Schwätzo - Rächer aller Plaudertaschen
Verfasst: 05.04.2006, 14:19
Film: "V wie Vendetta"
Schauspieler: Natalie Portman, Hugo Weaving, John Hurt, Stephen Rea u.a.
Drehbuch: Andy Wachowski, Larry Wachowski, Alan Moore, David Lloyd
Regie: James McTeigue
Genre: Comic-Sci-Fi-Action
Kritik:
Was habe ich mich früher lustig gemacht über Arnold Schwarzenegger, über Jean Claude van Damme, über Dolph Lundgren. Immer hatten sie denselben Ich-bin-der-Held-und-hau-alles-platt-Blick drauf und ihr Handeln entsprach diesem Blick. Schließlich musste ein Mädchen gerettet, amerikanische GI`s aus den Folterkellern des bösen Vietcong befreit oder die Welt vor dem Untergang bewahrt werden. Meistens alles zugleich. Eiskalte Drogenbosse, eine korrupte Polizei, blutrünstige Diktatoren – wer immer sich Ihnen in den Weg stellte hat es bereut. Bei der Erledigung ihrer Feldzüge für das Gute bzw. im Namen der Wahrheit bzw. Beides und noch mehr sprachen sie kaum ein Wort, denn volle Konzentration auf den Feind war angesagt.
Die Extrovertierten unter uns fanden das schon damals öde. Böse Gucken, Kloppen, Klappe halten – laaaaaaaaaaaangweilig. Und da jede Zielgruppe bekommt was sie verdient haben uns die Wachowski-Brüder jetzt anhand einer Comic-Vorlage einen cineastischen Vertreter zurechtgeschnitzt. Er heißt „V“ – wie Schwätzo, äh, „wie Vendetta“ natürlich, und er bekämpft im Jahre 2000undirgendwas in Britannia das faschistoide System mit Lordkanzler Sutler an der Spitze. Britannia ist übrigens mittlerweile Supermacht auf Erden, Amerika ist zusammengebrochen und vegetiert nur noch vor sich hin, auch die anderen Staaten haben keinen Einfluss mehr.
Die Handlung selbst hört sich gar nicht witzig an?
Täuscht euch nicht, da kann man einiges draus machen. Deshalb hier eine (sehr unvollständige) Chronik der filmischen Highlights (immer dieses blöde Doinglish ) anstatt einer Inhaltsangabe:
1. Gleich in seiner ersten Szene macht V deutlich, was er noch besser kann als kämpfen: Labern!
Als er Evey, eine zunächst unscheinbare junge Frau die beim größten Fernsehkanal des Landes arbeitet, aus den Fängen der „Fingermen“ (Geheimpolizei, die Evey beim Bruch der Ausgangssperre erwischt) und somit vor einer Vergewaltigung rettet, fragt sie ihn wer er sei. Schließlich trägt er eine Maske und man gerät nicht alle Tage in eine solche Situation. Sofort legt V los und quatscht die Arme fünf Minuten mit galanten Phrasen halbtot, um ihr schließlich einen „Konzertbesuch“ anzubieten.
2. V schafft es in besagten Fernsehsender einzudringen und Geiseln zu nehmen. Er will seinen Landsleuten die Botschaft übermitteln in genau einem Jahr, also am nächsten 5.November, vor dem Parlamentsgebäude zu demonstrieren und eine Revolution anzuzetteln. Der Tag selbst hat eine symbolbeladene Bedeutung, da an eben jenem 5.November im Jahre 1605 der berühmte Freiheitskämpfer Guy Fawkes gefangen genommen wurde, auf den sich V bezieht. Dieser hatte geplant das britische Parlamentsgebäude in die Luft zu sprengen und wurde nach langer Folter öffentlich hingerichtet.
V`s Rede ist dann natürlich phänomenal. Bombastisch. Allumspannend. Grenzenlos. Verbindet Historie und trübe Moderne. Wir können es schaffen. Reicht euch die Hände. Trocknet die Tränen. Erst Revolution, dann Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden. Amen.
3. Bei der Flucht aus den Räumen des Fernsehsenders hilft Evey dem von einem Häscher gestellten V. Nun sind die Beiden endgültig miteinander verbunden und V nimmt Evey mit in sein Versteck. Er erklärt ihr sie sei draußen nicht mehr sicher und müsse bis zur Revolution hier bleiben, also genau ein Jahr.
Ein Jahr mit dieser Quasselstrippe? Evey wird nachdenklich. Geschickt täuscht sie den Zuschauer auf Anweisung des Drehbuchs, indem sie sich vorgeblich für V`s Motive interessiert und in Gewissensnöte gerät (sie findet er hat recht, sei aber zu radikal). In Wahrheit kann sie die permanente Quasselei dieses Nervbolzens nicht mehr ertragen. Ich jedenfalls hätte das keine 5 Minuten ausgehalten; System hin, System her.
