Freaks
US 1932 | 64 Min | DCP
Regie: Tod Browning
Darsteller/-innen: Wallace Ford, Leila Hyams, Olga Baclanova, Roscoe Ates, Harry & Daisy Earles
Drehbuch: Willis Goldbeck, Tod Robbins
Kamera: Merritt B. Gerstad
Ein Monolith in der Geschichte des kommerziellen Kinos, fremdartig wie Gestein von anderen Planeten. Eine Perle, wunderlich seltsam und zugleich wunderbar schön. Freaks, ein Film, der gemäß den Gesetzen der Industrie gar nicht bestehen dürfte, stellt das Genre schlichtweg auf den Kopf. Der halbe Mann, die an Marsmenschen erinnernd siamesischen Zwillinge, die Dame mit Bart, der lebende Torso sind keine Kreationen der Kinoillusion, sondern reale Geschöpfe_ das Phantastische wirklich, das Wirkliche phantastisch. Zudem radikalisiert Tod Browning ein Sujet, das im Horrorfilm stets latent vorhanden ist: Wer ist hier eigentlich das Monster? Freaks ist in all seinen berührenden und horriblen Momenten großartig nüchtern, trocken, lapidar und stets erpicht auf die kürzeste, schnörkellose filmische Aussage – eine Kino-Singularität, wahlverwandt den Werken des großen Don Luis Buñuel.
Tod Browning war physisch betroffenen Protagonisten kein Unbekannter. Viele seiner Stummfilme, darunter The Unknown (1927) und The Unholy Three (1925), zeigten prominente Charaktere mit speziellen Handicaps. Bevor er nach Hollywood kam, arbeitete er fünfzehn Jahre im Zirkus - Elemente dieses Schauplatzes flossen in Folge in seine Arbeiten ein. Im Gegensatz zu all den Schönen, die damals primär die Leinwand bevölkerten, waren seine Helden keine attraktiven, glamourösen Wesen, sondern von einer Form und Gestalt, welche zu dieser Zeit normalerweise im Verborgenen herablassend behandelt wurde. Nach dem Erfolg von Dracula (1931) wünschte sich MGM von Tod Brownings „etwas noch Schrecklicheres". In Folge adaptierte Willis Goldbeck _am ehesten für sein Script zu The Man Who Shot Liberty Valance bekannt_ eine Geschichte von Tod Robbins mit dem Titel Spurs, schrieb ein Drehbuch, in dem sich ein Zirkus-Zwerg in die schöne Bareback-Reiterin verliebt, welche sich bereit erklärt ihn zu heiraten, weil sie in Erfahrung bringt, dass es viel Geld zu erben gibt. Die Dreharbeiten begannen im Oktober 1931 mit einem Budget von 290.469 Dollar. Die Anwesenheit waschechter Freaks auf dem MGM-Grundstück verursachte allerlei Probleme – Harry Rapf, einer der Produzenten führte in dem Zusammenhang eine Delegation an, die den Studiobetreibern riet, das Vorhaben einzustellen. Dies wurde schließlich abgelehnt, die Arbeiten unter Bedingungen fortgesetzt, dass sich die Mehrheit der Darsteller gezwungen sah, im Freien zu speisen, um nicht als störend empfunden zu werden. Die Dreharbeiten wurden Mitte Dezember mit Ausgaben von knapp 10.000 Dollar über dem geplanten Budget abgeschlossen.
Erste Sichtungen des Filmmaterials führten zu katastrophal willkürlich Kürzungen von fast 30 Minuten. Das Werk musste vor seiner Genehmigung zweimal bei New Yorker Zensurbehörden eingereicht werden. Dennoch war es trotz umfangreicher Korrekturen bei Veröffentlichung für s zeitgenössisch Publikum noch immer the most shocking thing you d ever seen und ein Großteil der Presse dagegen. Die Kritik der New York Times begann mit: // Metro-Goldwyn-Mayer hat definitiv ein ungewöhnliches Bild auf Lager. Die Schwierigkeit besteht darin, zu sagen, ob es im Rialto - wo gestern die Premiere stattfand - oder beispielsweise im Medical Center gezeigt werden soll.// Die National Association of Women verurteilte den Film aufs Schärfste, sah in ihm nur einen weiteren Beweis für sinkend moralische Standards einer Traumfabrik. Aufgrund von Kontroversen, schlechter Presse und dem Unvermögen, ein Publikum zu finden, zog MGM ihn nach drei Wochen aus dem Verkehr. Das Studio sah keinen Anlass, für einen funktionierenden Vertrieb zu kämpfen – entfernte sogar von plakativ Drucksachen sein Logo. Manche vermuten, dass dies an der grundsätzlichen Abneigung von Studio-Chef Louis B. Mayers lag. Für Regisseur Tod Browning erwies sich die Lage als Knick in vielversprechend Karriere, von dem er sich nie mehr ganz erholte.
Dwain Esper, an den Louis B. Mayer die Rechte Mitte der 1930er Jahre für 5000 Dollar plus Lizenzgebühren verkaufte, brachte den Film als Teil einer Roadshow bis in die 1940er unter zahlend Publikum. Dabei kombinierte er ausschnittweise Szenen aus Freaks und eigenes Material, präsentierte einige der Darsteller als Teil der Show, unterlag damit den Regeln und Vorschriften des Underground-Milieus, nicht mehr dem Produktionsgesetzbuch. Die Rechte des Films sollten schließlich 1957 an MGM zurückgehen.
Noch weniger Glück hatte Freaks in Großbritannien, wo man 1932 _der Ansicht, dass aus kommerziellen Gründen behinderte Personen ausgebeutet wurden_ die Zertifizierung verweigerte. Dieses Verbot wurde bis in die 1950er aufrechterhalten, als der Film erneut zur Klassifizierung herangezogen wurde. Die Rechte für dessen Verleih wurden von Adelphi Films gekauft, wobei der Direktor dieses Unternehmens, Arthur Dent, in einem Brief an die BBFC dafür plädierte, dem Werk ein X-Rating zu verpassen. Er war der Meinung, dass die sympathische Art und Weise, in der darin Charaktere dargestellt werden, weit davon entfernt ist, noch immer zugunsten vorgefasster Meinung das übliche Gefühl des Grauens zu schüren. Das Verbot wurde dennoch aufrechterhalten, der Film in Großbritannien erst 1963 vertrieben. Diesmal mit der Besorgnis seitens BBFC-Vorstand, er würde potenziell jene Leute ins Kino locken, die Freaks aus unwürdigen Gründen sehen wollen.
In seinem Artikel mit dem Titel Gefährliche Körper: Freak Shows, juristischer Diskurs und die Definition von Behinderung befasste sich Brigham D. Fordham mit der Legalität und Ethik der Freak Shows in den Vereinigten Staaten. Er argumentierte, dass deren Verbot im Sinne der ersten Änderung verfassungswidrig sei, da es die Menschlichkeit von Menschen mit abnormen Körpern nicht berücksichtigt – und beschreibt den Kontext seiner Ausführungen wie folgt:
// Heutzutage gibt es in unzähligen Städten Verordnungen, die Freakshows verbieten oder eine Gebühr erheben - und eine Reihe von Staaten haben Gesetze erlassen, die eine Zurschaustellung von Personen mit ungewöhnlichen Körpern einschränken oder verbieten sollen. In Kalifornien und Florida wurde das Verbot von Freakshows als verfassungswidrig eingestuft - nicht weil angenommen wurde, dass die Gesetze gegen die erste Änderung verstoßen, sondern weil Personen mit ungewöhnlichen Körpern das Recht haben, angestellt zu werden – wobei Gerichte dort überraschenderweise davon ausgehen, dass es sich bei Freakshows nur um passend Arbeitgeber für bestimmte Leute handelt. Der feste Glaube, dass diese Menschen ausgebeutet werden, zeigt einen grundlegenden Mangel an Respekt. Denn obwohl viele dieser Leute Erwachsene sind und man sie als unfähig ansieht, einem Teil der Aufführung zuzustimmen – man ihnen die gleichen Rechte und geistigen Fähigkeiten wie andere zu haben in Abrede stellt, ist zu tolerieren, dass Freak-Show-Darsteller einen Handel zwischen Würde und finanzieller Belohnung schließen. Darauf mit Angst und Ekel zu reagieren _ein Verhalten, welches durch Formen der traditionellen Freak-Show gefördert wird_ spiegelt Einstellungen wider, die zu diskriminierender Behandlung führen. Jemand, der tot als besser dran wahrgenommen wird und dessen Äußeres Entsetzen hervorruft, wird nie und nimmer als gleichwertig empfunden. //
Die Bedeutung von Freaks im Hier und Jetzt besteht im Wesentlichen darin, dass an Konventionen gerüttelt wird, mit denen wir uns bis dato arrangieren - wir in Frage stellen, was wen warum sympathisch macht. Unser Mitgefühl gilt nicht der drallen blonden, nicht behinderten Frau sondern seltsamerweise von Anfang an den Freaks. Das nenn ich Wirkung. Ein Publikum _auf der Suche nach Charakteren, die dem typisch Bösewicht entsprechen_ ist somit gefordert, was ihm Abnorm und Hässlich dünkt auf s Gründlichste zu überdenken. Kein anderer Film erzählt in dieser Klarheit von der Menschlichkeit von Monstern und dem Monster Mensch, ist ein derart verständlich in schwarzweiss gehalten Aufruf zu mehr Solidarität, Toleranz und zivilem Ungehorsam.
“Gooble Gobble One of Us!” Fans der Punkrockband Ramones wird dieser Schlachtruf in etwas veränderter Art und Weise unter „Gabba Gabba Hey“ vertraut sein. Die Band selbst sahen den Film Freaks an einem ihrer seltenen freien Tage in einem Kunsthauskino, als eine Veranstaltung im Freien, bei der sie auftreten sollte, wegen schlechten Wetters abgesagt wurde. In Folge identifizierte sie sich auf ihre Weise mit einer der Hauptfiguren, den Mikrozephaliker oder Stecknadelkopf genannt Schlitzie. Als während eines Konzertes im The Roxy ein Fan mit der entsprechenden Maske die Bühne stürmte und ein großes Schild mit der Aufschrift Gabba Gabba Hey schwenkte, wollte sie diese Erfahrung live nicht mehr missen. Fortan erschien ihr Roadie, Mitch Bubbles Keller, derart maskiert on stage, gab Joey Ramone das Schild und vollführte einen Tanz, der in der HipHop-Kultur als Jerk Dance Verbreitung fand. In späteren Jahren aktualisierte Keller den Pinhead mit einem an das Film-Original erinnernd gepunktet Kleid, das ihm ein Mitarbeiter des Ritz zusammengenäht hatte. Bis heute ist die Figur zusammen mit dem Ramones Presidential Seal ein Symbol ihrer Punk-Philosophie und fixer Bestandteil ihres Merchandisings.
sound & vision
Re: sound & vision
Wes Andersons Hymne an Japan Isle of Dogs _traditionelle Stop-Motion-Technik, Hunde und eigentlich alles Lebens- und Liebeswerte - statt dem Titel-Zusatz Ataris Reise dünkt mich in dem Zusammenhang Ataris Laterne schlüssiger. Denn so nennt sich s Haiku, zu dem der mutig Bengel im Film ansetzt. Und wenn Atari diesen Dreizeiler aufsagt, bringt Anderson für kurze Zeit alles in Einklang. Seine Liebe zu Japan, das Unverständnis, das man dort gelebter Kultur auf die Schnelle entgegenbringt. Dazu die Macht, welche auch wenige Worte haben können und eine Bildsprache, die mittlerweile auch s Heim_Kino in seinem Sinne 1:1 zu vermitteln vermag. Und natürlich_ dass Hunde fetzen.
Nach einem kurzen Prolog, in dem ein jahrhundertealter Kampf zwischen Hunden und dem Clan der Kobayashi (extrem fiese Katzenfans!!!) erklärt wird, werden Sprecher und Titel des Films eingeblendet. Auf die Bill Murrays, Jeff Goldblums und Greta Gerwigs, die da zu sehen sind, achtet man aber kaum, weil die Titelmusik von drei stämmig Perkussionisten mit Inbrunst aus Trommelfellen geprügelt wird. Die Musikanten sind Puppen, so wie alle Figuren in Isle of Dogs, und ihre Bewegungen abwechselnd lebensecht und bewusst stümperhaft – soll doch der Zuschauer nie vergessen, dass es sich um einen Film handelt . Zudem hat Indie- und Hipsterdarling Wes Anderson der 2009 mit Der fantastische Mr. Fox seinen ersten dieser Art drehte, bezüglich Umgang mit den Mini-Sets, natürlichem Bewegungsablauf und dem World-Building eine Menge dazugelernt.
Anderson ist sowohl von dieser Welt und ihrer Kultur als auch seiner Sicht der Dinge schier besessen. Sogar der Dialog besitzt eine musikalische Trittfrequenz, die ihn universell verständlicher macht, als manch talentiert Hundeflüsterer bereit ist zuzugeben. Unterdessen mischt Alexandre Desplats Partitur Taiko-Drums mit jazzigen Holzbläsern, reiben sich schwindelerregende Töne einer West Coast Pop Art Experimental Band der 60er an Prokofiev, lassen Seven Samurai s Taktschema schön grüssen.
Das retro_futuristisch Japan, in dem der Bürgermeister einer Metropole alle Hunde auf eine Müllinsel verbannt, sieht zwar naiv aber dennoch definitiv gefährlich aus. Ein Zwölfjähriger sucht seinen Hund Spots, der als allererster deportiert wurde, legt mit einem geklauten Flugzeug ne Bruchlandung hin. Dabei bohrt sich ein Metallteil in seinen Schädel. Ein eingeschworen Rudel, das in der Nähe der Absturzstelle gerade den Kampf um essbaren Müll gewonnen hat _wobei einem Rivalen sogar ein Ohr abgebissen wurde_ leistet, obwohl sie den Jungen eigentlich zum Fressen gern hätten, nach gebührend Abstimmung erste Hilfe.
