Ihr Vater fragte immer nach einem Fotoalbum ...
Verfasst: 11.05.2005, 18:39
The Butterfly Effect
2004
Drehbuch und Regie: Eric Bress und J. Mackye Gruber
Zuerst einmal:
Irgendjemand hat mir gesagt, dieser Film sei vom Regisseur und Autor eines meiner Lieblingsfilme: Donnie Darko. Dem ist NICHT so! Richard Kelly hat mit diesem Film überhaupt gar nichts zu tun. Das Autoren-/Regisseurteam setzt sich aus Eric Bress und J. Mackye Gruber zusammen, die unter anderem für Final Destination 2 verantwortlich zeichnen. FD2 ist das durchaus sehenswerte, wenngleich alles in allem mittelmäßige, Sequel eines sehenswerten, mittelmäßigen Films. Besonderen Ruhm haben sich beide Teile – besonders aber der zweite – durch die sehr realistische Darstellung bizarrer Todesarten erworben.
Mit „Butterfly Effect“ haben die beiden Macher bewiesen, dass sie sehr viel mehr können als das. Eine sehr originelle Zeitreisegeschichte, intelligent, durchdacht, auf subtile Weise äußerst erschreckend – leider auch mit einem dicken Wermutstropfen zum Schluss. Aber dazu später. Zunächst – worum geht es?
Evan Treborn (Ashton Kutcher) hatte wirklich eine schwierigen Kindheit: Ohne Vater (der saß in der psychiatrischen Klinik und versuchte bei seinen Sohn bei dessen ersten und einzigen Besuch umzubringen – wofür er von einer Wache erschlagen wurde), dafür aber mit ständigen Blackouts in den unpassendsten Momenten. Nun aber hat sich der inzwischen 20jährige Psychologiestudent gefangen: Sein Professor schätzt ihn, seine Mama ist stolz, sein bester Freund ist zwar völlig bizarr, aber eben ein Freund, und die Mädels folgen ihm willig aufs Zimmer. Eines dieser willigen Mädchen findet unter Evans Bett dessen alte Tagebücher, die er als Kind auf Anraten seines Psychologen führte. Und Evan stellt fest, dass er mit Hilfe der Tagebücher in der Zeit reisen kann – zurück zu den Momenten seiner Blackouts, in den Körper eines Kindes, mit dem Wissen und der Erfahrung eines Erwachsenen. Und er stellt fest, dass er seine Gegenwart verändern kann, indem er die Vergangenheit ändert. Evan beschließt, alte Fehler wieder gut zu machen. Denn gut zu machen gibt es einiges – das Schicksal hat seinen Kinderfreunden, insbesondere seiner großen Liebe Kayleigh, übel mitgespielt. Und Evan ist daran nicht unschuldig.
Leider stellt sich heraus, dass die Folgen seines Herumschraubens an der Vergangenheit für Evan völlig unberechenbar sind – und dass er alles immer nur noch schlimmer macht. Denn wenn (so ein bekanntes Wort aus der Chaostheorie) schon der Flügelschlag eines Schmetterlings am anderen Ende der Welt einen Sturm auslösen kann, was dann erst die Manipulationen, die Evan vornimmt.
Gut – die Idee ist nicht neu, diesen Effekt von Zeitreisen zu thematisieren. Aber „Butterfly Effect“ tut dies auf eine erfrischend neue Weise, wenn auch – das ist der erste kleinere Mangel – nie eine Erklärung für Evans Fähigkeit geliefert wird. Der Film ich hochintelligent, folgerichtig und in sich sehr logisch. Außerdem von einer intensiven Bildsprache, die Schauspielerische Leistung ist gut, in den Nebenrollen teilweise sogar hervorragend. Er ist – da der Vergleich sich tatsächlich anbietet – Donnie Darko in all diesen Punkten zwar unterlegen, aber auf sehr hohem Niveau. Donnie Darko ist vor allem in seiner Logik konsequenter – die wirklichen Auswüchse von Vergangenheitsveränderungen wie Evan sie vornimmt, müssten nach dem Butterfly-Prinzip viel gewaltiger sein. Der Film ist auch kein Rätsel, wie Donnie Darko, er ist eine einfache, sogar leicht moralische Geschichte, extrem gut erzählt. Der Moment, in dem der Psychologe dem verzweifelten Evan eröffnet, sein Vater habe immer nach einem Fotoalbum verlangt, obwohl er nie eines besessen habe, ist einer der gruseligsten Filmmomente die ich kenne. Ein Grusel, nur aus Worten und Phantasie. Das ist sehr selten, ein Juwel!
Leider ist das Ende völlig enttäuschend – vermutlich, weil zu Anfang eine wichtige Szene dem Cutter zum Opfer gefallen ist. Ich werde das Ende nicht verraten, denn innerhalb von Evans Problem ist es ein sehr gutes, folgerichtiges Ende. Nur die Mittel, mit denen er es erreicht – zweimal Deus ex Machina in einer Szene (für die, die den Film gesehen haben: dieser letzte Blackout wurde vorher ebenso wenig erwähnt wie die Filme), das ist gerade in einem so intelligenten Drehbuch völlig unverzeihlich. Das war wie ein Faustschlag ins Gesicht, schrecklich enttäuschend. Ich hoffe sehr auf den angekündigten Director’s Cut – in dem dann hoffentlich die eine, rettende Szene zu Anfang enthalten ist, die hier ganz offensichtlich fehlt.
Aber trotz des Endes: Ein absolut sehenswerter Film! Wer Donnie mochte und vielleicht auch die Twelve Monkeys – unbedingt ansehen!!!!!
