Weisses Kaninchen

Moderne Literatur heißt: Kino, Theater und Oper nicht vergessen. Welcher Film ist sehenswert? Welche Inszenierung gelungen?
razorback
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Weisses Kaninchen

Beitragvon razorback » 15.11.2003, 00:47

Diskutieren wir doch mal den ersten und - wenn das was ich so lese stimmt - einzig diskussionswürdigen Teil der Matrix-Trilogie.

Obwohl ich davon ausgehe, dass fast jeder das Werk gesehen hat, hier noch einmal der Inhalt (verkürzt):

Thomas Anderson (Keeanu Reeves), Angestellter einer Software Firma und im Privatleben (dem eigentlichen Leben) der geniale Hacker "Neo" hat ein paar ernsthafte Probleme: Zuerst fordert ihn sein Computer unprovoziert auf, einem weissen Kaninchen zu folgen, welches er Sekunden später als Tattoo an der Gespielin eines Knaben wiederfindet, der ihm gehackte Daten abkauft. Er folgt also dem Langohr bzw. der darunter befindlichen Schulter zu einer netten Party oder so und wird dort von einer Schönheit angequatscht, die sich als die ebenfalls geniale Hackerin Trinity (Carrie-Anne Moss) vorstellt und ihn a )warnt, dass er beobachtet wird und ihm b )Antworten auf die Frage in Aussicht stellt, die sich alle genialen Hacker stellen: Was ist die Matrix?
Cut, nächster Morgen, Neo Anderson wacht auf und hat schon wieder ein Problem: Er kommt zu spät ins Büro und bekommt einen heftigen Anschiss von seinem Chef. Damit nicht genug, während der arme Kerl demotiviert vor seinem Computer sitzt, kommen finstere Kerle (die aussehen wie die Men in Black oder eine Bande von Killern aus einem Tarentino-Film) plus Polizei und wollen unseren gebeutelten Helden mitnehmen. Zuerst entgeht er ihnen mittels eines plötzlich zugestellten Handys, von dem aus ein gewisser Morpheus (Laurence Fishburne) ihm nützliche Anweisungen gibt. Dann kriegen die Finsteren ihn aber doch, denn die Anweisung, zwecks Flucht aus einem Hochhausfenster zu springen, findet Mr. Anderson dann doch nicht so nützlich.
Die Finsterlinge verhören den armen Neo, der Wortführer, Agent Smith (grossartig: Hugo "Elrond" Weaving) bietet ihm einen Deal an: Die Agenten waschen seine schwarze Hackerweste weiss, dafür liefert Neo ihnen den berüchtigten Superverbrecher "Morpheus". Neo reagiert frech, worauf ihm sein loses Mundwerk zuwächst (das ist eine saugruselige Szene!) und die Agenten ihm ein ekliges mechanisches Insekt einpflanzen (auch ziemlich eindrucksvoll).
Cut, Neo schreckt in seinem Bett auf, puh, alles nur ein Traum.
Ätsch, nee, doch kein Traum. Trinity taucht mit zwei Kumpels wieder auf, nimmt ihn im Auto mit, nach einigem Geplänkel erklärt sich Neo bereit, mit ihnen zu fahren, worauf ihm die freundliche Trinity erstmal das störende mechanische Insekt, entfernt. Neo fällt nicht besseres dazu ein als: "Das war ja doch kein Traum." In seiner Situation wäre ich wohl auch nicht cooler gewesen. Sie bringen ihm zu Morpheus, der ihm, kurz gesagt, anbietet, alle seine Fragen zu beantworten, auch wenn die Antworten unschön ausfallen könnten oder aber, sein Gedächtnis sauber zu waschen und ihn fürderhin in Ruhe zu lassen. Dreimal dürft ihr raten...
Neo entscheidet sich also für die Antworten und wird ziemlich unsanft und wortwörtlich aus der Realität, bzw. dem, was er dafür hält gerissen. Als er sich nach einigen traumatischen und ekligen Erlebnissen in einem arg ramponierten Hovercraft-U-Boot-Schiff-Wrack-Dingsbums wiederfindet, erfährt er folgende unangenehme Wahrheiten:

a) Die Welt, die er bisher für real hielt, ist eine virtuelle Realität, die Matrix, in der fast alle Menschen "leben".

b )Geschaffen wurde diese künstliche Welt von Maschinen, die in einem Jahrhundertelangen Krieg die Menschheit besiegt haben, und die Menschen nun als Energiequelle nutzen. Die Matrix dient dazu, die Gehirne der Menschen zu beschäftigen.

c) Es gibt noch ein paar freie Menschen. Diese leben nahe des Erdkerns, bekämpfen die Maschinen und betreiben (offenbar) eine kleine Flotte dieser Hovercrafts. Von denen aus hacken sie sich immer wieder in die Matrix ein und suchen "den Auserwählte", einer Person, die in der Lage ist, die Matrix als das wahrzunehmen, was sie ist und sie Kraft ihrer Gedanken (die ja mit dem Programm kommunizieren) beliebig zu verändern.

