicht darauf, die Ordnung aufrechtzuerhalten bzw. die Ruhe im Land. Diejenigen, die nervös werden und aufbegehren, nehmen Rausch- und Betäubungsmittel zu sich, um ihre Angst zu unterdrücken, nur keine illegalen, was wiederum die Unterdrückung verstärkt und die Macht dazulande hilft, förderte und bestärkt.
Ein zweiter Teufelskreis.

„Wir werden gehetzt. In dem Land, in dem wir hineingeborgen worden sind.“
„Wer sind die Faschisten, Hetzer, die Treiber?“
„Die Polizisten, die Sicherheitsleute, die Politiker manchen Cholours - die einen machen die Gesetze, die anderen setzen sie durch.“
„Sofern sie nicht von uns gewählt worden sind.“
„Ich habe sie nicht gewählt. Weder die Politiker noch die Polizisten. Damit dürfen mich diese jedoch nicht hetzen.“
Welch ein Weltbild!
Es stecken andere dahinter. Andere schüren und zünden das Feuer an. Das Feuer der Angst.
Ich schaute mich um. Auf meist gleichgültig dreinblickende Gesichter traf mein Blick: Einheimische. Sie würden kein Wort einlegen, wenn der Polizist einem etwas vorwarf, entgegenwarf, anklagte.
Ich atmete befreit auf, als ich dazwischen Ausländer, Zugewanderte, zudem schwarzer Haarfarbe, etwas ins Gelbliche gehenden Teint, sah: aufmerksam würden sie schauen, wenn sie auch vielleicht kein Wort dazwischen werfen würden oder könnten. Sie kamen aus einem relativ freien Land, Äthiopien womöglich, waren noch frei und hatten noch Fühler für Ungerechtigkeit, Druck und Pressalien.
Die Einheimischen würden nur wegschauen.
Ich müsste sein wie sie, war mit ihnen großgeworden, was aber war aus ihnen geworden? Man kam sich fremd und ausgestoßen vor in seinem eigenen Land.

© werner pentz

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