Mit solch fast brutalen Szenen greift Anderson an Basics in die Trickkiste, stellt auf d Unmissverständliche klar, dass es in seiner oft naiv gestalteten Welt auch Konsequenzen gibt, die weh tun. In Isle of Dogs sind Tod und Schmerz ständige Begleiter, was wichtig ist, weil sich die von Hollywoods A-Liga gesprochenen Hunde und Atari mit Problemen beschäftigen, die auch in der realen Welt existieren. So konnten die Vierbeiner nur deshalb verbannt werden, weil für angeblich von Tier auf Mensch übertragbare Krankheiten _wie zB. Hundegrippe_ eine aufwändige Propaganda-Maschine in Gang gesetzt wurde, die der Bevölkerung tierisch Angst macht. Opposition, kritische Presse und unliebsam Wissenschaftler werden unter Druck gesetzt, weggesperrt, diskreditiert.
Isle of Dogs ist sicher nicht die top Metapher für Ängste und Ressentiments unserer Welt, gewinnt aber durch zahlreiche Figuren und Nebenschauplätze, die Anderson etabliert und kombiniert an bis dahin selten gesehen Brillianz. Zu einem ergreifenden Film wird die Dramedy durch die vielen kleinen Momente, in denen sich Hunde und Menschen mit entwaffnender Ehrlichkeit ihrer Fehler und Vorurteile bewusst werden, sie revidieren und aus ihnen lernen, sich in Folge weiterentwickeln und zu sich bessernd Charakteren werden. Das klingt alles irre kitschig, aber wenn Bryan Cranston diese mutige Reise als Streuner Chief auf seine Weise durchlebt und ihr synchron eine Stimme verleiht, die zu Herzen geht, dann ist das eben doch weit weg von allen gängig Varianten dieser klassischen Kinoformel.
Bevor im Film die Helden an ihr Ziel gelangen, an dem Schurken besiegt, Tier und Mensch wieder versöhnt werden sollen, wird geweint, Blut vergossen und _natürlich_ herzlich gelacht. Isle of Dogs spricht mit halb erhobenem Zeigefinger über ernste Themen, überschüttet den grübelnd Zuschauer zeitgleich mit wahrhaft putzig Dialog und detailliert Designs die dazu animieren, sich s optisch und akustisch Ergebnis mittels Zeitlupe und Standbild ein weiteres Mal vor Augen zu führen.
_____
link zu ner sehr ausführlich art von makingOf für trickfilm-spezialisten und solche die s vielleicht noch werden wollen
https://www.indiewire.com/2018/03/isle- ... 201942149/
Nach einem kurzen Prolog, in dem ein jahrhundertealter Kampf zwischen Hunden und dem Clan der Kobayashi (extrem fiese Katzenfans!!!) erklärt wird, werden Sprecher und Titel des Films eingeblendet. Auf die Bill Murrays, Jeff Goldblums und Greta Gerwigs, die da zu sehen sind, achtet man aber kaum, weil die Titelmusik von drei stämmig Perkussionisten mit Inbrunst aus Trommelfellen geprügelt wird. Die Musikanten sind Puppen, so wie alle Figuren in Isle of Dogs, und ihre Bewegungen abwechselnd lebensecht und bewusst stümperhaft – soll doch der Zuschauer nie vergessen, dass es sich um einen Film handelt . Zudem hat Indie- und Hipsterdarling Wes Anderson der 2009 mit Der fantastische Mr. Fox seinen ersten dieser Art drehte, bezüglich Umgang mit den Mini-Sets, natürlichem Bewegungsablauf und dem World-Building eine Menge dazugelernt.
Anderson ist sowohl von dieser Welt und ihrer Kultur als auch seiner Sicht der Dinge schier besessen. Sogar der Dialog besitzt eine musikalische Trittfrequenz, die ihn universell verständlicher macht, als manch talentiert Hundeflüsterer bereit ist zuzugeben. Unterdessen mischt Alexandre Desplats Partitur Taiko-Drums mit jazzigen Holzbläsern, reiben sich schwindelerregende Töne einer West Coast Pop Art Experimental Band der 60er an Prokofiev, lassen Seven Samurai s Taktschema schön grüssen.
Das retro_futuristisch Japan, in dem der Bürgermeister einer Metropole alle Hunde auf eine Müllinsel verbannt, sieht zwar naiv aber dennoch definitiv gefährlich aus. Ein Zwölfjähriger sucht seinen Hund Spots, der als allererster deportiert wurde, legt mit einem geklauten Flugzeug ne Bruchlandung hin. Dabei bohrt sich ein Metallteil in seinen Schädel. Ein eingeschworen Rudel, das in der Nähe der Absturzstelle gerade den Kampf um essbaren Müll gewonnen hat _wobei einem Rivalen sogar ein Ohr abgebissen wurde_ leistet, obwohl sie den Jungen eigentlich zum Fressen gern hätten, nach gebührend Abstimmung erste Hilfe.
Mit solch fast brutalen Szenen greift Anderson an Basics in die Trickkiste, stellt auf d Unmissverständliche klar, dass es in seiner oft naiv gestalteten Welt auch Konsequenzen gibt, die weh tun. In Isle of Dogs sind Tod und Schmerz ständige Begleiter, was wichtig ist, weil sich die von Hollywoods A-Liga gesprochenen Hunde und Atari mit Problemen beschäftigen, die auch in der realen Welt existieren. So konnten die Vierbeiner nur deshalb verbannt werden, weil für angeblich von Tier auf Mensch übertragbare Krankheiten _wie zB. Hundegrippe_ eine aufwändige Propaganda-Maschine in Gang gesetzt wurde, die der Bevölkerung tierisch Angst macht. Opposition, kritische Presse und unliebsam Wissenschaftler werden unter Druck gesetzt, weggesperrt, diskreditiert.
Isle of Dogs ist sicher nicht die top Metapher für Ängste und Ressentiments unserer Welt, gewinnt aber durch zahlreiche Figuren und Nebenschauplätze, die Anderson etabliert und kombiniert an bis dahin selten gesehen Brillianz. Zu einem ergreifenden Film wird die Dramedy durch die vielen kleinen Momente, in denen sich Hunde und Menschen mit entwaffnender Ehrlichkeit ihrer Fehler und Vorurteile bewusst werden, sie revidieren und aus ihnen lernen, sich in Folge weiterentwickeln und zu sich bessernd Charakteren werden. Das klingt alles irre kitschig, aber wenn Bryan Cranston diese mutige Reise als Streuner Chief auf seine Weise durchlebt und ihr synchron eine Stimme verleiht, die zu Herzen geht, dann ist das eben doch weit weg von allen gängig Varianten dieser klassischen Kinoformel.
Bevor im Film die Helden an ihr Ziel gelangen, an dem Schurken besiegt, Tier und Mensch wieder versöhnt werden sollen, wird geweint, Blut vergossen und _natürlich_ herzlich gelacht. Isle of Dogs spricht mit halb erhobenem Zeigefinger über ernste Themen, überschüttet den grübelnd Zuschauer zeitgleich mit wahrhaft putzig Dialog und detailliert Designs die dazu animieren, sich s optisch und akustisch Ergebnis mittels Zeitlupe und Standbild ein weiteres Mal vor Augen zu führen.
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link zu ner sehr ausführlich art von makingOf für trickfilm-spezialisten und solche die s vielleicht noch werden wollen
https://www.indiewire.com/2018/03/isle- ... 201942149/
Re: sound & vision
Alive Inside (77 min. / 2014) könnte als eine erfrischend quicklebendig Erkundungsreise beschrieben werden, die sich mit dem Wunder Musik beschäftigt, der Möglichkeit durch sie Hoffnung zu wecken, Freude zu bereiten, sich aus diagnostiziert Zurückgezogenheit zu erheben und beleben zu lassen. Der Film erinnert daran, dass jemand mit Demenz _auch wenn er nicht zu kommunizieren scheint, im seinem Inneren weder leer noch leblos ist. Und er beweist anschaulich, wie bereits ein einzig fast vergessen Lied eine heilsame Wirkung in Bereichen entfacht, wo sämtlich verschrieben Pharmaka versagen, Therapeuten vor verschlossenen Türen stehen.
Die Musik meines Lebens_ so der deutsche Titel, ist eine zu Herzen gehend, für gegenüber Oldschool allzu voreingenommen Jugendliche in manchen Belangen sicherlich herausfordernd Dokumentation. Der Filmemacher Michael Rossato-Bennett hatte eigentlich vor, seinen Interessen einen Tag lang zu folgen, war aber in Folge selbst so fasziniert, dass daraus ein dreijähriges Projekt wurde. Er begleitet darin die Arbeit von Dan Cohen, Gründer des Programms Music & Memory, das mit Hilfe von personalisierter Musik per iPod Menschen mit Alzheimer bzw. Patienten/-innen, die sich mit einem entweder alters- oder krankheitsbedingt Endstadium konfrontiert sehen, für Momente und in Folge von Dauer aus ihrem in sich selbst versunken Dasein holt. Zutiefst anrührende Zeugnisse, die belegen, welche besondere Kraft Musik innewohnt. Zusammen mit Familienangehörigen, Pflegekräften und Sozialarbeitern bringt er das Gezeigte mit Hilfe von Experten, dem Neurologen Oliver Sacks und Musikschaffenden wie Bobby McFerrin in einen wissenschaftlichen und gesundheitspolitischen Kontext, vermittelt primär ein Altern in Würde.
Man kriegt feuchte Gucker, wenn man sich auf d Bildsprache einlässt, sieht, wie sich Elan, Fröhlichkeit ihren Weg in bis dahin stoisch Mimik bahnt. Seit einer Ewigkeit kaum oder gar nicht mehr ansprechbare Menschen beginnen zu tönen, tanzen, erzählen. So lauscht zum Beispiel der 94-jährige schwer demente Henry, der seine eigene Tochter nicht mehr kennt, seinem Lieblingssänger Cab Calloway, seine Augen füllen sich nach Jahren erstmals wieder mit Leben, leuchten, sein Körper schwingt im Takt, er singt, erinnert sich an seine Jugend und beantwortet ohne Mühe an ihn gestellte Fragen. Ein entsprechend Clip ging über sieben Millionen mal viral_ was man wegen abschließend erwähnt Aufmerksamkeit für s kulturell und menschlich wertvoll Gesamtwerk kaum vermuten würde.
Der Film sensibilisiert nicht nur für den therapeutischen Einsatz von Musik, sondern zeigt auch, welchen Unterschied ein einzig beharrlich und hartnäckig agierend Aktivist _in diesem Fall ein Sozialarbeiter namens Dan Cohen_ ausmacht. Seine gemeinnützige Organisation nimmt weiterhin Spenden von gebrauchten iPods entgegen, schult klinische und private Pflegekräfte in der richtigen Art und Weise, das engagierte Programm mit bedürftigen Bewohnern verschiedenster Institutionen und zuhause auf d Kreative umzusetzen.
Alive Inside gewann 2014 den Publikumspreis des Sundance Film Festival. Zu registrieren, dass die komplette Dokumentation über YouTube bis heute nur um die 22.000 Klicks und drei Kommentare _zwei wortkarge und nen Smiley_ generierte, finde ich so gesehen irgendwie traurig. Hoffe aber, dass sich das angesichts der durch die derzeitige Situation zunehmenden Thematisierung der steigenden Isolation betroffener Risiko_Gruppen und nach diesem Posting auch bei ansonsten pumperlgsund Anonymen schleunigst ändert.
https://www.youtube.com/watch?v=AA3AOO4Q37o
einzig Manko während Laufzeit 22:23–22:56 Tonausfall (>DVD?)
was spontaner Damenwahl rein nichts an Jubelstimmung nimmt
_n gut gemeinter lieblos Upload mit einzig Plus_ ohne Werbung.
Die Musik meines Lebens_ so der deutsche Titel, ist eine zu Herzen gehend, für gegenüber Oldschool allzu voreingenommen Jugendliche in manchen Belangen sicherlich herausfordernd Dokumentation. Der Filmemacher Michael Rossato-Bennett hatte eigentlich vor, seinen Interessen einen Tag lang zu folgen, war aber in Folge selbst so fasziniert, dass daraus ein dreijähriges Projekt wurde. Er begleitet darin die Arbeit von Dan Cohen, Gründer des Programms Music & Memory, das mit Hilfe von personalisierter Musik per iPod Menschen mit Alzheimer bzw. Patienten/-innen, die sich mit einem entweder alters- oder krankheitsbedingt Endstadium konfrontiert sehen, für Momente und in Folge von Dauer aus ihrem in sich selbst versunken Dasein holt. Zutiefst anrührende Zeugnisse, die belegen, welche besondere Kraft Musik innewohnt. Zusammen mit Familienangehörigen, Pflegekräften und Sozialarbeitern bringt er das Gezeigte mit Hilfe von Experten, dem Neurologen Oliver Sacks und Musikschaffenden wie Bobby McFerrin in einen wissenschaftlichen und gesundheitspolitischen Kontext, vermittelt primär ein Altern in Würde.
Man kriegt feuchte Gucker, wenn man sich auf d Bildsprache einlässt, sieht, wie sich Elan, Fröhlichkeit ihren Weg in bis dahin stoisch Mimik bahnt. Seit einer Ewigkeit kaum oder gar nicht mehr ansprechbare Menschen beginnen zu tönen, tanzen, erzählen. So lauscht zum Beispiel der 94-jährige schwer demente Henry, der seine eigene Tochter nicht mehr kennt, seinem Lieblingssänger Cab Calloway, seine Augen füllen sich nach Jahren erstmals wieder mit Leben, leuchten, sein Körper schwingt im Takt, er singt, erinnert sich an seine Jugend und beantwortet ohne Mühe an ihn gestellte Fragen. Ein entsprechend Clip ging über sieben Millionen mal viral_ was man wegen abschließend erwähnt Aufmerksamkeit für s kulturell und menschlich wertvoll Gesamtwerk kaum vermuten würde.
Der Film sensibilisiert nicht nur für den therapeutischen Einsatz von Musik, sondern zeigt auch, welchen Unterschied ein einzig beharrlich und hartnäckig agierend Aktivist _in diesem Fall ein Sozialarbeiter namens Dan Cohen_ ausmacht. Seine gemeinnützige Organisation nimmt weiterhin Spenden von gebrauchten iPods entgegen, schult klinische und private Pflegekräfte in der richtigen Art und Weise, das engagierte Programm mit bedürftigen Bewohnern verschiedenster Institutionen und zuhause auf d Kreative umzusetzen.