Was dann folgt ist eine sehr spannende und kurzweilige Actiongeschichte, basierend auf dieser Grundidee. Es gibt Freundschaft und Verrat satt, Neo ist (klar) der Auserwählte und es ist (klar) Trinitys Kuss der ihn in höchster Not ins Leben zurückholt, woraufhin er mit den Agenten aufräumt und die Menschheit aufruft, sich selbst zu befreien.

Der Film hat einer sehr stimmige Ästhetik, kühl in schwarz, blau und grün gehalten. Überall ist Verfall, in der Matrix ebenso wie in der "Realität". Viele grossartige Bilder, dazu eine Choreographie der Kampfszenen, die zwar in ihrer Masslosigkeit bei John Woo geklaut ist, aber das ist ja nicht ehrenrührig. Andere haben da auch geklaut, und in "Matrix" emanzipiert sich die Kampfästhetik stark von Woo (was Tarentino zum Beispiel nicht tut) und wird - mit den vielen Zeitlupen, und den angeblichen "Superzeitlupen", selbst stilbildend. Bis heute sind die meisten Nachahmer zwar ziemlich billig, (bis hin zu deutschen Actionserien, da tut das wirklich weh) aber das wird nicht so bleiben.
Der Soundtrack ist, obwohl von Marilyn Manson geprägt, ziemlich gut.

Was mich an dem Film fasziniert hat ist folgendes: Er hinterfragt die Realität der Realität. Er tut es auf eine Weise, die dem Zuseher keinen Ausweg lässt - ich kann mir nicht beweisen, dass die Theorie, auf der der Film beruht, in meiner Realität - dem, was ich als Realität empfinde - nicht wahr ist.

Man sollte den Machern des Filmes, Andy und Larry Wachowsky, nicht allzuviel visionäre Originalität zubilligen. Dies war nicht der erste Film über dieses Thema und sie haben gnadenlos bei einem meiner Lieblings SciFi Autoren, Philip K. Dick geklaut. Dick, dessen Kurgeschichten auch die Vorlagen für Blade Runner :-)) , Screamers :-) Total Recall :-| und Minority Report :-(( lieferten, hat sich in seinem ganzen Schreiben vor allem mit den Fragen "Was ist real" und "Was macht den Menschen aus" beschäftigt. Das in wechselnder literarischer Qualität (von "geht so..." bis "genial"), aber stets sehr intelligent und unerreicht originell. Seine Personen heissen auffallend oft Anderson... Auch bei William Gibson, einem der Väter des Cyberpunk und Erfinder des Wortes "Cyberspace", sollen die Wachowskys sich heftig bedient haben. Ich kann das leider nicht beurteilen, da ich, wie ich zu meiner grossen Schande gestehen muss, Gibson noch nie gelesen habe, aber glauben tue ich es sofort.

Aber all diese Zusammenklauerei mache ich den Wachowsky-Brüdern nicht zum Vorwurf, im Gegenteil. Sie machen dieses sperrige Gedankengut zugänglich, wie es seit "Blade Runner" keinem Film mehr gelungen ist. Ich rechne ihnen das hoch an, denn obwohl mir persönlich die Bücher reichen würden, freue ich mich immer, wenn gute Filmemacher beweisen, dass das nicht nur Zeugs für Philosophieseminare und verschrobene SciFi-Leser ist. Zudem lassen sie interessante Fragen offen - zum Beispiel, wie real denn die Realität ist, die Neo, Morpheus uns Co. im Film für die Realität halten. Diesen Fragen nachzugehen haben offenbar die beiden folgenden Teile der Trilogie zugunsten einer platten Messiasgeschichte geopfert. Schade.