2004
Drehbuch und Regie: Eric Bress und J. Mackye Gruber
Zuerst einmal:
Irgendjemand hat mir gesagt, dieser Film sei vom Regisseur und Autor eines meiner Lieblingsfilme: Donnie Darko. Dem ist NICHT so! Richard Kelly hat mit diesem Film überhaupt gar nichts zu tun. Das Autoren-/Regisseurteam setzt sich aus Eric Bress und J. Mackye Gruber zusammen, die unter anderem für Final Destination 2 verantwortlich zeichnen. FD2 ist das durchaus sehenswerte, wenngleich alles in allem mittelmäßige, Sequel eines sehenswerten, mittelmäßigen Films. Besonderen Ruhm haben sich beide Teile – besonders aber der zweite – durch die sehr realistische Darstellung bizarrer Todesarten erworben.
Mit „Butterfly Effect“ haben die beiden Macher bewiesen, dass sie sehr viel mehr können als das. Eine sehr originelle Zeitreisegeschichte, intelligent, durchdacht, auf subtile Weise äußerst erschreckend – leider auch mit einem dicken Wermutstropfen zum Schluss. Aber dazu später. Zunächst – worum geht es?
Evan Treborn (Ashton Kutcher) hatte wirklich eine schwierigen Kindheit: Ohne Vater (der saß in der psychiatrischen Klinik und versuchte bei seinen Sohn bei dessen ersten und einzigen Besuch umzubringen – wofür er von einer Wache erschlagen wurde), dafür aber mit ständigen Blackouts in den unpassendsten Momenten. Nun aber hat sich der inzwischen 20jährige Psychologiestudent gefangen: Sein Professor schätzt ihn, seine Mama ist stolz, sein bester Freund ist zwar völlig bizarr, aber eben ein Freund, und die Mädels folgen ihm willig aufs Zimmer. Eines dieser willigen Mädchen findet unter Evans Bett dessen alte Tagebücher, die er als Kind auf Anraten seines Psychologen führte. Und Evan stellt fest, dass er mit Hilfe der Tagebücher in der Zeit reisen kann – zurück zu den Momenten seiner Blackouts, in den Körper eines Kindes, mit dem Wissen und der Erfahrung eines Erwachsenen. Und er stellt fest, dass er seine Gegenwart verändern kann, indem er die Vergangenheit ändert. Evan beschließt, alte Fehler wieder gut zu machen. Denn gut zu machen gibt es einiges – das Schicksal hat seinen Kinderfreunden, insbesondere seiner großen Liebe Kayleigh, übel mitgespielt. Und Evan ist daran nicht unschuldig.
Leider stellt sich heraus, dass die Folgen seines Herumschraubens an der Vergangenheit für Evan völlig unberechenbar sind – und dass er alles immer nur noch schlimmer macht. Denn wenn (so ein bekanntes Wort aus der Chaostheorie) schon der Flügelschlag eines Schmetterlings am anderen Ende der Welt einen Sturm auslösen kann, was dann erst die Manipulationen, die Evan vornimmt.
Gut – die Idee ist nicht neu, diesen Effekt von Zeitreisen zu thematisieren. Aber „Butterfly Effect“ tut dies auf eine erfrischend neue Weise, wenn auch – das ist der erste kleinere Mangel – nie eine Erklärung für Evans Fähigkeit geliefert wird. Der Film ich hochintelligent, folgerichtig und in sich sehr logisch. Außerdem von einer intensiven Bildsprache, die Schauspielerische Leistung ist gut, in den Nebenrollen teilweise sogar hervorragend. Er ist – da der Vergleich sich tatsächlich anbietet – Donnie Darko in all diesen Punkten zwar unterlegen, aber auf sehr hohem Niveau. Donnie Darko ist vor allem in seiner Logik konsequenter – die wirklichen Auswüchse von Vergangenheitsveränderungen wie Evan sie vornimmt, müssten nach dem Butterfly-Prinzip viel gewaltiger sein. Der Film ist auch kein Rätsel, wie Donnie Darko, er ist eine einfache, sogar leicht moralische Geschichte, extrem gut erzählt. Der Moment, in dem der Psychologe dem verzweifelten Evan eröffnet, sein Vater habe immer nach einem Fotoalbum verlangt, obwohl er nie eines besessen habe, ist einer der gruseligsten Filmmomente die ich kenne. Ein Grusel, nur aus Worten und Phantasie. Das ist sehr selten, ein Juwel!
Leider ist das Ende völlig enttäuschend – vermutlich, weil zu Anfang eine wichtige Szene dem Cutter zum Opfer gefallen ist. Ich werde das Ende nicht verraten, denn innerhalb von Evans Problem ist es ein sehr gutes, folgerichtiges Ende. Nur die Mittel, mit denen er es erreicht – zweimal Deus ex Machina in einer Szene (für die, die den Film gesehen haben: dieser letzte Blackout wurde vorher ebenso wenig erwähnt wie die Filme), das ist gerade in einem so intelligenten Drehbuch völlig unverzeihlich. Das war wie ein Faustschlag ins Gesicht, schrecklich enttäuschend. Ich hoffe sehr auf den angekündigten Director’s Cut – in dem dann hoffentlich die eine, rettende Szene zu Anfang enthalten ist, die hier ganz offensichtlich fehlt.
Aber trotz des Endes: Ein absolut sehenswerter Film! Wer Donnie mochte und vielleicht auch die Twelve Monkeys – unbedingt ansehen!!!!!