Alive Inside gewann 2014 den Publikumspreis des Sundance Film Festival. Zu registrieren, dass die komplette Dokumentation über YouTube bis heute nur um die 22.000 Klicks und drei Kommentare _zwei wortkarge und nen Smiley_ generierte, finde ich so gesehen irgendwie traurig. Hoffe aber, dass sich das angesichts der durch die derzeitige Situation zunehmenden Thematisierung der steigenden Isolation betroffener Risiko_Gruppen und nach diesem Posting auch bei ansonsten pumperlgsund Anonymen schleunigst ändert.
https://www.youtube.com/watch?v=AA3AOO4Q37o
einzig Manko während Laufzeit 22:23–22:56 Tonausfall (>DVD?)
was spontaner Damenwahl rein nichts an Jubelstimmung nimmt
_n gut gemeinter lieblos Upload mit einzig Plus_ ohne Werbung.
Re: sound & vision
An musikalisch Quartett meine absoluten Lieblingsrabauken. Und offensichtlich Beleg dafür, dass sich n Livekonzert für die onStage nur bedingt mit Erwartungshaltung und werd.diktiert.Ruf.gerecht deckt. Beispiel1_ verglich nach Sichtung subjektiv Zusammenfassung meinerseits mit der kompetent angesagt Anwesender. Würd darum dem zitiert Fundstück aus m RollingStone inklusive Blick ins Publikum bezüglich Szeneerkennung und Soundcheck beipflichten . Warum also dran rumdoktern_ zudem bedient sich s Feedback durchgängig einer Wortwahl, die s Deep Learning Urban Dictionary in knackig Satzbau und Pointierung auf Deutsch nicht stimmig hinbekommt. Hab mir auf Anraten seitens kritisch Fangemeinde wegen angepeilt Volumen und möglichst originalgetreu rohFassung die listening.to.you DVD von Pulsar Productions VFB14616 zugelegt. Beispiel2_ diesmal in dargelegt Betrachtungsweise ne Fusion aus Recherche und mir eigen Nacherzählung. Dank nonperfekt Auftakt in Summe doppelt gern gesehen, auch weil d öffentlich vorgetragen Streitkultur samt very british Umgangsformen zweier Kratzbäum zu mehr Einsatz und Spielfreude motiviert. Werd s mir daher _sollt s kreativ wiederholt nicht nach Wunsch verlaufen_ als ergänzend Mut_und Muntermacher in d bestehend Sammlung einverleiben.
The Who Live At The Isle Of Wight Festival 1970 went on at about 2:30 in the morning, playing in typical English festival weather — cold, dark and wet. As the centerpiece of their show, Tommy was already teetering on its last, played-out legs. And we’ve recently been blessed with an expanded concert document called Live at Leeds, taped just six months before this show. So ask yourself: How much Who is too much? Is this excavation of their IOW ’70 show -Tommy, warts and all- necessary? Yeah, if only for the white-riot theater of Young Man Blues _particularly the band’s astounding staccato convulsions in the midsection_ the rare, live reading of Pete Townshend‘s wonderful hymn to self-doubt, I Don’t Even Know Myself; and the raw, glowing power of Naked Eye. As Townshend tartly remarks early in the set, “Smile, ya buggers. Pretend it’s Christmas.” And treat yourself.
Listening to The Rock & Roll Circus spares you the pain of watching Mick Jagger prance around in ringmaster’s gear and seeing the death-mask pallor of Brian Jones’ face. But then you miss out on riveting eyefuls of Taj Mahal — a vision of blackoutlaw cool amid the lily-white parade of British rock royalty — and an early, surprisingly grungy Jethro Tull. There’s a reason why the Rolling Stones stuffed this 1968 TV show into the can after filming: The Who blew ’em off the soundstage. Believe me or get the video and see for yourself.
• Heaven And Hell
• I Can't Explain
• Young Man Blues
• I Don't Even Know Myself
• Water
• Overture
• It's A Boy
• 1921
• Amazing Journey
• Sparks
• Eyesight To The Blind (The Hawker)
• Christmas
• The Acid Queen
• Pinball Wizard
• Do You Think It's Alright?
• Fiddle About
• Tommy Can You Hear Me?
• There's A Doctor
• Go To The Mirror!
• Smash The Mirror
• Miracle Cure
• I'm Free
• Tommy's Holiday Camp
• We're Not Gonna Take It
• Summertime Blues
• Shakin' All Over / Spoonful / Twist And Shout
• Substitute
• My Generation
• Naked Eye
• Magic Bus
Am 15. Dezember 1977 filmt man at Kilburn von The Who ihre in diesem Jahr einzige Live-Performance im Gaumont State Theatre für den Film The Kids Are All Right. Zwei Ausschnitte daraus fanden im Final-Cut Verwendung, der Rest verschwand vorerst in ner Blechdose. Wenige Monate nach dem Auftritt stirbt Schlagzeuger Keith Moon. Der geniale Witzbold, im Double mit Gitarrist Pete Townshend band_intern für d Exzesse und als Moon the Loon in benebelt Zustand für so manch verwüstet Hotelzimmer und Wohnungseinrichtung zuständig nimmt, um vom Alkohol wegzukommen, verordnet Beruhigungsmittel und vergreift sich am 7. September 1978 tödlich in der Dosis. 2002 feiern die anscheinend letzten Live-Aufnahmen der original Startaufstellung lautstark Wiederauferstehung. Während die PR-Abteilung vom Holy Grail spricht, kursiert s hartnäckig Gerücht von einem eher miserabel Auftritt, der acht Monate später zum Teil wiederholt wurde. Sicher ist, dass die Band am Anfang noch mit m WarmUp kämpft, aber spätestens ab Baba O'Riley wird s zu einem magischen Moment. Pete bearbeitet mit Windmühlen-Riffs seine LesPaul, Roger Daltrey sorgt mit Löwenmähne und knappem Shirt über m definiert Tommy-Body für entsprechend Wirbel, während John Entwistle _Fels in maniacscher Brandung_ dem Ganzen s virtuose Fundament verleiht, Keith sein kreatives Drumming auslebt und nem mächtig angepisst und wie er rotzbesoffen Townshend _“There's a guitar up here, if any big-mouthed little git wants to come up and fucking take it off me“_ mit Breaks und Tempowechsel gekonnt auf die Nerven geht.
• I Can‘t Explain
• Substitute
• Baba O'Riley
• Behind Blue Eyes
• Dreaming from the Waist
• Pinball Wizard
• I'm Free
• Tommy's Holiday Camp
• Summertime Blues
• Shakin' All Over
• My Generation
• Join Together
• Who Are You
• Won´t Get Fooled Again
The Who Live At The Isle Of Wight Festival 1970 went on at about 2:30 in the morning, playing in typical English festival weather — cold, dark and wet. As the centerpiece of their show, Tommy was already teetering on its last, played-out legs. And we’ve recently been blessed with an expanded concert document called Live at Leeds, taped just six months before this show. So ask yourself: How much Who is too much? Is this excavation of their IOW ’70 show -Tommy, warts and all- necessary? Yeah, if only for the white-riot theater of Young Man Blues _particularly the band’s astounding staccato convulsions in the midsection_ the rare, live reading of Pete Townshend‘s wonderful hymn to self-doubt, I Don’t Even Know Myself; and the raw, glowing power of Naked Eye. As Townshend tartly remarks early in the set, “Smile, ya buggers. Pretend it’s Christmas.” And treat yourself.
Listening to The Rock & Roll Circus spares you the pain of watching Mick Jagger prance around in ringmaster’s gear and seeing the death-mask pallor of Brian Jones’ face. But then you miss out on riveting eyefuls of Taj Mahal — a vision of blackoutlaw cool amid the lily-white parade of British rock royalty — and an early, surprisingly grungy Jethro Tull. There’s a reason why the Rolling Stones stuffed this 1968 TV show into the can after filming: The Who blew ’em off the soundstage. Believe me or get the video and see for yourself.
• Heaven And Hell
• I Can't Explain
• Young Man Blues
• I Don't Even Know Myself
• Water
• Overture
• It's A Boy
• 1921
• Amazing Journey
• Sparks
• Eyesight To The Blind (The Hawker)
• Christmas
• The Acid Queen
• Pinball Wizard
• Do You Think It's Alright?
• Fiddle About
• Tommy Can You Hear Me?
• There's A Doctor
• Go To The Mirror!
• Smash The Mirror
• Miracle Cure
• I'm Free
• Tommy's Holiday Camp
• We're Not Gonna Take It
• Summertime Blues
• Shakin' All Over / Spoonful / Twist And Shout
• Substitute
• My Generation
• Naked Eye
• Magic Bus
Am 15. Dezember 1977 filmt man at Kilburn von The Who ihre in diesem Jahr einzige Live-Performance im Gaumont State Theatre für den Film The Kids Are All Right. Zwei Ausschnitte daraus fanden im Final-Cut Verwendung, der Rest verschwand vorerst in ner Blechdose. Wenige Monate nach dem Auftritt stirbt Schlagzeuger Keith Moon. Der geniale Witzbold, im Double mit Gitarrist Pete Townshend band_intern für d Exzesse und als Moon the Loon in benebelt Zustand für so manch verwüstet Hotelzimmer und Wohnungseinrichtung zuständig nimmt, um vom Alkohol wegzukommen, verordnet Beruhigungsmittel und vergreift sich am 7. September 1978 tödlich in der Dosis. 2002 feiern die anscheinend letzten Live-Aufnahmen der original Startaufstellung lautstark Wiederauferstehung. Während die PR-Abteilung vom Holy Grail spricht, kursiert s hartnäckig Gerücht von einem eher miserabel Auftritt, der acht Monate später zum Teil wiederholt wurde. Sicher ist, dass die Band am Anfang noch mit m WarmUp kämpft, aber spätestens ab Baba O'Riley wird s zu einem magischen Moment. Pete bearbeitet mit Windmühlen-Riffs seine LesPaul, Roger Daltrey sorgt mit Löwenmähne und knappem Shirt über m definiert Tommy-Body für entsprechend Wirbel, während John Entwistle _Fels in maniacscher Brandung_ dem Ganzen s virtuose Fundament verleiht, Keith sein kreatives Drumming auslebt und nem mächtig angepisst und wie er rotzbesoffen Townshend _“There's a guitar up here, if any big-mouthed little git wants to come up and fucking take it off me“_ mit Breaks und Tempowechsel gekonnt auf die Nerven geht.
• I Can‘t Explain
• Substitute
• Baba O'Riley
• Behind Blue Eyes
• Dreaming from the Waist
• Pinball Wizard
• I'm Free
• Tommy's Holiday Camp
• Summertime Blues
• Shakin' All Over
• My Generation
• Join Together
• Who Are You
• Won´t Get Fooled Again
Re: sound & vision
Es gehört zu den abiz schrägen dieses an Überraschungen reichen Films, Ohren- und Augenzeuge einer urdeutschen Performance zu werden. Das EselLied, ein alpenländisches Traditional, das im Repertoire der Wildach Buam bei hochprozentig Festivitäten das Publikum der Volksmusik beglückt - hier ertönt es mitten im südamerikanischen Regenwald. Als Gast eines Eingeborenenstammes am Amazonas darum gebeten, zur Abendunterhaltung beizutragen, stimmt der Tübinger Ethnologe Theo von Martius (Jan Bijvoet) nicht nur den bajuwarischen Evergreen an, sondern legt in der grünen Hölle auch noch einen zünftigen Schuhplattler aufs Tropenholzparkett.
Nicht immer wird in dem Spielfilm des Regisseurs Ciro Guerra jede interkulturelle Begegnung auf eine so leichte, spielerische Weise tatsächlich zur transkulturellen Kommunikation. Der Schamane und die Schlange erzählt von den Reisen zweier Forscher im kolumbianischen Amazonasgebiet. Während Theo von Martius in den frühen Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf der Suche nach der seltenen Yakruna-Pflanze ist, die sein Tropenfieber heilen kann, macht sich 40 Jahre später der US-Biologe Evan (Brionne Davis) ebenfalls auf die Suche nach dem Gewächs, das ihm nicht nur als Halluzinogen, sondern auch zur Kautschuk-Veredelung dienen soll. Beide Reisenden hat es wirklich gegeben. In Theo von Martius ist unschwer der deutsche Ethnologe Theodor Koch-Grünberg (1872-1924) wieder zu erkennen, während sich hinter Evans der Ethno-Botaniker Richard Evans Schultes (1915-2001) verbirgt. Aus Büchern, Journalen und Briefen der beiden hat Regisseur Guerra seine Filmhandlung extrahiert - und in gemeinsamer, vierjähriger Arbeit mit Vertretern indigener Ethnien in Amazonien zum Drehbuch entwickelt.
So steht in dessen Zentrum nun auch ein Ureinwohner_ der Schamane Karamakate, der im Abstand von vier Jahrzehnten beide Wissenschaftler durch den Dschungel lotst. Seine Sicht der Welt ist auch jene des Films. Aus seiner Perspektive gerät die anfangs erwähnt Performance zur exotischen Gaudi, wird s christlich Abendmahl zum kannibalischen Akt. An ihm ist es auch, die _wenn man so will_ Botschaft des Films in Worte zu fassen: "Wenn die Weissen nicht lernen, ist das unser Ende und das Ende von allem." Worin er mit Koch-Grünberg im Wesentlichen übereinstimmt. Dieser registrierte nicht nur in seinem 1909/10 erschienen Hauptwerk Zwei Jahre unter den Indianern musikalische Exotica im Urwald ("Eine Musikbande spielte die Donauwellen "). Auch der indigenen Wirklichkeit begegnete er hellsichtig. Den Pesthauch einer Pseudozivilisation nannte Koch-Grünberg das Walten und Wüten der europäischen Kautschukbarone: "Wo die rohen Banden der Kautschuksammler hinkommen, da ist kein Bleiben für den wilden Indianer." Ebenso kritisch sah er deren Missionierung: "Katechese - ein christliches Wort - dient häufig dazu, die Vergewaltigung der armen Indianer zu verschleiern_ rohe Gewalttaten, Misshandlungen, Totschlag sind an der Tagesordnung."