Allerdings ist es auch diese Rahmenhandlung in der Hovercraft-Realität, die mich im ersten Teil am meisten stört, und die am unausgegorensten ist. Der Himmel ist verdunkelt? Wie können dann überhaupt noch Menschen leben? Die leben nahe dem Erdkern? Ziemlich heiss da unten und ziemlich hoher Druck... Und was atmen die? Und warum stopfen die Maschinen nicht einfach die Luftlöcher zu, anstatt die nervigen Hovercrafts zu jagen?

Okay - das sind meine ersten, ungeordneten Gedanken zum Thema. Was meint Ihr?
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Silentium
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Re: Weisses Kaninchen

Beitragvon Silentium » 15.11.2003, 21:40

So, hab' heute von einem Freund die DVD ausgeborgt und mir noch mal angeschaut.

Noch ein paar Fragen zur realen Realität:
Wenn kein Mensch sich in die Maschienenstädte wagen kann, weil sonst Bumm: wie kann Morpheus, wie er sagt, die Felder mit eigenen Augen gesehen haben?
Und: wie viel Metall gibt es auf dieser Erde eigentlich?
Und: Ungefähr das Jahr 2199? In hundert Jahren hat der Mensch: die AI entwickelt
einen Krieg mit ihr angefangen
den Krieg verloren
Zion aufgebaut
Zion verloren
das ganze noch vier Mal und steht vor der sechsten Zerstörung Zions? (Wenn ich jetzt in den zweiten Teil vorgreifen darf?)
Die sind mir ein bisschen zu schnell unterwegs.

Wäre doch 'n Gag, wenn das Auswüchse-diese Unstimmigkeiten- einer Über-Matrix wären, quasi eine zweite Schale, in der alle aufwachen, die zu rebellisch für die gewöhnliche Wald-und-Wiesenmatrix sind? Beschäftigungstherapie für Helden? Wenn die Maschinenstadt ein Bestandteil eines weiteren Programmes ist? Quasi zwiebelmäßig? Hab mir grad eine englische Website durchgelesen, wo einer krampfhaft dafür argumentiert, dass auch Zion Matrix ist:

http://www.matrix-explained.com/matrix_within_a_matrix.htm#conclusions

Ähem, naja.
Also, der Grundgedanke ist interessant, wenn auch nicht neu. Mit diesem Gedankenspiel hat schon Plato angefangen- beziehungsweise ist er der erste, von dem uns überliefert ist. Was, wenn Ururururugroßopa Cromagnon in seiner Höhle gesessen ist, auf sein Bärensteak hinabgeschaut und gedacht hat: "Ist der Bär echt?"

Die Idee ist nicht von den W. Brothers, also ist die Umsetzung zu bewerten:

Stimmig machen den ersten Teil kleine Details. Das Orakel: nicht eine verschleierte Sybille, nicht ein Spieglein-an-der-Wand, kein blinder, alter Theresias (auch wenn der Blinde-Seher-Mist später dann kommen wird). Nein, das Orakel ist eine nette, schwarze Lady mit Keksfable. Erinnert mich ein bissl an meine Oma, auch wenn die sich nur an die Lottozahlenprophezeihung wagt und dabei seit über zwanzig Jahren immer falsch liegt. Das passt. Das ist originell.
Dann ist da das weiße Kanninchen, eine erste Anspielung auf Alice im Wunderland, etwas, das Morpheus ja dann konkret auch sagt. Wie tief geht das Kanninchenloch?

Das mit den Kapseln- immerhin nicht zwei Tore oder was in die Richtung, durch die Neo entschlossen schreitet.

Die Endzeitstimmung ist im Film zwar angedeutet, aber noch nicht wirklich da. Und darum vermag er zu faszinieren. Wir haben keine Vorstellung von Zion, wir haben keine Idee, wie es zu diesem ganzen Kriegstheater gekommen ist. Eigentlich ziemlich genial.

Und was mich stört?
Die Namen. Die Namen kann ich nicht ganz entziffern:

Neo. Neu. Bringt was neues. Soweit klar. Ist aber die sechste auflage. Neu nummer sechs.

Trinity? Kann mir wer den Namen erklären? In Cambridge gibt's ein Trinity College, aber das wird's ja wohl kaum sein.

Morpheus: Der Gott des Schlafes? ?-(
Jemand der Leute aufweckt, in die Realität zurückholt, heißt wie der Traumoberboss?

Niobe (wieder Teil zwo): die Lady, der für ihre Überheblichkeit die Kinder abgeballert werden? Wie passt denn das da rein?