Deshalb flieht sie zu ihrem Chef, dem Fernsehmoderator Gordon, der alsbald in naivster Manier in einer seiner Sendungen Lordkanzler Sutler veralbert und verhaftet wird. Evey kann zunächst entkommen, wird aber dann doch von einem Verfolger von hinten überwältigt. Als sie aufwacht sitzt sie gefesselt in einem Verhörzimmer. Und jetzt geht`s natürlich richtig los. Sie will nichts über V verraten, also wochenlange Folter: Wasserschocks, Atementzug, ekligste Nahrung, kalte, schmutzige Zelle usw.
Und wer macht das alles mit ihr? Genau, unser aller Laberheini. Aber er hat immerhin einen guten Grund. Er erklärt ihr alles ganz genau. Sie versteht das zunächst nicht. Zunächst. Alleine sich diesen Dialog der Beiden anzuschauen lohnt den gesamten Film. Fantastisch. Gott war im Regen, während Dirk das Kino kurz für kleine Jungs verließ.
4. Am Tag der Revolution verschickt V an seine Mitbürger 800.000 Masken per Post. So sehen alle aus wie er, können sich noch mehr mit ihm identifizieren um dann gemeinsam zu revolutionieren. Revolution per Post also. 800.000 Masken. In einem faschistoiden Staat. Mal eben so verschickt. Da hat der UNO-Friedensbeauftragte sicher große Augen gemacht und sich ärgerlich an die Stirn geschlagen. Konzeptänderung in New York dann nächsten Freitag.
Fazit: Bitte schaut euch den Film an, sonst werdet ihr nie begreifen, welch` magische Wirkung die Folter haben kann.
Außerdem habe ich euch noch gar nicht alles erzählt. Neben weiteren lustigen Logiklöchern bietet euch das Werk außerdem noch penetrant aufdringliche Filmmusik, viele rote Rosen, einen tollpatschig dreinblickenden Kommissar, viele Menschen die ständig Fernsehen gucken, ein explodierendes Parlamentsgebäude und einen Held, der nicht mal beim Heimkino im U-Bahn-Schacht seine Klappe halten kann…
Chapeau, ihr Wachowskis, willkommen in der Gemüseklasse der Leinwandkunst.
Schauspieler: Natalie Portman, Hugo Weaving, John Hurt, Stephen Rea u.a.
Drehbuch: Andy Wachowski, Larry Wachowski, Alan Moore, David Lloyd
Regie: James McTeigue
Genre: Comic-Sci-Fi-Action
Kritik:
Was habe ich mich früher lustig gemacht über Arnold Schwarzenegger, über Jean Claude van Damme, über Dolph Lundgren. Immer hatten sie denselben Ich-bin-der-Held-und-hau-alles-platt-Blick drauf und ihr Handeln entsprach diesem Blick. Schließlich musste ein Mädchen gerettet, amerikanische GI`s aus den Folterkellern des bösen Vietcong befreit oder die Welt vor dem Untergang bewahrt werden. Meistens alles zugleich. Eiskalte Drogenbosse, eine korrupte Polizei, blutrünstige Diktatoren – wer immer sich Ihnen in den Weg stellte hat es bereut. Bei der Erledigung ihrer Feldzüge für das Gute bzw. im Namen der Wahrheit bzw. Beides und noch mehr sprachen sie kaum ein Wort, denn volle Konzentration auf den Feind war angesagt.
Die Extrovertierten unter uns fanden das schon damals öde. Böse Gucken, Kloppen, Klappe halten – laaaaaaaaaaaangweilig. Und da jede Zielgruppe bekommt was sie verdient haben uns die Wachowski-Brüder jetzt anhand einer Comic-Vorlage einen cineastischen Vertreter zurechtgeschnitzt. Er heißt „V“ – wie Schwätzo, äh, „wie Vendetta“ natürlich, und er bekämpft im Jahre 2000undirgendwas in Britannia das faschistoide System mit Lordkanzler Sutler an der Spitze. Britannia ist übrigens mittlerweile Supermacht auf Erden, Amerika ist zusammengebrochen und vegetiert nur noch vor sich hin, auch die anderen Staaten haben keinen Einfluss mehr.
Die Handlung selbst hört sich gar nicht witzig an?