All das lässt Guerras Film beileibe nicht aus. Und so gleichen die Fahrten von Martius und Evans Reisen in das Herz der Finsternis, vorbei an Plantagen, auf denen Sklaven verkrüppelt wurden, und an Missionsstationen, in denen Priester Kinder mit der Peitsche züchtigen oder _40 Jahre später_ als Psychosekten-Gurus ihr Unwesen treiben. Und doch macht die eindringliche Anklage all dieser Übel nicht den Kern des vor allem durch Bilder beeindruckenden Werks aus. Mit fliessenden Übergängen zwischen den Dekaden schafft es Der Schamane und die Schlange auf dem mäandernden Flusslauf jenes Wilde Denken abzubilden, von dem der Entdecker Claude Lévi-Strauss sagt, es gehe schlicht darum, "das Andere in das Unsere und umgekehrt zu übersetzen". Aus der Warte des Schamanen Karamakate erzählt, wirkt der Film wie eine visuelle Initiation, die auf den atemberaubenden Kanufahrten zwischen Stromschnellen und tropischen Regengüssen den Dialog der Kulturen in Gang setzt - bis hin zu Visionärem, mit dem sich s Erlebnis Kino einmal mehr als das wirksamste aller frei zugänglichen Halluzinogene erweist.
Denn auch Koch-Grünberg nahm das Land am Amazonas nicht allein mit wissenschaftlicher Akkuratesse und moralischer Emphase wahr. Er liess sich von dessen ästhetischen Reizen hinreissen. So notierte er auf seiner Reise durch den Tropenwald: "Es gibt keine Sprache, in der sich die Schönheit und Pracht, die sich mir in diesen verzauberten Stunden bot, ausdrücken liesse." Leicht variiert stellt Regisseur Guerra diese Worte seinem Film voran. Wer sich auf dem betörend Schwarzweisstrip zwei Stunden lang offenen Auges bezaubern lässt, wird möglicherweise verstehen_ warum.
https://www.trigon-film.org/de/movies/E ... Medien.pdf
Mediendossier EL ABRAZO DE LA SERPIENTE (Der Kuss der Schlange)Ciro Guerra, Kolumbien 2015
http://sensesofcinema.com/2018/feature- ... holocaust/
do you speak english ? _hope so
Nicht immer wird in dem Spielfilm des Regisseurs Ciro Guerra jede interkulturelle Begegnung auf eine so leichte, spielerische Weise tatsächlich zur transkulturellen Kommunikation. Der Schamane und die Schlange erzählt von den Reisen zweier Forscher im kolumbianischen Amazonasgebiet. Während Theo von Martius in den frühen Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf der Suche nach der seltenen Yakruna-Pflanze ist, die sein Tropenfieber heilen kann, macht sich 40 Jahre später der US-Biologe Evan (Brionne Davis) ebenfalls auf die Suche nach dem Gewächs, das ihm nicht nur als Halluzinogen, sondern auch zur Kautschuk-Veredelung dienen soll. Beide Reisenden hat es wirklich gegeben. In Theo von Martius ist unschwer der deutsche Ethnologe Theodor Koch-Grünberg (1872-1924) wieder zu erkennen, während sich hinter Evans der Ethno-Botaniker Richard Evans Schultes (1915-2001) verbirgt. Aus Büchern, Journalen und Briefen der beiden hat Regisseur Guerra seine Filmhandlung extrahiert - und in gemeinsamer, vierjähriger Arbeit mit Vertretern indigener Ethnien in Amazonien zum Drehbuch entwickelt.
So steht in dessen Zentrum nun auch ein Ureinwohner_ der Schamane Karamakate, der im Abstand von vier Jahrzehnten beide Wissenschaftler durch den Dschungel lotst. Seine Sicht der Welt ist auch jene des Films. Aus seiner Perspektive gerät die anfangs erwähnt Performance zur exotischen Gaudi, wird s christlich Abendmahl zum kannibalischen Akt. An ihm ist es auch, die _wenn man so will_ Botschaft des Films in Worte zu fassen: "Wenn die Weissen nicht lernen, ist das unser Ende und das Ende von allem." Worin er mit Koch-Grünberg im Wesentlichen übereinstimmt. Dieser registrierte nicht nur in seinem 1909/10 erschienen Hauptwerk Zwei Jahre unter den Indianern musikalische Exotica im Urwald ("Eine Musikbande spielte die Donauwellen "). Auch der indigenen Wirklichkeit begegnete er hellsichtig. Den Pesthauch einer Pseudozivilisation nannte Koch-Grünberg das Walten und Wüten der europäischen Kautschukbarone: "Wo die rohen Banden der Kautschuksammler hinkommen, da ist kein Bleiben für den wilden Indianer." Ebenso kritisch sah er deren Missionierung: "Katechese - ein christliches Wort - dient häufig dazu, die Vergewaltigung der armen Indianer zu verschleiern_ rohe Gewalttaten, Misshandlungen, Totschlag sind an der Tagesordnung."
All das lässt Guerras Film beileibe nicht aus. Und so gleichen die Fahrten von Martius und Evans Reisen in das Herz der Finsternis, vorbei an Plantagen, auf denen Sklaven verkrüppelt wurden, und an Missionsstationen, in denen Priester Kinder mit der Peitsche züchtigen oder _40 Jahre später_ als Psychosekten-Gurus ihr Unwesen treiben. Und doch macht die eindringliche Anklage all dieser Übel nicht den Kern des vor allem durch Bilder beeindruckenden Werks aus. Mit fliessenden Übergängen zwischen den Dekaden schafft es Der Schamane und die Schlange auf dem mäandernden Flusslauf jenes Wilde Denken abzubilden, von dem der Entdecker Claude Lévi-Strauss sagt, es gehe schlicht darum, "das Andere in das Unsere und umgekehrt zu übersetzen". Aus der Warte des Schamanen Karamakate erzählt, wirkt der Film wie eine visuelle Initiation, die auf den atemberaubenden Kanufahrten zwischen Stromschnellen und tropischen Regengüssen den Dialog der Kulturen in Gang setzt - bis hin zu Visionärem, mit dem sich s Erlebnis Kino einmal mehr als das wirksamste aller frei zugänglichen Halluzinogene erweist.
Denn auch Koch-Grünberg nahm das Land am Amazonas nicht allein mit wissenschaftlicher Akkuratesse und moralischer Emphase wahr. Er liess sich von dessen ästhetischen Reizen hinreissen. So notierte er auf seiner Reise durch den Tropenwald: "Es gibt keine Sprache, in der sich die Schönheit und Pracht, die sich mir in diesen verzauberten Stunden bot, ausdrücken liesse." Leicht variiert stellt Regisseur Guerra diese Worte seinem Film voran. Wer sich auf dem betörend Schwarzweisstrip zwei Stunden lang offenen Auges bezaubern lässt, wird möglicherweise verstehen_ warum.
https://www.trigon-film.org/de/movies/E ... Medien.pdf
Mediendossier EL ABRAZO DE LA SERPIENTE (Der Kuss der Schlange)Ciro Guerra, Kolumbien 2015
http://sensesofcinema.com/2018/feature- ... holocaust/
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Re: sound & vision
In Richard Linklaters animierter Adaption von A Scanner Darkly, einem Blick in eine Zukunft, die der um d nächste Ecke verdächtig ähnlich sieht, nimmt er sich 2006 den Roman des Science-Fiction-Visionärs Philip K. Dick aus dem Jahr 1977 gelungen zur Brust_ ne semispekulative Geschichte über einen süchtigen Drogenfahnder, der undercover vor lauter Täuschung, Tarnung und wechselnder Identität irgendwann vergisst, wer er ist, wer gegen wen ermittelt. Der Umstand, selber den Konsum einer speziellen Substanz Tabulator für Tabulator auf ein halbwegs erträglich Maß zu reduzieren, sorgt zudem dafür, dass man sich als Ordnungshüter zunehmend daneben fühlt. Wie auch andere Welten des Autors ist diese eine, die um d Droge kreist. Realität ist somit eher n riesig Fragezeichen, das wie ne permanent Gedankenblase über Charakteren schwebt, die ihrerseits alltäglich, nicht sonderlich super in Dies oder Das sind, mit außergewöhnlichen Umständen demnach laufend so ihre Probleme haben.
„So-called reality“, meinte Mister Dick, „ is a mass delusion that we've all been required to believe for reasons totally obscure." Ergo suchte er auf seine Weise exzessiv nach Antworten. Mehr als 40 Romane plus Geschichten ohne Ende und bevorzugt Sprungbrett für Elster-Regisseure, die ihre eigene erzählen wollen, legen dies nahe. 1980, zwei Jahre bevor er im Alter von 53 Jahren an einer Serie von Schlaganfällen starb, beschrieb er sich selbst als „a_cosmic panenthiest, which means that I don't believe that the universe exists.
I believe that the only thing that exists is God and he is more than an universe. The universe itself is just an extension of God into space and time.“ Ob während einem Interview als Outing oder Joke gestreut, spielt keine Rolle. Es war wohl sEin vernünftig Weg, für ihn der Rätsel Lösung, ohne _siehe Vita, Umfeld und Konsum_ in Folge völlig auszuticken.
Wie schon in Waking Life animiert Linklater den Film in Rotoscope und hält sich eng an den Geist der Erzählung. Protagonisten wabern über ihren jeweilig Background, als wären sie gerade eben gegossen worden und müssten noch in ihre endgültige Form aushärten. Für kognitive Dissonanz und alternative Realitäten macht das durchaus Sinn. Aber so verblüffend auch die Bildsprache ist, bleibt es ein Film über Kiffer, die faulenzen und Unsinn verzapfen. Keanu Reeves ist wirklich gut, auf seine wirre Art und Weise, hat es aber schwer, mit Robert Downey Jr. zu konkurrieren, der in brillanter Weise den paranoid Verrückten mimt. Der Originaltitel ist ne Anspielung auf eine Übersetzung aus dem 1. Korintherbrief, Kapitel 13, Vers 12_ For now we see through a glass, darkly. Nur bestimmt die Sichtweise diesmal das holographische Aufnahmesystem, der Scanner. Der sogenannte Scramble-Suite, welcher die Gestalt und das Gesicht des Trägers hinter einer ständig wechselnden Folge von Figuren und Gesichtern verbirgt und die allgegenwärtige Droge Substance-D(eath) gehören zu den wenigen erlesen Sci-Fi-Elementen, die s für diesen 100minütigen unglaublich schönen Albtraum braucht_ sofern man sich auf Linklaters Vorliebe für lange Einstellungen und Improvisationen nüchtern oder anders gesehen einlässt.
„So-called reality“, meinte Mister Dick, „ is a mass delusion that we've all been required to believe for reasons totally obscure." Ergo suchte er auf seine Weise exzessiv nach Antworten. Mehr als 40 Romane plus Geschichten ohne Ende und bevorzugt Sprungbrett für Elster-Regisseure, die ihre eigene erzählen wollen, legen dies nahe. 1980, zwei Jahre bevor er im Alter von 53 Jahren an einer Serie von Schlaganfällen starb, beschrieb er sich selbst als „a_cosmic panenthiest, which means that I don't believe that the universe exists.
I believe that the only thing that exists is God and he is more than an universe. The universe itself is just an extension of God into space and time.“ Ob während einem Interview als Outing oder Joke gestreut, spielt keine Rolle. Es war wohl sEin vernünftig Weg, für ihn der Rätsel Lösung, ohne _siehe Vita, Umfeld und Konsum_ in Folge völlig auszuticken.
Wie schon in Waking Life animiert Linklater den Film in Rotoscope und hält sich eng an den Geist der Erzählung. Protagonisten wabern über ihren jeweilig Background, als wären sie gerade eben gegossen worden und müssten noch in ihre endgültige Form aushärten. Für kognitive Dissonanz und alternative Realitäten macht das durchaus Sinn. Aber so verblüffend auch die Bildsprache ist, bleibt es ein Film über Kiffer, die faulenzen und Unsinn verzapfen. Keanu Reeves ist wirklich gut, auf seine wirre Art und Weise, hat es aber schwer, mit Robert Downey Jr. zu konkurrieren, der in brillanter Weise den paranoid Verrückten mimt. Der Originaltitel ist ne Anspielung auf eine Übersetzung aus dem 1. Korintherbrief, Kapitel 13, Vers 12_ For now we see through a glass, darkly. Nur bestimmt die Sichtweise diesmal das holographische Aufnahmesystem, der Scanner. Der sogenannte Scramble-Suite, welcher die Gestalt und das Gesicht des Trägers hinter einer ständig wechselnden Folge von Figuren und Gesichtern verbirgt und die allgegenwärtige Droge Substance-D(eath) gehören zu den wenigen erlesen Sci-Fi-Elementen, die s für diesen 100minütigen unglaublich schönen Albtraum braucht_ sofern man sich auf Linklaters Vorliebe für lange Einstellungen und Improvisationen nüchtern oder anders gesehen einlässt.
Re: sound & vision
Wenn s Vergessen zur Big-Show wird_ der viel zu frühe Tod ihres Vaters war der Ansatz für Filmemacherin Regina Schilling zu ihrem Dokumentarfilm Kulenkampffs Schuhe. Auf verschlungenen Wegen findet sie Zugang zu Helden und Vorbildern, erzählt von Krieg Schuld und Verdrängungsmechanismen, vergleicht Quizshows und Burn-outs, legt Wert auf d Subjektive.
»Und sie werden nicht mehr frei ein ganzes Leben.« Drei Mal ist dieser Satz im eineinhalbstündig Bilderreigen zu hören, erinnert an den Verführer anno 1938 in seiner Rede über die deutsche Jugend. Für Regina Schilling wird dieses böse Zitat zum Stigmata. Was sie in ihrer Kindheit und Jugend erlebte, ein Leben lang verschwiegen wurde, wer s dem Volk aufs Maul geschaut in Witze presste, in Interviews zu verarbeiteten hatte oder per Schlager mit Zuckerguss servierte - von dem also, was da im Graubereich verborgen blieb, sie aber nie mehr verließ, handelt dieser Film.
Wenn schon nicht mehr frei werden, dann doch wenigstens vergessen dürfen. Soweit s Credo, das über viele Jahre bei dem, was vom Land übrig blieb, s einzig Recht zu sein schien, auf das sich Überlebende und Nachgeborene berufen durften. Erst s Radio, dann s Fernsehen, das Quiz, die Show_ Unterhaltung statt Aufarbeitung, Erholung statt Erinnerung. Wir sind ja wieder wer - wollen nimmer wirklich wissen, wer wir vorher waren. An der Geschichte ihres Vaters, wie Kulenkampff und Rosenthal im Jahre 1925 geboren, bricht Regina Schilling Politik und Zeitgeschichte. Im Kleinen wird groß Zusammenhang verständlich_ mit Bier, Wein und Kindern im Schlafanzug zum Zwecke der schwer verdient Erholung nach dem Tagewerk die für gesund befunden Amnesie kultiviert. Es darf _wieder_ geklatscht werden.