Persephone: bringt alle Übel auf die Welt. Der Name ist zwar nicht originell, noch dazu, wo die Dame kein Kästchen hat, aber er passt.

Cipher (wenn man ihn so schreibt): Ist das nicht ein Code? Ein englisches Wort für einen Geheimcode?
Und gibt es da nicht einen Krimi, ich weiß den Namen nimmer, in dem der Bösewicht Lou Cipher heißt, der sich dann, dem Namen zufolge als Lucifer entpuppt. Hatte irgendwas mit Voodoo und Faust zu tun.

Cain und Abel, die im zweiten Teil Leibwächterprogramme für den Merowinger sind: brüder, der eine ermordet, der andere verflucht: ganz schön hart.
Dann die Namen der Schiffe:
Nebukadnezzar: babylonischer Großkönig, der Palästina-Syrien unter babylonische Herrschaft brachte. Ein Kriegsherr? Ein Eroberer? Wer, der ja so offensichtlich froh über den Weltfrieden ist wie die Einwohner Zions, wer nennt dann ein Schiff nach einem Kriegsherren?!

Dann taucht irgendwann die
Viligant auf. Hab's in einem Ovidtext gefunden, Ovid XIX. Brief der Heroides, wo es mit: "sie sind wach" übersetzt wird.

Logos, Verstand, Wissenschaft- eh klar

Die Caduceus: Der Stab, mit dem der Götterbote Merkur herumrennt? Der Botenstab? Also, da blick ich nicht durch.

Novalis, ein Dichter, der im wirklichen Leben Freiherr von Hardenberg heißt, der immer nur als Jungspund abgebildet wird- hier habe ich ganz stark den Verdacht, dass die Wachovsky Brüder den Namen nur genommen haben, weil er so nett klingt.

Das ist mein Problem: wenn die Menschheit das Wissen um diese vergangenen Kulturen, um die Zeit Novalis ebenso wie die der alten Griechen, bewahrt hat: warum suchen sie dann so viele Namen für ihre Kinder aus, die derart Vorbelastet sind? Wenn sie alte Namen aussuchen, um sich ihrer eigenen Existens, ihrer Vergangenheit zu versichern: warum dann Namen wie Niobe, die von Tod und Verderben berichten? Oder klammern sich die Menschen an die Reste ihrer Kultur, die wenigen überlieferten Teilstücke alter Mythologien und alten Wissens? Warum dann so ...ähm, schlichte, lautmalerische Namen wie Zee, Switch? Switch? Schalten, switch off, ausschalten? Hä? Sind das vielleicht die Namen, die sich die Menschen selbst gegeben haben, als sie noch in der Matrix waren und wie Neo versucht haben, Morpheus zu finden? Die Namen klingen alle so wie die Nicks, die man sich selbst im Internet gibt, irgendwie? Aber wie kommen diese Bezeichnungen dann ins Leben außerhalb der Martix, warum benennt man dann die Schiffe so?
Und: wie kommt ein PROGRAMM dazu, sich selbst einen Namen zu geben, der mit irgendwas im zusammenhang steht? Verhöhnen die Maschinen damit die Menschheit oder was? Kann eine künstliche Intelligenz sarkastisch sein?
Erkenntnis: man kann ziemlich viel über solche Nebensächlichkeiten schwafeln, die im Endeffekt wahrscheinlich ganz und gar egal sind.

Vielleicht mach ich's lieber kurz:
Ich finde den Film hervorragend. Aufwändig gemacht, schön anzuschauen. Viele Querverbindungen, über die nachzudenken sind. Aber ich bin mir eben nicht hundertprozentig sicher, ob die Wachovskys sich bei jeder Anspielung etwas gedacht haben oder ob sie einfach nur genommen haben, was ihnen gefällt? Versuche ich krampfhaft etwas zu interpretieren was keine Bedeutung hat?

Grübelnde Grüße,
Silentium

edit: den naheliegensten Namen hab ich noch nicht totgeredet. Zion. Schon wieder etwas zum Untergang Verdammtes. Die paar freien Menschen dieser Welt müssen ja verdammte Pessimisten sein.

http://www.hagia-maria-sion.net/zion.html
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Re: Weisses Kaninchen

Beitragvon razorback » 16.11.2003, 00:35

Hmmm...