Täuscht euch nicht, da kann man einiges draus machen. Deshalb hier eine (sehr unvollständige) Chronik der filmischen Highlights (immer dieses blöde Doinglish ) anstatt einer Inhaltsangabe:
1. Gleich in seiner ersten Szene macht V deutlich, was er noch besser kann als kämpfen: Labern!
Als er Evey, eine zunächst unscheinbare junge Frau die beim größten Fernsehkanal des Landes arbeitet, aus den Fängen der „Fingermen“ (Geheimpolizei, die Evey beim Bruch der Ausgangssperre erwischt) und somit vor einer Vergewaltigung rettet, fragt sie ihn wer er sei. Schließlich trägt er eine Maske und man gerät nicht alle Tage in eine solche Situation. Sofort legt V los und quatscht die Arme fünf Minuten mit galanten Phrasen halbtot, um ihr schließlich einen „Konzertbesuch“ anzubieten.
2. V schafft es in besagten Fernsehsender einzudringen und Geiseln zu nehmen. Er will seinen Landsleuten die Botschaft übermitteln in genau einem Jahr, also am nächsten 5.November, vor dem Parlamentsgebäude zu demonstrieren und eine Revolution anzuzetteln. Der Tag selbst hat eine symbolbeladene Bedeutung, da an eben jenem 5.November im Jahre 1605 der berühmte Freiheitskämpfer Guy Fawkes gefangen genommen wurde, auf den sich V bezieht. Dieser hatte geplant das britische Parlamentsgebäude in die Luft zu sprengen und wurde nach langer Folter öffentlich hingerichtet.
V`s Rede ist dann natürlich phänomenal. Bombastisch. Allumspannend. Grenzenlos. Verbindet Historie und trübe Moderne. Wir können es schaffen. Reicht euch die Hände. Trocknet die Tränen. Erst Revolution, dann Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden. Amen.
3. Bei der Flucht aus den Räumen des Fernsehsenders hilft Evey dem von einem Häscher gestellten V. Nun sind die Beiden endgültig miteinander verbunden und V nimmt Evey mit in sein Versteck. Er erklärt ihr sie sei draußen nicht mehr sicher und müsse bis zur Revolution hier bleiben, also genau ein Jahr.
Ein Jahr mit dieser Quasselstrippe? Evey wird nachdenklich. Geschickt täuscht sie den Zuschauer auf Anweisung des Drehbuchs, indem sie sich vorgeblich für V`s Motive interessiert und in Gewissensnöte gerät (sie findet er hat recht, sei aber zu radikal). In Wahrheit kann sie die permanente Quasselei dieses Nervbolzens nicht mehr ertragen. Ich jedenfalls hätte das keine 5 Minuten ausgehalten; System hin, System her.
Deshalb flieht sie zu ihrem Chef, dem Fernsehmoderator Gordon, der alsbald in naivster Manier in einer seiner Sendungen Lordkanzler Sutler veralbert und verhaftet wird. Evey kann zunächst entkommen, wird aber dann doch von einem Verfolger von hinten überwältigt. Als sie aufwacht sitzt sie gefesselt in einem Verhörzimmer. Und jetzt geht`s natürlich richtig los. Sie will nichts über V verraten, also wochenlange Folter: Wasserschocks, Atementzug, ekligste Nahrung, kalte, schmutzige Zelle usw.
Und wer macht das alles mit ihr? Genau, unser aller Laberheini. Aber er hat immerhin einen guten Grund. Er erklärt ihr alles ganz genau. Sie versteht das zunächst nicht. Zunächst. Alleine sich diesen Dialog der Beiden anzuschauen lohnt den gesamten Film. Fantastisch. Gott war im Regen, während Dirk das Kino kurz für kleine Jungs verließ.
4. Am Tag der Revolution verschickt V an seine Mitbürger 800.000 Masken per Post. So sehen alle aus wie er, können sich noch mehr mit ihm identifizieren um dann gemeinsam zu revolutionieren. Revolution per Post also. 800.000 Masken. In einem faschistoiden Staat. Mal eben so verschickt. Da hat der UNO-Friedensbeauftragte sicher große Augen gemacht und sich ärgerlich an die Stirn geschlagen. Konzeptänderung in New York dann nächsten Freitag.
Fazit: Bitte schaut euch den Film an, sonst werdet ihr nie begreifen, welch` magische Wirkung die Folter haben kann.
Außerdem habe ich euch noch gar nicht alles erzählt. Neben weiteren lustigen Logiklöchern bietet euch das Werk außerdem noch penetrant aufdringliche Filmmusik, viele rote Rosen, einen tollpatschig dreinblickenden Kommissar, viele Menschen die ständig Fernsehen gucken, ein explodierendes Parlamentsgebäude und einen Held, der nicht mal beim Heimkino im U-Bahn-Schacht seine Klappe halten kann…
Chapeau, ihr Wachowskis, willkommen in der Gemüseklasse der Leinwandkunst.