Wie die Regisseurin das über Umwege erzählt, die sich verästelnde, aber nie unübersichtlich Fülle_ wie es ihr dabei gelingt drei, vier Jahrzehnte Nachkriegsdeutschland zu erklären, ist ein geradezu irrwitzig Unterfangen. Immer wieder findet die Filmemacherin eine gewisse Balance, stellt persönliche Erinnerungen an ihre Kindheit und Eltern, die sich im Drogeriegeschäft abrackerten, den Unterhaltungsshows, die zum familiären Eckpfeiler wurden, in Stimmung Nebenwirkung gegenüber. Die großen Quizmaster wie Kulenkampff und Hans Rosenthal fungieren anfangs als Begleiter, werden nach und nach zu Freunden und als der Vater stirbt, an seiner statt Beschützer.
Einer wird gewinnen oder Dalli-Dalli als therapeutisches Allheilmittel_ ein Narkotikum, das der eigenen Seele schmeichelt und zwei Nationen sediert. Heitere Melodien lassen all die quälenden Fragen nach dem, was generationsübergreifend geschah verstummen, bringen s aus dem Takt geraten gute Herz wieder in den Rhythmus. Als durch dessen Störung das Organ letztlich krampfhaft zum Stehen kommt, stirbt s Familienoberhaupt. Zuhause bastelt die Tochter an dessen Rückkehr und wird noch viele Jahre am geistig Erbe laborieren, welches ihr Vater hinterließ.
Regina Schilling vollbringt im Kleinen große Wunder. Wie sie aus ner Flut von Shows der 60er und 70er Jahre folgerichtig die treffend Sequenzen pickt, die sie benötigt, um kollektive Schuld, s Trauma, Vergessen und Vergeben mit ihrer eigenen Familienhistorie zu verweben, ist nebst naiv berührend schlichtweg atemberaubend. Zudem stößt einem _der wegen fortgeschritten Baujahr s meiste an Schwarzweiß dank Oma noch lebhaft auf m Schirm hat_ unweigerlich auf, mit welch trostlos Entertainment man sich heutzutage zwischen Werbepausen brav zufrieden geben muss.
Kulenkampffs Schuhe / Dokumentarfilm, D 2018, 92 Min.
Regie: Regina Schilling / Produktion: Zero One Film
»Und sie werden nicht mehr frei ein ganzes Leben.« Drei Mal ist dieser Satz im eineinhalbstündig Bilderreigen zu hören, erinnert an den Verführer anno 1938 in seiner Rede über die deutsche Jugend. Für Regina Schilling wird dieses böse Zitat zum Stigmata. Was sie in ihrer Kindheit und Jugend erlebte, ein Leben lang verschwiegen wurde, wer s dem Volk aufs Maul geschaut in Witze presste, in Interviews zu verarbeiteten hatte oder per Schlager mit Zuckerguss servierte - von dem also, was da im Graubereich verborgen blieb, sie aber nie mehr verließ, handelt dieser Film.
Wenn schon nicht mehr frei werden, dann doch wenigstens vergessen dürfen. Soweit s Credo, das über viele Jahre bei dem, was vom Land übrig blieb, s einzig Recht zu sein schien, auf das sich Überlebende und Nachgeborene berufen durften. Erst s Radio, dann s Fernsehen, das Quiz, die Show_ Unterhaltung statt Aufarbeitung, Erholung statt Erinnerung. Wir sind ja wieder wer - wollen nimmer wirklich wissen, wer wir vorher waren. An der Geschichte ihres Vaters, wie Kulenkampff und Rosenthal im Jahre 1925 geboren, bricht Regina Schilling Politik und Zeitgeschichte. Im Kleinen wird groß Zusammenhang verständlich_ mit Bier, Wein und Kindern im Schlafanzug zum Zwecke der schwer verdient Erholung nach dem Tagewerk die für gesund befunden Amnesie kultiviert. Es darf _wieder_ geklatscht werden.
Wie die Regisseurin das über Umwege erzählt, die sich verästelnde, aber nie unübersichtlich Fülle_ wie es ihr dabei gelingt drei, vier Jahrzehnte Nachkriegsdeutschland zu erklären, ist ein geradezu irrwitzig Unterfangen. Immer wieder findet die Filmemacherin eine gewisse Balance, stellt persönliche Erinnerungen an ihre Kindheit und Eltern, die sich im Drogeriegeschäft abrackerten, den Unterhaltungsshows, die zum familiären Eckpfeiler wurden, in Stimmung Nebenwirkung gegenüber. Die großen Quizmaster wie Kulenkampff und Hans Rosenthal fungieren anfangs als Begleiter, werden nach und nach zu Freunden und als der Vater stirbt, an seiner statt Beschützer.
Einer wird gewinnen oder Dalli-Dalli als therapeutisches Allheilmittel_ ein Narkotikum, das der eigenen Seele schmeichelt und zwei Nationen sediert. Heitere Melodien lassen all die quälenden Fragen nach dem, was generationsübergreifend geschah verstummen, bringen s aus dem Takt geraten gute Herz wieder in den Rhythmus. Als durch dessen Störung das Organ letztlich krampfhaft zum Stehen kommt, stirbt s Familienoberhaupt. Zuhause bastelt die Tochter an dessen Rückkehr und wird noch viele Jahre am geistig Erbe laborieren, welches ihr Vater hinterließ.
Regina Schilling vollbringt im Kleinen große Wunder. Wie sie aus ner Flut von Shows der 60er und 70er Jahre folgerichtig die treffend Sequenzen pickt, die sie benötigt, um kollektive Schuld, s Trauma, Vergessen und Vergeben mit ihrer eigenen Familienhistorie zu verweben, ist nebst naiv berührend schlichtweg atemberaubend. Zudem stößt einem _der wegen fortgeschritten Baujahr s meiste an Schwarzweiß dank Oma noch lebhaft auf m Schirm hat_ unweigerlich auf, mit welch trostlos Entertainment man sich heutzutage zwischen Werbepausen brav zufrieden geben muss.
Kulenkampffs Schuhe / Dokumentarfilm, D 2018, 92 Min.
Regie: Regina Schilling / Produktion: Zero One Film
Re: sound & vision
Hätt mich gestern wer gefragt, was ich cineastisch mit Unpaarhufer in Verbindung bringe, würd ich _geographisch voreingenommen_ `gen Wilder Westen tendieren. Kenn sonst nur Fury, Flüsterer und s Leben ist kein Ponyhof (:-)) Hab den Trailer zufällig geguckt, zweimal wirken lassen_ hielt mir bei der Wiederholung beide Augen zu und dacht mir dann_ schaumamal.
Roman Coleman (Matthias Schoenaerts), ein unauslöschlich aufbrausender Sträfling in einem ländlichen Gefängnis in Nevada kämpft damit, seiner gewalttätigen Vergangenheit zu entrinnen. Während seiner staatlich verordneten sozialen Rehabilitation nimmt er wie befohlen an einem Outdoor Maintenance-Programm teil. Der dabei auf ihn aufmerksam werdende und ungemein nüchtern gestrickte Veteranentrainer (Bruce Dern) integriert ihn mit Hilfe eines aufgeschlossenen Mitgefangenen und Trickreiters (Jason Mitchell) in den selektiven Wildpferde-Trainingsbereich.
Zu The Mustang / 2019 / US engl. / 96 min nur so viel vorab_ innerhalb von nicht mehr als einer Minute Spielzeit hat man d Gewissheit, dass Regisseurin Laure de Clermont-Tonnerre einer Vision folgt, und dass man einen guten Film sieht. Obwohl man als Zuschauer zuweilen gern der Meinung ist, bereits den Durchblick zu haben, erweist sich manch Frühdiagnose als Trugschluss in eigener Sache, fühlt sich s authentisch Schauspiel dank Sound und Bildsprache wie im echten Leben an. Ein Zeugnis für all die Geschichten, die s wert sind, noch erzählt zu werden und über die heilenden, starken Bindungen zwischen gequälten Menschen und missverstandenen Tieren, die da kommen, sie zu retten.
Roman Coleman (Matthias Schoenaerts), ein unauslöschlich aufbrausender Sträfling in einem ländlichen Gefängnis in Nevada kämpft damit, seiner gewalttätigen Vergangenheit zu entrinnen. Während seiner staatlich verordneten sozialen Rehabilitation nimmt er wie befohlen an einem Outdoor Maintenance-Programm teil. Der dabei auf ihn aufmerksam werdende und ungemein nüchtern gestrickte Veteranentrainer (Bruce Dern) integriert ihn mit Hilfe eines aufgeschlossenen Mitgefangenen und Trickreiters (Jason Mitchell) in den selektiven Wildpferde-Trainingsbereich.
Zu The Mustang / 2019 / US engl. / 96 min nur so viel vorab_ innerhalb von nicht mehr als einer Minute Spielzeit hat man d Gewissheit, dass Regisseurin Laure de Clermont-Tonnerre einer Vision folgt, und dass man einen guten Film sieht. Obwohl man als Zuschauer zuweilen gern der Meinung ist, bereits den Durchblick zu haben, erweist sich manch Frühdiagnose als Trugschluss in eigener Sache, fühlt sich s authentisch Schauspiel dank Sound und Bildsprache wie im echten Leben an. Ein Zeugnis für all die Geschichten, die s wert sind, noch erzählt zu werden und über die heilenden, starken Bindungen zwischen gequälten Menschen und missverstandenen Tieren, die da kommen, sie zu retten.
Re: sound & vision
Zum Teil ne überschwängliche Umarmung einer analogen Welt_ und dieser Part kommt laut und deutlich zur Geltung. Was in weiterem Zusammenhang beeindruckt ist, in welcher Weise Technologien den künstlerischen Ausdruck beeinflussen, wie Prominente poetisch über das Gefühl, den Klang und die viszerale Qualität dieser Büromaschinen sprechen. Unabhängig davon, wie sehr man mit Soft-und Hardware verbunden bzw. im Rahmen seiner Tätigkeit von ihr abhängig ist, wird man im Laufe dieser Doku das Gefühl nicht los, dass es keine schlechte Idee wäre, sich eine seinem Typ entsprechend Schreibmaschine zu besorgen, und sei s nur, um sich täglich am Klickerdiklack und dem Klingeln der Glocke zu erfreuen.
Der entsprechende Dokumentarfilm von Doug Nicol, benannt nach dem Schreibmaschinen-Reparaturgeschäft von Herb Permillion in Berkeley, einem hartnäckigen Verfechter des digitalen Zeitalters, zelebriert die Geschichte und die Mystik einer topp Maschine, deren Blütezeit etwa ein Jahrhundert dauerte_ von den 1880ern bis zum Aufkommen des Personal Computers. Zu interviewten Enthusiasten gehören Tom Hanks_ der rund 250 Schreibmaschinen sein Eigen nennt, der kürzlich verstorbene Dramatiker Sam Shepard und der Musiker John Mayer sowie n Bildhauer namens Jeremy Mayer_ nicht verwandt mit letzterem, der sich in Sachen zerleg s in gebraucht Einzelteile und bau draus was du willst künstlerisch austobt. Aber welche physischen Artefakte werden überleben, geschweige denn in Museen aufbewahrt, wenn künftig literarische Manuskripte und amtliche Dokumente nur noch als Bytes existieren? Wo bleibt ne Romantik on the Road, Haptik, bildhaft Schilderung, die nicht mehr auf endlosen Seiten Papier, sondern in der iCloud zu finden sind?
California Typewriter handelt von einem Stück analoger Technik, dem noch immer eine alchemistische Kraft innewohnt. Der Film beginnt mit der Nachstellung eines wahren Verbrechens_ Obduktion einer ausrangierten Schreibmaschine, die man bei 90 kmh auf nem gottverlassen Highway aus dem Autofenster warf. Dann geht s um schnöden Mammon_ erhält ein gestopfter Kulturbanause für ne prächtig Olivetti Lettera-22 bei 210.000 Dollar den Zuschlag. Große Namen geben betont leidenschaftlich Zeugnis. Indessen pilgert ein Sammler nach Milwaukee, wo C. Latham Shoales 1869 s Objekt der Begierde ins Leben rief, um dort seine Werkstatt zu besichtigen und ob vorgefunden Ambiente sichtlich ergriffen das Grab des Erfinders zu ehren. Ein Experte für die Selectric, der Stratocaster unter den Schreibmaschinen, kommt des öfteren zu Wort. Dieser betreibt seit vielen Jahren den California Typewriter Shop in der San Pablo Avenue in Berkeley. Das Geschäft läuft solala_ ob s Gebäude in Bälde den Besitzer wechselt, ist n latent kursierend Fragezeichen.
In jeder Hinsicht eine sehr ortsbezogen Berichterstattung_ nicht nur wegen stimmig Stadtansichten. Die Bay Area selbst erweist sich als geeigneter Ort, um die Studie zu beginnen_ ist doch die Innovation im Silicon Valley, welche zum Verhängnis werden droht, direkt in der Nähe. Nichols exzellentes Gespür für Lokales wird selbst bei Vince Guaraldi-Instrumentalstücken im Soundtrack deutlich spürbar. Diese wurden vor langer Zeit in den Fantasy Studios aufgenommen, welche nur ein zwei Blocks von Permillions Laden entfernt liegen.
Erzählung innert Bildgeschichte kreist um die Beziehung zwischen großen Denkern und Kreativen und dieser analogen, fast obskuren Technologie_ scheint sich s auf den ersten Blick um ne Art drollig Spielerei zu handeln, die den Brooklyn Hipster Knoten kitzelt. Sobald der Film jedoch an Fahrt aufnimmt, machen allumfassende Theorien und die ganz und gar menschlichen Interaktionen mit eben jener Maschinenwelt in Summe Sinn. Auch die These, dass wir zwar an technisch Fortschritt gewonnen, aber auch an Fähigkeit verloren haben, menschlicher zu sein, Fehler zu machen, taktil zu agieren und letztlich zu kommunizieren_ nicht effizient, aber hübsch aufrichtig. Denn, wie uns Richard Polt daran erinnert, geht es in dem Zusammenhang nicht um gestaltend Effizienz, sondern darum, den Prozess an sich ausführlich zu genießen.