Ich habe mich bewusst auf Teil I beschränkt, da ich die folgenden Teile nicht kenne, aus Euren Kritiken aber herausgelesen habe, dass sie der ursprünglichen Idee eigentlich nichts hinzufügen, sondern sie unlogischer machen und verwässern. Was meint Ihr, die Ihr die Teile II und III kennt - mit einbeziehen, oder aussen vor lassen? Um ein plattes Beispiel zu nennen: Würden wir hier den "Highlander" diskutieren, würde ich dafür plaidieren, nur den ersten Teil zu besprechen und die folgenden Teile sowie die Serie auszuklammern, da sie nach der Logik der ursprünglichen Geschichte unmöglich und offensichtlich nur aus Geschäftemacherei angehängt sind. Und erzähle keiner, Matrix sei immer als Trilogie geplant gewesen. Das Studio möchte ich sehen, das bei sowas mitgespielt hätte...

Zu Dir, Silentium:

Also, der Grundgedanke ist interessant, wenn auch nicht neu. Mit diesem Gedankenspiel hat schon Plato angefangen (...)


Mal ehrlich - was soll die Kritik? Ich für meinen Teil verlange von Filmemachern nicht, neuartige metaphysische Theorien zu entwerfen, das ist nicht ihr Job. Ich bin ja auch irgendwie recht froh, dass es Kant verwehrt war, Filme zu drehen. Filmemacher können Ideen weiterentwickeln, in eine Geschichte packen und umsetzen. Oder sie können sich Ideen zusammenklauen, sie in eine Geschichte packen und umsetzen. Letzteres haben die Wachowskis getan. Und mit dem genzen Schmerz des ehemaligen Philosophiestudenten wage ich zu behaupten, dass in den letzten Jahren sehr viel mehr Menschen durch "Matrix" dazu angeregt wurden, sich mit der Natur der Realität auseinanderzusetzen, als durch Plato, Locke und Kant zusammen. Und das ist doch schon was.

Stimmig machen den ersten Teil kleine Details. Das Orakel (...)


Boah.. ich fand das Orakel sowas von Scheisse!!! :-D Und dass das Löffelkind auch noch als Buddhist verkleidet war... grrr... Aber vermutlich liegt das daran, dass ich diese ganze Geschichte vom "Auserwählten", etwas zu dick aufgetragen fand. ;-)

"Trinity" bedeutet "Dreiheit" im Sinne von "Dreieinigkeit", oder, noch religiöser, "Dreifaltigkeit".

Interessieren würde mich, warum Du die Namen überhaupt entschlüsseln willst. Klar, die Wachowskys haben den Film mit lustigen kleinen Rätseln und Anspielungen gespickt. Meinst Du, dass das wirklich mehr ist als Kokettiererei? Meinst Du, es erschliesst sich durch die Entschlüsselung der Rätsel eine weitere Bedeutungsebene? Die Fragen sind nicht rethorisch oder als Herausforderung gemeint, es interessiert mich wirklich, wie Du das siehst.
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Re: Weisses Kaninchen

Beitragvon Silentium » 16.11.2003, 11:19

dass in den letzten Jahren sehr viel mehr Menschen durch "Matrix" dazu angeregt wurden, sich mit der Natur der Realität auseinanderzusetzen, als durch Plato, Locke und Kant zusammen. Und das ist doch schon was.

Da hast du sicher recht. Mit Plato war auch nit Kritik in dem Sinn. Ich hab' mir nur kurz zuvor ein Interview mit den Wachovskybrüdern angeschaut. Die haben eigentlich nur von Kung-fu geredet... sie schienen mir einfach nicht wie die Typen, die selbst irgendwelche Existenztheorien entwerfen.

Meinst Du, dass das wirklich mehr ist als Kokettiererei?


Genau das! Kotettiererei! Das ist das richtige Wort und drum machen mich die ganzen Anspielungen ja nervös. Weil ich jedesmal, wenn ich irgend wo 'ne Anspielung im Film hör keine Ahnung hab, ob es sich lohnt, weiter darüber nachzudenken oder ob da einfach Wachovsy1 zu Wachovsky2 gesagt hat: "Weißt du was, das klingt cool." Meine: steckt da jetzt ein Sinn dahinter, oder ist das jetzt der selbe Blödsinn, wie wenn ein hier ungenannter österreichischer Politiker aus Huxleys Farm der Tiere zitiert. (Und ob es genau so einfach keiner Sau auffällt, das die Dinger nur Wortatrappen sind)
?-(

Orakel? Also, ich fand die alte ganz lustig. Wetten, die vergisst nie das Mehl hineinzutun? Der Löffelgnom... man sollte ihn auf keinen Fall an sein Familiensilber ranlassen. Schaut ungefähr so tibetanisch aus wie mein Goldfisch, der Knirps.