Diese Ideologie einer angewandt Kunstfertigkeit ist treffend und zeitgemäß_ könnt man doch mittlerweile meinen, dass wir den Kontakt zur Welt verlieren, in der wir leben und die wir atmen. California Typewriter macht auf fast schmerzhafte Weise deutlich, dass diese Beziehung nicht nur in Gefahr, sondern für unsere Erfahrung als organisch unordentliche Wesen lebenswichtig ist. Angefangen bei Kens Job bis hin zu Kommentaren über die Frage, was uns wirklich kreativ macht, verfolgt man diese Befürchtung auf der Suche nach entsprechend Ansatz in Vergangenheit, Gegenwart und ungewisser Zukunft mit einigem Vergnügen. Fazit: überaus interessant und informativ, mit fast zwei Stunden nach meinem Empfinden zu dringlich auf extended gebürstet. Da sich d Regie aber Mühe gibt, keine ludditische Haltung einzunehmen_ obwohl vereinzelt Protagonisten dazu neigen, s Übel der Technologie für d Botschaft in eigener Sache zu predigen_ nimmst über Musik plus verbindend Poesie s großzügig Schnittmuster wohlwollend in Kauf.
Der entsprechende Dokumentarfilm von Doug Nicol, benannt nach dem Schreibmaschinen-Reparaturgeschäft von Herb Permillion in Berkeley, einem hartnäckigen Verfechter des digitalen Zeitalters, zelebriert die Geschichte und die Mystik einer topp Maschine, deren Blütezeit etwa ein Jahrhundert dauerte_ von den 1880ern bis zum Aufkommen des Personal Computers. Zu interviewten Enthusiasten gehören Tom Hanks_ der rund 250 Schreibmaschinen sein Eigen nennt, der kürzlich verstorbene Dramatiker Sam Shepard und der Musiker John Mayer sowie n Bildhauer namens Jeremy Mayer_ nicht verwandt mit letzterem, der sich in Sachen zerleg s in gebraucht Einzelteile und bau draus was du willst künstlerisch austobt. Aber welche physischen Artefakte werden überleben, geschweige denn in Museen aufbewahrt, wenn künftig literarische Manuskripte und amtliche Dokumente nur noch als Bytes existieren? Wo bleibt ne Romantik on the Road, Haptik, bildhaft Schilderung, die nicht mehr auf endlosen Seiten Papier, sondern in der iCloud zu finden sind?
California Typewriter handelt von einem Stück analoger Technik, dem noch immer eine alchemistische Kraft innewohnt. Der Film beginnt mit der Nachstellung eines wahren Verbrechens_ Obduktion einer ausrangierten Schreibmaschine, die man bei 90 kmh auf nem gottverlassen Highway aus dem Autofenster warf. Dann geht s um schnöden Mammon_ erhält ein gestopfter Kulturbanause für ne prächtig Olivetti Lettera-22 bei 210.000 Dollar den Zuschlag. Große Namen geben betont leidenschaftlich Zeugnis. Indessen pilgert ein Sammler nach Milwaukee, wo C. Latham Shoales 1869 s Objekt der Begierde ins Leben rief, um dort seine Werkstatt zu besichtigen und ob vorgefunden Ambiente sichtlich ergriffen das Grab des Erfinders zu ehren. Ein Experte für die Selectric, der Stratocaster unter den Schreibmaschinen, kommt des öfteren zu Wort. Dieser betreibt seit vielen Jahren den California Typewriter Shop in der San Pablo Avenue in Berkeley. Das Geschäft läuft solala_ ob s Gebäude in Bälde den Besitzer wechselt, ist n latent kursierend Fragezeichen.
In jeder Hinsicht eine sehr ortsbezogen Berichterstattung_ nicht nur wegen stimmig Stadtansichten. Die Bay Area selbst erweist sich als geeigneter Ort, um die Studie zu beginnen_ ist doch die Innovation im Silicon Valley, welche zum Verhängnis werden droht, direkt in der Nähe. Nichols exzellentes Gespür für Lokales wird selbst bei Vince Guaraldi-Instrumentalstücken im Soundtrack deutlich spürbar. Diese wurden vor langer Zeit in den Fantasy Studios aufgenommen, welche nur ein zwei Blocks von Permillions Laden entfernt liegen.
Erzählung innert Bildgeschichte kreist um die Beziehung zwischen großen Denkern und Kreativen und dieser analogen, fast obskuren Technologie_ scheint sich s auf den ersten Blick um ne Art drollig Spielerei zu handeln, die den Brooklyn Hipster Knoten kitzelt. Sobald der Film jedoch an Fahrt aufnimmt, machen allumfassende Theorien und die ganz und gar menschlichen Interaktionen mit eben jener Maschinenwelt in Summe Sinn. Auch die These, dass wir zwar an technisch Fortschritt gewonnen, aber auch an Fähigkeit verloren haben, menschlicher zu sein, Fehler zu machen, taktil zu agieren und letztlich zu kommunizieren_ nicht effizient, aber hübsch aufrichtig. Denn, wie uns Richard Polt daran erinnert, geht es in dem Zusammenhang nicht um gestaltend Effizienz, sondern darum, den Prozess an sich ausführlich zu genießen.
Diese Ideologie einer angewandt Kunstfertigkeit ist treffend und zeitgemäß_ könnt man doch mittlerweile meinen, dass wir den Kontakt zur Welt verlieren, in der wir leben und die wir atmen. California Typewriter macht auf fast schmerzhafte Weise deutlich, dass diese Beziehung nicht nur in Gefahr, sondern für unsere Erfahrung als organisch unordentliche Wesen lebenswichtig ist. Angefangen bei Kens Job bis hin zu Kommentaren über die Frage, was uns wirklich kreativ macht, verfolgt man diese Befürchtung auf der Suche nach entsprechend Ansatz in Vergangenheit, Gegenwart und ungewisser Zukunft mit einigem Vergnügen. Fazit: überaus interessant und informativ, mit fast zwei Stunden nach meinem Empfinden zu dringlich auf extended gebürstet. Da sich d Regie aber Mühe gibt, keine ludditische Haltung einzunehmen_ obwohl vereinzelt Protagonisten dazu neigen, s Übel der Technologie für d Botschaft in eigener Sache zu predigen_ nimmst über Musik plus verbindend Poesie s großzügig Schnittmuster wohlwollend in Kauf.
Re: sound & vision
stimmigem Layout und eingebettet Fotomaterial sei Dank ++ möcht der Programmbeschreibung in folgendem Link mit eigenem Subtext keine wie auch immer geartet Befindlichkeit unterjubeln ++ wem die Doku Welcome to Sodom warum was sagt wird _je nachdem wie oft man schon auf d Bequeme ex-Hardware und sonstig Elektroschrott entsorgte_ wenn man sich angesprochen fühlt mit Sicherheit den dementsprechend Eindruck hinterlassen ++ http://stadtkinowien.at/media/uploads/f ... aurels.pdf
hab 2018 soweit ich mich erinnern kann vor m Kinobesuch keinen Trailer gesehen aber s gibt bekanntlich Leute (:-)) die sich ohne entsprechend Appetizer prinzipiell nichts mehr anschauen .. gern geschehen: https://www.youtube.com/watch?v=UIlnmygnYvQ
hab 2018 soweit ich mich erinnern kann vor m Kinobesuch keinen Trailer gesehen aber s gibt bekanntlich Leute (:-)) die sich ohne entsprechend Appetizer prinzipiell nichts mehr anschauen .. gern geschehen: https://www.youtube.com/watch?v=UIlnmygnYvQ
Re: sound & vision
_____
Schauplatz_ das gottesfürchtig Texas
wir schreiben das Jahr 1979
6 unternehmungslustige Jungamateure
wollen einen billig Porno drehen der sie
im Handumdrehen stinkreich macht
am Drehort_ einer abgelegenen Farm
werden sie vom knusprig Oldie Howard
mit mürrischem Misstrauen begrüßt
der gute Mann ist um die hundert
wedelt mit der Schrotflinte bittet
um Diskretion und erwähnt beiläufig
dass er seiner Frau Pearl die in bester
Hitchcock-Manier aus m Fenster starrt
nicht gut gehe_ mit anderen Worten
die Situation schreit danach dass sich
die Truppe möglichst rasch vom Acker
machen sollte ja selbst wer sich vorab
keinen Trailer zu Gemüte führte ist
nicht wirklich überrascht als die Dinge
schief laufen fiese Alligatoren inklusive
was hingegen überrascht sind Facetten
welche Pearl dem Geschehen
thematisch beizumengen vermag
sie sehnt sich nach wie vor nach
der zärtlichen Berührung ihres Gatten
dieser kann jedoch wegen seinem
schwächelnd Herz keinerlei Erregung
geschweige Höhepunkt riskieren
sie ist frustriert und hasst die jungen
Nackten die provokant vor ihr posieren
Mia Goth spielt beide
die junge Pornodarstellerin Maxine
und versteckt unter einer Tonne
an gruselig Make-Up die alte Pearl
wenn man s nicht wüsste man würd s
nicht glauben auch was sich an Konflikt
in dieser Doppelrolle widerspiegelt
der Filmemacher Ti West versteht es
aufeinanderprallende Gegensätze
in die drückend Schwüle der Kulisse
zu inkludieren macht Zeit zu mehr
als puren Zufall legt bewusst Spuren
zu Psycho und The Shining um nur
die zu nennen welche mir besonders
aufgefallen sind am Ende ist es ein Film
der formidabel funktioniert ein fröhlicher
schmuddeliger blutig Liebesbrief
an Horrormovies vergangener Jahr10te
ein gleichzeitig Weben neuer Ideen
experimenteller Schnörkel zudem sieht
man selten zwei verschrumpelt Körper
die sich lieben auf der großen Leinwand
denkt ohne Scheu darüber nach
_____
Schauplatz_ das gottesfürchtig Texas
wir schreiben das Jahr 1979
6 unternehmungslustige Jungamateure
wollen einen billig Porno drehen der sie
im Handumdrehen stinkreich macht
am Drehort_ einer abgelegenen Farm
werden sie vom knusprig Oldie Howard
mit mürrischem Misstrauen begrüßt
der gute Mann ist um die hundert
wedelt mit der Schrotflinte bittet
um Diskretion und erwähnt beiläufig
dass er seiner Frau Pearl die in bester
Hitchcock-Manier aus m Fenster starrt
nicht gut gehe_ mit anderen Worten
die Situation schreit danach dass sich
die Truppe möglichst rasch vom Acker
machen sollte ja selbst wer sich vorab
keinen Trailer zu Gemüte führte ist
nicht wirklich überrascht als die Dinge
schief laufen fiese Alligatoren inklusive
was hingegen überrascht sind Facetten
welche Pearl dem Geschehen
thematisch beizumengen vermag
sie sehnt sich nach wie vor nach
der zärtlichen Berührung ihres Gatten
dieser kann jedoch wegen seinem
schwächelnd Herz keinerlei Erregung
geschweige Höhepunkt riskieren
sie ist frustriert und hasst die jungen
Nackten die provokant vor ihr posieren
Mia Goth spielt beide
die junge Pornodarstellerin Maxine
und versteckt unter einer Tonne
an gruselig Make-Up die alte Pearl
wenn man s nicht wüsste man würd s
nicht glauben auch was sich an Konflikt
in dieser Doppelrolle widerspiegelt
der Filmemacher Ti West versteht es
aufeinanderprallende Gegensätze
in die drückend Schwüle der Kulisse
zu inkludieren macht Zeit zu mehr
als puren Zufall legt bewusst Spuren
zu Psycho und The Shining um nur
die zu nennen welche mir besonders
aufgefallen sind am Ende ist es ein Film
der formidabel funktioniert ein fröhlicher
schmuddeliger blutig Liebesbrief
an Horrormovies vergangener Jahr10te
ein gleichzeitig Weben neuer Ideen
experimenteller Schnörkel zudem sieht
man selten zwei verschrumpelt Körper
die sich lieben auf der großen Leinwand
denkt ohne Scheu darüber nach
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Re: sound & vision
The Coming War On China_ der Titel mag aufrührerisch erscheinen, der nicht-diagnostische Score zu reißerisch, der Inhalt zu didaktisch und parteiisch. Habe _was mich betrifft_ die Hybris sogenannter unparteiischer Dokumentarfilme mit pointiertem Subtext satt. Aber John Pilger hat damit an sich völlig Recht. Die Ausrichtung westlicher Politik, Kalkül plus dienliche Berichterstattung schaffen eine binäre Opposition nach der anderen. Das passend Feindbild steht entweder auf Abruf parat oder wird bei Bedarf in Auftrag gegeben. In beunruhigenden Zeiten sind daher alarmierende Darstellungen als abschreckendes Beispiel notwendig. Zudem all die Fakten, die man in Mainstream-Medien leider vergeblich sucht. Ein weiterer Film eines Mannes von seltener und zuweilen den Tick zu von sich selbst überzeugt zur Schau getragen Integrität, der sich aber immer wieder mit eindringlichen Erkenntnissen zu Themen äußert, die von anderen _ob Absicht, liegt im Auge des Betrachters_ übersehen oder verzerrt dargestellt werden. Wer Pilger ignoriert, tut dies so gesehen auf eigene Gefahr. Auch wenn man mit seiner für ihn typischen Suche nach schlüssigen Bezugspunkten _wie bei dieser Doku in etwa ab 1:43:30_ in wiederholt Bildbeispiel und zeitnah Übeltäter nur unter Vorbehalt konform geht. Was in dem Zusammenhang und angesichts brisanter Dialoge irritiert, ist der Umstand, dass sich s Echo im Net inklusive Punkt und Beistrich auf exakt die selben relativ belanglosen zwei drei einleitend Sätze beschränkt, die sich zwar primär mit der Person Pilger aber mangels Meinung nicht mit dem Film beschäftigen. Einzeln Feedback wurde _soweit man dies relativ unscheinbaren Randnotizen geläufiger Suchmaschinen entnehmen kann_ aus Gründen gelöscht, die trotz geschwollen Erklärung in separatem Upload an Zensur erinnern.
Orig. Englisch (u.a. deutsche Untertitel) / 2016 / Laufzeit 113 Minuten.
Orig. Englisch (u.a. deutsche Untertitel) / 2016 / Laufzeit 113 Minuten.
Re: sound & vision
Die acht Protagonisten waren einst Schulkamerad:innen an dem Elitegymnasium Victor Duruy in einem Pariser Nobelviertel. Ihre Eltern sind Ärzte, hohe Staatsbeamte oder Führungskräfte. Sie selbst gehören jener Gesellschaftsschicht an, über die man häufig abwertend spricht, aber im Grunde genommen wenig weiß. Die Langzeitdokumentation begleitet die Jugendlichen von 2003 bis 2016 - von ihrem 16. bis kurz vor ihrem 30. Lebensjahr. Durch die ungewöhnlich lange Drehzeit von beinahe fünfzehn Jahren und der beim Dreh intimen Atmosphäre _Regisseurin Julie Gavras filmte selbst, lediglich assistiert von Emmanuelle Tricoire, der einstigen Geschichtslehrerin der Schüler_ entstanden ungemein einfühlsame und individuell äußerst präzise Porträts. Der Dokumentarfilm gewährt Einblicke in eine besondere Phase im Leben der jungen Erwachsenen und versucht auf deren eigene Art und Weise jene Lücke zu schließen, die der französische Soziologe Nicolas Jounin folgendermaßen beschrieb: >Von den großen ‚Milieustudien' des 19. Jahrhunderts bis heute wurde nichts häufiger erforscht als die Armen. Ganze Disziplinen, darunter die Soziologie, legten bei ihren Untersuchungen _ob verächtlich, solidarisch, mitleidig oder empört_ ihr Hauptaugenmerk vorab auf Menschen wie sie. Studien über die Reichen, das Großbürgertum und die Elite sind hingegen nicht nur in Frankreich eine Seltenheit.< Was sich in Summe ändern dürfte. https://boutique.arte.tv/detail/les_bonnes_conditions
ne Art entmaterialisierte Unterstützung (:-))
ne Art entmaterialisierte Unterstützung (:-))
Re: sound & vision
Das Bedürfnis, sich zu bewegen, wird für den jungen Anführer einer zutiefst verbundenen, aber bedrohten Gegenkultur in Monterrey, Mexiko, zu mehr als nur einem Impuls_ in Fernando Frias de la Parras einfühlsam gefilmt, weltweit mehrfach ausgezeichnetem Drama aus 2019 mit dem Titel I'm No Longer Here (Orig. Ya no estoy aquí) zu einer von Rhythmen befeuert Suche nach seinen Wurzeln.
Das Wechselspiel zwischen den sowohl von starken Gemeinschaften als auch Gewaltbereitschaft dominierten Hügeln Nordmexikos und dem verwirrenden Labyrinth der Kulturen, das New York für einen Quereinsteiger darstellt, macht es dem 17-jährigen Protagonisten Ulises (Juan Daniel Garcia), dessen Leben mit Tanzpartys und damit einhergehend Kameradschaft durch den Weggang von zu Hause auf den Kopf gestellt wird, nirgends leicht. Dieser Film erinnert speziell voreingenommene Betrachter eindringlich daran, dass nicht alle Geschichten über Immigranten auf Versprechungen oder dem Wunsch wegzugehen basieren. In seiner akustisch visuellen Erkundung der Anziehungskräfte _ob hin zu oder weg von dem, was wir lieben und üblen Gegebenheiten, die uns aus dem Takt bringen_ weckt dieser Film wie kaum ein anderer das Mitgefühl für die rebellischen Herzen von jungen Einwanderern weltweit.
Frias richtet sein und unser spezielles Augenmerk aufs spezifisch Kulturelle, erzählt die Geschichte der jugendlichen Cholombiano-Subkultur von Monterrey, die um die Jahrtausendwende aufblühte, ihrem Sound, eine selbstgebraute Mischung aus absichtlich verlangsamten Cumbias _dem in ganz Lateinamerika beliebten kolumbianischen Export mit niedriger Gangart und multipel kultureller Herkunft_ ausdrucksstarken Kleidungsstücken der kühn gemustert sackartigen Cholo-Ästhetik und asymmetrischen Frisuren, die das Rasierte, Büschelige, Strähnige und scharf Geknickte betonen.
Wenn wir dem stoischen, fragil gebauten Ulises zum ersten Mal begegnen, befindet er sich an einem Wendepunkt seines Lebens. Der Abschied von seinem Freund Chaparra (Coral Puente) auf einer einsamen Straße, bevor er in das Auto eines Fremden steigt, um seine Reise in die Vereinigten Staaten anzutreten, passt so gar nicht zum farbenfrohen Look und dem Moment, der es offensichtlich kaum wert ist, gefeiert zu werden. In Jackson Heights, Queens, angekommen, wirkt er wie ein gefangener seltener Vogel kurz vor der Mauser, sieht sich mit teils irritiert, teils abschätzigen Blicken, Mobbing, einer so noch nie empfunden Einsamkeit, Gepflogenheiten und einer Sprache, die er nicht versteht, konfrontiert.
Sobald der Regisseur anfängt, Rückblenden vergangener Monate einzufügen_ als Ulises mit seiner homogen kompakten, stolz aber friedlichen, Außenseitern gegenüber generell freundlich gesinnten Los Terkos-Crew ständig unterwegs, infolgedessen eine Party in vollem Gange ist, oder eine Zusammenkunft in zumeist verlassenen Gebäuden in eigene Texte, Beats und glorreiche Schrittfolgen mündet, sehen wir ihn in seinem Element. Die Cumbia Rebajada ist sein fröhlicher Herzschlag, sein zelebrierter Tanz in Wirbel und Wendung ein entwaffnender Paarungsruf für gleichgesinnte Seelen.
Während Frias seine Erzählung zwischen Amerika und Mexiko parallelisiert, fühlen sich beide Stränge immer weniger wie ein Vor-und Nachher oder Zeitsprung an. Vielmehr nimmt ne Dialektik über Entfremdung und Verbindung, Farbe und Dunkelheit überhand. Im betoniert New York und dessen Schattenseiten hat besagte Notlage die Neugier und in Folge Sympathie von Lin (Angelina Chen), der jugendlichen Enkelin eines chinesischen Bodega-Besitzers, zur Folge. Diese Art von Beziehung einem Gefühl der Zugehörigkeit gleichzusetzen, erweist sich im weiteren Verlauf als trügerisch. Dennoch träumte ich mit Ulises und seinen Freunden 112 Minuten lang von einem anderen Mexiko, in dem nicht Drogen_Krieg, Tod und Entführung den Alttag dominieren, sondern eine tiefe, beinah meditative Verbundenheit mit der eigenen Kultur und Geschichte eine entscheidende Rolle spielt.
Das Wechselspiel zwischen den sowohl von starken Gemeinschaften als auch Gewaltbereitschaft dominierten Hügeln Nordmexikos und dem verwirrenden Labyrinth der Kulturen, das New York für einen Quereinsteiger darstellt, macht es dem 17-jährigen Protagonisten Ulises (Juan Daniel Garcia), dessen Leben mit Tanzpartys und damit einhergehend Kameradschaft durch den Weggang von zu Hause auf den Kopf gestellt wird, nirgends leicht. Dieser Film erinnert speziell voreingenommene Betrachter eindringlich daran, dass nicht alle Geschichten über Immigranten auf Versprechungen oder dem Wunsch wegzugehen basieren. In seiner akustisch visuellen Erkundung der Anziehungskräfte _ob hin zu oder weg von dem, was wir lieben und üblen Gegebenheiten, die uns aus dem Takt bringen_ weckt dieser Film wie kaum ein anderer das Mitgefühl für die rebellischen Herzen von jungen Einwanderern weltweit.
Frias richtet sein und unser spezielles Augenmerk aufs spezifisch Kulturelle, erzählt die Geschichte der jugendlichen Cholombiano-Subkultur von Monterrey, die um die Jahrtausendwende aufblühte, ihrem Sound, eine selbstgebraute Mischung aus absichtlich verlangsamten Cumbias _dem in ganz Lateinamerika beliebten kolumbianischen Export mit niedriger Gangart und multipel kultureller Herkunft_ ausdrucksstarken Kleidungsstücken der kühn gemustert sackartigen Cholo-Ästhetik und asymmetrischen Frisuren, die das Rasierte, Büschelige, Strähnige und scharf Geknickte betonen.
Wenn wir dem stoischen, fragil gebauten Ulises zum ersten Mal begegnen, befindet er sich an einem Wendepunkt seines Lebens. Der Abschied von seinem Freund Chaparra (Coral Puente) auf einer einsamen Straße, bevor er in das Auto eines Fremden steigt, um seine Reise in die Vereinigten Staaten anzutreten, passt so gar nicht zum farbenfrohen Look und dem Moment, der es offensichtlich kaum wert ist, gefeiert zu werden. In Jackson Heights, Queens, angekommen, wirkt er wie ein gefangener seltener Vogel kurz vor der Mauser, sieht sich mit teils irritiert, teils abschätzigen Blicken, Mobbing, einer so noch nie empfunden Einsamkeit, Gepflogenheiten und einer Sprache, die er nicht versteht, konfrontiert.
Sobald der Regisseur anfängt, Rückblenden vergangener Monate einzufügen_ als Ulises mit seiner homogen kompakten, stolz aber friedlichen, Außenseitern gegenüber generell freundlich gesinnten Los Terkos-Crew ständig unterwegs, infolgedessen eine Party in vollem Gange ist, oder eine Zusammenkunft in zumeist verlassenen Gebäuden in eigene Texte, Beats und glorreiche Schrittfolgen mündet, sehen wir ihn in seinem Element. Die Cumbia Rebajada ist sein fröhlicher Herzschlag, sein zelebrierter Tanz in Wirbel und Wendung ein entwaffnender Paarungsruf für gleichgesinnte Seelen.
Während Frias seine Erzählung zwischen Amerika und Mexiko parallelisiert, fühlen sich beide Stränge immer weniger wie ein Vor-und Nachher oder Zeitsprung an. Vielmehr nimmt ne Dialektik über Entfremdung und Verbindung, Farbe und Dunkelheit überhand. Im betoniert New York und dessen Schattenseiten hat besagte Notlage die Neugier und in Folge Sympathie von Lin (Angelina Chen), der jugendlichen Enkelin eines chinesischen Bodega-Besitzers, zur Folge. Diese Art von Beziehung einem Gefühl der Zugehörigkeit gleichzusetzen, erweist sich im weiteren Verlauf als trügerisch. Dennoch träumte ich mit Ulises und seinen Freunden 112 Minuten lang von einem anderen Mexiko, in dem nicht Drogen_Krieg, Tod und Entführung den Alttag dominieren, sondern eine tiefe, beinah meditative Verbundenheit mit der eigenen Kultur und Geschichte eine entscheidende Rolle spielt.
Re: sound & vision
Zu Beginn die Behauptung, dass beide, obwohl sie sich stritten und in so gut wie allem uneins waren, ein und dieselbe Person sind - die Vermischung von Lied-und Schriftgut als eine Art Dialog zwischen zwei aus der Zeit gefallenen Personen wird im weiteren Verlauf immer mehr zu einem Monolog, der immer weniger darauf hinweist, wer genau der Autor ist. Und irgendwann ist man sich angesichts all jener, über die da gesprochen wird, generationsübergreifend nimmer hundertpro sicher, wer eigentlich wen meint. Welcher Vater_ welcher Sohn? Allerdings bietet sich die Gelegenheit, Personen in Sachen Rollenspiel und dessen Verkörperung anders in Augenschein zu nehmen, als das im zeitlosen Zusammenspiel über die Jahre der Fall war, ist oder gewesen wäre.
Loudon Wainwright III’s »Surviving Twin« ist ein Solostück, das über viele Jahre erarbeitet wurde. Der Singer-Songwriter selbst nennt es eine posthume Zusammenarbeit_ teils Konzert, teils dramatische Lesung, teils familiäre Diashow, ist es eine hybride theatralische Form, die hauptsächlich aus von Loudon III. geschriebenen Liedern, von seinem verstorbenen Vater Loudon Jr. verfassten Kolumnen und Fotografien besteht, die vier Generationen des Wainwright-Clans umfassen. Trotz einer schwierigen Vergangenheit in dieser Vater-Sohn-Beziehung hat Loudon III besagte Stücke sorgfältig ausgewählt, arrangiert und geprobt, indem er das Beste aus eigenen Stücken extrahierte, mit Briefen und Schriften seines Vaters verknüpfte, um das Ergebnis mit Hilfe von Joseph Haj und Playmakers Rep auf Hochglanz zu polieren_ und dennoch beginnt man sich im Laufe der Performance zu fragen, ob es sich nun um eine Hommage oder doch einen Exorzismus handelt.
Im Fall einer Huldigung ist es nicht eine, bei der wie für gewöhnlich Fehler verschwiegen und Risse beschönigt werden. Schon der Eröffnungssong beweist geradezu den frühen ödipalen Drang Loudons, seinen alten Herrn loszuwerden. Berücksichtigt man hingegen die Anzahl der Lieder, die er über seinen eigenen Laius geschrieben hat, könnte man Letzteres vermuten. Der Titel des Stücks deutet auf eine Person hin, die ihr Ganzes zur Hälfte verloren hat und darum kämpft, trotzdem weiterzumachen. Das ist nicht die gängige Art, eine Vater-Sohn-Beziehung darzustellen. Schon der Name Loudon Wainwright III setzt voraus, dass nicht nur eine, sondern zwei Generationen von Vorfahren darauf bestanden haben, dass er ständig etwas von ihnen in sich trägt.
Dass es sich um einen Exorzismus handelt, legt hingegen der erste schriftliche Beitrag, den Loudon aus hunderten von Beiträgen auswählte, die sein Vater im Laufe der Jahrzehnte als Redakteur und Kolumnist für das LIFE-Magazin verfasste, nahe. Der erste Loudon war dessen Hauptgespenst, éminence grise, der Mann hinter dem Mann, ein Entscheidungsträger, der hinter den Kulissen agiert, wobei sich besagte Formulierung ursprünglich auf Bruder Tremblay bezog_ den ach so einflussreichen, verehrten Berater von Kardinal Richelieu.
Die angespannten Beziehungen zwischen Söhnen und ihren Vätern machen einen beträchtlichen Teil der dramatischen Weltliteratur und insbesondere der amerikanischen dramatischen Literatur aus, die das Streben einer Nation nach Unabhängigkeit und das Verlangen, sich eines paternalistischen Jochs zu entledigen, immer wieder thematisiert. Die Geschichte der Familie Wainwright wird jedoch nicht mit traditionell dramatischen Mitteln erzählt. Hier ist die Form weitgehend lyrisch. Lieder spinnen Geschichten anders als Theaterstücke oder entsprechende Sachprosa. Das vollständige Bild muss in Fragmenten von Stories und Lyrics zusammengetragen werden. Natürlich tragen dazu auch typisch dramatische Elemente bei, einschließlich der Schauspielerei. Loudon trägt die Auszüge aus den Schriften seines Vaters als Monolog und nicht als Lesung vor_ macht sich dessen Figur damit noch glaubhafter zu eigen.