Ach, und ich hab' mich, um mein Namendilemma zu untermalen, auch auf die weiteren Teile bezogen. Aber diskutieren... kann man vergessen. Es lohnt sich kaum, über eine Strory, bei der die Leichenstarre schon vor längerem eingetreten ist, noch zu diskutieren. :-D

Trinity: Dreifaltigkeit?! Na toll. Entweder Vater, Sohn, heiliger Geist oder irgendeine keltische Mutter-Tochter-altes-Weib-Dreifaltigkeit? Ja, im Endeffenkt wird das alles Kokettiererei, wie du so schön gesagt hast, sein. Ich meine... wenn du deine Tochter zum ersten mal ansehen würdest, erster schrei und so? Sagst du dann: "Oh, nennen wir sie doch Dreifaltigkeit?"

Grüße, Silentium
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Re: Weisses Kaninchen

Beitragvon razorback » 16.11.2003, 23:06

Ich habe zwei Töchter und weiss, ehrlich gesagt, bei keiner von beiden, was ich seinerzeit gesagt habe. Wie sie ausgesehen haben - ja. Aber was ich geredet habe...
Die Jüngere kam als Doppelpack mit einem Zwillingsbruder. Vielleicht hätte ich sie "Duality" nennen sollen? Tja, Chance vorbei... :-D

Hm... versuchen wir doch mal eine Trinity-Definition... Also.. sie lebt an drei Orten, hm? In der Realität, in der Matrix, und, immer immer, in Neos Herz... :-p

Kurz am Rande nochmal: Ich fand den ersten Film grossartig! Ob die Wachowskys begriffen haben, was die da gemacht haben ist mir da ziemlich egal.

Aber die Namen... okay, wir sind uns einig. Um mit Bruce Willis in Pulp Fiction zu reden: "Unsere Namen bedeuten einen Scheiss." :-D

Sind ja wohl auch Kampfnamen. "Neo" heisst ja eigentlich "Thomas." Vielleicht heissen "Morpheus" und "Trinity" ja in Wirklichkeit "Fred" und "Ulla".

Übrigens - wer macht sich hier eigentlich über Namen lustig? "Razorback" und "Silentium". Selten flogen größere Steine aus dem Glashaus... :-D ;-) :-D
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Re: Weisses Kaninchen

Beitragvon Silentium » 17.11.2003, 20:01

Morpheus als Fred?
Also, der Gedanke... ich meine, rein mal angedacht....? Wie wär's mit Winifred für Trinity? Winifred Dreifalt? Oder Klothilde, damit sich das umbenennen lohnt? Ach, die Lady könnt man ja noch anders deuten, quasi in keltischer Manier, nach dem weiblichen Dreifaltigkeitsprinzip:
die junge Frau: die Geliebte
die Mutter: befreit Neo aus der Martrix, quasi geistige Patronin
die Todesgöttin: killt böse Maschinen

Nein, im ernst, ich hätte einfach noch mehr freude an dem ohnehin genialen Film, wenn ich sicher wüsste, was Absichtlich genial ist oder was eher zufällig gut klingt. Is wahrscheinlich völlig blödsinnige marotte von mir und in wirklichkeit ist der film von außerirdischen gemacht worden, die uns damit eine verschlüsselte anleitung für ein gerät zur kommunikation mit der ordinären gartennacktschnecke liefern wollen. Order was in der art.

Aber ja, was schmeißen wir im Glashaus mit Steinen rum? (Noch dazu, wo wir nicht so gut bezahlt werden wie die Wachovskys?)
Außerdem ist Morpheus noch harmlos. Hab mal einen auf einem Seminar kennengelernst, der hies Dionys. Verkürzung des Weingottnamens ginge ja noch, hätte der arme kerl nicht irgendeinen völlig unspektakulären Nachnamen gehabt, Hintermaier oder so ähnlich. :-D
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Re: Weisses Kaninchen

Beitragvon razorback » 18.11.2003, 01:19

Dionys Hintermaier?

Scheisse - wir SIND in der Matrix!
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Re: Weisses Kaninchen

Beitragvon Silentium » 20.11.2003, 19:29

Scheisse - wir SIND in der Matrix!


Sag bloß, du hast das nicht gewusst? Ich bin ziemlich sicher, das meine Mahteprofessorin ein Agent ist. :-&
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