Der Kontrast zwischen der kontrollierten Fokussierung der Prosa des Vaters und dem ikonoklastischen Impuls des Sohnes wird beim Songwriting, dem Zerpflücken und Malträtieren der Sprache, den Textzeilen, die in ruhige Takte übergehen, offensichtlich. Loudons Vortragsstil ist lebhaft, sogar zermürbend. Er verkörpert seine Lieder, die Geschichten werden in seinem Gesicht lebendig. Konflikte, ob spezifisch für den Song oder inhärent im Mann selbst, spiegeln sich in dessen Zügen wider. In seinen Texten mischt sich pure Poesie mit an sich völlig Profanem. Musik und deren Instrumentierung sind zum Teil bedingt meins (:-)) sei s drum_ dafür zeichnet sich sein Gitarrenspiel sowohl durch eine klar strukturierte, dynamische Bandbreite als auch zeitgemäße Prägnanz aus.
Im Laufe des Stücks werden Beziehungen zwischen namentlich Genannten immer komplexer. Nicht so sehr durch erzählerische Entwicklung, sondern mittels poetischer Mittel, wiederholten Bildern und Anhäufung bestimmter Begriffe. Eine halbe Faust steht für ein patrilineares Erbe latenter Aggression. Ein maßgeschneiderter Anzug nimmt als mögliche Selbstbefriedigung in der Midlife-Crisis Gestalt an, verwandelt sich dann aber überraschenderweise in eine Art Verkleidung für eine wahrgenommene Charakterschwäche. Die unaufhörliche Suche eines Hundes nach der Zuneigung seines Besitzers geht über in die eines Sohnes nach der Anerkennung seines Vaters. Sich lichtender Nebel in einer Küstenstadt in Neuengland birgt in weiterer Folge die Aussicht auf ein wohlwollendes Leben nach dem Tod.
Beide Loudons verbergen, was sie offenbaren, geben weder sämtliche schockierenden Geheimnisse noch vollständig erforschte Motivationen preis, die wir in düsterem Realismus und gut gemachten Theaterstücken zu sehen gewohnt sind. Details von Scheidungen und Familienstreitigkeiten werden übergangen. Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, entscheiden oft naturgemäß oder nach Belieben, was sie von sich preisgeben und was sie verbergen wollen. Wer kann es ihnen verdenken? Es ist ein Fetisch der Zombie- Moderne, tief in psychologische Eingeweide von Berühmtheiten einzudringen. Hier jedoch wird s Publikum Zeuge, wie sich Vater und Sohn in allen Belangen spiegeln, ihre Reflexion über den Prozess der Suche nach Blickwinkeln auf universelle Fragen und jeweilige Bestrebungen mittels alltäglicher Erfahrungen schulen.
Eine der zentralen Fragen in Surviving Twin ist das Maß an Sterblichkeit. Der Tod an sich ist über dieses Stück verteilt wie Wasser über einen nassen Hund. Trennung, Entkörperlichung und unheilbare Krankheiten sind allgegenwärtig. Die schiere Wiederholung von Ausdrücken wie »toter Mann« und »Handvoll Staub« erweckt den Eindruck, als ob dies vielleicht zu viel des Guten wäre, es einen verbleibenden Zweifel an der Endgültigkeit des Todes gäbe und nur das Mantra eines Pessimisten das rationale Denkvermögen davon abhalten könnte, einen Keim vom Glauben an ein Weiterleben im Jenseits zu suchen. Loudons vitale unverwüstliche Bühnenpräsenz täuscht etwas über die Verzweiflung hinweg, die in den Worten seiner Liedes steckt. Sind wir ja nicht nur Staub, sondern auch Atem_ Staub kehrt zu Staub zurück, wohin also mit dem Atem? Überlegungen wie diese gehören zu unserem Dasein im Allgemeinen und wir haben Institutionen wie das Theater, die Musik und die Literatur, um sie gründlich auszuloten. Verzweiflung ist kein Freund des Herzens, aber ein Erbe. So wie der Name weitergegeben wurde, das Internat und der Siegelring, ist auch der düstere Ausblick auf die Magie des Lebens eine gespenstisch schwere Hinterlassenschaft_ vielleicht ein Beispiel dessen, was exorziert werden soll.
Sich selbst zu verpflichten, umfangreiche Passagen der Worte seines Vaters auswendig zu lernen und sich zu bemühen, sie nicht als Leser der Gedanken eines anderen zu verkörpern, sondern zwei Identitäten in der monologischen Ich-Form zu einer zu verschmelzen, ist vom Gefühl her höchstwahrscheinlich die größte Huldigung an ihn. Zudem sieht er keinerlei Veranlassung, etablierte Territorien zu klären oder eine Individuation zu verstärken, welche er in jüngeren Jahren zweifellos anstrebte_ arbeitet vielmehr daran, Individualitäten zu verschmelzen, Unterschiede zu verwischen und einen Raum zu schaffen, um darin Nacht für Nacht in den Anzug seines Vaters zu schlüpfen und den vorhandenen Atem zu nutzen, um ihn wiederzubeleben_ verleiht Worten eine Stimme, die im Laufe der Zeit in der gesamten Wainwright-Linie Nachhall fand, den Mann im Hintergrund in den Vordergrund ruft_ nicht, um sich seiner zu entledigen, sondern um eine Beziehung als solche anzuerkennen und zu feiern.
Loudon Wainwright III’s »Surviving Twin« ist ein Solostück, das über viele Jahre erarbeitet wurde. Der Singer-Songwriter selbst nennt es eine posthume Zusammenarbeit_ teils Konzert, teils dramatische Lesung, teils familiäre Diashow, ist es eine hybride theatralische Form, die hauptsächlich aus von Loudon III. geschriebenen Liedern, von seinem verstorbenen Vater Loudon Jr. verfassten Kolumnen und Fotografien besteht, die vier Generationen des Wainwright-Clans umfassen. Trotz einer schwierigen Vergangenheit in dieser Vater-Sohn-Beziehung hat Loudon III besagte Stücke sorgfältig ausgewählt, arrangiert und geprobt, indem er das Beste aus eigenen Stücken extrahierte, mit Briefen und Schriften seines Vaters verknüpfte, um das Ergebnis mit Hilfe von Joseph Haj und Playmakers Rep auf Hochglanz zu polieren_ und dennoch beginnt man sich im Laufe der Performance zu fragen, ob es sich nun um eine Hommage oder doch einen Exorzismus handelt.
Im Fall einer Huldigung ist es nicht eine, bei der wie für gewöhnlich Fehler verschwiegen und Risse beschönigt werden. Schon der Eröffnungssong beweist geradezu den frühen ödipalen Drang Loudons, seinen alten Herrn loszuwerden. Berücksichtigt man hingegen die Anzahl der Lieder, die er über seinen eigenen Laius geschrieben hat, könnte man Letzteres vermuten. Der Titel des Stücks deutet auf eine Person hin, die ihr Ganzes zur Hälfte verloren hat und darum kämpft, trotzdem weiterzumachen. Das ist nicht die gängige Art, eine Vater-Sohn-Beziehung darzustellen. Schon der Name Loudon Wainwright III setzt voraus, dass nicht nur eine, sondern zwei Generationen von Vorfahren darauf bestanden haben, dass er ständig etwas von ihnen in sich trägt.
Dass es sich um einen Exorzismus handelt, legt hingegen der erste schriftliche Beitrag, den Loudon aus hunderten von Beiträgen auswählte, die sein Vater im Laufe der Jahrzehnte als Redakteur und Kolumnist für das LIFE-Magazin verfasste, nahe. Der erste Loudon war dessen Hauptgespenst, éminence grise, der Mann hinter dem Mann, ein Entscheidungsträger, der hinter den Kulissen agiert, wobei sich besagte Formulierung ursprünglich auf Bruder Tremblay bezog_ den ach so einflussreichen, verehrten Berater von Kardinal Richelieu.
Die angespannten Beziehungen zwischen Söhnen und ihren Vätern machen einen beträchtlichen Teil der dramatischen Weltliteratur und insbesondere der amerikanischen dramatischen Literatur aus, die das Streben einer Nation nach Unabhängigkeit und das Verlangen, sich eines paternalistischen Jochs zu entledigen, immer wieder thematisiert. Die Geschichte der Familie Wainwright wird jedoch nicht mit traditionell dramatischen Mitteln erzählt. Hier ist die Form weitgehend lyrisch. Lieder spinnen Geschichten anders als Theaterstücke oder entsprechende Sachprosa. Das vollständige Bild muss in Fragmenten von Stories und Lyrics zusammengetragen werden. Natürlich tragen dazu auch typisch dramatische Elemente bei, einschließlich der Schauspielerei. Loudon trägt die Auszüge aus den Schriften seines Vaters als Monolog und nicht als Lesung vor_ macht sich dessen Figur damit noch glaubhafter zu eigen.
Der Kontrast zwischen der kontrollierten Fokussierung der Prosa des Vaters und dem ikonoklastischen Impuls des Sohnes wird beim Songwriting, dem Zerpflücken und Malträtieren der Sprache, den Textzeilen, die in ruhige Takte übergehen, offensichtlich. Loudons Vortragsstil ist lebhaft, sogar zermürbend. Er verkörpert seine Lieder, die Geschichten werden in seinem Gesicht lebendig. Konflikte, ob spezifisch für den Song oder inhärent im Mann selbst, spiegeln sich in dessen Zügen wider. In seinen Texten mischt sich pure Poesie mit an sich völlig Profanem. Musik und deren Instrumentierung sind zum Teil bedingt meins (:-)) sei s drum_ dafür zeichnet sich sein Gitarrenspiel sowohl durch eine klar strukturierte, dynamische Bandbreite als auch zeitgemäße Prägnanz aus.
Im Laufe des Stücks werden Beziehungen zwischen namentlich Genannten immer komplexer. Nicht so sehr durch erzählerische Entwicklung, sondern mittels poetischer Mittel, wiederholten Bildern und Anhäufung bestimmter Begriffe. Eine halbe Faust steht für ein patrilineares Erbe latenter Aggression. Ein maßgeschneiderter Anzug nimmt als mögliche Selbstbefriedigung in der Midlife-Crisis Gestalt an, verwandelt sich dann aber überraschenderweise in eine Art Verkleidung für eine wahrgenommene Charakterschwäche. Die unaufhörliche Suche eines Hundes nach der Zuneigung seines Besitzers geht über in die eines Sohnes nach der Anerkennung seines Vaters. Sich lichtender Nebel in einer Küstenstadt in Neuengland birgt in weiterer Folge die Aussicht auf ein wohlwollendes Leben nach dem Tod.
Beide Loudons verbergen, was sie offenbaren, geben weder sämtliche schockierenden Geheimnisse noch vollständig erforschte Motivationen preis, die wir in düsterem Realismus und gut gemachten Theaterstücken zu sehen gewohnt sind. Details von Scheidungen und Familienstreitigkeiten werden übergangen. Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, entscheiden oft naturgemäß oder nach Belieben, was sie von sich preisgeben und was sie verbergen wollen. Wer kann es ihnen verdenken? Es ist ein Fetisch der Zombie- Moderne, tief in psychologische Eingeweide von Berühmtheiten einzudringen. Hier jedoch wird s Publikum Zeuge, wie sich Vater und Sohn in allen Belangen spiegeln, ihre Reflexion über den Prozess der Suche nach Blickwinkeln auf universelle Fragen und jeweilige Bestrebungen mittels alltäglicher Erfahrungen schulen.
Eine der zentralen Fragen in Surviving Twin ist das Maß an Sterblichkeit. Der Tod an sich ist über dieses Stück verteilt wie Wasser über einen nassen Hund. Trennung, Entkörperlichung und unheilbare Krankheiten sind allgegenwärtig. Die schiere Wiederholung von Ausdrücken wie »toter Mann« und »Handvoll Staub« erweckt den Eindruck, als ob dies vielleicht zu viel des Guten wäre, es einen verbleibenden Zweifel an der Endgültigkeit des Todes gäbe und nur das Mantra eines Pessimisten das rationale Denkvermögen davon abhalten könnte, einen Keim vom Glauben an ein Weiterleben im Jenseits zu suchen. Loudons vitale unverwüstliche Bühnenpräsenz täuscht etwas über die Verzweiflung hinweg, die in den Worten seiner Liedes steckt. Sind wir ja nicht nur Staub, sondern auch Atem_ Staub kehrt zu Staub zurück, wohin also mit dem Atem? Überlegungen wie diese gehören zu unserem Dasein im Allgemeinen und wir haben Institutionen wie das Theater, die Musik und die Literatur, um sie gründlich auszuloten. Verzweiflung ist kein Freund des Herzens, aber ein Erbe. So wie der Name weitergegeben wurde, das Internat und der Siegelring, ist auch der düstere Ausblick auf die Magie des Lebens eine gespenstisch schwere Hinterlassenschaft_ vielleicht ein Beispiel dessen, was exorziert werden soll.
Sich selbst zu verpflichten, umfangreiche Passagen der Worte seines Vaters auswendig zu lernen und sich zu bemühen, sie nicht als Leser der Gedanken eines anderen zu verkörpern, sondern zwei Identitäten in der monologischen Ich-Form zu einer zu verschmelzen, ist vom Gefühl her höchstwahrscheinlich die größte Huldigung an ihn. Zudem sieht er keinerlei Veranlassung, etablierte Territorien zu klären oder eine Individuation zu verstärken, welche er in jüngeren Jahren zweifellos anstrebte_ arbeitet vielmehr daran, Individualitäten zu verschmelzen, Unterschiede zu verwischen und einen Raum zu schaffen, um darin Nacht für Nacht in den Anzug seines Vaters zu schlüpfen und den vorhandenen Atem zu nutzen, um ihn wiederzubeleben_ verleiht Worten eine Stimme, die im Laufe der Zeit in der gesamten Wainwright-Linie Nachhall fand, den Mann im Hintergrund in den Vordergrund ruft_ nicht, um sich seiner zu entledigen, sondern um eine Beziehung als solche anzuerkennen und zu feiern.
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